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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Eine neue Brücke für den Langsamverkehr zwischen Au und Lustenau (CH / AT)

Modell

Modell

3. Rang

Preisgeld: 18.000 CHF

Bernardo Bader Architekten

Architektur

EDER Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Sicherheit – Gebrauchsfähigkeit – Wirtschaftlichkeit – Aesthetik
In einem Stich von 1861, der die eingehauste Brücke von Bendern mit dem dahinter
liegenden Kirchhügel zeigt, wird augenscheinlich, wie eine ruhige, gestalterisch
unaufgeregte und tektonisch konsequent durchdachte Brücke unmittelbar Teil von
Landschaft werden kann. Unser Projektansatz baut auf Horizontalität als gestalterische
Strategie und auf einem Schichtungsgedanken zur Betonung ebendieser Horizontalität
auf. Ein wichtiger Fokus liegt dabei in einer zeitgenössischen Reinterpretation
historischer Vorbilder, die wir als eine wichtige Konstante entlang des Rheinverlaufs
erachten und so zum wichtigen landschaftsprägenden Element auch im Sinne einer
Erinnerungskultur (an die fast ebendort früher vorhandene Holzbrücke) werden lassen.
Ein insgesamt 280 m langes Gebäude, wie man eine überdachte Brücke auch bezeichnen
könnte, ruhend auf drei neuen Brückenpfeilern und landschaftsarchitektonisch
angebunden an die jeweiligen äusseren Dämme des Rheinverlaufs zielt auch darauf ab, das Verbindende zwischen den zwei Ländern auch symbolisch zu unterstreichen. Zwei der drei Pfeiler liegen am jeweils inneren Damm, der bekanntlich im Zuge des Rhesi-Projektes
obsolet wird. Die Positionierung dieser beiden Pfeiler am inneren Damm hat aber nicht
nur pragmatische Gründe, sondern soll durch die Abstände der Pfeiler an die ehemalige
Flussregulierung erinnern. Diese drei Brückenpfeiler stützen nicht nur das darüber
liegende Fachwerk der Brücke, sondern definieren mit ihren unregelmässigen Abständen
jene räumlich sequenziellen Abschnitte beim Begehen oder Befahren der Brücke. Sie
werden gleichzeitig zu Aussichtspunkten. Die Brücke selbst versucht durch gestalterische
und tektonische Stringenz zu überzeugen, die Fachwerkträger stellen für diese Typologie
den „state of art“ dar und legitimieren auch dadurch ihre Zeitgenossenschaft. Darüber das
auslandende Dach und am Untergurt eingespannt der Geh- und Fahrhorizont. Das Dach
ist mit 1400 m2 horizontalen Photovoltaikelementen beplankt, die nicht nur die Energie
für die nächtliche Beleuchtung der Brücke selbst oder für Aufladeeinheiten der E-Bike-
Mobilität gewährleisten, sondern gleichfalls beidseits des Rheins in das öffentliche Netz
eingespeist werden können. Die Brüstungen sind – mit Ausnahme der Brückenpfeiler und
deren Austritte – mit beplankten Holzbohlen versehen, die die angestrebte Horizontalität
nicht nur innenräumlich verstärken, sondern auch den absoluten Holzcharakter (mit
Ausnahme der Spannseile) unterstreichen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf «pontem» schlägt eine überdeckte Holzbrücke mit konstantem Verlauf und Querschnitt über den Alpenrhein vor. Zwischen den drei tischartigen Betonpfeilern und den beiden Widerlager werden Fachwerkelemente eingefügt, die sich durch das Dach zu einem räumlichen Träger verbinden. Der Entwurf ist eine Reminiszenz an die ehemalige gedeckte Holzbrücke Oberfahr, transferiert sie jedoch technisch und konstruktiv in die heutige Zeit und ist ansprechend gestaltet. Die Details sind sorgfältig ausgearbeitet und nachvollziehbar dargestellt. Die Verwendung von einheimischem Holz als nachhaltiger Baustoff wird positiv bewertet. Die Tatsache, dass Holzbrücken auf Grund des Witterungsschutzes der Konstruktion mit Vorteil gedeckt sein müssen, hat in der Jury zu intensiven Diskussionen geführt. Dem Vorteil des geschützten Querens steht der Nachteil einer gewissen Introvertiertheit des Brückenkörpers gegenüber, der auf Grund der seitlichen Verstrebungen perspektivisch zu einem 300 Meter langen Tunnel wird, dessen Höhe mit 3 Metern im Verhältnis zur Länge nicht gerade üppig dimensioniert ist. Auch wenn seitliche Ausblicke natürlich möglich sind, steht eine gedeckte Brücke im Widerspruch zur Offenheit des Flussraums und der Attraktivität der rheintaler Landschaft. Dies wird durch die grosse Dachauskragung zu Gunsten des Witterungsschutzes der Konstruktion noch verstärkt. Insofern erscheint die Überdeckung als Episode, da alle zuführenden Wege, insbesondere auf den beiden Dämmen, Teil dieser offenen Landschaft sind. Ähnlich ambivalent sind die querliegenden «Piazzas» mit Balkonen auf den Stützenköpfen. Ausserordentlich attraktiv für die Benutzenden sind sie für die querenden Personen jedoch perspektivisch nicht einsehbar und können somit ein psychologisches Unbehagen verursachen – insbesondere beim Queren in der Nacht. Die technischen Ergänzungen des Brückenbauwerks mit Solarpanelen und E-Bike Ladestationen sind zeitgemässe Themen, wirken an diesem Ort aber etwas überzogen. Die Anschlüsse an die Dammwege sind unmittelbar und übergangslos, dagegen soll das Umfeld neben den Brückenköpfen mit grosszügigen grünen Sitzstufen gestaltet werden, die sich als Teil der künftigen RHESI-Freizeitlandschaft verstehen. Die axiale Fortführung der Brücke auf Vorarlberger Seite mündet in eine breite Treppenanlage. Dies ist zusammen mit dem grosszügig gestalteten Vorbereich für die Präsenz der Brücke im Siedlungsraum hilfreich, für Radfahrende eher etwas irritierend und mit Massnahmen zu versehen. Unverständlich ist, weshalb auf Schweizer Seite der Dammweg flussabwärts nicht weitergeführt wird.

Die Spannweiten der vier Feldern betragen 51.88 – 70.80 – 89.68 – 70.80 m. Ober- und Untergurt des Fachwerks sind liegend angeordnet und bestehen aus BSH. Die untere Ebene – mit einer gesamten Breite von 5.96 m - fungiert als Gehfläche, während die obere Ebene – mit einer gesamten Breite von 9.00 m - als konstruktiver Holzschutz und Dach dient. Die totale Höhe des Fachwerkes liegt bei 3.90 m.

Die auf Druck beanspruchten Pfosten und die in Querrichtung tragenden Biegebalken sind aus Nadelholz gefertigt. Die paarweise angeordneten auf Zug beanspruchten Diagonalseile sind offene, galvanverzinkte Spiralseile, die anhand einstellbarer Pressfittinge an den Schubverankerungen fixiert sind. Sie stellen im Feld die einzigen sichtbaren nichthölzernen Tragelemente dar. Die versteckten Stahlverbindungen im Holzbau werden aus Flachstahl S355 gefertigt und duplexbeschichtet. Pfeiler, Widerlager und Fundationen werden in Ortbeton gefertigt. Die Pfeilerköpfe welche auch als Piazze Aufenthaltsqualität spenden, werden in Sichtbetonqualität ausgeführt. Der Gehhorizont besteht aus geriffelten, rutschfesten Eichenbohlen.

Der Obergurt läuft über die volle Brückenlänge durch und ist jeweils an den Momentennullpunkten des Durchlaufträgers gestossen. Der Untergurt hingegen ist von den Betonpfeilern unterbrochen, und doch kraftschlüssig mit ihnen verbunden. Der damit einhergehende Verzicht auf wartungsanfällige, bewegliche Lager reduziert den Wartungsaufwand. Die Pfeiler sind monolithisch mit dem Brückentragwerk verbunden. Dehnungen aufgrund von Feuchtigkeitsschwankungen im Holz erfolgen weitestgehend quer zur Stabachse. Länge und Schlankheit der Pfeiler lassen die geringen Verformungen in Längsrichtung zu, ohne massgebende Zwängungen in den Bauteilen zu erzeugen. An den gut zugänglichen Widerlagern kommen Radialgelenklager zum Einsatz. Gelagert sind die Pfeiler auf je 6 Bohrpfählen ø80 cm und die Widerlager auf je 3 Bohrpfählen ø80 cm.

Das Projektteam verspricht sich durch die gedeckte Bauweise eine hohe Dauerhaftigkeit. Die Entwässerung erfolgt über Speier, die entlang der Dachkante angeordnet sind. Der Untergurt ist somit schon gegen Niederschlag geschützt, wird aber zur zusätzlichen Sicherheit oberseitig verblecht. Dachebene und Untergurt erfahren seitlichen Schutz durch eine konstruktive Holzlattung.

Die Fachwerke werden im Werk hergestellt, in transportablen Teilen angeliefert und auf dem geschützten Vormontageplatz zusammengeschraubt. Die Abschnitte über den Pfeilern werden eingehoben und kraftschlüssig mit den Pfeilern verbunden. Die Fachwerkelemente in den Feldbereichen werden einzeln eingehoben und im Momentennullpunkt mit den bestehenden Elementen verschraubt.

Die Baukosten inklusive Unvorhergesehenes belaufen sich nach Angabe PV auf etwa CHF 6.5 Mio. exkl. MwSt.

Insgesamt handelt es sich um ein stimmiges und sorgfältig ausgearbeitetes Projekt, dem insbesondere auch auf Grund der Materialwahl und der innovativen Konstruktion grosse Sympathien entgegengebracht werden. Nicht zwingendermassen erste Wahl für die grossen Spannweiten, entpuppt sich der Baustoff Holz – in zweilagiger Anordnung – als überzeugender einheimischer Werkstoff. Nach intensiven Diskussionen über die Vor- und Nachteile der gedeckten Holzbrücke hat sich die Jury schliesslich für eine offen geführte Brücke entschieden.