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Zweiphasiger, nicht offener, städtebaulicher Wettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 04/2021

Soziale Stadt Waldhäuser-Ost in Tübingen

Gesamtkonzept

Gesamtkonzept

2. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

planetz Architektenpartnerschaft

Stadtplanung / Städtebau

OK Landschaft I Andreas Kicherer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die zweite Bearbeitungsphase lädt dazu ein, das Profil des städtebaulichen Entwurfs für die Erneuerung der Siedlung Waldhäuser-Ost noch einmal zu schärfen und die einzelnen Konzeptbausteine noch mehr aufeinander und auf den räumlichen Bestand abzustimmen. Die in der ersten Phase getroffenen programmatischen Entscheidungen sollen dabei in Einklang mit den vorgebrachten Anregungen aus der Öffentlichkeit und aus dem Preisgericht weiter entwickelt werden:
Der Respekt vor der Figur der Großsiedlung, wie sie in den 1960er und 1970er Jahren entstanden ist, die Rücksicht auf Bindungen der Bewohnerschaft zu ihrem Quartier und der unbedingte Wille, den Ort für die Zukunft zu wappnen bilden den Dreiklang des Entwurfsprozesses der 2. Phase.
Taktgeber einer zukunftsgerechten Entwicklung sollte sein, die Lebensdauer des baulichen Bestands zu verlängern, indem nicht alles neu gebaut, sondern mit dosierten Ressourcen modernisiert und verdichtet wird. Dabei den baulichen Fußabdruck nicht größer werden zu lassen ist die besondere Herausforderung: Neubauten können dort entstehend, wo Versiegelung bereits besteht, etwa bei den raumgreifenden Parkdecks der Siedlung.
Die entscheidende Stellschraube bei dem Umbau der Siedlung aber ist die Neuausrichtung der Mobilität: Das Quartier bereitet sich auf die Stadtbahn vor, indem es im Korridor des Berliner Rings flexibel die Flächen für sämtliche bereits erwogenen Trassenführungen vorhält und gleichzeitig die Raumprofile der Straßen so weit wie möglich einschnürt. Auf allen Maßstabsebenen sollen die Wege ohne eigenen PKW erleichtert werden: Ganz entscheidend ist herfür die barrierefreie Durchwegung des gesamten Quartiers, über die alle Nutzungseinheiten selbstbestimmt erreicht werden.
Alle Planungsschritte ordnen sich dem Ziel unter, eine unverwechselbare Quartiersidentität zu schaffen, die von den Bewohnern angenommen werden kann und die sich sowohl in pulsierender Urbanität im Zentrum als auch in zurückgezogener Erholung im Grünzug wiederspiegelt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich auch in der Überarbeitung durch vergleichsweise geringe Eingriffe und den behutsamen Umgang mit dem Charakter von WHO aus. Die Arbeit beansprucht, den „baulichen Fußabdruck“ der Siedlung nicht zu erhöhen. Dementsprechend wird weitgehend nur dort neu bebaut, wo Flächen bereits versiegelt sind. Dies führt zu einer relativ hohen politischen, planerischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit, gleichwohl bietet die Arbeit mehr BGF für das Wohnen als der Durchschnitt aller Arbeiten der 2. Phase. Eine weitere Qualität der Arbeit ist ihr Umgang mit der Erschließung: durch die doppelte Unterbrechung des Berliner Rings im Süden und Norden können zwar weiter alle Bereiche mit dem Auto erschlossen werden, aber die Dominanz des MIV wird vor allem im Berliner Ring deutlich verringert. Dadurch entstehen auch Potentiale für die Verbindung zwischen dem Innenbereich des Berliner Rings und den Außenbereichen, so kann das Studierendendorf besser angeschlossen werden und die Verbindung in den Schönbuch gestärkt werden. Das besondere Angebot des Entwurfs liegt in der Konfiguration der Freiräume, die ihren formalen Ausdruck in einem Nord-Süd-verlaufenden Waldhäuser-Park und dem sog. „Parcour“ finden, einer kreisförmigen Verknüpfung von Hofsituationen innerhalb des Berliner Rings. Der Waldhäuser Park hat in der Überarbeitung an Qualität gewonnen. Die Arbeit bietet nunmehr statt eines Waldbandes einen offenen Park an, in dem soziale und Freizeitangebote geschickt eingefügt werden. So verknüpfen sich im Süden die Sportanlagen des Studierendenwohnens mit dem Parkband. Im Norden wird selbiges durch die flankierende Anordnung von Jugend- und Kinderhaus und KITA gerahmt und gleichzeitig belebt. Leider sind die Detaildarstellungen nur bedingt aussagekräftig, um das Zusammenspiel bzw. die Verträglichkeit von gebäudebezogenen und öffentlichen Nutzungen prüfen zu können, so dass in diesem Punkt eine Skepsis der Jury verbleibt. Der Parcour wird als Angebot gewürdigt, zumal er explizit eine barrierefreie Erschließung des Kernbereiches Waldhäuser Ost ermöglicht. Gleichwohl bleibt fraglich, ob diese besondere Linienführung tatsächlich die alltäglichen Wegebeziehungen im Quartier unterstützt. Der Entwurf nimmt die Anregung nach weiterer Bebauung im Bereich 5 durch eine Abfolge von Punkthäusern geschickt auf. Die bauliche Ausformung der Mitte kann auch nach Überarbeitung nicht voll überzeugen. Insbesondere wird infrage gestellt, welchen Charakter der Berliner Ring (Adresse?) erhält, wo doch die „urbane“ Mitte abgesetzt zwischen Hallenbad und Kirche angeordnet wird. Auch diese Mitte, wo sich Parcours und Parkband verschneiden, wirkt gestalterisch unausgereift. Die durch Baumreihen betonte Ost-West-Ausrichtung schwächt das Parkband als zentrales Motiv. Die – wenn auch gläserne – Mensa wirkt deplatziert. Zudem wird kritisiert, dass die Angebote für Senioren und Altenpflege in nur einem Bereich und das außerhalb des Berliner Ringes konzentriert werden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Entwurf in seiner städtebaulichen Formulierung der Mitte weiterhin Schwächen aufweist, aber das zentrale Motiv des Waldhäuser Parks kraftvoller präsentieren kann. Damit eröffnet er die Chance, eine Stärke von Waldhäuser Ost weiter zu stärken, nämlich den hohen Freiraumanteil und die Nähe zu den Waldausläufern des Schönbuchs. Der Entwurf wird daher als eine tragfähige und gleichsam zukunftsweisende Alternative bewertet, deren Qualitäten auf einem innovativen, anpassungsfähigen Verkehrskonzept und einer wertschätzenden, behutsamen Weiterentwicklung des Bestandes beruhen.
Lageplan

Lageplan

Perspektive Parcours mit Weißdornplatz

Perspektive Parcours mit Weißdornplatz

Schaubild Parcours

Schaubild Parcours

Modell

Modell

Schaubilder

Schaubilder

Szenarien Neue Mitte

Szenarien Neue Mitte

Perspektive Parcours

Perspektive Parcours

Perspektive Waldhäuser-Park

Perspektive Waldhäuser-Park