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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Neugestaltung der Außenanlagen Schloss Hardenberg in Velbert-Neviges

3. Preis

Preisgeld: 16.764 EUR

QUERFELDEINS Landschaft | Städtebau | Architektur PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Naturerlebnis zwischen Vergangenheit und Zukunft

Schloss Hardenberg liegt eingebettet in die bewaldete Landschaft des Neanderlandes. Heute ist es versteckt hinter Sträuchern, Bäumen und Hügeln, sodass es gar nicht so einfach ist, einen Blick auf das Schloss in Gänze zu erhalten. Auf dem immer kürzesten Weg werden die Besucher dicht an den Mauern und Fassaden entlang zu ihrem Ziel geführt, ohne Schloss oder Vorburg wirklich wahrzunehmen. Es ist Zeit, dass sich Schloss Hardenberg in neuem Glanz seinem Publikum präsentiert.

KONZEPT
Mit einem definierten Zentrum und einem neuen Rundweg wird das Schlossensemble in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt und als Gesamtheit erlebbar gemacht. Angelagert an den Rundweg entstehen unter dem übergeordneten Leitbild des Naturerlebnisses charaktervolle Orte, die die Balance zwischen flexibler Nutzbarkeit, ökologischem Anspruch und identitätsstiftender Gestalt finden. Dazu zählen eine Freilichtbühne, Spielbereiche, Minigolf, ein multifunktionaler Sportplatz und Flächen für Veranstaltungen. Formale Aspekte der historischen Formsprache werden aufgenommen und mit zeitgemäßen Materialien und Vegetation neu interpretiert.

EINBINDUNG IN DIE UMGEBUNG
Das Neanderland ist für seine zahlreichen Rad- und Wanderwege bekannt.
Zwei niedrigschwellige Panoramarundwege ergänzen das bestehende Angebot. Sie starten und enden am Schloss und machen es von höher gelegenen Aussichtspunkten erlebbar. Gleichzeitig stellen sie dem Besucher die Sehenswürdigkeiten der Umgebung vor und können mit informativen Geocaching-Rätseln ausgestattet werden.

ANKOMMEN & RUNDWEG
Der Entwurf sieht einen Rundweg vor, der sich an einigen Stellen zu Plätzen weitet. Egal aus welcher Richtung Besucher das Schloss erreichen – ob über die Wander- und Panoramawege, mit dem Bus oder dem PKW - sie werden immer von diesen Orientierung bietenden Plätzen aufgefangen. Sie bilden ein angemessenes Entree zur Anlage. Hier sind die schlichten, eleganten Wegweiser verortet sowie Informationstafeln. Elemente wie ein Schriftzug an der neuen Mauer vor der Vorburg tragen zur Adressbildung bei. Von diesen Ankerpunkten ausgehend gelangt der Besucher wie selbstverständlich auf den Rundweg oder durch die Vorburg direkt in den Kern des Schlossensembles. Es öffnet sich dabei immer ein eindrucksvoller erster Blick auf das Herrenhaus mit seiner einzigartigen Wehranlage. Der Rundweg ist also nicht nur ein Angebot, das Schlossgelände zu erkunden. Mit seinen großzügigen Schwüngen führt er den Betrachter auch gezielt zu den schönsten Blickpunkten auf das Schloss, sodass dieses in all seinen Facetten erlebt werden kann.

NUTZUNG – BESONDERE ORTE SCHAFFEN
An den Rundweg sind verschiedene Nutzungen angedockt. So finden sich immer wieder kleine, dezentrale Spielmöglichkeiten an thematisch passenden Orten. Sie bestehen aus natürlich anmutenden Holzsägearbeiten. Gebündelte Angebote für alle Altersklassen bieten hingegen Wald- und Wasserspielplatz sowie der Sportplatz und das Boulefeld. Gärten mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten sind Anziehungspunkte für Naturfreunde und Fotobegeisterte. Auch neue Nutzungen wie das Heiraten unter freiem Himmel finden Raum. Die Freilichtbühne nutzt die bestehende Topografie des Schlossgartens. Eine auskragende, ebene Platzfläche definiert dabei dezent die Bühne. Die Platzierung der Bühne bietet eine flexible Nutzbarkeit für verschiedene Arten der Veranstaltung. So können die Rasenstufen sowohl als Tribüne als auch als Bühne z.B. für Chöre funktionieren.

ÖKOLOGIE/ NATURERLEBNIS
Mit dem Erhalt, der Förderung und Anlage verschiedener Kleinbiotope werden vielerlei Tier- und Pflanzenarten angesprochen. So locken die großzügigen Wildblumenwiesen und Obstbäume Insekten an, üppige Baumflächen bieten Vögeln Lebensraum sowie die Wasserbiotope den Amphibien. Insektenhotels, Nistkästen, Trockenmauern, die Brutinsel etc. verstärken den Effekt und tragen zur Umweltbildung bei.

FLEXIBLE ENTWICKLUNG
Die Gestaltung des Schlossumfeldes erfolgt flexibel entsprechend der Verfügbarkeit der Flächen. Während der Kernrundweg unmittelbar angelegt werden kann, erfolgen die schrittweisen Erweiterungen sobald möglich. Die raumprägenden Gehölze auf dem Schlossparterre werden nach natürlichem Ausfall nicht nachgepflanzt. Das Konzept ist natürlich auch mit ihnen umsetzbar.

VERTIEFUNGSBEREICH SCHLOSSKERN
Der Bereich zwischen dem Herrenhaus und der Vorburg ist das Zentrum der Schlossanlage. Hier gilt es, mit entsprechender Großzügigkeit der neuen Funktion als überregionaler Anziehungspunkt gerecht werden und das Schloss in den Mittelpunkt zu stellen. Eine polygonale Wegefläche stellt eine deutliche Verbindung zur Vorburg her und klärt die Blickachsen. Gleichzeitig werden historische Bezüge aufgenommen und unter dem Leitthema des Naturerlebnisses neuinterpretiert. So setzt das historisch mit ornamentalen Rasen und Zierpflanzen gestaltete Barock-Parterre heute mit einer üppigen Wildblumenwiese ein Statement für den Artenschutz und auch auf den Wehrgängen findet Grün wieder Einzug.

Innerhalb des Wildblumenparterres gliedern niedrige, sich aus der Topografie entwickelnde Mauern die Fläche und formen die Neander-Terrassen. Bestehend aus grobem Porenbeton, der durch das Stampfen vor Ort eine geschichtete Optik erhält, erinnern sie an die von Gestein und Felsen geprägte Landschaft. Große gebrochene Schollen aus selbigem Material machen das Parterre begehbar und sorgen für besonderen, natürlichen Flair. Immer wieder lassen sich spannenden Einschlüsse und Öffnungen entdecken, die zusätzlichen Lebensraum für Insekten darstellen. Gebettet sind die Schollen in grobem Schotter, durch den immer wieder etwas Grün seinen Weg findet.
Die Mauern fügen sich in das historische, von Grauwackemauern geprägte Schlossumfeld ein, erzeugen aber durch das moderne Material ausreichend Kontrast, um als bewusst neu eingebrachtes Stilmittel wahrgenommen zu werden.
Sie bilden eine starke Raumkante als Verbindung zwischen Herrenhaus und Vorburg, die den Besucher auffängt und leitet.

Das Material der Mauern findet auch als Einfassung und leitendes Element (auch für Sehbehinderte) Verwendung. So betont eine breite Kante den Bogen um die Teichwiese und setzt somit einen Fokus auf den Schwung zum Schloss.

Die Wildblumenwiesen sind ein wertvoller Baustein des Naturerlebnisses. Gleichzeitig sind die zahlreichen Veranstaltungen ein unverzichtbarer Teil der Kulturlandschaft der Region. Diese bedürfen Platz, der z.T. über die Teichwiese und den Hof der Vorburg hinausgeht. Daher ist die Mahd der Wildblumenwiesen bestmöglich zwischen ökologischem Optimum und benötigten Flächen abgestimmt.

VERTIEFUNGSBEREICH TEICH
Der Teich hat das Potenzial, einer der schönsten Orte des gesamten Geländes zu werden. Bereits jetzt können ortskundige Besucher den Blick über das Wasser hinweg auf die imposanten Mauern der Wehranlage genießen. Obwohl die wassergefüllten Gräben der Burg inzwischen verschwunden sind, ist hier dennoch der enge Zusammenhang von Wehranlage und Wasser deutlich spürbar und unterstreicht den überregional einzigartigen Stellenwert der Anlage im Bestand der rheinischen Wasserburgen. Die Planung führt den Rundweg gezielt zu diesem Sichtpunkt.

Lediglich kleine Implantate sind nötig, um hier größtmöglichen Effekt zu erzielen. So wird am Standort der ehemaligen Brücke eine neue Brücke hergestellt und ein weiterer Steg angelegt. Dieser führt über einen Sumpfbereich, der den bestehenden Teich erweitert. Er sorgt mit flachem Wasser und üppiger Bepflanzung für gute Wasserqualität und stellt einen wertvollen Lebensraum für Amphibien und andere Tiere dar. Der nördliche Teichbereich wird als beruhigtes Biotop nicht weiter erschlossen und mit heimischen Gehölzen und Stauden gerahmt, sodass auch hier die heimische Fauna ein Zuhause findet.
Ein Holzdeck ermöglicht über gemütliche Sitzstufen Wasserzugang. Nicht nur für ältere Generationen bieten Parkbänke mit Arm- und Rückenlehnen komfortable und bequeme Aufenthaltsmöglichkeiten. Ein Springbrunnen mit feiner Zerstäubungsdüse verstärkt das idyllische Flair und verschafft im Sommer den Vorbeigehenden Abkühlung.
Beschattet von einigen Bäumen lädt am andern Teichufer eine besonders lange Tisch-Bank-Kombination zum Picknick ein und regt die Kommunikation an.

Die Bahntrasse wird über Gehölze am Hang soweit möglich abgeschirmt.

Während der Teich eher eine natürliche, ruhige Ausstrahlung innehat und weitestgehend dem entspannenden Aufenthalt dient, reizt der Hardenberger Bach mit Abenteuer und spannenden Gesteinsformationen. Am Zulauf des ehemaligen Mühlgrabens fügt sich ein kleiner Wasserspielplatz mit Plattformen und Spielelementen in das Bachufer ein, der die bestehende Topografie nutzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich dadurch aus, dass die zentrale Aufgabe der Schaffung einer adäquaten Umgebung für ein Naturerlebniszentrum mit besonderen ökologischen Anforderungen aufgenommen und konsequent umgesetzt wurde. Diese zentrale Entwurfsidee findet sich in vielen Teilbereichen wie dem Teich-Biotop, dem ökologischen Gemeinschaftsgarten, der Obstbaumwiese oder auch der Wildblumenparterre im Zentrum der Anlage wieder. Viele funktionale Anforderungen wurden räumlich umgesetzt. Die Orientierung an den vorhandenen räumlichen Strukturen bringt den Vorteil der einfacheren Umsetzung mit sich, lässt jedoch teilweise die Spannung des Neuen und einer gestalterischen Gesamtlinie vermissen. Der Verzicht auf den Verbindungsweg östlich der Vorburg schafft es, die Vielfalt der Zugänge in die Schlossanlage auf einen zentralen Zugang zu konzentrieren, die im Detail südlich der Vorburg nicht gut gelöst worden ist und zu Nutzungskonflikten bei der Erschließung der Gesamtanlage führen kann.

Die Gestaltung des zentralen Bereichs zwischen Vorburg und Herrenhaus unter Wegnahme der Bäume mit einer nur sommergrünen Wildblumenwiese wird der Bedeutung des Standorts und den Anforderungen aus dem historischen Ensemble nicht gerecht. Die Verlagerung fast sämtlicher Spielangebote in den Ideenteil führt im Rahmen der Umsetzung zu der Problematik fehlender Spielangebote, solange der Ideenteil entlang der Bahn nicht verfügbar ist. Schwächen finden sich auch in den Detaillösungen für die Eingangssituation in die Minigolfanlage in Verbindung mit dem neu gestalteten Umgang des südwestlichen Wehrturms, der fehlenden Erschließungsflächen im Wirtschaftshof sowie der Durchquerung des Eiskellers mit einem Verbindungsweg sowie der Begrünung der inneren Wehrmauer. Aufgrund der Flächenansprüche wird die Funktion des Traugartens als kritisch erachtet.