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Diskursives, städtebauliches Gutachter*innenverfahren | 06/2021

Am Sandhaus - Neues Stadtquartier in Berlin-Buch

Gewinner

Studio Wessendorf

Stadtplanung / Städtebau

GRIEGER HARZER DVORAK

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Areal rund um die Straße Am Sandhaus ist von einer starken und vielfältigen Landschaft umgeben, deren geschichtlicher Ursprung in der Eiszeit heute noch spürbar ist. Der historisch geringen Prägung der Straße Am Sandhaus, die lückenhaft von Gebäuden verschiedener Dekaden gesäumt wird, weist der Ort um das ehemalige Krankenhaus der Staatssicherheit eine spezifische Geschichte auf, in dessen Spannungsfeld der Entwurf ob mit oder ohne Rückbau der Klinik steht.
Im Rahmen dieser schichtenreichen Ausgangslage entsteht ein Quartier mit spezifischen Identitäten und Atmosphären. Die Straße Am Sandhaus erfährt eine Metamorphose zum urbanen Rückgrat, wel- ches sich an den beiden neuralgischen Punkten der übergeordneten Wegegabelungen zu Anger-Plät- zen aufweitet. Diese wirken als Scharniere, die die einzelnen Viertel miteinander verknüpfen und mit öffentlichen Funktionen programmiert sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit antwortet auf den sehr spezifischen Kontext von Buch an der Straße Am Sandhaus mit der Idee des ‚urbanen Angers’, der ein zusammenhängendes Band aus drei unterschiedlichen Quartieren durchzieht und dabei unterschiedliche Angebote für die zukünftige Bewohnerschaft bereit hält. Der Entwurf sieht zur Verknüpfung mit dem Landschaftraum ein Netz aus schmalen grünen Fugen vor und verzichtet zugunsten des zusammenhängenden Quartiersbandes auf breite, trennende Fugen. Damit wird, trotz der bautypologisch und in der Dichte unterschiedlichen Quartiere, der identitätsstiftende Zusammenhang rund um den Anger gewahrt. Die Vielzahl an kleinteiligen, unterschiedlich nutzbaren Räumen und Wegeverbindungen schafft ein abwechslungsreiches Angebot. In der gezeigten Unregelmässigkeit des Entwurfs ist die Möglichkeit zu einer situativen Weiterentwicklung und Flexibilität eingeschrieben.

Der Anger selbst spannt sich auf zwischen zwei gut dimensionierten dreieckigen Plätzen, die gleichzeitig die beiden kleinen Zentren für die drei Quartiere bilden. Von hier zweigt sehr schlüssig auch die wichtige Wegeverbindungen Richtung südlichem S-Bahneingang ab bzw. der Weg Richtung kleiner Moorlinse. Während der östliche Platz durch aktive Erdgeschossnutzungen wie z.B. Einzelhandel und Dienstleistungen bespielt wird, bildet der Neubau der Grundschule den Endpunkt des Angers und des zugehörigen Platzes im Westen und erhält so einen städtebaulich gut platzierten Abschluss.

Das mittlere Quartier rund um den Anger nimmt die bestehende Bebauung mit ihren Vor- und Rücksprüngen auf und führt dieses Thema weiter: die baulichen Ergänzungen fügen sich entsprechend gut ein und bilden zusammen mit den Bestandsbauten einen spannenden Straßenraum mit einer Abfolge von Verengungen und Aufweitungen. Das atmosphärische Thema der ‚ländlichen Urbanität’ wird vorstellbar.

Das Waldquartier nimmt in seiner städtebaulichen Form die bestehende Struktur des ehemaligen Krankenhauses auf und erhält mit der Mensa ein Bestandsgebäude im Zentrum, das gemeinschaftliche Nutzungen aufnimmt. Der sinnvolle Versuch wird unternommen, bestehende Erschließung und vorhandene versiegelte Flächen als Gerüst für die Neubebauung zu nutzen. Die daraus entstehende bauliche Struktur aus Hofgebäuden und Solitären schafft eine gut nachvollziehbare Ordnung der öffentlichen und privaten Freiräume, eingepasst in die Lichtung im Wald. Die vorgeschlagene Typologie der Atriumhäuser wird in ihrer Qualität allerdings weiter angezweifelt.

Das Quartier im Osten interpretiert ebenfalls eine Blockrandbebauung - hier aber mit offenen Blockrändern und höherer Geschossigkeit. Am südlichen S-Bahneingang erfolgt eine bauliche Setzung aus zwei Blöcken. Sie profitieren von dieser verkehrsgünstigen Lage und bilden gleichzeitig den Auftakt zu einem Weg, der durch die grüne Fuge rund um NER und ASP bis zum Angerplatz führt. Auch der nördliche S-Bahneingang wird richtig mit einem Block betont, der einen gut dimensionierten Platz fasst.

Der vorgelegte Entwurf bietet gute Voraussetzungen, das Ziel eines autoarmen, in Teilen evtl. sogar eines autofreien Quartiers zu erreichen. Die drei Quartiersgaragen sind gut positioniert und entlasten die zentrale Verkehrsachse vom MIV. Die Anbindung an die Umgebung wirkt einfach und logisch in die verschiedenen Richtungen. Dem jeweiligen Ort entsprechend werden unterschiedliche Eingangssituationen in das neue Quartier skizziert.

Insgesamt bietet der Entwurf mit dem zusammenhängenden Quartiersband, der Idee des urbanen Angers und den drei aus dem Ort heraus entwickelten, von unterschiedlichen Typologien geprägten Quartieren eine robuste Struktur für die weitere Entwicklung. Besonders gewürdigt wird ebenfalls der Weg vom südlichen S-Bahnzugang Richtung Anger, der ohne konkurrierende, parallel führende Wege die Bewegungsströme aufnimmt, den Bereich ganztägig belebt und eine sichere Verbindung bietet. Aufgrund der in dieser Phase dargestellten hohen Anzahl an Wohneinheiten sind Anpassungen möglich, die in Teilbereichen zu einer niedrigeren Dichte führen können. Die Übergänge in die Landschaft wären insbesondere im Bereich der Waldzunge zu prüfen.
Ob der grüne Raum rund um NER und ASP Richtung großer Moorlinse ganz frei von Bebauung bleibt oder nicht, beeinträchtigt die Qualität der restlichen städtebaulichen Setzungen nicht.
Städtebauliches Konzept M 1:1000

Städtebauliches Konzept M 1:1000

Lageplan Option 1

Lageplan Option 1

Lageplan M 1:2000

Lageplan M 1:2000

Lageplan Option 2

Lageplan Option 2

Vertiefung Angerplatz West M 1:500

Vertiefung Angerplatz West M 1:500

Konzept

Konzept

Vertiefung Bahnhof M 1:500

Vertiefung Bahnhof M 1:500

Gemeinschaftliche Wohnformen am Anger mit Blick auf den Angerplatz West und die neue Schule im Übergang zur Landschaft

Gemeinschaftliche Wohnformen am Anger mit Blick auf den Angerplatz West und die neue Schule im Übergang zur Landschaft

An der neuen Schule

An der neuen Schule

Blick vom Bahnhofsausgang Süd auf die Promenade als Herzstück des Quartiers

Blick vom Bahnhofsausgang Süd auf die Promenade als Herzstück des Quartiers

Einbindung in die Umgebung M 1:10.000

Einbindung in die Umgebung M 1:10.000

Städtebauliche Leitidee

Städtebauliche Leitidee

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit

Detailaxonometrie zu verschiedenen Qualitäten der Viertel (Waldviertel, Viertel an der Moorlinse, Viertel am Anger)

Detailaxonometrie zu verschiedenen Qualitäten der Viertel (Waldviertel, Viertel an der Moorlinse, Viertel am Anger)