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Einladungswettbewerb | 07/2021

Entwicklung St. Paulus-Quartier in Essen-Gerschede

ein 1. Preis

Preisgeld: 13.000 EUR

zwo+ architekten

Architektur

Erläuterungstext

Grundidee und Städtebau

Die hallenartige Architektur des kirchlichen Innenraumes bietet ein großes Potential zur Nutzung der Kirche für weitere Zwecke. Nach dem Grundsatz der cse: „vielfältige Angebote unter einem Dach“ schlagen wir vor, alle Sozialnutzungen im Kirchgebäude unterzubringen. Wir bezeichnen dies konzeptionell als „Sozialkirche Paulus“.
Das Kirchengebäude mit seinem stadtteilprägenden Turm bleibt also erhalten. Das Pfarrhaus, das Gemeindehaus mit Sakristei, das einhüftige Seitenschiff und der eingeschossige Vorbau werden entfernt. Durch den Abbruch des eingeschossigen Vorbaus wird Platz für einen neuen Eingang mit Foyer geschaffen.

Ein u-förmiges dreigeschossiges Wohnhaus ist dem Landschaftsschutzbereich westlich der Kirche zugeordnet. Der hierdurch entstehende Quartiershof wird durch ein Dach, von uns „Parasol“ genannt, ergänzt. Der „Parasol“ verbindet alle Quartiersgebäude, bietet wie ein Portal das Entrée in das Quartier und bindet den Kirchturm als Ausrufezeichen mit ein. Er soll an das ehemalige Foyer erinnern und erinnert mit modernen Mitteln an die Gestaltungsansätze des Kirchbaujahres. Eine einladende Geste zeigt sich zur Straße, Tangabucht.

Trotz der baulichen Gesamtstruktur ist eine klare Trennung von Sozialkirche und Seniorenwohnen gewährleistet.


Die Sozialkirche Paulus

Die Sozialkirche beinhaltet alle Raumfunktionen die dem sozialen, gesundheitlichen und pflegerischen Engagement der cse für dieses Quartier zuzuordnen sind.
Zwei verschiedene Zugänge in die Sozialkirche sollen die Erschließung der öffentlichen Bereiche von der Erschließung der palliativen Funktionen trennen.
Der Eingang in den öffentlichen Bereichen erfolgt südlich unterhalb des Parasols.
Durch ein vorgelagertes Glasfoyer erreicht man im Erdgeschoss das Quartierszentrum. Die transparente offene Bauweise soll Hürden für die Bewohner und Nachbarn abbauen.

Der Erhalt des Kirchengebäudes und die Topographie ermöglichen es, dass die Krypta unterhalb des ehemaligen Chors wieder aktiviert werden kann. Somit kann der Andachtsraum von der Gemeinde, aber auch von den Besuchern des Hospiz- und Palliativzentrums genutzt werden. Ein barrierefreier Zugang ist gewährleistet. Der Aufzug aus dem Hospiz wird bis auf die Ebene der Krypta geführt.

Betreutes Wohnen

Der Zugang zu den Wohneinheiten des betreuten Wohnens erfolgt ebenerdig über den Quartiershof.
Der Neubau beinhaltet 42 Wohneinheiten.
Die Treppenräume sind zum Innenhof orientiert und die Erschließungsgänge befinden sich im Norden des Baukörpers. 4 Wohneinheiten sind lediglich barrierefrei, alle weiteren Wohnungen erfüllen die Anforderungen an die Rollstuhlgerechtigkeit. Jede Einheit verfügt über einen schwellenlos erschlossenen Freisitz oder Balkon.

35 der erforderlichen KFZ-Stellplätze werden in einer Tiefgarage untergebracht. Alle weiteren Stellplätze sind im Außenbereich vorzufinden. Die Fahrstühle und Treppenräume führen direkt in die Tiefgarage.


Der Quartiershof

Durch die städtebauliche Figur entsteht ein Innenhof mit hoher Aufenthaltsqualität. Das u-förmig ausgebildete Wohnhaus umschließt den Hof zur Längsseite des Kirchenschiffes. Halboffen wirkt der Hof durch den südlichen „Parasol“. Die Gemeinschaft, der Austausch und die Begegnung der Bewohner soll durch diesen zentralen Außenraum, der in direktem Zusammenhang mit dem Quartiersbüro steht, gestärkt werden.


Denkansätze zur Qualität und Nachhaltigkeit

Die Putzfassade des Kirchgebäudes, die nicht unter Denkmalschutz steht, und die einfache Bauweise ermöglichen es mit üblichen Sanierungsmaßnahmen eine gute energetische Gebäudehülle auch für das Kirchengebäude zu erwirken. Somit ist ein hoher energetischer Standard nicht nur für die Neubauteile, sondern für das gesamte Quartier möglich und wird von uns auch empfohlen.


Schlusswort

Unsere Arbeit zeigt, dass der Erhalt und die Umnutzung der Kirche als Sozialkirche gut möglich sind.
Im Herzen des Quartiers entsteht ein Innenhof mit seinem „Parasol“ und verbindet alle Quartiersgebäude miteinander. Die Anordnung der Funktionen in getrennten Gebäuden, „Sozialkirche“ und „Seniorenwohnen“ bieten eine hohe Qualität für die sozialen Angebote.
Berücksichtigt ist die Diskretion zum Hospiz-Bereich durch separate Zugänge.

Beurteilung durch das Preisgericht

Qualität des städtebaulichen Konzeptes im Zusammenhang mit dem Quartier
Der Vorschlag eines zentralen Quartiershof zwischen Neubau und Kirchengebäude und die Möglichkeit der Durchwegung durch das Quartier überzeugt. Durch das entréebildende Vordach („Parasol“) wird gleichzeitig die einladende Geste der Kirche verstärkt, als auch eine leichte Trennung zwischen öffentlichen und privateren Bereichen erreicht.

Qualität des Architekturkonzepts, insbesondere in Bezug auf die Projektkonzeption des Auftraggebers
Durch das Zusammenspiel von Neubau, „Sozialkirche“ und prägender Eingriffe in den Bestand entsteht ein Quartier mit eindeutiger Adresse und Identität. Die durchgängig hohe Qualität in der Ausarbeitung aller Funktionsbereiche überzeugt das Preisgericht.

Funktonalität, Anpassungsfähigkeit und Barrierefreiheit des Raumkonzeptes
Das Raumprogramm ist vollständig und gelungen nach dem Motto „alles unter einem Dach vereint“ abgebildet. Die Größen der Funktionsbereiche sind angemessen dimensioniert, wobei das Hospiz zu groß ist. Der Vorschlag einer Tiefgarage mit Zufahrt von der Tangabucht aus wird als sehr positiv gewertet. Zur Anpassungsfähigkeit des Funktionsbereichs Wohnen wäre die Einbindung eines zweiten baulichen Rettungswegs wünschenswert.

Umgang mit dem Bestand
Der Umgang mit dem Bestandsgebäude der Kirche ist mit den verstärkenden Elementen des Parasol und des Patio und gleichzeitig klarer Strukturierung des Grundrisses auf eindrucksvolle Weise gelungen.

Aufenthaltsqualität in Gemeinschaftsbereichen und Wohnqualität
Die Lage von Büros zum Innenhof in Erdgeschoss und der Gemeinschaftsbereiche in den übrigen Geschossen des Kirchengebäudes wird zuerst im Hinblick auf die Belebung des Innenhofs kritisch gesehen. Angesichts der hohen Qualität in der Gestaltung der Gemeinschaftsbereiche inklusive Krypta erschließt sich die hohe Qualität einer introvertieren Ausrichtung. Die variantenreiche Ausbildung der Wohngrundrisse mit zentralen Erschließungskernen ermöglicht eine vielfältige Wohnqualität.

Wirtschaftlichkeit in Erstellung, Betrieb und Unterhalt
Vor dem Hintergrund der Umnutzung des Bestandes und dem Angebot der Tiefgarage wird der Entwurf mit dem angegebenen vergleichsweise hohen Kostenrahmen als umsetzbar eingeschätzt. Durch das vielfältige Angebot der Wohngrundrisse wird eine langfristig positive Wirtschaftlichkeit erwartet.