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Bauträgerwettbewerb | 03/2021

„Village im Dritten“ in Wien (AT)

Gewinner / Baufeld 12A

Franz&Sue

Architektur

Erläuterungstext

Drei Häuser, eine Mission: Zwischen dem Fasanviertel und St. Marx, eingebettet in einen zwei Hektar großen Park, entsteht in den kommenden Jahren ein neues, autofreies Stadtquartier. Auf einem der Grundstücke planen wir drei zusammenhängende Häuser, die viel Raum für Partizipation und Gemeinschaft bieten. Ein Gebäude, das auf die vielfältigen Bedürfnisse der BewohnerInnen beim Wohnen, Schlafen und Arbeiten eingeht und dabei niemanden zurücklässt.

Als Herzstück und gemeinsamer Eingangsbereich der drei Gebäude dient der Salon im mittleren Gebäudeteil B. Hier im Entrée treffen sich die BewohnerInnen und Gewerbetreibenden, spazieren über die offene Wendeltreppe in den Innenhof, tauschen sich aus. Der Salon ist kein dunkles Stiegenhaus, sondern ein Ort des Miteinanders, ein gemeinsames Wohnzimmer mit Lernbereich, Bibliothek und Spielraum.

„Wohnen mitten in der Stadt soll nicht ein Privileg der Wohlhabenden sein, sondern für alle StadtbewohnerInnen offen stehen. Salon Inklusion bietet seinen BewohnerInnen Mitwirkung an der Gestaltung einer bunten Hausgemeinschaft, in der auch Geflüchtete ihren Platz finden werden", sagt Robert Korab, der mit seinem Planungsbüro raum & kommunikation an dem Konzept mitgearbeitet hat.

Kooperatives Kraftwerk

Eine Bäckerei sowie die „Mix IT!“-Gewerbezone komplettieren die belebte Erdgeschoßzone und zeigen, wie Stadt sein soll: Eine Mischung aus kleinteiligen Strukturen statt eines wuchtigen Wohnblocks mit Hypermarkt. Die nach außen orientierte Gewerbefläche bietet durch Raumteiler Platz für bis zu 30 Arbeitsplätze – etwa für GründerInnen, KleinunternehmerInnen oder fürs Homeoffice. Ein kooperatives Kraftwerk, das den Stadtteil belebt.

Raum frei

Auch in den darüberliegenden Geschoßen herrscht das Recht der Vielfalt. Kleine bis mittelgroße Wohnungen bieten variable Wohnraumgestaltung, deren Grundrisse die Bedürfnisse von einkommensschwächeren Familien und Alleinerziehenden spiegeln. Der Verzicht auf Gangflächen ermöglicht auch bei kleinen Wohnungen viel Raum zum Leben, mobile Raumtrenner wie Vorhänge und Nischen sorgen für maximale Flexibilität – etwa wenn ein Großelternteil über Nacht bleibt oder Homeoffice am Plan steht. Die durchgesteckten Wohnungen sind geprägt von Freiräumen wie Loggien und Veranden oder öffnen sich zu einer Art Dorfstraße – ein Ort für Austausch, der die Anonymität der Großstadt aussetzt. Gemeinschaftsküchen, Jokerräume zum Musizieren oder Handwerken und ein Kinderspielraum lassen die Nachbarschaft zusätzlich zusammenwachsen und erweitern den Wohnraum.

Die Kleinteiligkeit spiegelt sich nicht nur im Erd- und Regelgeschoß wider – auch auf den Dächern der drei Gebäude herrscht Unterschiedlichkeit. Ein gemeinschaftlicher Dachgarten mit Urban Gardening sorgt fürs Gemeinschaftsgefühl, eine Stadtwildnis für Abkühlung und die Fotovoltaik-Anlage mit Grünfläche für Energie. Die zusätzliche Fassadenbegrünung, die Bauteilaktivierung und ein Free-Cooling-System runden das umfassende Klimaresilienz-Paket ab.

Beurteilung durch das Preisgericht

SOZIALE NACHHALTIGKEIT

Das Projekt bietet im sozialen Miteinander sehr viel Offenheit und Möglichkeiten zur Entwicklung. Das Konzept der MietMACHEREI übernimmt Elemente aus der Baugruppenidee, setzt auf frühzeitige Einbindung zukünftiger BewohnerInnen in Entscheidungsprozesse, die sowohl die Lage und die Ausstattung der eigenen Wohnung wie auch die Ausgestaltung der Gemeinschaftsflächen thematisieren. Das Zusammenwachsen (zukünftiger) BewohnerInnen soll dabei vor allem durch gemeinsames Tun gefördert werden. Ein zentraler Bereich dieses Projekts ist der Salon EG, der ein äußerst ansprechendes Entrée (auch ins Quartier) darstellt und ein hohes Begegnungs- und Kommunikationspotenzial bietet. Dieser Bereich umfasst 2 Gemeinschaftsräume, einen Lesebereich mit Bibliothek, eine Gemeinschaftsküche mit Kochterrasse und einen Spiel- und Kreativraum. Im anschließenden Freibereich sind Sitzgelegenheiten und Urban Gardening vorgesehen. Abstellflächen und Einlagerungsräume sind ausreichend vorhanden. Die Kinderwagenabstell-plätze sind über die Geschoße verteilt. Mehrere noch funktionsoffene Gemeinschaftsräume runden das räumliche Angebot ab. In Bezug auf den Schwerpunkt für sollen 15 % der Wohnungen in Kooperation mit der Diakonie Flüchtlingshilfe als housing first-Wohnungen vergeben werden.

ARCHITEKTUR

Das Projekt formuliert die gewidmeten Kubaturen als drei wesensähnliche, jedoch eigenständige Baukörper aus. Im niedrigen Bauteil wird parkseitig ein großzügiges, zweigeschoßiges Eingangsfoyer vorgesehen, das für eine adäquate Adressbildung sorgt. Indem die Fluchtwege extra ins Freie geführt werden, ist die Ausgestaltung als Treffpunkt mit hoher Aufenthaltsqualität (Salon) möglich. Dies fördert die alltäglichen Kontakte innerhalb der Bewohnerschaft auf einer sehr informellen Ebene. Unterstützt wird dieses Konzept durch die Anlagerung von zusätzlichen Gemeinschaftsräumen im 1. Obergeschoß mit direktem Zugang auf die Parkebene. Richtung Park ist in dieser Ebene das -Gewerbe, das von gemanagt wird. Diese Nutzung wird als dem Standort adäquat und für wichtig empfunden. Im Erdgeschoß an der Otto-Preminger-Straße sind über Eck die Bäckerei und der Mobility-Point vorgesehen. Das Erdgeschoß besitzt dadurch einen hohen Grad an Öffentlichkeit. Über zwei Stiegenhäuser sind unterschiedlichste Wohnungstypologien erschlossen, die zum Teil außergewöhnlich sind und neue Formen des Zusammenlebens fördern sollen. Die Vergabe dieser Wohnungen erfolgt in einem partizipativen BewohnerInnengruppenprozess, in dem niederschwellig die Graduierung der jeweiligen Gemeinschaft verhandelt werden soll. Hier ist das dezidierte Ziel des Projekts, möglichst viele, zum Teil auch nicht wohngruppenaffine BewohnerInnen zu inkludieren. Neben Wohnungen für geflüchtete bzw. Menschen mit Migrationshintergrund und speziellen Bedürfnissen werden natürlich auch klassische BewohnerInnengruppen wie Familien und Alleinerziehende berücksichtigt. Dieser namensgebende Inhalt lässt vielfältige BewohnerInnengruppen erwarten. Das Erscheinungsbild macht die einzelnen Häuser sichtbar. Während der Bauteil an der Otto-Preminger-Straße als begrüntes Punkthaus mit aufgesetzten Balkonen in Erscheinung tritt, zeichnet sich das hohe Haus durch einen Balkonschleier aus. Hier ist auf die baurechtlich konforme Umsetzung zu achten. Der niedrige Verbindungsteil ist gestalterisch zurückhaltend mit einer Loggienzone zum Park konzipiert. Alles in allem stellt das Projekt einen innovativen Baustein dar, der sowohl vom Nutzungs- als auch vom Wohnungsangebot und den zukünftigen NutzerInnen ins Quartier wirken wird.

ÖKOLOGIE

Aus bauökologischer Sicht besticht das Projekt durch die sehr hohe thermische Qualität der Gebäudehülle, einer großzügig dimensionierten Photovoltaikanlage in Kombination mit einem Gründach sowie der Verwendung ökologischer Materialien. Besonders hervorzuheben ist dabei die kreislaufwirtschaftliche Betrachtung der Materialwahl durch die Verwendung recyclierter und monolithischer Baustoffe sowie die Verwendung nachhaltiger Materialien auch im Innenausbau. Eine TQB Zertifizierung wird angestrebt. Die Verwendung einer kontrollierten Wohnraumlüftung in Teilbereichen des Gebäudes wird sehr positiv beurteilt. Zur weiteren Erhöhung des NutzerInnenkomforts wird empfohlen, diese auch in den privaten Wohnräumen umzusetzen. Die gute und teilweise mehrseitige Belichtung gibt Möglichkeiten zur Durchlüftung der Räume. Durch die vorteilhafte Anordnung der Erschließungsflächen und der geplanten Offenbarkeit der Räume in diese Bereiche, bietet sich ein automatisiertes Nachtlüftungskonzept an, welches in seiner Umsetzung geprüft werden sollte. Im Hinblick auf die sommerliche Überwärmung handelt es sich mit der Stahlbeton-Bauweise so-wie außenliegenden, beweglichen Verschattungen um ein solides Konzept. Gerade im Hinblick auf die Entladung und damit Nutzbarkeit der thermischen Speichermassen werden Maßnahmen zur Durchlüftbarkeit der Wohnungen empfohlen. Das Projekt weist eine qualitätsvolle Freiraumplanung auf. Diese setzt auf eine zentrale Dachterrasse als Gemeinschaftsdach im Bereich des Hauses B. Das Dach des Hauses A wird als Stadtwildnis ausgebildet und bietet damit einen spannenden Beitrag zur Biodiversität im Quartier. Im Bereich des Hauses C erfolgt die Dachnutzung durch Photovoltaikanlage und extensive Begrünung. Die Fassadenbegrünung des Hauses A setzt auf intensives Grün direkt an der Fassade, wobei die Fassade selbst in der Rauigkeit für Kletterpflanzen geeignet ist. Das Haus C setzt auf wohnungsbezogenes Grün mit individueller Begrünung der Balkone. Die Fassadenbegrünungsansätze sind nachvollziehbar, verbleiben aber unter den Möglichkeiten der Klima Resilienz. Im Bereich des Hauses A ist die Wirksamkeit der Fassadenbegrünung in den oberen Geschoßen zu überprüfen. Im Bereich des Hauses C setzt die Fassadenbegrünung stark auf mieterInnenbezogene Begrünung. Diese Ergebnisse müssen durch automatische Bewässerung und Begleitung in der Bezugsphase ergänzt werden, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Im Bereich der Dachwildnis wird empfohlen, die Biodiversitätsaspekte mit menschlicher Nutzung am Dach zu verknüpfen. Es wäre schade, diesen hochwertigen Dachstandort nicht auch den BewohnerInnen zur Erholung anzubieten.