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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2021

Junges Leben in Coburg

Gartenperspektive

Gartenperspektive

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

CKRS ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Coburg will eine Schwarmstadt für junge Menschen werden. Einen Baustein auf diesem Weg stellt die Umnutzung eines ehemaligen Wohn- und Geschäftshauses zu Wohnraum für junge Menschen zwischen 18 und 28 Jahren dar. Das Gebäude aus den 1950er Jahren wird saniert, umgebaut und um einen Neubau erweitert. Neben der Funktion des Wohnens wird das Raumangebot durch Gemeinschafts-, Service und Kulturflächen ergänzt.
Das gesamte Haus funktioniert auf Basis des „Third Place Living“: Tätigkeiten des Alltags (Kochen, Waschen, Lernen, Feiern) werden aus den Wohnungen ausgelagert. Die dafür vorgesehenen Gemeinschaftsflächen bilden Knotenpunkte einer aktiven Hausgemeinschaft. Private Räume werden als Rückzugsort auf ein Minimum reduziert.
Im Erdgeschoss befinden sich die Gemeinschaftsfunktionen, wie ein Café als Quartierstreff, Co-Working-Flächen, ein „Empfang“ mit Verleihtheke und Verwaltungsbüro, sowie eine Bibliothek mit Lese-, Lernbereich. In den Obergeschossen sind die minimierten Privatzimmer mit eigenem Balkon nach Süd-Westen angeordnet, im Nord-Osten liegt der zweigeschossige, großzügige Gemeinschaftsbereich. Durch mobile Wände können die Maisonette- Wohngemeinschaften zu Clustergemeinschafen verbunden werden. Im Bestandsgebäude befinden sich die konventionelleren Wohnungen.
Der Neubau führt die gerasterte Fassadenstruktur des Altbaus fort. Eine vorvergraute Holzfassade ertüchtigt die Außenhülle des Bestandes. Der Neubau wird mit einer unbehandelten Holzschalung verkleidet, die mit den Jahren vergraut, so dass Neu + Alt „zusammenwachsen“. Auch die Decken und Wände des Neubaus bestehen aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz.
Der Plusenergiehaus-Standard wird angestrebt. Ein Warmwasserspeicher wird von Sonnenkollektoren gespeist. Durchlaufende Balkone und Laubengänge dienen als passiver Sonnenschutz. Zur Klimaverbesserung trägt die Regenwasserrückhaltung durch die Dachbegrünung bei. Durch den schonenden Umbau des Bestands wird die „graue Energie“ genutzt und der Flächenverbrauch durch das „third place living“-Prinzip minimiert. Der Entwurf leistet einen Beitrag zum zukunftsorientierten, klimabewussten und ressourcenschonenden Bauen.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit schafft über die baukörperliche Setzung einen klaren städtebaulichen Rahmen für die Gesamtentwicklung des Quartiers. Geradlinig nach außen gerichtet, werden die kräftig formatierten neuen Bausteine nach innen so zugeschnitten, dass ein lebendiges Wegenetz im Binnenbereich entsteht. Zudem werden die Höhen der Baukörper sinnvoll nach Norden verringert. Die vorhandene Bebauung wird darin eingebunden und dient ihrerseits als innerlicher Taktgeber für den Realisierungsbeitrag.
Die vormalig breiteren Loggien des Bestands werden gemäß der neuen Zimmerbreite halbiert und tragen die zelluläre Struktur sichtbar nach außen. Entlang der Heiligkreuzstraße wird diese Struktur im Neubauteil fortgeschrieben.
Alt und neu sollen als „ein Haus“ wirken. Dabei agiert der Entwurf nicht monoton, die Straße wird klar gefasst, in den Höhen jedoch modelliert und sich der Nachbarschaft angeglichen. Das Dach des Bestands wird zur Straße hin großzügig geöffnet und insgesamt stärker in die Gesamthaltung einbezogen.
Die Struktur des Neubaus ist als Holzkonstruktion ausgebildet, der Neubau soll zukünftig ebenso eine Holzverschalung erhalten. Diese starke Zusammenführung alt - neu wird im Preisgericht kontrovers diskutiert, eine Differenzierung Massivbau/Bestand zu Holzbau/Neubau wird durchaus als tragfähige und klare Lösung gesehen.
Der großzügige Charakter der Gartenseite mit den luftigen doppelgeschossigen Gemeinschaftsbereichen und Freisitzen begeistert das Preisgericht und stellt einen sehr eigenständigen Beitrag zur Lösung der Wettbewerbsaufgabe dar. Die Einbindung des Bestands kommt an dieser Stelle gestalterisch sehr gut zum Tragen.
Die bewusste Transparenz und Offenheit zum Garten wird zur Straße mit einem strengen, engmaschigen Raster für das Wohnen kontrastiert, gleichzeitig finden beide Seiten des Entwurfs gestalterisch zusammen.
Grundgedanke für das Wohnen ist die individuelle Zelle, die jeweils mit einer Loggia zur Straße versehen ist.
Auf deren Innenseite lagern sich die Nasszellen als strukturelle Schicht davor. Küchenzeilen und frei nutzbare Zwischenräume entwickeln einen spannungsvollen Raum, der sich über kleine, offen geführte Treppen bei den Küchen zu einem jeweils 2 Geschosse verbindenden, großzügigen Gemeinschaftsbereich mit Luftraum entwickelt und zum Garten öffnet.
Als Abschluss zum Mahngericht bildet eine skulpturale Treppe den Verbund zum Garten.
Das Erdgeschoss bietet ein geräumiges Entree für das Wohnen (im Bestand) und freie Nutzungsmöglichkeiten für ein Restaurant sowie Spiel- und Freizeitbereiche (im Neubau). Dazwischen schafft die Arbeit einen angenehm proportionierten Übergang von der Straße in den Freiraum. Die klare Adressbildung schafft eine gute Orientierung.
Die Andienung des Trafos mit einem mobilen Kran wird im 1. OG mit einer Balkonfläche eingeschränkt. Hier wäre das entsprechende Höhenprofil freizuhalten. Alternativ bestünde auch die Möglichkeit, an die Unterseite des Balkons eine feste Kranbahn zu montieren, sodass bei einem Wechsel der Trafos kein mobiler Kran zum Einsatz kommen muss.
Die Erschließung der Wohnungen liegt geschickt gebündelt im Bereich des Bestands am Übergang zum Neubau.
Durch das straffe Strukturkonzept des zellulären Wohnens und die großzügigen Gemeinschaftsbereiche nach Norden wird auf eine Anhebung der Geschosshöhen im Neubau verzichtet. Mit der zentral gelegenen Erschließung und dem durchgehenden Höhenprofil im Schnitt wird insgesamt eine hohe Effizienz erzeugt.
Strukturell bedingt weißt der Entwurf mehrheitlich Wohngemeinschaften mit Gemeinschaftsbädern aus. Im Preisgericht werden ein größeres Spektrum des Wohnens bzw. eine mehrheitliche Ausstattung der Zimmer mit individuellen Badzellen diskutiert. Die großzügigen Raumangebote für die Wohngemeinschaften könnten dies verkraften. Ebenso wird der tiefe Grundrissbereich im Osten mit seiner Belegung als Kapselhotel eher als verzichtbar angesehen und könnte zugunsten freier Wohnmöglichkeiten ausgenutzt werden.
Der Nachweis der überdachten Fahrradstellplätze wurde leider nicht auf eigenem Grundstück erbracht.
Insgesamt wurde der Entwurf als stringent entwickelter Beitrag auf der Basis einer sehr interessanten strukturellen Lösung für das junge Wohnen am Standort gesehen, der auch mit seiner architektonischen Präsenz und Strahlkraft zu beiden Seiten - Stadt und Binnenraum - überzeugt.
Straßenperspektive

Straßenperspektive

Lageplan

Lageplan

Axonometrie

Axonometrie

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG

Grundriss OG

Grundrissausschnitt Musterwohnung

Grundrissausschnitt Musterwohnung

Ansicht Südwest

Ansicht Südwest

Ansicht Nordost

Ansicht Nordost