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Kooperativer Einladungswettbewerb | 07/2021

Patrick Henry Village - Baufeld B3 + B4

PHV Heidelberg Lageplan

PHV Heidelberg Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Stadtplanung / Städtebau

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Im grünen Herzen des PHV erfährt das von Frederic Law Olmstead inspirierte Leitbild der Gartenstadt ein Update. Die Motive der historischen Gartenstadt wie gesunde Wohnverhältnisse und wirtschaftliche Absicherung stehen dabei nicht im Mittelpunkt. Wir suchen nach der next practice, nach einer Adaption der Gartenstadtidee an heutige und künftige Herausforderungen: die Klimakrise, den Artenschwund und die Desintegration der Gesellschaft.

1_ Diversität und Gemeinschaft
Wie können Stadtquartiere der gesellschaftlichen Polarisierung und Desintegration entgegenwirken? Wir denken in einer gemischten Bewohnerschaft und mit gemeinschaftlichen Räumen, in denen es auch zu ungeplanten und geplanten Begegnungen kommt. Wir suchen innerhalb eines vernetzten „Community Grid“ nach einer programmatischen Verdichtung in vitalen, belebten Begegnungsräumen. Ausgehend vom zentralen Community Band inszenieren wir Raumfolgen in denen Gemeinschaft erlebt und ausgeübt wird. Und demgegenüber lassen wir die Räume der inneren Landschaft als stille oder geschützte Räume in Ruhe wirken.

2_ Gärtnern in der Community.
Der Kern der Gartenstadtidee ist der Garten und die Gartenanger der Community-Höfe sind die sozialen Kristallisationskerne im Freiraumsystem. Wir aktvieren die aktuelle Begeisterung der Menschen für das Gärtnern und verwenden es als Rückgrat und Symbol der produktiven Stadt indem wir es zum zentralen Programm von Community Höfen machen. Die Obstbäume und die Hochbeete in den Gartenangern werden zum identitätsstiftenden Treffpunkt am Feierabend. Das gemeinsame Gärtnern in den Community Höfen das Säen, Ernten, Kompostieren wird Teil der alltäglichen Verrichtungen oder Beobachtungen. Ganz selbstverständlich sind Orte zum Spielen, zum Entspannen und zum Feiern integriert.

3_ Urbane Aue als Innere Landschaft
Die Grünfinger interpretieren wir als urbane Auen, als integrative innere Landschaften in der die Nutzung des Regenwassers mit der Klimatisierung des Quartiers und der Entwicklung eines artenreichen Standortmosaiks verknüpft wird. Die urbane Aue besteht aus einer organisch verzweigten Wasserebene, in der der größte Teil des Wassers verdunstet und über höherliegende Sandinseln versickert wird. Die Verdunstung kühlt das Quartier. In den Auen entstehen komplexe Biotopentwicklungszonen für verschiedene Wiesen und Staudenfluren. Die urbanen Auen sind eingebunden in eine durchgängige Parklandschaft, die in grünen Höfen die Bebauung vollständig durchdringt und die Gebäude in ein Gewebe aus Strauch und Staudenfeldern einbettet.

Potential und Strategie
Die luftig gewebte Zeilenbebauung wirkt künftig als Gegensatz zu den Baukanten der Nachbarschaft, die Gartenstadt wirkt als grünes Herz des PHV. Das größte Potential bildet das großzügige landschaftliche Kontinuum, das die Zeilen durchfließt. Für diese heute eher strukturarmen Freiräume streben wir eine programmatische und atmosphärische Verdichtung an. Die Zeilen gruppieren sich im Bestand um asphaltierte Erschließungshöfe. Durch Neuprogrammierung bilden diese Höfe die zukünftigen Keimzellen der Gemeinschaftlichkeit.

Initialidee: Das Community Grid
Das Community Grid ist eine Raum- und Erschießungsstruktur, die die soziale Topografie des Quartiers abbildet und die Gemeinschaftlichkeit in verschiedenen Ebenen entwickeln hilft:
Die Community Höfe: Das Motiv der gemeinsamen Community-Höfe bildet die Kernzone der Nachbarschaft als engste soziale Schale ab. Neben der Erschließung dienen sie dem Gärtnern, dem Spielen, dem Entspannen, dem Feiern.
Das Community Band: Die zentrale Erschließungsachse wird zum Mittelpunkt und zur Visitenkarte des gesamten Quartiers. An den Andockpunkten des Parkways entstehen mit dem Regenwasserteich und dem Bouleplatz signifikante Orte mit programmatischen Schwerpunkten. Im grünen Mittelteil trifft sich die Jugend.
Das Grid: Höfe und Band sind mit einem Nord-Süd ausgerichteten inneren Wegesystem verknüpft. Das System ist über die schwingenden Wege der grünen Finger und den Parkway an die übergreifenden Strukturen angebunden. Rettung und Feuerwehr nutzen das Grid mit, große Wendeplätze in den Höfen werden vermieden.

Die Innere Landschaft
Die nextGartenstadt etabliert mit der Urbanen Aue ein Naturelement im städtischen Kontext und entwickelt den Typus einer inneren Landschaft als Teil des Freiraumrepertoires.
Urbane Aue: Ein spezifisches Relief bildet die übergreifende Idee für die grünen Finger: Organisch geformt und dabei strikt die Bestandsbäume achtend, entsteht eine abgesenkte Auenebene in der das Regenwasser gesammelt und verdunstet wird. Die gedichteten Becken liegen etwa 1 Meter unter Bestand. Über höher liegenden Sandinseln versickert das Wasser nach Starkregen. Die Auen sind durch die Einsenkung dem Nutzungsdruck etwas entzogen, bilden aber das prägende Kulissenelement. Durch ein sehr zurückhaltendes Pflegeregime entstehen in den unterschiedlichen Standorten angepasste vielfältige Habitate. Mit den unterschiedlichen Wasserständen im Mikrorelief der Auen gehört die ständige Veränderlichkeit zum Landschaftsbild.
Parklandschaft: Das Umfeld der Auen entwickelt sich aus den Baumkulissen und einem die Gebäude säumenden System aus Strauch- und Staudensäumen, die Rückzugs- und Nistplätze für viele Gartenvögel bilden. In den Grünfingern sind Spielinseln an den notwendigen Wegen angeordnet. Ansonsten ist die Erschließung zurückhaltend, sie erfolgt über gemähte Wege und Plätze.
Der Parkway: durchdringt die Freiraumtypen als Passage und Erlebnis unterschiedlicher Freiraumtypen

Städtebau und Architektur

Umgang mit dem Bestand
Der Rückbau der Bestandszeilen beschränkt sich in der Regel auf Zeilen mit mangelhafter Bausubstanz. In Summe werden 12 der 21 Bestandszeilen erhalten und durch Sanierung und eingeschossige Aufstockungen aufgewertet. Die abgängigen Zeilen werden auf den bisherigen Footprints in gleicher Anzahl durch neue geknickte Zeilen ersetzt.
Im Hinblick auf das Ziel auch langfristig bezahlbaren Wohnraum anzubieten, werden die großzügigen Grundrisse im Bestand weitgehend erhalten. Die Bestandszeilen erfahren somit in Grundriss und Fassaden lediglich minimale Interventionen. Behutsame Aufstockungen als leichte Holzkonstruktionen erweitern den angebotenen Wohnungsmix und sorgen für eine moderate Nachverdichtung. Vor die Fassaden gestellte Rahmenkonstruktionen ergänzen Balkone sowie die Erschließung der Aufstockungen.

Neubauten als Impuls
Die geknickten Zeilen schreiben als Neuinterpretation der Bestandszeilen die Idee des seriellen Bauens fort. Die Neubauten bestehen aus modularen Gebäudetypen, welche auf einem einheitlichen Grundraster aufbauen und somit untereinander frei kombinierbar sind. Die Gebäudeteile mit Knick nehmen als Sonderbausteine jeweils besondere Wohnformen auf. Die neuen Zeilen greifen mit vier Geschossen die Höhen des Bestands inklusive Aufstockung auf und ergänzen diese um ein lebendiges Spiel von sechs- bzw. siebengeschossigen Höhenakzenten. Eine Umsetzung der Neubauten in Holz- bzw. Holzhybrid-Bauweise unterstreicht den innovativen und ökologisch anspruchsvollen Charakter des zukünftigen Patrick-Henry-Village, da das Material Holz als Konstruktionselement große Vorteile hinsichtlich Effizienz, Umsetzungsgeschwindigkeit und Ökobilanz bietet.
Die Setzung und Programmierung der Neubauten knüpft am räumlichen Leitbild des Community Grid an. Vier neue Punkthäuser wirken als Katalysatoren der Entwicklung und schaffen in den Übergängen zwischen dem Community-Band und dem Parkway eine räumliche und funktionale Verdichtung. Die Bündelung eines vielfältigen Angebots von Nicht-Wohnnutzungen an den beiden Aufweitungen im Osten und Westen des Community-Bands lassen einladende Platzsituationen entstehen, welche den Anwohnern – sowie dem gesamten Patrick-Henry-Village – gleichermaßen zur Verfügung stehen.

Wohnungsmix
In Kombination von Bestand und Neubauten entsteht ein ausgewogener Wohnungsmix. Dabei werden die großzügigen Grundrisse von 4- und 5-Zimmer-Wohnungen im Bestand weitgehend erhalten und diese durch 1-, 2- und 3-Zimmer-Wohnungen in Neubauten und Aufstockungen ergänzt. In Summe werden etwa 640 Wohneinheiten erreicht, wobei über 40 % auf 2- und 3-Zimmer-Wohnungen entfällt. Die Planung sieht in den geknickten Gebäudemodulen der neuen Zeilen ein breites Angebot besonderer Wohnformen für studentisches Wohnen, betreutes Wohnen und Cluster-Wohnen vor. Darüber hinaus bestehen bei Bedarf weitere Potentiale für alternative Wohnformen und gemeinschaftlich genutzte Räume innerhalb der flexiblen Grundrisse der übrigen Gebäudemodule.

Nutzungsmix
Das Konzept der nextGartenstadt verfolgt im Sinne der Auslobung eine starke Durchmischung der Nutzungen. Dabei entfallen 74 % der Geschossfläche als Wohnnutzung und 26 % der Geschossfläche auf verschiedene Nicht-Wohnnutzungen. Diese befinden sich jeweils in den Erdgeschossen der Neubauten und konzentrieren sich darüber hinaus auf die Gebäude im Umfeld der beiden Platzsituationen im Osten und Westen. Nutzungsschwerpunkte für Co-Working, Handwerk und Kreativwirtschaft liegen im Osten, Betreuung und Soziales im Westen des Community-Bandes. Aktive Erdgeschosszonen mit Einzelhandel und Gastronomie orientieren sich zu den Eingangsplätzen. Weitere Nichtwohnnutzungen in den Köpfen der Bestandsgebäude unterstreichen die vielfältige Nutzungsmischung innerhalb des Quartiers.

Das Verkehrskonzept: Multimobilität
Die Ausbildung des autofreien Quartiers setzt auf das Leitbild der Multimobilität:
- Community Band als primäre Binnenerschließung: Sonderverkehre und Fahrräder über offenen Flächenbelägen
- Fokussierung auf multimodalem Parkway: ÖPNV Angebote mit Haltestellen für Shuttle und Tram
- Micro-Mobilty Hubs an den Ankunftsstellen Parkhäuser und Haltestellen
- Witterungsgeschützte Stellplätze für Fahrräder und Roller in jedem Community Hof und am Square. Bike Service-Stationen
- Intensive Vernetzung mit Fußwegenetz in Ost-West- und Nord-Süd-Richtung.

Mitarbeitender SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH: Hugo Rodriguez

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf schließt die Achsräume, die aus dem Bestand abgeleitet sind passgenau an die Gesamtstruktur des Masterplans PHV an.

Die typologische Grundordnung mit ertüchtigten und aufgestockten Bestandszeilen und geknickten Neubauten sowie den kräftigen Punktbauten erscheint städtebaulich und wohnraumtechnisch angemessen. Es ergeben sich gute Hofsituationen, die die Durchlässigkeit in Nord-Süd-Richtung erhalten. Durch die stringente orthogonale Setzung der Punktbauten entlang dem Community Finger entsteht eine kräftige räumliche Ordnung. Es wird kontrovers diskutiert, ob die beiden sich wiederholenden Zeilenbautypen der erwarteten Vielfalt in diesem Verfahren gerecht werden.

Die Höhenentwicklungen mit Punktbauten und den in der Höhe gestaffelten Zeilenneubauten wird als städtebaulich spannungsreicher Entwurf gewertet. Es wird jedoch die Frage aufgeworfen, ob die Strenge der Punktbauten entlang des Community Fingers atmosphärisch dem Wunsch nach einem „grünen Herz von PHV“ entgegensteht.

Das Freiraumkonzept füllt mit den urbanen Auen das Thema next! Gartenstadt in interessanter Weise mit Inhalt indem Klimaanpassung und Biodiversität zentral behandelt werden.

In den urbanen Auen liegen großzügig dimensionierte abgesenkte Bereiche. Diese erfüllen die Anforderungen an das Niederschlagswassermanagement sehr gut. Zudem bietet die klar formulierte Böschung eine geeignete Lösung, um siedlungsnahe Freiraumnutzungen räumlich eng mit Flächen hoher Biodiversität anzuordnen. Es überzeugt, dass so Ausgleichsräume im Gebiet angeboten werden können.
Die Community-Höfe stellen einen ebenfalls überzeugenden Widerpart mit viel höherer Nutzungsintensität dar. Die Jury würdigt die thematische Gestaltung der Höfe mit Gärten und die gute Integration von Erschließungsflächen und Nebengebäuden.

Es überrascht, dass der Entwurf vollständig auf eine private erdgeschossige Gartennutzung verzichtet. Die Trennung von öffentlichen und privaten Flächen ist nicht einfach abzubilden.

Der Bestand wird nicht nur erhalten, sondern auf sehr subtile und einfache Weise ergänzt und optimiert. Die Zeilenbauten werden aufgestockt und mit einem Vorbau versehen. In diesem befinden sich die privaten, den Wohnungen direkt zugeordneten Freibereiche. Hier ist direkt erkennbar das ein innovatives Konzept umgesetzt wird um ein zeitgemäßes Wohnen zu ermöglichen.

In den Neubauten, die die Bestandsgebäude ergänzen, werden neue Wohnformen angesiedelt. Hier können neue Strukturen wie studentisches Wohnen oder SeniorenWGs entwickelt und umgesetzt werden. Auf diese Weise entsteht eine vielfältige Wohnstruktur für viele verschiedene Bevölkerungsgruppen und ein lebendiger, diverser Stadtteil.

Es überrascht, dass der Entwurf vollständig auf eine private erdgeschossige Gartennutzung verzichtet. Die Trennung von öffentlichen und privaten Flächen ist nicht einfach abzubilden.

Der Bestand wird nicht nur erhalten, sondern auf sehr subtile und einfache Weise ergänzt und optimiert. Die Zeilenbauten werden aufgestockt und mit einem Vorbau versehen. In diesem befinden sich die privaten, den Wohnungen direkt zugeordneten Freibereiche. Hier ist direkt erkennbar das ein innovatives Konzept umgesetzt wird um ein zeitgemäßes Wohnen zu ermöglichen.

In den Neubauten, die die Bestandsgebäude ergänzen, werden neue Wohnformen angesiedelt. Hier können neue Strukturen wie studentisches Wohnen oder SeniorenWGs entwickelt und umgesetzt werden. Auf diese Weise entsteht eine vielfältige Wohnstruktur für viele verschiedene Bevölkerungsgruppen und ein lebendiger, diverser Stadtteil.

Insgesamt bietet der Entwurf eine gute Lösung für die anstehenden Aufgaben. Die Struktur ist belastbar und würde zum Beispiel veränderte Nutzungsverteilungen vertragen. Trotz hoher baulicher Auslastung ist das Grundthema des grünen Herzens sehr stark entwickelt. Die Kritik des Preisgerichts bezieht sich im Wesentlichen auf die geringe Vielfalt der Gebäudetypologien und die Ausbildung des Community Fingers in Verbindung mit der städtebaulichen Setzung der Punktbauten.
Übersichtsplan

Übersichtsplan

Blick über das Stadtquartier

Blick über das Stadtquartier

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Vertiefungsbereich

Vertiefungsbereich

Schnit A-A´

Schnit A-A´

Schnitt C-C´

Schnitt C-C´

Schnitt D-D´

Schnitt D-D´

Nutzungskonzept

Nutzungskonzept