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Offener Wettbewerb | 06/2021

Neubau Kindertagesstätte im Ortlerweg in Berlin

Anerkennung

Büro Hacke Architekten

Architektur

Guillen Esteras Architects

Architektur

Landschafts.Architektur Birgit Hammer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfliche Leitidee
Ziel der Wettbewerbsarbeit für eine Kindertagesstätte am Ortlerweg ist es mit einer maximal kompakten Ge-bäudehülle ein höchstes Maß an Funktionalität und architektonisch-landschaftlicher Qualität zu schaffen. Auf-grund des Größenverhältnisses von einer kleinen Grundstücksfläche zu einem komplexen Raumprogramm ist es für die Aufenthaltsqualität im Außenraum unumgänglich ein Gebäude mit einem möglichst geringem “Fuß-abdruck” zu gestalten. Deshalb wird die Grundfläche des Gebäudes mit 21x21m minimal gehalten, um den nutzbaren Außenraum zu maximieren. So werden über 100qm mehr Außenraumfläche als in der ursprüngli-chen Machbarkeitsstudie generiert und der Entwurf setzt einen Schwerpunkt auf ein vielfältiges Angebot an Spiel- und Vegetationsflächen im Außenraum. Durch seine Kompaktheit soll der Entwurf nicht zuletzt im Sin-ne der Nachhaltigkeit einen richtungsweisenden Beitrag leisten, da eine kompakte Gebäudehülle insbesondere in Bezug auf einen niedrigen Primärenergiebedarf, als auch im Hinblick auf konstruktive und materialtechni-sche Belange eine wichtige Rolle spielt.

Städtebauliche Einbindung
Am Rande der Stadt gelegen und angrenzend an eine Kleingartensiedlung, befindet sich der Neubau für eine KiTa in einer städtebaulichen Randbedingung: sie ist einerseits der letzte fehlende Baustein der offenen und orthogonal gegliederten Wohnbebauung entlang des Ortlerwegs und andererseits bildet das Grundstück den Übergang in eine organisch gewachsene Kleingartensiedlung. Das Gebäude orientiert sich in seiner Ausrich-tung absichtlich nicht an den umgebenden Bestandshäusern und der Richtung des Ortlerwegs. Anstatt dessen wird der Baukörper leicht gedreht, sodass die Diagonalen des quadratischen Grundrisses eine Nord-/Süd-, bzw. eine Ost-/West-Ausrichtung herstellen. Die gedrehte Ausrichtung des Gebäudes hat mehrere Gründe: einerseits um einen Bruch zur benachbarten Typologie der Wohnbebauung herzustellen und das Gebäude gemäß der Nutzung als Kindergarten spielerisch in den ansonsten orthogonal ausgerichteten städtebaulichen Kontext zu setzen. Aufgrund der Drehung wendet sich der Haupteingang in Richtung Goerzallee und bildet seine Adresse durch einen dem Besucherstrom zugewandten Vorplatz. Zudem wird durch die Drehung die maximale Versor-gung der Nutzräume mit Tageslicht sichergestellt, indem jede der vier Fassaden in Abhängigkeit von der Ta-geszeit den Sonnenseiten zugewandt ist.

Durch die Kompaktheit des Bauvolumens und dessen mittige Setzung auf dem Grundstück bleiben alle Be-standsbäume erhalten, sodass sie im Sommer den Spielflächen, als auch dem Gebäude wertvollen Schatten spenden. Um die visuelle Wirkung des Bauvolumens auf seine Umgebung noch mehr zu reduzieren, wird das Erdgeschoss gegenüber den Außenflächen um 50cm abgesunken. Die Dachkante und das Bauvolumen des Ge-bäudes erscheinen dadurch weniger imposant. Die abgesunkene, kreisrunde Fläche dient zudem der sich im Erdgeschoss befindlichen Krippe als geschützter Außenraum und beruhigte Pufferzone gegenüber den Spielflä-chen der älteren KiTa-Kinder.

Raumkonzept
Die Kompaktheit der Gebäudehülle wird über eine effiziente innere Erschließung und die Vermeidung von langen Fluren erzielt. Krippe und KiTa werden geschossweise von einander getrennt. Während sich die Krippe im Erdgeschoss befindet, wird die KiTa im ersten und zweiten Geschoss untergebracht, wobei in der zweiten Etage die Aktivitätsräume der KiTa wie bspw. Werk- und Bastelräume mit Zugang zu Außenterrassen ihren Platz finden. Die räumliche Organisation ist etagenweise gleich und orientiert sich an einem effizienten Trag-werksraster. Der innere Kern jeder Etage ist ein multifunktionaler Ankunfts- und Vorraum zu den jeweiligen Gruppen- und Nebenräumen welche sich paarweise um die Ecke gliedern. Jeweils zwei Gruppenräume teilen sich einen flexibel nutzbaren Nebenraum in der Gebäudeecke. Der Nebenraum kann in Gänze oder nur zur Hälfte den anschließenden Gruppenräumen zugeschaltet, bzw. abgetrennt werden. Darüberhinaus kann der Nebenraum separat erschlossen und genutzt werden, um ein höchstes Maß an Nutzungsflexibilität zu errei-chen. Im Vorraum befinden sich die Garderoben zu den jeweiligen Nutzräumen welcher in der ersten Etage als Mehrzweckraum der KiTa umfunktioniert werden kann. Jeder Gruppenraum kann diesem Mehrzweckraum über zu öffnende Wandelemente zugeschaltet werden, um die Räumlichkeiten auch gruppenübergreifend und für gemeinsame Aktivitäten nutzbar zu machen. In der zweiten Etage bleibt die Geschossdecke offen, um dem darunter liegenden Mehrzweckraum Licht und Luft zu spenden, sowie um eine doppelte Raumhöhe auszubil-den.

Während zwei Gebäudeecken je Etage als Nebenräume der Gruppenraume genutzt werden, bleiben zwei wei-tere Ecken je Etage für administrative Nutzungen. Hier werden die Büro-, Personal-, Sanitär- und Bespre-chungsräume der jeweiligen Nutzungseinheit untergebracht welche praktisch und direkt an die vertikalen Erschließungsflächen angebunden sind. In der zweiten Etage werden zwei Ecken als Dachterrassen ausgebil-det und bieten so zusätzliche Außenraumflächen in direkter Verbindung zu den Aktivitätsräumen. Die innere Raumhöhe beträgt 2.80m und in den Aktivitätsräumen der zweiten Etage 3.50m. Das Gebäude ist unterkellert, um dort den Großteil des Wirtschaftsbereiches und technische Flächen unterzubringen. Zudem werden hier der Abstellraum für Kinderwägen, sowie die Anlieferungsküche in direkter Anbindung an den Aufzug unterge-bracht.

Nachhaltigkeit: Materialien und Bauweise
Die kompakte Gebäudehülle spielt insbesondere in Bezug auf einen möglichst niedrigen Primärenergiebedarf eine wichtige Rolle: die Fassadenflächen bleiben gering und das zu beheizende Bauvolumen wird minimiert. Die Wahl von Material, Bauweise und konstruktiv-technischen Lösungen erfolgt ebenso getreu den Richtlinien des nachhaltigen Bauens. Der Bau soll in größtmöglichem Ausmaß in Holzbauweise mit einem hohen Vorferti-gungsgrad hergestellt werden und greift somit auf ressourcenschonende, regenerative Baustoffe zurück. Wäh-rend der Keller und der Aufzugsschacht in massiver Bauweise hergestellt werden, sollen die tragende Wand- und Deckenelemente in vorgefertigten Brettsperrholzelementen gebaut werden. Die Innenwände werden mit Holzoberflächen hergestellt welche einem guten Raumklima dienen; insbesondere die Deckenelemente wer-den akustisch aktiviert. Alle Fassadenelemente vom Fenster bis zur Schalung werden aus Holz gefertigt. Durch den hohen Vorfertigungsgrad im Holzbau ist mit einer relativ kurzen und vom Winter unabhängigen Bauzeit zu rechnen.

Bei der Fassade handelt es sich um eine hinterlüftete Holzfassade welche, soweit möglich, mit Holzfaser-Material gedämmt wird. Geheizt wird mit einer an die Fernwärme angeschlossenen Fußbodenheizung; eine geothermische Nutzung von Erdsonden wird in Betracht gezogen. Alle Räume werden über die Fassade, bzw. das Dach mit genügend Tageslicht und frischer Luft versorgt. Die Kernbereiche der ersten und zweiten Etage werden über ein großzügiges Oberlicht belichtet. Belüftet werden die Kernbereiche über eine Durchzugslüf-tung mittels Lüftungsklappen oberhalb der inneren Trennwände der Garderoben. Manuell bedienbare Klapp-Schiebe-Elemente in der Fassade dienen als außenliegender Sonnenschutz und der Verdunklung von Innen-räumen, bspw. für den Mittagsschlaf der Kinder. Die Fassadenöffnungen werden in der Höhe zweigeteilt: im unteren Bereich macht eine Festverglasung die Fensternischen für Kinder von innen nutzbar; im oberen Be-reich kommen innen montierte Dreh- und Kippflügel-fenster zum Einsatz, um eine einfache manuelle Lüftung anstatt von aufwendigen mechanischen Lösungen einzusetzen. Auf dem extensiven Gründach findet eine Pho-tovoltaik-Anlage ihren Platz.

Landschaftskonzept
Durch die mittige Setzung des Gebäudes auf dem Grundstück, legt sich der rund 1.400 qm große Außenraum wie ein Gürtel um das Gebäude und unterteilt sich organisch in verschieden große Spiel- und Vegetationsflä-chen. Die sich ergebenden Bereiche lassen sich in verschiedensten Gruppenkonstellationen nutzen und schaf-fen ein der KiTa-Organisation entsprechendes, vielfältiges Nutzungsangebot. Während die ca. 35cm tiefer liegende und durch eine Hecke aus Beerensträuchern eingerahmte Kreisfläche den Krippenräumen einerseits einen geschützten Freiraum bietet, strukturiert diese gleichzeitig die restliche Außenraumfläche. Der Kreis dient der effizienten Erschließung aller Spielflächen und lässt sich unter Einbezug des Vorplatzes durch die Kinder der KiTa komplett umlaufen und für organisierte Spiele und Sport nutzen. Während der KiTa der Groß-teil des Außenraumes südlich und östlich des Gebäudes zugute kommt, werden die Spielflächen der Krippe an der geschützteren, westlichen Seite platziert. Entlang der intensiv bespielten Bereiche werden robuste Pflan-zen wie Hartriegel, verschiedene trockenverträgliche Weidenarten, Falscher Jasmin, Haselnuss, Weigelia und Zierjohannisbeere gepflanzt. Einen schönen Blickfang bildet die heimische Amelanchier ovalis.

Die Haupterschließung für Eltern, Kinder und Mitarbeiter*innen des Neubaus erfolgt entlang des Ortlerwegs und führt über einen Vorplatz mit 20 Fahrradstellplätzen zu einem adressbildenden, überdachten Eingangsbe-reich. Die östliche Ecke des Grundstückes bietet Platz für einen barrierefreien PkW-Stellplatz, sowie einen Stellplatz für Anlieferungen und Müllentsorgung. So wird ein reibungsloser Ablauf des Gebäudebetriebes si-chergestellt ohne die Kinder zu stören oder zu gefährden. Auf dem Vorplatz ist die Pflanzung eines auffälligen Blütengehölzes (Amelancier arborea „Robin Hill“) geplant, um die Eingangssituation aufzuwerten. Die Zugänge für Unterhaltungsmaßnahmen wie z.B. Sandaustausch werden ebenfalls über die umlaufende, befes-tigte Außenfläche gewährleistet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ermöglicht mit seinem quadratischen Grundriss eine kreisförmige Außenanlage, die den Bewegungsdrang der Kinder aktiv unterstützt.
Die architektonische Leitidee ist die Schaffung von Raum durch Kompaktheit. Dadurch kann der Außenraum trotz des großen Gebäudekörpers maximiert werden. Auf eine Rückstaffelung wird verzichtet. Die Fassade ist detailliert ausgearbeitet.
Durch die Drehung des Gebäudekörpers aus der örtlichen Fluchtlinie heraus wird eine Ost-West-Ausrichtung ermöglicht.
Die Struktur und Anlage der pädagogischen Räume ermöglicht auf vielseitige Weise die Umsetzung unterschiedlicher Aktivitäten von Kindern. Die Funktionalität des Grundrisses wird positiv bewertet, allerdings erfolgt eine unterschiedslose Zuordnung der Gruppenräume in alle Himmelsrichtungen, insbesondere die Orientierung von Gruppenräumen im EG nach Norden, zudem ohne überzeugenden Außenbereich, nicht nur aufgrund der Einsehbarkeit vom Ortlerweg aus, wird kritisch gesehen.
Der Innenbereich bietet im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss einen zentralen quadratischen Aufenthaltsbereich und im zweiten Obergeschoss eine umlaufende Galerie, während der teils als Garderobe teils als Kinderwagenstellfläche ausgewiesene, tageslichtlose Mittelraum im Erdgeschoß keine angemessene Aufenthaltsqualität aufweist.
Eine Dachterrasse erweitert die im Garten vorgesehene Nutzungsfläche.

Landschaftsarchitektur
Die Außenanlagen bieten vielfältige Bewegungsanreize, Ruheecken und Experimentierbereiche. Drei Terrassen laden zum Aufenthalt im Freien ein. Durch deren unterschiedliche räumliche Ausrichtung sind sie ganztägig nutzbar. Dadurch bieten die Außenanlagen für die Kinder viele unterschiedliche Aufenthaltsbereiche an.
Auf der Nordseite des Grundstückes wird eine zusätzliche Abgrenzung zum Straßenbereich empfohlen.
Der Entwurf überzeugt durch die große Vielfalt an Spielerfahrungen für die Kinder.

Nachhaltigkeit
Mit dem Entwurf liegt ein kompakter Baukörper mit ökologischer Baustoffwahl und außenliegendem Sonnenschutz vor. Die Dachflächen wurden zu großen Teilen als Gründach geplant. Eine PV Anlage sowie die Regenwassernutzung wurde in der Planung berücksichtigt.

Kosten
Der Entwurf lässt Kosten im durchschnittlichen Bereich erwarten.