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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Neubau eines Laborgebäudes am Julius Kühn-Institut (JKI) in Berlin

2. Preis

Behnisch Architekten

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Das Julius-Kühn-Institut (JKI) umfasst 17 Institute an zukünftig sechs Standorten. Einer dieser Standorte liegt in Berlin-Dahlem; in dessen Forschungsmittelpunkt die Kulturpflanze steht. Ziel ist es Technologien zu entwickeln, die eine nachhaltige und umweltgerechte Pflanzenproduktion ermöglichen, um die Ernährung der Weltbevölkerung nicht nur sichern, sondern vielmehr qualitativ positiv beeinflussen zu können.

Für diese bedeutenden und zukunftsweisenden Aufgaben sollen den Wissenschaftlern in Berlin Dahlem neue Räumlichkeiten und Arbeitsmöglichkeiten für die Forschung zur Verfügung gestellt werden, die zusätzlich zu den Labor-, Büro-, Funktions- und Nebenflächen ebenso Bereiche mit einem hohen Maß an Aufenthaltsqualität und Kommunikationsmöglichkeiten für den wissenschaftlichen Austausch bereithalten.

Das zur Verfügung stehende Grundstück für das neue Laborgebäude befindet sich innerhalb eines campusähnlichen Geländes, das baulich sowie architektonisch durch die beiden denkmalgeschützten Hauptgebäude (Haus A und Haus B) gestaltgebend geprägt wird. Die beiden Gebäude markieren mit ihren markanten Giebeln, Erkern und den fein bearbeiteten Fensterrahmungen den Zugang zum Campus von Süden von der Königin-Luise-Straße aus. Haus A und Haus B rahmen prominent, jedoch ohne unangenehm bedrängend zu wirken, das wesentlich niedrigere Kantinengebäude im Norden und verleihen der Anlage durch ihre besondere Präsenz sowie die Wahl schwerer Materialien und werthaltiger Baustoffe eine angenehme Vertrautheit und eine wohlproportionierte Maßstäblichkeit. Wenngleich die Kleinteiligkeit aller Einzelelemente und die vielleicht sogar antiquarisch wirkende Anordnung der Räume im Inneren scheinbar ungeeignet für ein modernes und flexibles Forschungsgebäude erscheint, so ist der bauliche Auftakt zur Anlage einzigartig.

Inmitten des Gesamtareals zentral gelegen und eingebettet in die weitläufigen Flächen für die Freilandversuche und der Gewächshäuser sowie unterschiedlicher Versuchseinrichtungen, soll nun eine zukunftsweisende Idee für ein neues Institutsgebäude erarbeitet werden.

Gerade naheliegend erscheint es, einen gut organisierten Funktionsbau gemäß der Vorgaben und Baufeldparameter des Masterplans und des Testentwurfs anzudenken. Doch geradezu fahrlässig wäre es, wenn diese ersten Konzeptideen nicht, oder nur sehr zurückhaltend die Umgebung und den Bestand ohne eine genaue Analyse der sich möglicherweise ergebenden Qualitäten mit in die Überlegungen einbezieht.

Die Berücksichtigung der Besonderheiten in der Gesamtanlage und im Spannungsfeld des Baulichen sowie des landschaftlich Prägenden müsste zuerst einmal bewertet werden. Eine ausgrenzende und sich eher selbst darstellende Solitärlösung wäre als Ergebnis der Analyse unangebracht, unangenehm und generell zu vermeiden. Bilder, Analogien und Typologien eines allzu tradierten Zweck- und Funktionsbaus müssen hierbei zunächst einmal unberücksichtigt bleiben und gleichwohl weit in den Hintergrund treten.

Es wäre wichtig, den bestehenden und erhaltenswerten Baumbestand weitestgehend zu erhalten, da dieser bereits heute für den Gesamtcampus eine ganz besondere Atmosphäre bietet und auf der Suche nach Aufenthaltsqualität und Wohlfühlaspekten einen wichtigen Beitrag leisten kann. Um etwas Zukunftsweisendes und dem Selbstverständnis einer nachhaltigen Architektur Entsprechendes entstehen zu lassen, sollte die wissenschaftliche Arbeit in Symbiose mit der Nachbarschaft in den Vordergrund gerückt werden.

Diese ersten Überlegungen zeigen bereits, dass das neue Haus mehr ist als ein durch seine Funktionen bestimmter Einzelbaukörper im Campus. Das neue Institutsgebäude wird vielmehr den Aspekten eines lebendigen Organismus gerecht, in dem der bauliche Rahmen weniger eine festgeschriebene Abfolge von Räumen beschreibt. Es sind demnach weniger die scharf gezogenen, wenig spannungsreichen Gebäudekanten oder gar die über alle Geschosse ablesbare Uniformität, die das Haus charakterisieren werden. Vielmehr werden die räumliche Vielfalt im Inneren, das Wechselspiel sowie die Komposition es sein, die dem neuen Haus seine unverwechselbare Identität verleihen und das so vorgeschlagene flexible und wandelbare Gerüst von innen heraus aktivieren.

Das Institutsgebäude wird als zweigeschossiges Haus konzipiert. Der Baukörper ist bedacht und feinjustiert gegliedert, sodass er ganz spielerisch die bestehenden Bäume in die geometrische Ausformulierung miteinbezieht. Einschnitte und Rücksprünge, auch die Staffelung des Hauses zur Eingeschossigkeit nach Westen, zu den Gewächshäusern hin, markieren Zugänge und bilden eine obere Ebene für wissenschaftliches Arbeiten, die in einem unmittelbaren Austausch mit den umgebenden Freiflächen seht und zu Innovationen anregt.

Das Erdgeschoss ist weniger als baulicher Sockel zu verstehen. Durch seine Offenheit und Leichtigkeit, durch seine Transparenz und seine Großzügigkeit erweitert sich der öffentliche Raum bis ins Gebäudeinnere. Der Übergang von innen und außen scheint fließend zu sein. Die Idee der Erweiterung der bereits angelegten Wege im Campus, die Fortführung und die Übersetzung der Lebendigkeit in den Außenraum bis hinein in die "Institutionswelt" wird vielfältig und in einer angenehm anmutenden Leichtigkeit inszeniert. Die leichte und wenig dominante Erscheinung ist für den Campus geradezu wohltuend, angemessen und beschreibt eine nachvollziehbare, wie auch architektonisch begründbare materielle Vielfältigkeit. Der kontrastierende Aspekt zu den denkmalgeschützten Altbauten (Haus A und Haus B) ist gewollt, ohne jedoch ungeschickt in eine künstliche und allzu konstruierte Konkurrenz zu treten.

Ein imposanter, wunderschöner Bestandsbaum markiert zusätzlich zur auskragenden und schützenden Deckenplatte des ersten Obergeschosses den Haupteingang zum neuen Institutsgebäude. Die gute Auffindbarkeit und die selbstverständliche Lage des Hauptzugangs wird zusätzlich durch die einfache Orientierung hin zum Forum in Richtung Kantine und der denkmalgeschützten Hauptgebäude erzielt.

Die Funktionseinheiten des Cluster 1 befinden sich im Erdgeschoss, wobei das Cluster 2 im ersten Obergeschoss angeordnet ist. Die Bürobereiche bilden jeweils eine eigene, kleine Funktionseinheit, um dadurch den Hygieneanforderungen gerecht zu werden. Die unterschiedlichen Labore orientieren sich nach Westen und Osten und haben so eine optimale Ausrichtung. Sie gewährleisten eine optimale Versorgung mit Tageslicht und profitieren von der visuell uneingeschränkten Blickbeziehung zu den Gewächshäusern und den Versuchsflächen im Freien.

Die Treppen im Inneren bilden im Zusammenspiel mit den Aufzügen und den vertikalen Versorgungsschächten das bauliche Rückgrat des Hauses. Dieses sind die unverrückbaren „Einbauten"“ einer flexiblen Büro- und Laborlandschaft. Hier werden kleine Foyers und Orte der Begegnung geschaffen. Das Institutsgebäude tritt in einen direkten Dialog mit der Nachbarschaft. Dachterrassen und kleine Balkone im ersten Obergeschoss offerieren Austritte und Aufenthalte im Freien. Es wird ein vielseitiges institutionelles Miteinander und interdisziplinäre Kommunikation ermöglicht.

Über die innenliegenden Treppen wie auch die zur Entfluchtung nutzbaren Außentreppen können auf kurzem Weg die Freibereiche erreicht werden.

Die Leichtigkeit des Hauses und die Verbundenheit des Baulichen mit den landschaftlichen Grundüberlegungen wird durch die intensiven Begrünungen der Dachflächen zusätzlich gestärkt. Die fünfte Fassade ist daher vielmehr als eine Erweiterung der üppigen Parklandschaft zu verstehen und nicht als eine Restfläche mit technisch notwendigen Aufbauten. Lediglich das zurück-gestaffelte Technikgeschoss erhält Photovoltaik-Elemente, wobei die vertikalen Fassadenelemente in die Gesamtgestaltung der Gründächer miteingebunden werden.

Die vorgeschlagenen Materialien folgen der Idee der Authentizität, angemessen an die funktionalen Anforderungen. Die Materialwahl im Inneren orientiert sich am Charakter eines Loftähnlichen Werkraums. Eine exponierte Installation der notwendigen, jedoch reduzierten Haustechnik ergänzt die Materialwahl unterschiedlicher, strapazierfähiger Bodenbeläge. Die Beläge im Eingangsbereich orientieren sich an der Materialwahl für die Freianlagen, um so eine Symbiose von außen und innen zu stärken. Wo nötig, werden additiv eingesetzte Akustikelemente vorgesehen.

Die Außenfassaden der Obergeschosse erhalten Brüstungselemente und sollen mit einer Holzverschalung bekleidet werden. Die horizontale Gliederung des Baukörpers unterstützt die Leichtigkeit im Erscheinungsbild und schafft im Innenraum einen schönen Raumeindruck. Die Holz-Aluminium-Fassade nimmt als Elementfassade die notwendigen Fenster- und Lüftungselemente für die Nachtluftspülung auf und wirkt dennoch elegant. Die außenliegenden, als leichte Stahlkonstruktionen ausgeführten Wartungsstege ermöglichen eine ideale Zugänglichkeit aller Fassaden von außen und gewährleisten somit einen wirtschaftlichen Unterhalt. Raffstore-Elemente mit Lichtlenkfunktion gewährleisten eine angemessene Verschattung der Räume und verhindern so eine unkontrollierte Überhitzung des Gebäudes. Ergänzend werden im Innenraum Blendschutz- und Verdunkelungselemente vorgeschlagen.

Im Erdgeschoss werden opake Fassadenelemente mit emaillierten sowie bedruckten Gläsern vorgeschlagen, um die Leichtigkeit und Offenheit des Gebäudes sowie einen schwebenden Charakter des Obergeschosses zusätzlich zu unterstützen.

Funktional detaillierte Einbauten aus Holzwerkstoffen bieten einen angemessenen Kontrast zu der robusten, jedoch haptisch ansprechenden Materialwahl.


Klimakonzept / Technische Gebäudeausstattung:
Ziel ist es, minimierte Emissionen in Bau und Betrieb sowie im Rückbau mit optimaler Funktion, Qualität und Praktikabilität in der Nutzung zu kombinieren.

Der Grundriss ist so angelegt, dass neben dem vorgegeben organisatorischen Zusammenhang die Navigation durch das Gebäude erleichtert wird und sich immer wieder Zonen für spontane Kommunikation und Austausch unter Kollegen anbieten. Die Gestaltung der Fassade ist durch physiologische Anforderungen bestimmt, wie z.B. nach blendungsfreiem Tageslicht, komfortabler natürlicher Belüftung, Exposition zu solarer Einstrahlung und bei Bedarf dem Schutz davor. Die Labore werden entsprechend den Anforderungen mechanisch belüftet. Wo erforderlich werden Kühlbalken eingesetzt. Die Verwaltungsbereiche werden mit statischen Heizflächen ausgestattet. Bereiche mit höheren internen Lasten können bei Bedarf mit Heiz-/Kühlsegeln konditioniert werden.


Tragwerk:
Das Tragwerkskonzept sieht eine flexible Skelettkonstruktion in Stahlbeton- und Holzbauweise vor, die spätere Veränderungen der Grundrisse auf Grund der wenigen tragenden Wände einfach ermöglicht. Die Gründung, Teilunterkellerung und die Bodenplatte in Stahlbeton aus recycelten Zuschlagstoffen bilden den Sockel für das leichte Obergeschoss in vorgefertigter Holzbauweise. Für den Brandschutz ist das Erdgeschoss aus nichtbrennbarem Stahlbeton eine ideale Verteilerebene für die Feuerwehr.

Im Obergeschoss ist die Verwendung von Holz als sichtbares, tragendes Konstruktionselement in der Landesbauordnung vorgesehen. Der Brandschutz der tragenden Holzelemente wird allein über sogenannte Abbrandraten im Holz erreicht (7 mm Holzschicht je 10 Minuten Feuerwiderstand).

Die leichte Holzskelett-Konstruktion ist mit den für einen wirtschaftlichen Holzbau idealen Spannweiten von 5,4 m mal 8,1 m entwickelt. Holzstützen und -unterzüge tragen die massiven und leimfreien Brettstapelelementdecken, die an Ihrer Unterseite mit einer integrierten Akustikdecke als vorgefertigte Elemente auf die Baustelle geliefert werden.

Durch die vorgefertigte Bauweise kann ein Geschoß in wenigen Tagen montiert werden, was eine deutliche Verkürzung der Bauzeit bedeutet.

Brandschutz:
Das Brandschutzkonzept basiert auf der vom Entwurfsverfasser vorgegebenen inneren Logik des Wettbewerbsentwurfs. Das Gebäude hat eine Höhenausdehnung gem. Bauordnung Berlin (BauO Bln) unter 7 Meter und ist der Gebäudeklasse (GK) 3 zuzuordnen. Es wird kein Sonderbautatbestand erfüllt. Entsprechend der Gebäudeklasse und dem Sonderbautatbestand werden tragende, aussteifende und raumabschließende Bauteile des Gebäudes feuerhemmend in Holz-Beton-Hybridbauweise hergestellt. Zur Sicherstellung der Flucht- und Rettungswege verfügt das Gebäude über zwei bauliche Rettungswege (Treppenräume), die über notwendige Flure verbunden sind. Die erdgeschossigen Rettungswege führen über Ausgänge direkt ins Freie.
Lageplan

Lageplan

Konzeptpiktogramm

Konzeptpiktogramm

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Querschnitt

Querschnitt

Obergeschoss

Obergeschoss

Ansicht West

Ansicht West

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt