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Award / Auszeichnung | 02/2021

Architekturpreis Ostwestfalen-Lippe 2020

Sanierung und Erweiterung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals

DE-32457 Porta Westfalica

Anerkennung

Peter Bastian Architekten BDA

Architektur

WLV Westfälisch-Lippische Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Tourismus, Gastronomie

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2018

Projektbeschreibung

Unter 56 Mitbewerbern wurde der Vorschlag des Architekten Bruno Schmitz ausgewählt, um mit
einem sieben Meter hohen Standbild dem ersten deutschen Kaiser zu gedenken. Das war 1890,
als Kaiser Wilhelm I. gerade einmal zwei Jahre tot war. In 268 Metern Höhe auf dem Wittekindsberg
in Porta Westfalica bekam das Ehrenmal einen weithin sichtbaren Standort und wurde zur
eindrücklichen Landmarke.
Mit seinen 88 Metern Höhe bis zur Spitze ist das Denkmal auch heute noch das zweithöchste
Denkmal Deutschlands.
Doch schon während man noch baute, traten im Erdreich und der bis zu 26 Meter hohen Steinfüllung
Setzungen auf. 1912 lösten sich Steine aus der Ringmauer und stürzten den Hang hinab.
Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der fast 100 Meter unter dem Denkmal liegende Stollen mit
Stahlbetondecken und Treppen ausgestattet und zur viergeschossigen Produktionsstätte ausgebaut.
In dem ca. 5.400 qm großen Stollen – von den Nationalsozialisten „Stöhr 2“ getauft – produzierten
von Herbst 1944 bis kurz vor Kriegsende Zwangsarbeiter Rüstungsgüter unter anderem für
die deutsche Luftwaffe. Mit der Sprengung des Stolleneingangs durch die Britische Armee 1946
rutschte ein Großteil der Ringterrasse ab. Das Denkmal selbst blieb abgesehen von Einschusslöchern
eines Artilleriebeschusses während des Krieges jedoch unberührt.
Nach Beseitigung der Schäden in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre und einer Reduzierung
der Plattform, entwickelte sich das Denkmal mit seiner großartigen Aussicht auf den Weserbogen
und die norddeutsche Tiefebene zum Besuchermagneten. Auch ohne die ursprüngliche
Ringterrasse wurde der bronzene Kaiser zu einem Wahrzeichen der Region. Doch mit der Zeit
alterte die touristische Infrastruktur, und die Attraktivität des Denkmals litt zusehends.
2013 beschloss der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Sanierung des Geländes und
die Rekonstruktion der ursprünglichen Ringterrasse. Ein Besucherzentrum und ein Restaurant
sollten dem Ort zu neuer Attraktivität verhelfen.
Das Sanierungs- und Erweiterungskonzept basiert auf der radialen Gliederung des Kaiser-Wilhelm-
Denkmals. Ein behutsamer Umgang mit den Baukörpern des Kaiser-Wilhelm-Denkmals
war neben der Erfüllung sämtlicher funktionaler und gestalterischer Anforderungen Leitgedanke
für den Entwurf. Daher werden Eingriffe reduziert und möglichst klein gehalten. Die gesamte
Hauptnutzung ist eingeschossig im notwendigen Sanierungs- und Rekonstruktionsbereich der
Ringterrasse verortet.
Spiegelsymmetrisch zur Hauptachse des Denkmals wurden 13 Stützbogenfelder unterhalb der
Stützmauer verglast ausgeführt. Die Stützen dieser 13 Bögen sind unterhalb des „Kapitells“ aus
Stahlbeton hergestellt. Oberhalb des „Kapitells“ wurde die Stützmauer rekonstruiert.
Oberhalb der Ringterrasse befinden sich zwei Baukörper aus dunklem Metall und Glas, welche
der vertikalen Erschließung dienen. Die beiden Erschließungsbaukörper sind so verortet, dass
der Bereich in der Verlängerung der untersten Bestandstreppe des Denkmals und somit die
Hauptachse frei bleibt.
Der Baukörper im Norden beinhaltet eine Kaskadentreppe und einen Fahrstuhl, welche in das
Foyer führen. Zwischen dem Fahrstuhl und der Treppenanlage ist ein Luftraum angeordnet. Der
Luftraum und die größtenteils verglasten Wände dienen der ergänzenden Belichtung des Foyers.
In der Verlängerung der Treppenanlage befindet sich hinter dem Fahrstuhl der Garderobenbereich.
Im Anschluss an das Foyer/ Info-Zentrum ist der Gast- und Veranstaltungsraum, welcher
symmetrisch zur Hauptachse des Denkmals liegt.
Durch die hinter einer Fuge verdeckt liegenden Zuluft- und Abluftauslässe der Lüftung und der
Entwicklung einer Sonderleuchte wurde auf die besondere Raumgeometrie der Gewölbedecken
reagiert.
Aufgrund der besonderen Hanglage an der Porta Westfalica musste eine aufwändige Gründung
erstellt werden. Insgesamt kamen 270 Kleinbohrpfähle zur Ausführung.
Eine besondere Aufgabe dieser Baumaßnahme war die Wiederherstellung der Stützmauer. Hierfür
wurden ca. 2.450 to Naturstein benötigt. Die schwersten verbauten Steine haben ein Einzelgewicht
von ca. 1,3 to.
Im Gegensatz zu der bestehenden Stützmauer wurde ein geregelter Mauerwerksverband in Anlehnung
an den Verband des Baldachins gewählt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die untere Ringterrasse des 1896 errichteten monumentalen Kaiser-Wilhelm-Denkmals befand sich seit dem Krieg in einem versehrten Zustand. Zentrales Element des Entwurfs ist die Wiederherstellung der Ringterrasse. Das Raumprogramm, bestehend aus Foyer, Besucherzentrum und Gastronomie, wird weitgehend unterirdisch organisiert. Die Räume öffnen sich mit den verglasten Stützbogenfeldern zur vorgelagerten Terrasse. Die Rekonstruktion und Sanierung der Stützmauer nördlich und südlich dieser Erweiterung wird in der originalen Form und so weit möglich mit dem originalen Material wiederhergestellt. Auf der oberen Terrasse ragen zwei „neue“ Baukörper aus dunklem Metall und Glas hervor, die der vertikalen Erschließung dienen. Die Auseinandersetzung mit der monumentalen Bedeutungsschwere gelingt durch formale Zurückhaltung und strenge Rationalität.
Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss

Ansicht

Ansicht