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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2021

Entwicklung CISPA Helmholtz Campus in Saarbrücken

2. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

HDK Dutt & Kist GmbH

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

CAMPUS-OVAL 4.0

Der im Jahre 2000 begonnene Entwicklungsprozess einer „Universität auf der Lichtung“ muss, nicht zuletzt aufgrund der Ansiedlungsentwicklung des CISPA entlang des Stuhlsatzenhausweges, fortgeschrieben werden. Die konturgebende Fassung des Ovals durch den Rundweg bleibt dabei erhalten und wird durch die Vorrangflächen aus dem Landesentwicklungsplan städtebaulich ergänzt. Die Entwicklungsfläche am Stuhlsatzenhaus soll dabei, anders als die klar definierte Grenze des Ovals, mit dem bestehenden Waldrücken verschmelzen und dadurch einen naturnahen Charakter erhalten. Das vorhandene Campus-Zentrum um die Bauten der ehemaligen Kasernenanlage wird über den Trittstein der Mensa mit der neuen „Waldpromenade“ verbunden, die den Nucleus des neuen CISPA-CAMPUS barrierefrei erschließt. Es entsteht eine neue Entwicklungsachse, die den Anforderungen eines indigenen Städtebaus Rechnung trägt. Smarte Gebäude gepaart mit ressourcenschonenden Baustoffen, energieeffizienten Bautechnologien, einem restriktiven Regenwassermanagement und einer den Mobilitätsansprüchen angepassten Infrastruktur kennzeichnen die Paradigmenwechsel des Campus 4.0.


Vom Nucleus zum CISPA-Campus

Der bereits begonnene Bebauungsprozess durch die Ansiedlung von HIPS und CISPA wird als eigenständige städtebauliche Figur am Kreuzungsbereich zwischen Dudweilerstraße (L251) und Stuhlsatzenhausweg fortgesetzt. Das CISPA-FORUM welches durch die Setzung der neuen Baumasse als städtebauliche Mitte entsteht, wird dabei wesentlich durch die topographischen Applikationen aus Freitreppe und Rampenanlage sowie der gestaffelten Abfolge der neuen Baukörper geprägt. Die terrassierte Waldlandschaft erhält Ihre städtebauliche Fassung durch die angrenzenden 4-geschossigen Gebäude, die sich ebenfalls über Ihre terrassierte Geschossigkeit der Topografie anpassen. Der nördliche Abschluss des Campus entlang der Waldpromenade wird mit 3 weiteren Gebäude bestehend aus Parkhaus, Veranstaltungs- und Multifunktionshalle gebildet.

Neben der Erschließung über die großzügigen Freibereiche werden die Neubauten über einen „Inner-Circle“ aus gebäudeverbindenden Fußgängerstegen erschlossen. Neben sicherheitsrelevanten Aspekten spielt hier auch der Vorzug der kurzen Wege sowie der ablesbare Duktus eines eigenständigen Forschungscampus eine Rolle. Ergänzende Gebäudefunktionen wie KITA, Gästehaus oder die Institutserweiterungen entwickeln sich in alternierender Stellung in Richtung Westen entlang der neuen Waldpromenade. Die Promenade bildet das neue barrierefreie Rückgrat für die maß- und qualitätsvolle Dichte sowie für den Langsam-Verkehr und die notwenigen Logistikerschließungen. Dabei folgt die Promenade behutsam den nach Westen ansteigenden Höhenlinien, um dadurch ein konstantes und barrierefreies Steigungsverhältnis von 4% einhalten zu können.


Transformation der Waldlandschaft

„Grüne Waldfinger“ umspülen als baumbestandene Kaltluftschneisen und Entwässerungsadern die neuen Baukörper und reichen bis in das CISPA-Forum, der neuen städtebaulichen Mitte. Wertvolle Baumsubstanz bleibt dadurch erhalten und prägt das Erscheinungsbild dieses neuen Campusbereiches. Entlang der Waldpromenade prägen platzartige Aufweitungen, baumbestandene Platztaschen sowie großzügige Gebäudeeingangszonen die Freiraumcharakteristik und den kommunikativen Habitus des integrierten Gesamtkonzeptes. Ein Belagsteppich durchsetzt mit Grünfugen und wiederkehrenden großflächigen „Waldschollen“ unterstreichen den grünen Habitus
der Anlage und die positive Eingriffsbilanzierung. Die im Gelände verteilten Regenwassermulden und das naturnahe wechselfeuchte Wasserbecken in zentraler Lage des Campus-Forums prägen den ökologisch-ästhetischen Anspruch und unterstützen das Mikroklima.


Erschließung und Mobilität

Die motorisierte Zufahrt zum CISPA-Campus wird an der Dudweilerstraße oberhalb des Stulsatzenhausweges gesetzt (Anschluss Ost). Hier wird der MIV auf kurzem Weg in das neue 5-geschossige Parkhaus geführt. Zwei Tiefgaragenebenen und 3 oberirdische Stellplatzgeschosse erfüllen den geforderten Stellplatznachweis. An gleicher Stelle entsteht ein Mobilitäts-HUB mit Sharing-Angeboten, Elektromobilität und einem ÖPNV-Haltepunkt. Die Waldpromenade ist autofrei und lediglich für den Langsamverkehr (Rad und Fuß) sowie für die Befahrung von Notfallfahrzeugen und für die Ver- und Entsorgung zugelassen. Zwei platzartige Aufweitungen ermöglichen die Wendemanöver für diese Sonderverkehre. Oberhalb der Promenadenachse verläuft ein untergeordneter Fuss- und Radweg, der die Anbindungspunkte aus und nach Dudweiler abgreift und Zwischenwege zur Promenade anbietet um eine hohe Vernetzungsstruktur sicherzustellen. Ein zweiter motorisierter Notanschluss ist über den Stuhlsatzenhausweg zwischen KIST und CISPA 1 gewährleistet.


Entwässerungskonzept

Das Ziel des dezentralen Entwässerungssystems ist, das Niederschlagswasser dort zwischenzuspeichern, wo es fällt. Das Regenwasser soll zu einem überwiegenden Teil (mehr als 80%) über offene Mulden- und Rückhaltesysteme im Abfluss gedrosselt und nicht über Kanalsysteme abgeführt werden. Ein dezentrales Regenwassermanagement aus begrünten Dächern, Versickerungssystemen und Baumrigolen kann den baulichen Eingriff auch unter klimagerechten Gesichtspunkten kompensieren und die Verdunstungskühlung befördern. Zudem ergibt sich die Möglichkeit mit dem Wasserrückhalt in wechselfeuchten Zonen, Wasser als Gestaltungselement in der Freiraumtypologie einzusetzen und einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität und Artenvielfalt zu leisten.


Bauabschnitte

Voraussetzung für eine konsequente und zeitbewusste Umsetzungsstrategie ist der priorisierte Bau der Verkehr- bzw. der Erschließungsinfrastruktur. D.h. dass zunächst an der Zufahrt Ost mit dem Bau der Tiefgarage und seiner angrenzenden bzw. angebundenen Baukörper begonnen wird, bevor der erste Abschnitt der Waldpromenade gebaut werden kann, welche wiederum zum Bau der KITA und des Gästehauses benötigt werden. Unmittelbar danach erfolgt die Realisierung der flankierenden Baukörper zur großen Freitreppe mit der eingeschnittenen Rampenanlage. Sie komplettieren das Forum und damit die städtebauliche Mitte des Campus. Entlang der Waldpromenade kann je nach Bedarf und Umsetzungsintensität der benachbarten Institute mit deren Erweiterung begonnen werden.


Gebäudenutzung

Die Gebäudenutzung orientiert sich am Raum- und Nutzungsprogramm, wobei jedes Gebäude eine eigene Schwerpunktnutzung, unter Beibehaltung gestalterischer Grundprinzipien wie Stegverbindung, Dachflächennutzung oder Staffelgeschossausbildung zu Teil wird. Den „Freiräumen“ innerhalb der Gebäude kommt dabei eine besondere Wirkung zu Teil. Sowohl die Stege mit Ihren Gebäudeeinschnitten und -aufweitungen als auch die als „Roof-top-working-spaces“ ausgebildeten Dachlandschaften tragen zum einzigartigen Arbeitsambiente des CISPA-Campus bei. Offene,
transparente und lichtdurchflutete Räume bereichern die Wohlfühlatmosphäre und das gebäudeübergreifende Kommunikationsprinzip.


Ideenteile A und B

Der Ideenteil A liegt zu einem großen Teil im Oval des Universitätscampus. Durch seine Nähe zur benachbarten KITA besteht die Möglichkeit hier einen pädagogischen Mehrwert für die bestehende und die neue Kindertageseinrichtung im Waldkontext zu schaffen. Ein Waldlabor mit experimentellen Stationen oder nach dem Vorbild eines Bauspielplatzes mit Werkstoffen der Natur sind an dieser Stelle mit wenig Mitteln aber hohem Erlebnisfaktor vorstellbar. Dagegen wäre die an dieser Stelle vorgeschlagene fußläufige Untertunnelung der L252 ein kostenintensiver Eingriff, allerdings mit Blick auf eine mögliche Erschließung der Vorrangfläche nördlich des Meerwiesertalweges,‘ eine auf die Zukunft gerichtete und nachhaltige Verknüpfung. Der Ideenteil B ist geprägt durch seine engmaschige Erschließungsstruktur mit Nutzungsabhängigkeiten die u.a. im Freizeitsport und der körperlichen Ertüchtigung liegen. Hier gilt es ein Angebot abseits des Campusgeschehens zu schaffen, dass auch die bereits vorhandenen Sporttreibenden anspricht. Ein „Fitness-Bootcamp“ im Wald, das ohne ortsfremde Ausstattung zurechtkommt, und nur mit Eigengewichtsübungen und vorhandenen Baumholzmaterial ein Angebot schafft wäre eine adäquate Antwort auf eine low-impact-Strategie am Ort.

Beurteilung durch das Preisgericht

Von den beiden vorgeschlagenen Konzepten – CISPA-Campus und Waldpromenade – kann insbesondere der CISPA-Campus überzeugen. Gestützt durch eine direkte Anbindung an den Bestand, die Einfügung in die Topografie und die vorgeschlagene Grünstruktur entsteht hier ein neues Zentrum mit eigener Identität und hoher Qualität.

Im Gegensatz dazu kann die nur mit kleinteiliger Bebauung besetzte Waldpromenade weniger überzeugen. Das Gesamtkonzept droht in zwei Bereiche zu zerfallen. Diese Trennung wird durch die Nutzungsverteilung, die Gebäudetypologien und die vorgeschlagenen Bauabschnitte verstärkt.

Die Erschließung von der Dudweilerstraße, die Anordnung des Parkhauses, die Idee des verkehrsfreien Campus und die nur für Sonderfahrzeuge befahrbare Waldpromenade werden positiv beurteilt. Waldpromenade und Campus sind in sich und auch mit dem Bestand sehr gut vernetzt. Der Anschluss an die geplante Stadtbahn mit entsprechenden Haltepunkten wird dabei vermisst.

Die Waldpromenade folgt logisch der Topografie. Die Erhaltung der vorhandenen, wertvollen Baumsubstanz zwischen der Bebauung muss jedoch in Frage gestellt werden. Dachgärten und Roof top workplaces, die Verbindung der Gebäude mit Brücken sind interessante Ergänzungsvorschläge zum Bebauungskonzept.

Das vorgeschlagene, dezentrale Entwässerungskonzept bzw. Regenwassermanagement mit begrünten Dächern, Versickerungssystemen und Baumrigolen ergänzt das städtebauliche Konzept sinnvoll.

Bei der überbauten Fläche, und leider auch bei der dargestellten Bruttogeschossfläche liegt das städtebauliche Konzept an der unteren Grenze der eingereichten Projekte.

Insgesamt überzeugt das Projekt mit dem Campuskonzept und der hohen Qualität der verkehrsfreien Außenräume.