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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Schul- und Internatsneubau am Standort Johannes-Vatter-Schule in Friedberg (Hessen)

Visualisierung Schule

Visualisierung Schule

1. Preis

Preisgeld: 23.000 EUR

wittfoht architekten bda, Prof. Jens Wittfoht

Architektur

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

Bobran Ingenieure

Bauphysik

Erläuterungstext

Städtebau
Der Gebäudebestand wird von einer Vielzahl verstreut im Gelände liegender Bauten gekennzeichnet, die zum Teil deutliche Charakterunterschiede aufweisen. Nach Rückbau verbleiben die „Neue Schule“, die Mensa und das Haus 4 auf dem Wettbewerbsgelände. Die neue Grundschule, das Internat und die Sporthalle werden so auf dem weitläufigen Gelände verortet, dass sie im Zusammenspiel mit den Bestandsgebäuden einen zentralen Freiraum generieren: den Campus. Die drei zweigeschossigen, pavillonartigen Neubauten bilden aufgrund ihrer Setzung und Materialisierung ein Gebäudeensemble, das durch Blick- und Wegebeziehungen miteinander verbunden ist.

Architektur
Ziel ist es Räumen zu schaffen, die Geborgenheit ausstrahlen, eine klare Orientierung vermitteln und für die Kinder einen hohen Identifikationsgrad bieten. Dies geschieht durch die Gliederung in überschaubare Nutzungseinheiten, die durch innere „Straßen“ verbunden werden, deren unterschiedliche Plätze zum Lernen, Spielen, und Treffen einladen.
Über den Haupteingang der Schule gelangt man in das zentral gelegene Foyer, das nicht nur als Verteiler und Erschließungszone dient, sondern auch als Veranstaltungsraum genutzt werden kann, der bei Bedarf mit dem Musikraum zusammenschaltbar ist und sich bis zum Außenraum des Schulhofes erweitern lässt. Die Lage des Musikraums gewährleistet eine unkomplizierte Nutzung auch durch die Schüler der Haupt- und Mittelstufe. An das Foyer schließen sich als getrennte Funktionseinheiten die Schulverwaltung und die Verwaltung der mittelhessischen Förderschulen an. Im Obergeschoss sind alle Klassen- und Fachräume verortet.
Im Internatsgebäude sind die Räume der drei Gruppen zu klar ablesbaren Einheiten zusammengefasst. Betreuerbüros und der Ganztagesbereich schließen sich direkt an den Eingangsbereich an. Den Zimmern vorgelagerte Zonen fördern soziale Begegnungen und Interaktion.

Tragwerk
Schulgebäude, Internatsgebäude und die Sporthalle sollen in konstruktiver Holzbauweise kompakt und energieoptimiert ausgeführt werden. Sowohl die Dach- als auch Deckenflächen werden aus Brettsperrholzplatten gebildet, die auf Längsunterzügen aufliegen. Während die Dachplatte konstruktiv alleine bleibt, bekommt die Deckenplatte als Verstärkung zur Holz-Beton-Verbund-Decke einen Aufbeton.
Der gebotenen Gebrauchstauglichkeit und Widerstandsfähigkeit werden mit pflegeleichten Oberflächen und robusten bauphysikalische Aufbauten entsprochen:
- die Innenwände aus kräftigem Brettsperrholz, dem industriellen Plattenwerkstoff mit hoher Tragfähigkeit und guter Resistenz im Brandfall
- die Außenwände aus Holztafelbauelementen mit hervorragenden Dämmeigenschaften.
Die räumliche Stabilität des Gebäudes wird durch die Ausbildung der Decken- und Wandbauteile als aussteifende Scheiben gewährleistet. Die gebotene Wirtschaftlichkeit wird durch den ausschließlichen Einsatz von handelsüblichen Baustoffen erzielt.

Lüftungs- und Energiekonzept
Das Ziel des Lüftungs- und Energiekonzeptes ist eine hohe Aufenthaltsqualität in den Schul- und Internatsräumen bei gleichzeitiger Minimierung des Energieeinsatzes. Die wichtigsten Merkmale hierfür sind eine gute Luftqualität, eine sehr gute Tageslichtverfügbarkeit, eine optimale Raumakustik sowie ein hoher thermischer Komfort im Sommer und im Winter.
Der Wärmebedarf ist durch eine gute Wärmedämmung in den opaken Hüllflächen sowie durch die Dreifach-Wärmeschutzverglasung mit hoher Tageslichttransmission reduziert. Der sommerliche Wärmeschutz wird durch die umlaufenden Fluchtbalkone, dem außenliegenden, beweglichen Sonnenschutz und einer automatisierten Nachtluftauskühlung sichergestellt. Auf eine mechanische Kühlung kann dadurch verzichtet werden. Der Verglasungsanteil nach außen, die Sonnenschutz-Einrichtungen und die Oberlichter im Dach sowie die Anordnung von transparenten Anteilen in den Raumtrennwänden sorgen für eine optimierte Tageslichtqualität in allen Bereichen. In Verbindung mit einer intelligenten präsenz- und helligkeitsgesteuerten Kunstlichtregelung sowie durch den Einsatz von effizienten Leuchtmitteln wird der Strombedarf für die Beleuchtung reduziert; gleichzeitig werden unerwünschte innere Lasten minimiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit setzt sich intensiv mit der besonderen städtebaulichen Situation im „Innenraum“ des Schulcampus auseinander, wie sie auch mit der Neubebauung bestehen bleibt. Von außen nach innen werden zunächst die Gebäude und dann Baumreihen als raumbildende Elemente aufgebaut. Sie fassen den Campus als das wohlproportionierte grüne Zentrum der Schulanlage ein.
Die Häuser bilden die äußere Raumschicht. Ihnen sind jeweils kleine Aktivzonen vorgelagert, die außenräumliche Ergänzungen zu den Gebäudenutzungen vorsehen. Doppelte und drei-fache Baumreihen markieren die Erschließungswege, leiten zu den Haupteingängen und bilden einen Filter zwischen den betriebsamen Randbereichen und der grünen Mitte, ohne den Überblick über das Schulgelände zu stören. Diese ebenso klare wie nutzungsdichte Gestaltung der Außenräume wird von pädagogischer Seite sehr positiv aufgenommen. Sie kommt den besonderen Bedürfnissen des Schulalltags der Johannes-Vatter-Schule entgegen. Für die zukünftig vorgesehene Öffnung der Klassen und eine intensive Vernetzung von schulischen und außerschulischen Aktivitäten verspricht sie den richtigen Rahmen.

Die sensible Zonierung der Nutzungsangebote von außen nach innen findet sich auch in der gewählten Gebäudetypologie wieder. Für das Schulgebäude und für das Internatsgebäude sind offene Strukturen über jeweils zwei Geschosse vorgeschlagen. Die einfache Grundstruktur der Häuser lässt eine dauerhaft flexible Programmierung der einzelnen Flächen zu. Sie sind dem Bedarf entsprechend mit Büros, Klassenräumen oder den gemeinsam genutzten oder kleinteilig abgeschlossenen Wohnbereichen belegt. Durch vorgelagerte Fluchtgänge in den Obergeschossen wird der interne Erschließungsaufwand minimiert, ebenso wie Brandschutzanforderungen an innere Erschließungswege weitgehend entfallen.
Im Erdgeschoss des Schulgebäudes sind der Musikraum und die beiden Verwaltungsbereiche gut auffindbar, um ein großzügiges Foyer mit offener Treppenhalle gruppiert. Der Musikraum ist geschickt als eine zwischen innen und außen vermittelnde durchlässige Raum-zone angelegt. Im Obergeschoss ist das konstruktive Grundgerüst so gewählt, dass sich die Klassenräume zu unterschiedlichen Größen teilen oder zusammenschließen lassen und transparente oder verschiebbare Wände realisierbar sind. Die Mittelzone wird durch Dach-oberlichter aktiviert, die das Flächenpotential nach innen erweitern.
Den östlichen Rand des Schulgeländes schließt das Internat. Dieses Gebäude wird nach dem gleichen Strukturprinzip locker bespielt mit offenen, separierten und völlig abgeschlossenen Räumen.
Aus schulpädagogischer Sicht ist durch die klare äußere und innere Erschließungsführung eine einfache Orientierung gegeben. Die für das Schulgebäude vorgeschlagenen offenen Raumstrukturen bieten das gewünschte Potenzial für die Entwicklung zukunftsfähiger Unterrichtsformen. Auch die offene Struktur des Internats wird im Hinblick auf eine multifunktionale Nutzbarkeit begrüßt.

Der architektonische Ausdruck der Gebäude betont den seriellen Charakter ebenso wie die offene Struktur. Mit der abstrakten Serialität gelingt die Einbindung in die zurückhaltende architektonische Sprache des Bestands. Die umlaufenden überdachten Laubengänge betonen die Vernetzung und aktive Bespielbarkeit der Innen-Außen-Bezüge und verleihen den Gebäuden Präsenz durch die im städtebaulichen Maßstab wirksamen raumhaltigen Fassaden. Die Fluchtgänge in den Obergeschossen vereinigen Effekte der Wirtschaftlichkeit und der Nachhaltigkeit. Sie dienen der Begegnung und der sozialen Interaktion, aber auch der Verschattung der dahinter liegenden Fassadenflächen. Diese können entsprechend ihrer Orientierung, den bauphysikalischen, akustischen und funktionalen Anforderungen „eingestellt“ werden.

Die funktionalen Anforderungen an die Barrierefreiheit, die Bildung von Bauabschnitten und der Nachweis der geforderten Stellplätze sind erfüllt. Die Wirtschaftlichkeit ist im Vergleich der Wettbewerbsbeiträge im mittleren Bereich.

Insgesamt entwirft die Arbeit eine räumliche Entwicklungsperspektive für den Schulstand-ort, die der innovationsfreudigen Pädagogik der Schule sehr weitreichend entgegenkommt. Das von den Entwurfsverfassern formulierte Ziel ist es, „Räume zu schaffen, die Geborgenheit ausstrahlen, eine klare Orientierung vermitteln und für die Kinder einen hohen Identifikationsgrad bieten“. Die Schule ihrerseits formuliert programmatische Ziele wie Barrierefreiheit, Öffnung, Flexibilität und Harmonisierung der Tages- und Lebensrhythmen im Schulall-tag. Beides erscheint der Jury bei dem Entwurf in hohem Maße zur Deckung gebracht.
Visualisierung Internat

Visualisierung Internat

Visualisierung Campus

Visualisierung Campus

Ansicht Schule

Ansicht Schule

Lageplan

Lageplan