modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Sanierung und Ersatzneubau eines Labor- und Verwaltungsgebäudes für das Umweltbundesamt (UBA) in Berlin

Konzept: Berücksichtigung der verbauten Ressourcen und ökologiosche Transformation

Konzept: Berücksichtigung der verbauten Ressourcen und ökologiosche Transformation

Anerkennung

Behnisch Architekten

Architektur

FC-Gruppe

TGA-Fachplanung, sonstige Fachplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

knippershelbig GmbH

Tragwerksplanung

Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht (Auszug)

Am Standort des Ersatzneubaus am Corrensplatz befindet sich ein Laborbau aus den 1960er Jahren, angebaut an den unter Denkmalschutz stehenden Altbau, im Süden an die heute vielbefahrene, lärmbelastete Straße „Unter den Eichen“ angrenzend. Für das Umweltbundesamt bot sich die Möglichkeit vorzuleben, wie wir mit unseren materiellen und energetischen Ressourcen verantwortlich umgehen, wie wir für Mitarbeiter*innen ein identitätsstiftendes Gebäude und ein gesundes, komfortables Arbeitsumfeld schaffen, das nicht nur energetisch und materiell verantwortlich agiert, sondern auch räumlich spannend und in seinem Charakter angemessen auf Campus und Umfeld reagiert. Die Auseinandersetzung mit dem benachbarten historischen Altbau erfordert hier ein behutsames Vorgehen, da dieses Gebäude in anderer Zeit, für anderen Stand der Technik geplant wurde und insbesondere auch einem anderen Repräsentationsgedanken folgt. So werden die Außenanlagen im Norden den Campuscharakter mit einem großzügigen Vorplatz aufnehmen und stärken, während sich im Süden zur vielbefahrenen Straße der repräsentative Zugang über den Altbau befindet. Die ausformulierte Fuge zwischen Alt und Neu bietet Raum für den barrierefreien Zugang.

Die Verfasser*innen schlagen vor, die ersten drei Ebenen des Bestandes zu erhalten. Sie weisen die für die Nutzung notwendige Geschosshöhe auf und erhalten den Übergang zum Altbau. Dadurch wird nicht nur die im Material enthaltene graue Energie gespart, sondern auch der besonderen Situation des Grundstücks nach einer lärmarmen, platzsparenden Bauweise Rechnung getragen. Ca 40% der späteren Nutzfläche können so im vorhandenen Rohbau erfüllt werden, während das restliche Volumen über eine Aufstockung und flankierende Vorbauten ergänzt wird.
Dazu wird ein vorgefertigter, modularer Holzbau vorgeschlagen, der mit kurzer Bauzeit vor Ort den verbleibenden Bestand ergänzen und der Möglichkeit eines späteren, einfachen Rückbaus mit Nachnutzung der Materialien Rechnung tragen kann. Ebenso unterstützt dieses Konzept den intelligenten, verantwortungsbewussten Umgang mit Material und Energie, wie schon der BDA in seiner Position „Das Haus der Erde“ gefordert hatte: Die graue Energie wird erhalten, der Entsorgung entfällt und der Abbruchaufwand wird reduziert. Nach unseren Kalkulationen bietet der Teilerhalt der Betonstruktur eine fast 52%ige Einsparung an CO2-Emissionen gegenüber dem Abbruch, neuen Fundamenten und der Neuerrichtung eines kompletten Holzbaus in der langfristigen Betrachtung. Darüber hinaus enthält der alte Betonkern in den unteren Geschossen bereits die gewünschte thermische Masse, die in den oberen Etagen durch geeignete Materialien unter den Decken bereitgestellt wird.

Eine transparente Fuge verbindet den Neubau mit dem historischen Altbau und nimmt den südlichen und nördlichen Eingang, die vertikale Erschließung und die Pausen- und Aufenthaltsflächen auf. Die Labore sind über einen Mittelgang und über den nördlich vorgelagerten, warmen Laubengang erreichbar, was eine leichte Nutzung bzw. Teilung in kleinere Einheiten ermöglicht. Dem neuen Haus sind in den drei erhaltenen Geschossen im Süden ein ca. 1,8 m tiefer, im Norden ein ca. 2,4 m tiefer „Anbau“ aus Holz vorgelagert, der auch im Westen das Grundstück voll nutzt. Nach Süden hin erhält er eine Einfachverglasung zur lärmbelasteten Straße hin und ist nicht klimatisiert. Den Sonnenschutz gewährleisten neben den Auskragungen Vorhänge, die durch entsprechende Höhe genügend Tageslicht in die Tiefe der Räume lassen. Die leichte Fassade der Südseite wird gegliedert durch Öffnungslamellen und vertikale Schwerter, die zur Verschattung und gemeinsam mit dem horizontalen Lightshelf zur Lichtumlenkung in die Tiefe des Gebäudes beitragen. Sie erinnern in ihrer Farbgebung an die Lisenen des Altbaus.

In seiner äußeren Erscheinung nimmt der Neubau die Proportionen des historischen Altbaus mit Traufkante, First und Giebelelemente auf, interpretiert sie jedoch neu. Die feinziselierte Fassade des Altbaus mit ihren vertikalen Lisenen findet sich in den vertikal angeordneten Schwertern wieder. Das Dach ist in seiner Ausbildung asymmetrisch und bietet so nach Süden großzügige Flächen für eine Belegung mit Photovoltaikschindeln. Langgestreckte Gauben im Dach erlauben eine gute Belichtung der im „Mansardgeschoss” angeordneten nördlich orientierten Laborflächen. Analog der Ausformulierung des Altbauflügels verbreitert sich der Neubau zur Westseite. Hier sind Aufenthaltsbereiche, Pausenbereiche und informelle Arbeitsorte angesiedelt.

Das Interimsgebäude orientiert sich an den geforderten Flächen und Bedürfnissen für die Nutzung des Umweltbundesamtes, jedoch erlaubt die flexible Anlage der Grundrisse mit ihren zwei Kernen eine Anpassung an spätere Nutzungen. Die vorliegende Konzeption mit einem umlaufenden Flurbereich zwischen Laborfläche und Außenfassade ermöglicht es, die jeweiligen Laborbereiche über zwei getrennte Zugänge zu erschließen. Dies gewährleistet eine maximale Flexibilität bei der Teilung in einzelne Labore bzw. bei der Nutzung zusammenhängender Laborbereiche in S2- Einstufung nach BioStoffV und/oder GenTSV, ohne die Zugänglichkeit weiterer Laborbereiche einzuschränken.

Die bestehende Stützenstruktur ermöglicht zudem eine individuelle flexible Raumaufteilung. Tragende Wände sind im Bereich der flankierenden Schächte vorgesehen und tangieren daher nicht unmittelbar die Laborfläche. Die Raumzuschnitte machen eine flexible Anordnung der Ausstattung möglich. Mit einer Raumhöhe von 3,80 m ist eine Nachinstallation der technischen Versorgungsmedien gegeben.

Beurteilung durch das Preisgericht

„Ein dem Umweltbundesamt angemessenes Konzept“ ist der Grundgedanke dieses Gebäudes. Diese Interpretation bezieht sich sowohl auf die Ressourcen sparende Bauweise, wie auch auf den Anspruch auf ein gesundes, zeitgemäßes Arbeitsumfeld.

Aus dem Leitgedanken des Weiterbauens heraus werden die 3 untersten Vollgeschosse des 60er Jahre Gebäudebestandes als Rohbaustruktur erhalten. Daraus ergibt sich die Kubatur des Gesamtgebäudes. Mit dem Kunstgriff der „Fassaden-Transformation“ wird eine neue Hüllfläche aus Fassade und Dach um den Rohkörper gebildet. Damit wird ein Zwischenraum erzeugt, der sowohl die städtebaulichen wie funktionalen Fragen in der Überführung einer alten Gebäudestruktur in einen neue Nutzung beantwortet.

Das Dach wird zu einer eigenständigen polygonalen Form entwickelt. Die bisher einseitige Gebäudeanlage wird als Gesamtanlage ergänzt.

Der Zwischenbereich vor dem ertüchtigten Rohbaukörper führt zu einer ganz eigenen Grundrisskonfiguration durch die Entwicklung eines Umganges mit den Qualitäten eines Wintergartens hinter einer vollständig verglasten Fassade.

Um das Raumprogramm vollständig abbilden zu können, wird der neu entstandene Umgang als Erschließung, Aufenthaltsfläche und informeller Arbeitsplatz gestaltet.

Zudem wird ein fehlendes Untergeschoss durch die geschickte Nutzung des DG-Volumens für Technikflächen aktiviert. Hierbei ist die Positionierung der Kälteanlage im Dachgeschoss kritisch zu hinterfragen.

Resultierend aus der geringen Gebäudetiefe des Bestandes ist ein etwas uneindeutiges Grundrisslayout entstanden, welches keinen durchgängigen Dreibund darstellt. Die Flurbreiten sind für gegenüberliegende Türen zu gering.

Das Treppenhaus 1 erfordert einen direkten Zugang ins Freie.

Der Grundgedanke, vorhandene Rohbaustruktur zu erhalten und in die Neu-Nutzung einzufügen, wurde lobend zur Kenntnis genommen. Die Fortführung der Baukonstruktion in Holz-Modulbauweise ist dann ein schlüssiges Konzept und ergibt dadurch auch eine sichtbare, für den Nutzer nachvollziehbare Geschichte des Gesamtansatzes zum Weiterbauen.

Hierbei scheint der Brandschutz der Holzbaukonstruktion noch überarbeitungsbedürftig (Kapselung oder Kompensationsmaßnahmen).

Ebenso ist die Fassade für die Anforderungen in der Gebäudeklasse V konstruktiv zu überarbeiten (Brandschutz der Holz-Glasfassade).

Durch den hohen Anteil an Verwendung von bestehender Baukonstruktion (Stahlbeton) in Kombination mit dem vorgeschlagenen Holz-Modulbau wird ein gutes CO2-Äquivalent in der Gebäudeerstellung erreicht.

Durch die ausgeprägte Dachform mit der sehr steilen Mansarddach zur Westfassade werden die Abstandsflächen zum Haus 2 erheblich überschritten. Hier besteht Überarbeitungsbedarf.

Die Ziele hinsichtlich der Flächenanforderungen und Flächeneffizienz werden eingehalten, lediglich das A/V Verhältnis liegt ca. 10% über dem Mittelwert der eingereichten Arbeiten.

Die Investitionskosten werden niedriger gegenüber der Kostengrenze bewertet, die Lebenszykluskosten niedrig bis durchschnittlich.

Der Entwurf stellt einen wichtigen Beitrag hinsichtlich des Umganges und den Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Gebäudebestandes dar. Zudem eröffnen sich daraus Potentiale zur Entwicklung neuer Arbeitswelten.
Rendering der Südfassade

Rendering der Südfassade

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1.OG / Regelgeschoss

Grundriss 1.OG / Regelgeschoss

Schnitte

Schnitte

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Nord

Ansicht Nord