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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Campus Martinshaus in Kirchentellinsfurt

Modell

Modell

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

BJW Architekten Broghammer Jana Wohlleber

Architektur

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf für den Neubau einer Pflegeeinrichtung mit Tagespflege und betreutem Wohnen in Kirchentellinsfurt formuliert ein selbstbewusstes, städtebaulich differenziertes Gebäudeensemble bestehend aus Bestandsgebäude und Neubauten. Die Neubauten werden gekonnt auf dem zur Verfügung stehenden Gelände situiert und in die vorhandene topografische Situation eingebettet und über einen gemeinsamen Grünraum, der sogenannten Campusachse, miteinander verknüpft.
Folgerichtig werden alle Hauptzugänge in die Gebäude hier positioniert. Die unterschiedlichen Nutzungseinheiten werden baukörperlich überzeugend gefügt und bleiben zugleich ablesbar. Dies schafft einen originären Duktus für ein kommunales Gebäudeensemble.
Durch den kompletten Erhalt des Martinshauses können das Ärztehaus, das betreute und allgemeine Wohnen konfliktfrei untergebracht werden. Alle weiteren Nutzungen finden in den Neubauten ihren Platz. Die Bibliothek mit Kernzeitbetreuung besetzt die Schnittstelle zwischen Schulareal im Norden und neuer Campusachse und schafft so gleichzeitig den geschickten topografischen Übergang an dieser Stelle und erzeugt dadurch einen räumlich-funktionalen Mehrwert. Ein späterer Bauabschnitt für eine KITA könnte diesen Baustein nach Nordwesten problemlos erweitern.
Der dreigeschossige Neubau des Pflegeheims wird auf dem östlichen Grundstücksteil, parallel zur Billinger Allee positioniert. Er wird in seiner Längsachse gestaffelt und erzeugt dadurch ein differenziertes Erscheinungsbild zur Wohnbebauung hin, was als angenehm empfunden wird.
Zugleich begrenzt die Ausrichtung des Neubaus den Straßenraum im Osten und schafft einen großzügigen Platzbereich im Westen. Der so geschaffene Außenbereich verbindet sich räumlich mit der angrenzenden grünen Campusachse und sorgt so für eine ortsspezifische Identität mit hohen Aufenthaltsqualitäten. Dabei sollte der geplante Geländeverlauf noch exakt bestimmt werden. Die Zufahrtssituation zur Tiefgarage im Osten wurde gut gelöst und landschaftlich verträglich integriert.
Die geforderten Stellplätze und Technikbereiche werden im Tiefgaragenbereich nachgewiesen.
Die Arbeit kombiniert großzügige, locker mit Bäumen überstellte Grünflächen und freischwingende, aber etwas beliebig wirkende Wege mit einer zentralen von der Kirchfeldstraße zur Billinger Allee durchgehenden straffen Wegeachse, an der sich kleinere Platz- und Grünflächen reihen. Mit Heckenscheiben, Bankelementen und Baumpaketen werden kleinere Teilräume gebildet, die sich für informelle Aktivitäten eignen und Aufenthaltsqualitäten entwickeln.
Die Freifläche für das zukünftige Kinderhaus ist angemessen proportioniert.
Auf die bestehende Topografie reagiert die Arbeit v.a. zur Schule hin. Die Lösung des Höhensprungs von der inneren Platzfläche beim Kinderhaus zur Billinger Allee wäre noch nachzuweisen.
Die innere funktionale Struktur des Pflegeneubaus ist klar und übersichtlich gegliedert. Ein großzügiges und funktional gut gelegenes Foyer verknüpft die gewünschten Funktionsbereiche miteinander. Die Wege sind kurz und übersichtlich. Tages- und Kurzzeitpflege werden folgerichtig im Erdgeschoß platziert, während sich die Pflegegruppen in den beiden Obergeschossen befinden. Sie sind räumlich-funktional gegliedert und ermöglichen einfache Rundwege mit hohen Aufenthaltsqualitäten. Die Bewegungsräume und die Essbereiche können direkt vom Umgang aus erreicht und sogar räumlich mit ihm verknüpft werden. Größe und Geometrie entsprechen den vielfältigen Nutzungsanforderungen. Dies gewährleistet eine optimale Betreuungssituation. Die Raumfolge und ihre funktionalen Verflechtungen sind gut gelöst.
Ein eingeschossiger Erweiterungsbau mit einer zusätzlichen Pflegegruppe ergänzt das Gesamtensemble zwischen Bestandsbau im Westen und Pflegebau im Osten. Die geringe Höhe vermittelt zwischen den baulichen Hochpunkten. Der verglaste, funktional notwendige Verbindungsgang an den Pflegebau wird allerdings kontrovers diskutiert. Sorgt er doch für recht lange Wege in den täglichen Arbeitsabläufen!
Die konstruktive Lösung in Massivbauweise und die Materialität der Innenräume erscheinen angemessen und nachhaltig. Die klare, ruhige Fassadengliederung weiß zu überzeugen und ist konsequent aus den Innenräumen abgeleitet. Sie ermöglicht ein hohes Maß an innenräumlicher Qualität. Die plastisch-räumliche Ausbildung der allgemeinen Balkonbereiche und der Eingangszonen sind gekonnt vorgetragen und überzeugen. Die äußere Verkleidung der Fassade durch einen einheitlichen, hellen Vormauerziegel erscheint angemessen. Auch der Vorschlag die Bestandsbauten in gleicher Weise zu bekleiden überzeugt, stärkt es doch den architektonischen Ausdruck des Gesamtensembles. Die robuste Materialwahl lässt geringe Unterhaltskosten bei den Fassaden erwarten.
Der Entwurf bewegt sich in einem wirtschaftlichen Bereich, wenn man seine Kenndaten betrachtet. Sowohl die Kubatur, als auch die notwendigen Fensterflächen sind reduziert, ohne dabei räumlich, gestalterische Qualitäten opfern zu müssen.
Die architektonische Gestalt wirkt der Aufgabe gegenüber angemessen, besonders in Bezug auf die städtebaulichen Aspekte und die räumliche Organisation. Es handelt sich hier um eine insgesamt sehr gute Arbeit mit überzeugenden innen- und außenräumlichen Qualitäten. Besonders überzeugend erscheint der respektvolle Umgang zwischen Bestandsgebäude und Neubauten. Auch der zentrale Raum der „gemeinsamen Campusachse“ als zukünftiger, funktionaler Schnittpunkt für ein lebendiges Gemeinschaftsleben kann überzeugen.