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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Erweiterung der Schulanlage Kappeli in Buchs (CH)

1. Preis

Preisgeld: 20.000 CHF

Estrada Reichen Architekten

Architektur

Lukas Raeber Architektur ETH SIA GMBH

Architektur

USUS Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

wh-p Ingenieure

Tragwerksplanung, Bauingenieurwesen

ZOSTERA Brandschutzplanung GmbH

Brandschutzplanung

3-Plan Haustechnik AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau / Architektur

Das Projekt «MAX&MORITZ» bietet mit der Idee des Campus ein starkes Konzept, welches mit einem Befreiungsschlag die Disposition der bestehenden Schulanlage Kappeli in Relation zum Quartier neu ordnet: Mit der präzisen Setzung von zwei Punktbauten wird der Schwerpunkt der Anlage auf die heutige Rückseite im Norden des bestehenden Schulhauses geschlagen und näher ins Zentrum des Parks gerückt. Ein neues Kapitel in der Arealgeschichte wird geschrieben, mit dem Bild einer selbstbewussten Gesamtanlage von städtischer Qualität, im Kontext des zur Spiel und Begegnungszone gestalteten Parkes entlang der Achse der Volksgartenstrasse.
Der Anschluss des viergeschossigen Primarschulhauses mit Kindergarten im EG ist mittels eines Erschliessungsturmes an die Traufseite des bestehenden Schulgebäudes gekonnt und respektvoll gelöst. Die daraus entwickelte volumetrische Abfolge bestätigt die mutig und überraschend gut gewählte Setzung und Grösse des Schulhausneubaus. Dieser wirkt markant, schafft massstäblich den Bezug zur Stadtentwicklung entlang der westlichen Hauptstrasse, überwindet den Massstabssprung und respektiert gleichwohl die Körnung des Wohnquartiers nicht mit Grösse, sondern mit Distanz.
Der eingeschossige Bau im Süden verleiht dem Kinderhort mit einer qualitativ hochstehenden Pavillonarchitektur im Park nicht nur eine gesellschaftlich relevante Note, sondern rückt den Hort – das zweite Zuhause für die Kinder – in das Zentrum des Geschehens. Er wird zur Lebensbasis der Kindergärtner und SchülerInnen und zum zentralen Treffpunkt vor und nach dem Schulunterricht. Diese räumliche Loslösung der Kitafunktion von der Primarschule und dem Kindergarten ist konsequent und überzeugt. Sie stellt sich den Institutionen des Lernens beider Altersklassen gleichwertig in den Dienst. Die Lage des Pavillonbaus führt hinsichtlich der Freiraumgliederung zu intensiven Diskussionen, da sie den südlichen Park gliedert, statt diesen zu einer einheitlichen, für die Primarschule übersichtlichen Aussenanlage zu verbinden. Eine Verschiebung des Pavillonbaus nach Westen würde diesem Anliegen entgegenkommen.
Die Architektur ist eigenständig und sucht keinen speziellen Bezug zum Schulhaus Kappeli. Sie ist Ausdruck von dem einfachen, modularen Hybridholzbausystem, welches offene, flexibel nutzbare Flächen und Fassaden ermöglicht. Der hohe Öffnungsgrad sorgt für eine überdurchschnittlich gute natürliche Belichtung, stellt aber auch eine Herausforderung an den sommerlichen Wärmeschutz und Unterhalt im Betrieb dar. Die horizontale Gliederung der Fassade kommt mit den holzverkleideten Decken elegant zum Ausdruck. Die zusätzliche Betonung mittels der vorgehängten Betongesimse erscheint etwas überinstrumentiert. Die konstruktive Umkehrung bei der Schulischen Tagesstätte mit der aussenliegenden Betonstruktur und innenliegenden Dämmung zeigt den spielerischen Umgang mit den Materialien Beton und Holz und bringt die natürlichen Qualitäten zum Vorschein. Sie verleihen den Gebäuden einen differenzierten, zeitlosen, klassischen Ausdruck.

Erschliessung
Die Gebäude sind zur Volksgartenstrasse hin adressiert und die Zugänge entlang dieser Achse sinnvoll aufgereiht. Der neue Hauptzugang im Erschliessungsturm verbindet Alt und Neu optimal und löst die unterschiedlichen Niveaus elegant über zwei Treppenläufe und Lift. Auch der Zugang durch das alte Schulhaus zum Pausenplatz ist grosszügig gelöst. Die Wege sind kurz und direkt.
Die vier Kindergarten im Erdgeschoss sind sowohl von Osten wie auch von Westen zugänglich und übersichtlich über die gemeinsame Eingangshalle mit den Garderobennischen erschlossen. Nicht gelöst sind die individuellen Aussenräume, welche direkt den Kindergärten vorgelagert sind. Einerseits besetzen sie den Raum rund um das Schulhausgebäude, andererseits lassen sie sich aus betrieblicher Sicht ungenügend abgrenzen und für individuelle Aktivitäten einrichten. Erwünscht ist die Einbettung der Kindergarten in eine üppige grüne Parklandschaft mit mehr räumlicher Qualität.

Funktionalität / Betrieb
Der viergeschossige Neubau ist vertikal geschickt in zwei voneinander unabhängige Entitäten organisiert: Der Kindergarten im EG ist mit einer durchgehenden Decke getrennt von den darüberliegenden Obergeschossen der Primarschule. Die Grundrisse sind kompakt und funktional einwandfrei organisiert. Im zentralen, dreigeschossigen Atrium ist aus betrieblicher Sicht eine verkehrsfreie Aufenthaltsqualität sicherzustellen, sowie einer angenehmen Raumakustik Rechnung zu tragen. Die Zuordnung der Klassenzimmer und der Nutzungen für Schulleitung, Lehrer und die allgemeinen Räume ist gut gewählt. Auch die Integration der Räume im Bestandsgebäude für die schulische Sozialarbeit und für das Bildnerische Gestalten ist sinnvoll und verursacht minimale Eingriffe in den Bestand. Dies wird begrüsst.

Umgebung / Aussenbereiche
Die Projektverfasser schaffen dank haushälterischem Umgang mit den Schulhausbauten viel Spielraum für eine einheitliche, zusammenhängende Umgebungsfläche. Die verkehrsfreie Volksgartenstrasse wird zu einem starken Bindeglied der Gesamtanlage erklärt, was positiv gewertet wird. Die stark in Erscheinung tretenden Belagsflächen werden durch die grüne Ummantelung des Areals etwas abgefedert. Der Umgang mit den vorhandenen Bäumen ist rücksichtsvoll, die Neupflanzungen sind leider etwas sehr zurückhaltend.
Die Erschliessungen sind übersichtlich angeordnet, der Parkplatz ist gut von der übrigen Anlage getrennt, die Schulbushaltestelle ist am richtigen Ort. Die Veloabstellplätze im peripheren Bereich der Anlage sind gut auffindbar. Zur Materialisierung der Hartflächen werden leider kaum Aussagen gemacht obwohl es klimatisch und ökologisch bedeutsam wäre.
Hauptmerkmal der Arealbegrünung ist die Hügellandschaft, die alles einfassende Formhecke und der Erhalt bestehender Bäume mit dem Vorschlag, diese zu ergänzen. Diese Haltung ist interessant, lässt aber die Frage aufkommen, ob das hinsichtlich der ausgedehnten Belagsflächen genügt. Die bescheiden begrünten Vorbereiche der Kindergärten überzeugen nicht. Der im Projekt vorgesehene naturnahe Umgang mit der Begrünung wird positiv gewertet, dürfte aber hinsichtlich der Biodiversität aussagekräftiger sein.

Wirtschaftlichkeit
Das Projekt liegt kostenseitig leicht über dem Durchschnitt aller eingereichten Vorschläge und auch etwas über dem Zielwert gemäss Programm. Der Zielwert kann gut erreicht werden. Das Projekt ist wirtschaftlich.
Fazit
Der Campusgedanke bringt eine neue Dimension in das Schulhausareal, welche räumlich wie auch zeitlich Entwicklungspotential darstellt. Er vermittelt eine fortschrittliche Haltung für eine Stadt, welche sich im Transformationsprozess von einer ländlichen zu einer urbanen Gesellschaft befindet und bereit ist, in die Zukunft zu investieren. Die robuste städtebauliche Konzeption unterstützt diese Weitsicht. Sie erlaubt Justierungen in der Disposition der Gebäudekörper in der Planungsphase und auch für in Zukunft. Das Umgebungsprojekt weist gute Ansätze auf, die sich an bewährter Landschaftsarchitektur orientieren und ebenfalls eine Weiterentwicklung begünstigen. Ebenso überzeugt das Projekt betrieblich mit der klaren Trennung der schulischen und betreuenden Funktionen. Die kompakte Struktur und Organisation der Gebäude erfüllt das Raumprogramm adäquat und stellt auch in dieser Hinsicht eine solide Basis für die Weiterentwicklung des Projektes dar. All diese richtig gewählten Strategien haben die Jury überzeugt, so dass sie sich einstimmig für «MAX&MORITZ» als Siegerprojekt entschieden hat.