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Einladungswettbewerb | 11/2020

Neues Stadtquartier Stöckacker Nord – Meienegg in Bern (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 45.000 CHF

huggenbergerfries Architekten AG ETH SIA BSA

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Hager Partner AG

Landschaftsarchitektur

Zeugin Bauberatungen AG

Bauphysik

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projketverfasser*innen lösen den Geh- und Zufahrtsweg im Osten der Siedlung Meienegg zu Gunsten eines grünen Bandes aus Rasen und Gehölz auf, das der Bebauung Luft und Abstand schafft und zugleich die verschiedenen Wohnhöfe, welche die Bauten in einem unterschiedlich grossen, orthogonalen Grundmuster bilden, zusammenbindet. Der städtebauliche Entwurf folgt nicht dem strukturalen Vorbild der Meienegg, sondern greift mit dem leicht angedeuteten Motiv des Wohnhofs die Tradition genossenschaftlichen wie auch urbanen Wohnens auf.

Die orthogonal ausgerichteten Zeilen, Winkel- und U-förmigen Bauten formen eine spannende Abfolge von Plätzen und Hofräumen. Durch die präzise Ausrichtung der Gebäude zueinander und die auf die jeweilige Situation angepassten Vor- und Rücksprünge der Gebäudevolumen, gelingt es den Verfassern, den neuen Siedlungskörper gekonnt mit den angrenzenden Siedlungsstrukturen zu verzahnen und eine angenehme Körnigkeit für die neue Siedlung zu erreichen.

Ein neungeschossiges Gebäude mit vorgelagertem Stadtplatz setzt einen städtebaulichen Akzent an der Bethlehemstrasse, nimmt Bezug zur Tramhaltestelle und verankert das neue Quartier mit dem Stadtraum. Die Höhe und Stellung des Gebäudes unterstreicht den Öffentlichkeitscharakter der Siedlung und vermittelt Durchblick zum Meieneggplatz im Innern der Anlage. In den südlichen Gebäuden werden im Erdgeschoss die öffentlichen Nutzungen sowie Gemeinschaftsraum und Kindergarten folgerichtig konzentriert. Ebenso sind hier die Alterswohnungen vorgesehen, wodurch sich generationenübergreifende, nachbarschaftliche Beziehungen anbieten.

Die Gebäudetypologien sind verwandt, haben einen ähnlichen Duktus und reagieren auf ihre jeweilige Lage im Stadtgefüge. Die Häuser unterscheiden sich subtil im äusseren Ausdruck und ihrer Farbigkeit und sind da städtischer, wo es die Lage verlangt, und da feiner und weicher, wo es die Umgebung zulässt. Es entsteht genügend Abwechslung, ohne überspannt zu wirken.

Die Hauptadressierung der Gebäude ist nachvollziehbar von der Strassen- und Wegseite her gelöst. Die Treppenhäuser verfügen über einen zusätzlichen ‘Gartenausgang’, der die
Zugänglichkeit und Durchwegung bereichert. Die vorgeschlagenen Splitlevel-Wohnungen in den Erdgeschossen sind eine adäquate Massnahme, den Wohnungen genügend Privatsphäre zu gewährleisten und garantieren ein attraktives Wohnen auf Erdgeschossniveau. Gemeinschaftliche Dachterrassen und Dachgärten ergänzen das Angebot.

Die Grundrisse sind sehr gut ausgearbeitet, vielfältig und weisen alle einen hohen Gebrauchswert auf. Einzig die Wohnungen mit den zentralen Hallen als Herzstück der Wohnung und das oft allzu direkte Eintreten in die Wohnzimmer werden von der Jury unterschiedlich diskutiert.

Das Projekt «MEIE» tritt durch die Aussenraumgestaltung und durch die Steuerung der Erdgeschossnutzungen als neues Quartier auf, was entlang der Platzabfolge - Stadtplatz-Meieneggplatz-Keltenplatz gelingt, jedoch in den Höfen wieder in einen Siedlungscharakter zurückfällt. Diese Dualität schafft eine Vielfalt in den Aussenräumen, die bereichernd und auch hierarchisierend wirkt. Für die neue Gestaltung der Freiräume wurden die heute in der Meienegg vorgefundenen Elemente wie Pergolen, berankte Fassaden, Gartenvorzonen etc. aufgegriffen und neu interpretiert.

Entlang der Platzabfolge wird die urbane Stimmung durch öffentliche Erdgeschossnutzungen (Schaufenster/Atelier), aber auch durch die Gestaltung der Aussenräume gesteuert. Knappe oder fehlende Vorzonen, Veloabstellplätze aber auch Hochparterrewohnen steuern den Öffentlichkeitsgrad. Dadurch kann auch die Betriebsamkeit selbstverständlich reguliert werden. Aktionsfelder wie Urban gardening, Thema wie «essbare Stadt» mit Sträucher und Obstbäumen, aber auch Spiel- und Aufenthaltsort werden nicht nur in den privateren Höfen, sondern auch auf den zum Teil stark durchgrünten Plätzen angeboten. Auch die Dächer werden zu Aufenthaltsorten, sie erzeugen nebst der extensiven Begrünung auch Energie.

Durch die Klärung von Privat- und Öffentlichkeit kann ein funktionstüchtiges, lebendiges Quartier geschaffen werden, auch wenn es in den Aussenräumen siedlungsähnliche Charakterzüge aufweist.

Das vorgeschlagene Etappierungskonzept lässt ein Erneuern auch in kleineren Etappen zu und gewährt somit eine hohe soziale Verträglichkeit. In jeder Phase wird eine stimmige Momentaufnahme mit qualitätsvollen Aussenräumen erreicht. Die Hauptqualitäten der Gesamtanlage können sich aber erst nach der Fertigstellung der letzten Etappe vollumfänglich entfalten.

«MEIE» erreicht eine ausgewogene Nachhaltigkeit. Die Gebäude sind kompakt mit eher viel Geschossfläche, aber mit sehr ansprechender Flächeneffizienz und wenig unterirdischem Volumen. Die Zielwerte SIA-Effizienzpfad Energie (Merkblatt 2040) können problemlos erreicht werden. Der Grünflächenanteil und die begrünten Fassaden unterstützen eine ausgewogene Biodiversität. Das Projekt hat ein sehr gutes Potential zur Erreichung der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft.

Das Projekt generiert unter den eingereichten Arbeiten mit 430 Wohnungen am meisten Wohneinheiten und erreicht damit auch die höchsten Erstellungskosten. Auf die Anzahl Wohnungen bezogen liegen die Kosten- und Effizienzziele wieder im guten Mittelfeld.

Die Selbstverständlichkeit, mit der den Verfasser*innen die Transformation der Siedlung Meienegg gelingt, ist auf allen Ebenen vom Städtebau über Aussenraumqualität, den architektonischen Ausdruck und die Wohnungstypologien erstaunlich. Dank der sorgfältigen und qualitativ hochwertigen Architektur integriert sich der neue Massstab trotz starker Verdichtung der Baumasse auf überzeugende Weise und ermöglicht eine sehr gute Ausgangslage für die Entwicklung des neuen Stadtquartier Meienegg.