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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Zwei Hochhäuser an der Westend- / Zschokkestraße in München

Perspektive Straßenkreuzung Westend-/Zschokkestraße

Perspektive Straßenkreuzung Westend-/Zschokkestraße

1. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

RIEHLE KOETH

Architektur

Levin Monsigny Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung, Fassadenplanung

PKi holistic engineering

TGA-Fachplanung

Halfkann+Kirchner

Brandschutzplanung

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Nightnurse Images AG

Visualisierung

Erläuterungstext

Der Entwurf für das neue Münchner Hochhauspaar verfolgt mit seiner städtebaulich-formalen Einbindung und der ästhetischen Sprache seiner polygonalen Baukörper neben einer eindeutigen Adressbildung bewußt eine Vermittlerrolle zwischen der bestehenden Nachbarbebauung und dem geplanten Wohnquartier auf dem Areal des ehemaligen Bus- und Straßenbahnbetriebshofes der SWM. Nach außen greift der Sockelbereich bestehende Straßenfluchten und Traufhöhen auf, nach innen schaffen die polygonalen Hochpunkte eine Formverwandtschaft zum neuen Wohnquartier. Die Leitidee seiner auch nach außen hin sichtbaren, einfachen und klaren Konstruktion korreliert mit einer maximalen Flexibilität im Inneren und ist Teil des in vielen Bereichen nachhaltigen und integrativen Gebäudeansatzes.

Auftakt und Vermittlung
Aufgrund seiner strategisch wichtigen Lage mit Gesicht zur Straßenkreuzung und geschütztem Rücken zum Quartierspark kommt dem Projekt die duale Aufgabe zu, straßenseitig den Auftakt für das neue Quartier und parkseitig einen Abschluss des Grünzuges mit Quartiersplatz zu bilden. Das vorgeschlagene städtebauliche Konzept resultiert in einer architektonischen Komposition zweier verwandter Gebäudefiguren, deren Form und Lesbarkeit je nach Standpunkt und Blickrichtung bewusst changiert. Gebrochene Kanten von Sockel und Aufbauten erzeugen wechselnde Perspektiven durch dynamische Abstände der Gebäudeteile zueinander. Die Formfindung greift im Sockelbereich straßenseitig bewußt die Traufhöhen und Straßenfluchten der umgebenden Bebauung auf, bildet mit seinen vertikal aufstrebenden Fassaden am Vorplatz zwei adressbildende Figuren mit hohem Wiedererkennungswert und schafft über die polygonale Geometrie der aufgehenden Bürotürme eine Formverwandtschaft zu den zukünftigen Wohnbauten des Quartiers. Die formale Ausprägung der beiden Sockelteile zueinander führt wiederum die polygonale Geometrie des zugrunde liegenden Masterplanes fort und erzeugt über das Prinzip von Verjüngung und Aufweitung einen Vorplatz mit Mobilitätsstation und einen Quartiersplatz mit hoher Aufenthaltsqualität.

Nähe und Distanz
Einfach und ökonomisch, in Form länglicher Grundrisse organisiert, erzeugt die
Komposition der zueinander orientierten, schlanken Baukörper eine Dialektik von Nähe und Distanz, die sowohl die gewünschte bauliche Verbindung der beiden Baukörper als auch die Autonomie der beiden städtebaulichen Figuren
erlaubt. Setzung und Ausformulierung der Sockelbereiche der beiden Hochhäuser generieren dabei bewusst zwei fließend ineinander übergehende Freiräume unterschiedlichen Charakters: Während der Vorplatz mit Mobilitätsstation an-kommende und abgehende Besucherströme ordnet sowie Zu- und Ausgänge zu den Bürotürmen organisiert, lädt der rückwärtige Quartiersplatz zum Verweilen in geschützter Umgebung ein. Die polygonalen Formen der beiden Hochhaussockel lenken dabei mit ihrer trichterförmigen Geometrie Blicke und Bewegungen vom Vorplatz in Richtung Quartiersplatz. Dieser öffnet sich wiederum physisch und visuell über seine aufgehende Form zum neuen Quartierspark.

Klarheit und Flexibilität
Der baulich-konstruktiven Umsetzung der beiden Figuren liegt die Idee zugrunde, mittels einer Holzhybrid-Bauweise und einer unaufgeregten Fassade das Bild eines zukunftsorientierten Hochhauses zu erzeugen. Die innere Konstruktion lebt dabei vom Zusammenspiel und materialgerechten Einsatz von Beton und Holz: Ein Stahlbetontisch für den zweigeschossigen Sockel, über die komplette Gebäudehöhe verlaufende Stahlbetonkerne als infrastrukturelles Rückgrat und eine ergänzende Holzhybridkonstruktion für die tagesbelichteten Nutzflächen der 8 bzw. 13 Regeletagen bestimmen die Gebäudelogik und innere Atmosphäre. Dem Lastverlauf folgend verjüngt sich das Tragwerk von unten nach oben, erzeugt so das Bild einer soliden Basis und gegen Himmel leichter werdenden Gebäudeskulptur. Durch das auf ein Minimum reduzierte Stützenraster im Innenbereich wird tragwerkstechnisch eine maximale Freiheit und Flexibilität bei der Grundrissgestaltung und Nutzungseinteilung ermöglicht. Das Fassadenkonzept soll vorrangig das innere Konstruktions- und Materialisierungsprinzip außen ablesbar machen, selbst nicht übergestaltet wirken. Helles, Recycling-Aluminium gibt dem Gebäudeensemble ein einheitliches, leichtes Kleid, welches – an den Längsseiten geschlossener, zu den Stirnseiten geöffneter – die innere Struktur bestmöglich zum Vorschein kommen lässt. Komplettiert wird der reduzierte Einsatz von Fassadenmaterialien durch ein grünes Verbindungsgeschoss am Übergang zwischen Sockel und aufgehenden Büroetagen, welches das ruhige und elegante Gesamterscheinungsbild kontrastreich ergänzt.

Lebendiges Erdgeschoss, flexibles Arbeiten
Das Hochhaus-Ensemble ist als eine Stapelung vielfältiger Nutzungen auf jeweils räumlich und strukturell ausgelegten Ebenen organisiert. Die Sockelzonen der beiden Hochhaustürme erzeugen mit ihrem vielfältigen Nutzungsangebot ein vitales Erdgeschoss, welches die Nahversorgung des angrenzenden Quartiers sowie die Belebung und Aktivierung der Platzflächen übernimmt. Der Entwurf erweitert die horizontale Verknüpfung der Baukörper um ein grünes Verbindungsgeschoss mit einem innen- und außenräumlichen Angebot gemeinschaftlich genutzter Flächen. Co-Working Bereiche bieten einen visuellen und physischen Bezug zu grünen Außenterrassen an den Sockelflanken und doppelgeschossigen Wintergärten an den Gebäudeköpfen.

Nachhaltiger Ansatz
Neben (gebäude-)technischen Maßnahmen verfolgt der Entwurf auch konzeptionell strukturelle Gedanken, um den energetischen Mehraufwand in der Herstellung zu kompensieren. Der kompakte Fußabdruck und die aufwändigere Entwicklung in die Vertikale generieren nutzbare Freiräume auf verschiedenen Ebenen. Auf Stadtniveau werden aktivierte Erdgeschosse und öffentliche, durchgrünte Freiräume mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten angeboten. Das beschriebene grüne Verbindungsgeschoss an der Schnittstelle zwischen Sockel und Aufbauten erlaubt neben erhöhten Blicken über das Quartier und die Stadt einen horizontalen Garten, der die bei Hochhäusern aufwändige vertikale Fassadenbegrünung ersetzt und zum Microklima der Stadt positiv beiträgt. Die innere Regelstruktur der kompakten Gebäude ist so frei und flexibel angedacht, dass über die Reduktion auf wenige unveränderliche Elemente eine hohe Funktionalität und Varianz in der Erstnutzung und Optionen für mögliche Nach- oder Umnutzungen bestehen, die eine hohe Lebensdauer des Gebäudes versprechen und so Ökonomie und Ökologie miteinander verbinden. Die vorgeschlagene Holzhybridbauweise lotet den Einsatz nachwachsender Rohstoffe im Hochhausbau aus und erzeugt innenräumlich ein angenehmes Raumklima. In den Büroregeletagen minimiert der Vorschlag einer dezentralen Lüftung – in Verbindung mit natürlicher Lüftung – den Einsatz von Technik bzw. den Bedarf an Technikflächen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit entwickelt die Aufgabe in allen Maßstäben und Themen sehr erfolgreich. Der erste Eindruck ist zurückhaltend, aber einladend. Die freundlichen Gebäude öffnen sich zum Kreuzungspunkt. Alle Elemente werden gezielt aber sparsam verwendet. Der Mobilitätshub fügt sich selbstverständlich in den Freiraum. Die Sockelgeschosse stellen den Bezug zum angrenzenden Quartier her. Die zwei hohen Baukörper sind formal ähnlich und sehr klar, stellen sich aber durch ihre Stellung zueinander und aufgrund der leicht geknickten Oberflächen zum städtischen Raum sehr komplex und vielfältig dar.

Ebenso gezielt setzt die Arbeit sich mit der Verbindung der beiden Türme auseinander und kombiniert diese mit einem sehr überzeugenden, vielfach nutzbaren Gartengeschoss. Dort erweitern zweigeschossige Wintergärten die Nutzbarkeit und erhöhen die Aufenthaltsqualität der Büroflächen. Der angemessene Umgang mit Bewuchs und Begrünung überzeugt auch hier.

Innerhalb der Erdgeschosszone sind die Nutzungen gut verteilt und adressieren den Freiraum so, dass ein fruchtbarer Dialog zwischen Außen- und Innenraum entsteht. Die Anordnung der Tiefgaragen-Zufahrt ist außerhalb des im Bebauungsplan dafür festgesetzten Bereichs. Das hat aber die angenehme Konsequenz, dass die Südwestecke im Erdgeschoss mit einer Nutzung bespielt wird und sich das Ensemble so besser mit dem Quartier vernetzt. Die verkehrliche Funktionalität ist hier noch zu überprüfen. Der Supermarkt ist zweigeschossig im zweiten Untergeschoss untergebracht und gut angebunden. Die Radrampe ins Untergeschoß ist eine Besonderheit und lädt zum Umstieg auf das Rad ein.

Die Struktur ist ebenso wohlüberlegt und einfach und setzt dabei gekonnt die Leichtigkeit über die Bürogeschosse fort. Die Grundrisse können sehr flexibel gestaltet und einfach an unterschiedliche Bürokonzepte angepasst werden. Konstruktion und Materialität zeigen den klugen Umgang des Projektes mit dem Thema Nachhaltigkeit.

Der Wechsel aus recyceltem Beton des tischförmigen Sockels und Holzhybridkonstruktion in den oberen Geschossen ist konzeptionell gut nachvollziehbar. Die leichte Holz-Pfosten-Riegel-Fassade, mit ebenfalls recycelter Aluminiumverkleidung bildet einen guten Hintergrund für das Leben im Haus. In der Gesamtbilanz Nachhaltigkeit, schneidet der Entwurfsbeitrag bei den ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Bewertungen überdurchschnittlich gut ab.

Die einladende Geste der Bebauung ins Quartier wird mit einem fließenden, ungerichteten Platzbelag unterstrichen und bildet die Grundlage für eine räumliche Akzentuierung durch Kreiselemente. Durch Verdichtung dieser Punkte entstehen mit den Bäumen zusammen Freiräume unterschiedlicher Qualität. Die vorwiegend öffentlichen Erdgeschossnutzungen adressieren sich sinnfällig zu dem Platzraum. Den Auftakt am Kreuzungsbereich bildet eine lockere Baumgruppe, die Aufenthaltsqualität bietet und zwischen Gebäude und Platz im menschlichen Maßstab vermittelt. Die nördlich situierte, von allen Seiten gut erreichbare Mobilitätsstation bietet einen Fahrradroboter als Alternative zu raumgreifenden Fahrradbatterien, um die Rotunde herum werden neue Mobilitätsformen präsent angeboten.

Die Oberflächen weisen einen hohen Versiegelungsgrad auf, der dem urbanen Charakter gerecht wird. Die fast symmetrische Setzung der Wasserbecken genau inmitten der Verbindungsachse ist zu überprüfen. Der Zugang zu den Einzelhandelsflächen nicht nur am Entrée, sondern auch an der Westendstraße und an der südlichen Flanke, kann eine gute Verzahnung zum Quartier darstellen.

Das Thema der Dachterrassen als umlaufendes Band wird als Bild geschätzt, sollte bei der weiteren Bearbeitung vertieft werden. Zu den Dachflächen der obersten Geschosse wird keine Aussage getroffen, diese sind im Sinne der Nachhaltigkeit zu begrünen und die Dachwässer optimaler Weise in ein Kreislaufsystem einzuspeisen.
Perspektive Platz, aus Richtung des zukünftigen Wohnquartiers

Perspektive Platz, aus Richtung des zukünftigen Wohnquartiers

Schwarzplan

Schwarzplan

Konzept Städtebau

Konzept Städtebau

Modell

Modell

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 2. OG (Gartengeschoss)

Grundriss 2. OG (Gartengeschoss)

Grundriss Regelgeschosse Businessclub

Grundriss Regelgeschosse Businessclub

Grundriss Regelgeschosse Zellenbüro

Grundriss Regelgeschosse Zellenbüro

Stadträumlicher Schnitt

Stadträumlicher Schnitt

Konzept Tragwerk

Konzept Tragwerk

Schnitt AA

Schnitt AA

Schnitt BB

Schnitt BB

Schnitt CC

Schnitt CC

Detailschnitte und Ansichten

Detailschnitte und Ansichten