modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Neubau Hallenbad in Stuttgart-Zuffenhausen

1. Preis / Zuschlag

Behnisch Architekten

Architektur

knippershelbig GmbH

Tragwerksplanung

Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz

Brandschutzplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

moka-studio GbR

Visualisierung

Erläuterungstext

Architektonisches Konzept
Das Hallenbad in Stuttgart-Zuffenhausen ist ein klassisches Funktionsbad für Schulen, Vereine und den öffentlichen Badebetrieb. Eine Vielzahl an Angeboten für zahlreiche Badeaktivitäten und Kurse können von den benachbarten Schulen sowie den umliegenden Vereinen genutzt werden. Dieses Miteinander von unterschiedlichen, respektvoll interagierenden Badegästen ist heute eine überaus geschätzte Betriebsform. Das Hallenbad stellt eine wichtige Institution in der Stuttgarter Bäderlandschaft dar. Für die Zukunft ist gewünscht, dass neben der Nutzung von Schulen und Vereinen, das Bad für die Öffentlichkeit an sieben Tagen in der Woche ganzjährig zur Verfügung steht.

Durch intensive Voruntersuchungen wurde festgestellt, dass mit einer Sanierung des Bestands weder die gewünschten betrieblichen Anforderungen noch die geltenden und angestrebten Energiestandards angemessen umgesetzt werden könnten. Es wurde angeregt, für einen Neubau das Raumprogramm um eine Sauna mit angegliederter Terrasse zu ergänzen und damit das Angebot für die Gäste aufzuwerten und die Attraktivität des Bads zu steigern. In der Auslobung ist das gewünschte Raumprogramm präzise beschrieben: Das neue Hallenbad soll mit der weiterhin eindeutigen Ausrichtung als Sport- und Familienbad und unter Berücksichtigung vielfältiger Aspekte der heute bereits gut funktionierenden Betriebsabläufen konzipiert werden. Neben den Erweiterungsflächen für die Sauna sollen ein Mehrzweckbecken mit Sprunganlage, ein Variobecken, sowie ein Eltern-Kind-Bereich realisiert werden. Die notwendigen Umkleide- und Sanitärbereiche sowie die Räumlichkeiten für die Verwaltung ergänzen das Raumprogramm um die notwendigen Funktionseinheiten. Die Möglichkeit zu einer funktional und akustisch getrennten Nutzung der schulischen und vereinsnahen Angebote einerseits sowie des öffentlichen Badebetriebs andererseits soll für den Neubau eine Grundvoraussetzung sein. Bewährtes kann konzeptionell übernommen werden, Defizitäres und nicht optimal Funktionierendes sollte im neuen Bad verbessert angeordnet und ohne Eingeständnisse umgesetzt werden.

Das Grundstück für das neue Hallenbad befindet sich im Norden des Stuttgarter Stadtteils Zuffenhausen, direkt an der Haldenrainstrasse 31. Eine gute fußläufige Anbindung an das ÖPNV Netz der Stadt Stuttgart zu den Haltestellen der U-Bahn Linie 7 und der Buslinie 52 ist gegeben. Die notwendigen Stellplätze für den ruhenden Verkehr sowie der Haltepunkt der Schulbusse befinden sich östlich des Grünstücks. Die reizvolle, prominente Stadtlage erhält durch die unmittelbar im Westen angrenzende und sich nach Norden ausdehnende Grünfläche eine besondere, den Stadtteil prägende Qualität, die es für den Entwurf zu nutzen gilt. Aus den städtebaulichen Rahmenbedingungen und den Vorgaben der Auslobung lassen sich unterschiedliche Einflussfaktoren für den Ort und die neue bauliche Maßnahme ableiten. Sie müssen vorab qualitativ und inhaltlich bewertet werden müssen, um dann das Haus in nachvollziehbarer Weise und identitätsstiftender Ausgewogenheit zu konzipieren. Zu vermeiden ist, das neue Haus als Einzelsolitär aufzustellen, das die besonderen ortspezifischen Qualitäten der unmittelbaren Umgebung nicht zu berücksichtigen weiß. Auch eine Gesamtanlage, ausschliesslich den funktionalen Anforderungen folgend, würde der gestellten Aufgabe nicht gerecht werden. Von Bedeutung ist hier, ein Gebäude mit nachhaltigem und baukulturellem Mehrwert zu schaffen, das auf seine Umgebung abstrahlt – gerade angesichts der unterschiedlichen Bebauung in der Nachbarschaft.

Voraussetzung für eine gelungene Realisierung ist das harmonische Einbinden in die landschaftlich geprägte Umgebung. Selbstbewusst, individuell und gleichwohl charakterstark will unser Entwurf den poetischen Gesamteindruck einer lebendigen, offenen und transparenten Badelandschaft erschaffen. Eine geschützte Saunaterrasse, mit inszeniertem, freiem Blick in die Landschaft steht für die Verwebung mit den landschaftlichen Qualitäten. Gäste und Besucher*innen werden nach Besuch des Bades weniger einen Funktionsbau in Erinnerung behalten, sondern ihr Eindruck wird vielmehr geprägt sein durch den besonderen Ort einer faszinierenden Badelandschaft, der die Sinne anregt, belebt und zu herausragenden sportlichen Leistungen motiviert. Gewünscht ist ein Haus, das zwei Becken in sich aufnehmen kann, die funktional unabhängig voneinander genutzt werden können, und in dem sich gleichzeitig die Idee einer abwechslungsreichen und verbindenden Badelandschaft manifestiert. Wir sehen darin eine komplexe und gleichwohl reizvolle Aufgabe für ein Bad – mit ganz unterschiedlichen Nutzungsanforderungen für die Wasserflächen und den dazugehörigen Nebenräumen.

Wir schlagen eine Konzeption vor, die die individualisierten Einzelfunktionen spielerisch und inhaltlich richtig zueinander anordnet und kompositorisch arrangiert – mit dem Ziel, ein maßgeschneidertes, Lebendigkeit ausstrahlendes Raumkonzept zu erschaffen. Eine Ausrichtung der Wasserflächen nach Westen bzw. Norden zu den Freianlagen hin und mit Blickbeziehungen zum Außenraum erscheint da nur folgerichtig. Der Entwurf offeriert den Badegästen belebende und differenzierte Raumsituationen, mit einer wohltuenden Atmosphäre aber auch Freibereiche, die zu Entspannung und Wellness einladen. Jede Funktion und Attraktion findet ihren ganz speziellen Bestimmungsort, harmonisch eingebettet in die grüne Landschaft, die unmittelbare Umgebung und den Stadtteil. Den Baukörper charakterisiert eine spannungsvoll-harmonische Komposition skulptural ausformulierter Dachfelder, die das Gebäude zonieren. In der Höhe je nach Anforderung gestaffelt, mit begrünten Flächen, vermitteln sie eine schützende Anmutung. Sie differenzieren den Baukörper und erzeugen eine für Umgebung und Gäste angenehme Maßstäblichkeit. Gleichzeitig gliedern die Dachfelder den Innenraum sowie die Bereiche der unterschiedlichen Becken ebenso spielerisch wie elegant, ohne den durchlässigen, offenen Charakter der Badelandschaft zu beeinträchtigen. Die attraktive Dachterrasse des Saunabereich im ersten Obergeschoss ist in die tecktonische Vielfalt der Dachflächen eingebettet und bietet einen geschützten Ort der Erholung. Die Fassade des Bades zu den Freibereichen im Westen ist lediglich als thermischer Abschluss von innen nach außen zu verstehen – transparent und offen, sodass der Eindruck einer Badehalle im Grünen, umgeben von Natur und Bäumen und nur umschlossen von einem gläsernen, leichten, nahezu nicht wahrnehmbaren Vorhang, gezeichnet wird.

Der Haupteingang orientiert sich zur Haldenrainstrasse und empfängt die Gäste des öffentlichen Bades und Saunabesucher*innen mit einer einladenden Geste. Das angemessen dimensionierte Foyer leitet die Besucher*innen zur Sauna und die Mitarbeitenden zu den Räumen der Verwaltung im ersten Obergeschoss. Ein attraktiver Luftraum sorgt für Transparenz und gute Orientierung innerhalb des Hauses. Der zentral gelegene Kassenbereich bietet allen Badegästen eine gute Übersicht über die Zugänge zu den einzelnen Funktionsbereichen. Die Anordnung der Becken ist so gewählt, dass das Mehrzweckbecken mit Sprunganlage bereits vom Vorplatz und Foyer aus im Blickfeld der Betrachter*innen liegt. Das Variobecken bildet den Abschluss der Badehalle im Norden und ist als nahezu eigenständige Funktionseinheit mit angeschlossenen Sanitär- und Umkleidebereichen konzipiert. Der separate, ideal positionierte Zugang für Schüler*innen und Sportler*innen im Osten, mit einem kleinen Wartebereich, ermöglicht eine individuelle Zugangssituation, in der sich die Wege mit denen der öffentlichen Besucher nicht kreuzen. Der Eltern-Kind-Bereich, als Bindeglied zwischen Variobecken und öffentlichem Mehrzweckbecken, zeigt sich weitaus freier gestaltet. Von hier aus ist ein Austritt auf die vorgelagerte, großzügige Außenterrasse und zu den Freibereichen mit schönem Baumbestand im Westen möglich. Eine Treppe führt die Gäste aus der Badehalle zur Sauna ins erste Obergeschoss. Der zentral positionierte Aufsichtsraum für die Badeüberwachung ermöglicht Einsicht in sämtliche Badebereiche und auf alle Wasserflächen. Die Glastrennwand, die die akustische Trennung des Schul- und Vereinsbecken gewährleistet, ist raumhoch, transparent und sichtdurchlässig.

All diese Überlegungen und Maßnahmen münden in einem gelungenen Zusammenspiel von Funktions- und Nutzungseinheiten und kreieren einen neuen Ort, der die Umgebung nördlich der Haldenrainstrasse in Stuttgart-Zuffenhausen positiv belebt und aufwertet. Die Bädervielfalt der Landeshauptstadt wird durch ein lebendiges und modernes, aber auch einzigartiges Sport- und Familienbad ergänzt und nachhaltig bereichert.


Tragwerkskonzept
Die Tragkonstruktion der drei Gebäudeteile ist als massive Holzkonstruktion vorgesehen. Die beiden Hallendächer werden von Brettschichtholzträgern im Abstand von 1,5 m überspannt. Die Träger werden schubsteif und damit statisch wirksam mit den massiven Holzplatten verschraubt, wodurch die Trägerhöhe auf nur 80 cm bei über 20 m Spannweite reduziert werden kann. Die Dachkonstruktion lagert auf Stahlstützen, die bereichsweise zur horizontalen Aussteifung der Hallen mittels Windverbänden ausgekreuzt werden. Der zwischen den Hallen liegende Umkleide- und Saunabereich ist als massive Holzkonstruktion aus Brettsperrholzwänden und -decken sowie Stützen und Trägern aus Brettschichtholz vorgesehen. Die Holzkonstruktion wird vollständig im Werk vorgefertigt, wodurch die Bauzeit auf der Baustelle deutlich reduziert werden kann. Durch den umfangreichen Einsatz von Holz in der Baukonstruktion wird CO2 dauerhaft im Bauwerk gebunden.


Klimakonzept
Für das neue Hallenbad in Stuttgart-Zuffenhausen wird ein Konzept verwirklicht, welches den Energieverbrauch minimiert, natürliche Ressourcen nutzt und somit einen nachhaltigen und ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Eine optimierte Gestaltung des Gebäudeentwurfes und seiner Technik stellt die Basis dar, um den Primärenergieeinsatz und Betriebskosten zu minimieren.

Dem architektonischen Entwurf sind energetische Grundüberlegungen vorausgegangen. So wurde als erste Maßnahme der Energiebedarf minimiert indem z. B. das Luftvolumen des Bades auf das mindesterforderliche beschränkt wurde. Das optimierte Flächen / Volumen Verhältnis minimiert die Transmissionswärmeverluste der Gebäudehülle. Die so verringerten Hüllflächen selbst reduzieren durch ihre hohe Dämmung im Dach und in Fassade wiederum die Wärmeverluste. Die Dachbegrünung verbessert das Mikroklima um das Hallenbad herum einerseits, andererseits isoliert die Erdschicht zusätzlich das Dach. Die transparenten Fassaden werden in 3-fach Verglasungen mit energetisch optimierten Rahmenkonstruktionen ausgeführt. Hierdurch wird Kaltluftabfall und Kondensation im Winter an den Fassaden entgegengewirkt. Eine weitere Maßnahme stellt die Maximierung von passiven solaren Wärmegewinnen dar. Um möglichst wenig Energie für das Beheizen des Gebäudes zu benötigen wird soviel Sonnenstrahlung eingefangen wie möglich – durch die transparenten Fassaden und Oberlichter. Eine bauliche Verschattung durch die Dachüberstände schützt im Sommer vor Überhitzung der Räume.

Im sogenannten „Sommerfall“, d.h. bei Außentemperaturen im Bereich der Hallentemperatur wird durch mechanisch öffenbare Fenster und/oder Oberlichter eine unterstützende natürliche „freie“ Lüftung der Schwimmhalle ermöglicht. Diese zusätzliche natürliche Lüftung bietet neben einem verbesserten Komfort der Nutzer die Möglichkeit energetischer Einsparungen durch die Reduzierung der mechanischen Lüftung. Im Winter und den Übergangszeiten werden die Klappen der natürlichen Belüftung geschlossen, um Wärmeverluste zu vermeiden und die Wärmerückgewinnung aus der Abluft vollständig zu nutzen. Die mechanische Abluft aus den Badbereichen strömt teilweise über in die Duschbereiche und wird von dort zu den Lüftungszentralen zurückgeführt. Die Umkleidebereiche haben andere Temperatur- und Feuchteanforderungen und erhalten deshalb eine eigene Lüftungsanlage.

Die Luft aus den warmen Technikbereichen wird über einen Wärmetauscher zur Vorerwärmung der Außenluft ins Bad genutzt. Solarthermie wird zur Vorwärmung der Außenluft, des Warmwassers und des Badewassers genutzt. Dem Abwasser des Bades wird über einen Wärmetauscher und eine nachgeschaltete Wärmepumpe Energie entzogen und dem Beckenwasser zugeführt. Durch diese Maßnahmen werden vorhandene Energieressourcen genutzt und damit Energie eingespart und gleichzeitig Betriebskosten reduziert.
Wir schlagen vor, die Möglichkeit einer Nutzung von Stromüberschüssen aus erneuerbaren Energien zu prüfen. Im Jahr 2020 gab es ca. 300 h, bei denen der Strompreis negativ wurde aufgrund von Überschüssen im Netz. Diese Situation wird sich nach heutiger Einschätzung mit dem geplanten Ausbau erneuerbarer Energien vermehrt auftreten. Die Becken bieten die Möglichkeit vglw. große Energiemengen bei geringer Temperaturerhöhung zu speichern. Ist eine Fluktuation der Beckenwassertemperatur in einem Umfang von 2 bis 3 K tolerabel bestände hier die Möglichkeit zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Auf dem Dach wird eine kombinierte Nutzung von Photovoltaik und Solarthermie vorgeschlagen. PVT, kombinierte Photovoltaik + thermische Kollektoren, erzeugen solaren Strom. Der wirtschaftliche Nutzen dieser sogenannten „Hybridkollektoren“ ist getrennt nachzuweisen. In den benannten Investitionskosten sind „Hybridkollektoren“ nicht enthalten. Solarerzeugter Strom wird vorranging im Bad verbraucht. Die Wärme wird über eine Wärmepumpe auf das erforderliche Niveau angehoben und den Niedertemperaturheizkreisen zugeführt

Nach Bedarfsermittlung wird gemeinsam mit Energieversorger der Umfang der für die Stromversorgung benötigten Technikräume festgelegt. Die solarelektrisch-solarthermische Nutzung ergänzt das Energieversorgungs-konzept und verbessert sowohl die Jahresenergiebilanz des Bades, als auch die jährlichen Betriebskosten. Dadurch entsteht ein ganzheitliches Konzept, welches den lokalen Gegebenheiten Rechnung trägt.

Badetechnische Anlagen:
Grundlage der Planung der Aufbereitungsanlagen ist die DIN 19643, Teil 1-4 in der Fassung November 2012. Die Verfahrenskombination wird nach Vorliegen der Wasseranalyse festgelegt. Das Spülwasser wird aufbereitet und wiederverwendet.


Brandschutzkonzept
Das Brandschutzkonzept basiert auf der vom Entwurfsverfasser vorgegebenen inneren Logik des Wettbewerbsentwurfs. Das Gebäude hat eine Höhenausdehnung gem. Landesbauordnung (LBO) von 7 Metern und ist der Gebäudeklasse (GK) 3 zuzuordnen. Es handelt sich um einen Sonderbau. Entsprechend der Gebäudeklasse und dem Sonderbautatbestand werden tragende, aussteifende und raumabschließende Bauteile des Gebäudes feuerhemmend in Holzbauweise hergestellt. Zur Sicherstellung der Flucht- und Rettungswege wird das Gebäude durch feuerhemmende Bauteile bzw. Türen in zwei Brandabschnitte geteilt, von denen jeder über einen eigenen baulichen Rettungsweg (Treppenraum) verfügt. Der zweite bauliche Rettungsweg erfolgt jeweils in den sicheren anderen Brandschabschnitt. Erdgeschossige Rettungswege führen über Ausgänge direkt ins Freie.