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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Neugestaltung Swanseaplatz Mannheim

3. Preis

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Rendercircle - Christian Marrero

Visualisierung

Erläuterungstext

Der Swansea Platz soll ein Platz für Alle in der dichtbesiedelten Kernstadt Mannheims werden: Spiel- und Aufenthaltsraum für alle Altersgruppen, generationenübergreifende Nutzung- und Aufenthaltsbereiche. Der hohe Anteil der Bevölkerung mit Menschen mit Migrationshintergrund, sozial schwächer gestellten Familien aber auch weiteren Bevölkerungsgruppen (Alleinstehende, Senior*innen, queere Bevölkerungsgruppen etc.) erfordert eine Neugestaltung, die neben den ökologischen Anforderungen (Klimaresilienz, Klimaausgleichs-/-komfortraum) insbesondere auch die soziale, ethnisch-kulturelle Vielfalt und die daraus resultierenden Anforderungen an die Neugestaltung berücksichtigt. Der neue Swansea-Platz bietet die Chance Natur zu erleben, Menschen zu treffen und Spiel und Sport zu treiben.

PLATZ
Das Konzept entwickelt aus der bisherigen Nutzung des Platzes und dem städtebaulichen Umfeld eine neue Grundstruktur aus drei Freiraumtypen ohne den Bestand komplett zu überformen. Der „grünen Spiel- und Sportzone“ im Norden, der „offenen Platzfläche“ im Süden und der „gärtnerischen Oase“ im Westen. Wichtiger Ansatz dabei ist eine Verbesserung der Vernetzung des Platzes mit seiner Umgebung und eine klar ablesbare Zonierung der bestehenden und neuen Nutzungen. Dabei ist es uns sehr wichtig den wertvollen Baumbestand zu erhalten und noch weiter zu ergänzen. Der Platz wird zu den Rändern hin geöffnet und verbindet sich wieder stärker mit seiner Umgebung. In der Verlängerung der Straße G6 aus Westen kommend bietet das Konzept eine neue wichtige Wegeverbindung an, die sich zur Mitte des Platzes zu einem großzügigen Freiraum öffnet. Aus der Perforation der Platzränder entwickeln wir Inseln, die zum einen die schützenswerten Bäume erhalten und zum anderen Pflanzraum für neue Bäume und Rasenflächen schaffen. So entsteht an der nord-westlichen Platzseite ein grüner Filter aus niedrigen Pflanzinseln und den Bäumen, die die neue Spiellandschaft und das Dach des Parkhauses harmonisch in die Platzfläche einbinden. Die süd-östliche Platzseite hingegen wird stärker zu der angrenzenden Bebauung mit seinen lebendigen Erdgeschosszonen geöffnet. Eine leichte Pergola fasst hier den Platz, bietet Schattenplätze zum Pausieren und für Gemeinschaft an. Zwei, der vier Tiefgaragenausgänge werden von der Pergola überspannt und so harmonisch in der Platzgefüge integriert. Der mittige Ausgang wird noch durch eine neue barrierefreie gendergerechte Toilettenanlage ergänzt. Aufgrund ihrer Lage, Einsehbarkeit und gestalterischen Einbindung wird hier ein Höchstmaß an sozialer Kontrolle und somit an Sicherheit und Schutz vor Fremdnutzungen erreicht.

Mit dieser formalen Pergola entsteht ein spanungsvoller Dialog mit den natürlichen Pflanzinseln. Genau in diesem Zwischenraum entsteht wie eine Art „Lichtung“ die eigentliche Platzfläche, auf der alle Wege zusammenlaufen. Die Aufweitungen und Verdichtungen schaffen neue differenzierte Aufenthalts- und Begegnungsräume. Während der nördliche Bereich eher geschütztere Bereiche bietet, lädt die Platzfläche und die Pergola zu offenen und sehr lebendigen Nutzungen ein. Hier bieten kleine Sitzgruppen und große Sitztafeln ein vielfältiges Nutzungsangebot im Schatten oder der Sonne an. Schatten, Grün und Sitzangebote und Wasser in Form eines neuen Trinkbrunnens machen den Aufenthalt im Sommer erträglich und vermitteln ein urbanes Lebensgefühl. Die Flächen können auch für Feste feiern, Veranstaltungen, wie Tanz und Musik, genutzt werden.
Der Freiraum bietet Nischen, Wechsel zwischen offenen und eher intimen Räumen, die aber dem Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum durch gute Einsehbarkeit und ein gutes Lichtkonzept Rechnung tragen. Die Konzentration von aktiveren Nutzungen und naturnahen Erlebnisräumen im nördlichen Teil des Platzes und ruhigeren Atmosphären im südlichen Abschnitt arbeitet zwei unterschiedliche, sich ergänzende Charaktere heraus.

NUTZERINNEN
So bietet der Platz viele attraktive Qualitäten, die für das Miteinander in der direkten Nachbarschaft, aber auch für Besucher und Anrainer neue spannende Räume anbieten und durch eindeutige Zonierung und klare Öffentlichkeit die Aneignung durch unterschiedliche Akteure vorbereitet.
Ziel ist es inklusive Räume zu schaffen, die allen Menschen unabhängig von ihren Fähigkeiten und Einschränkungen (Nutzungs-) Angebote und Teilhabe ermöglichen. Dabei ist es auch wichtig gendergerechte Räume anzubieten, die die Unterschiedlichkeit der Menschen respektieren und berücksichtigen, also offene und flexible Nutzungen auf dem Platz ermöglichen. Der neue Platz bietet Präsentier- und Rückzugsräume, Nischen ebenso wie neutrale Zonen, Transiträume sowie Aneignungsräume wie z.B. den interkulturellen Gemeinschaftsgarten. Hier können die AnwohnerInnen zusammen gärtnern oder die Schulen Exkursionen und Aktionen veranstalten. So bietet der neue Swansea Platz nutzungsoffene Angebote, die Menschen aus allen Kulturräumen ansprechen: Klein- und Gemeinschaftsgärten, Picknick- und Grillplätze auch für große Gruppen, Möglichkeiten für Tanz und Musik.
Der Entwurf bietet vielfältige und nutzungsoffene Spielangebote mit Aufforderungscharakter, die auch herausfordern dürfen. So kann die neue Spielskulptur als identifikationsstiftender „Leuchtturm“ in Zukunft in den Stadtteil Filsbach und über seine Grenzen hinaus wirken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einer weitgehend offenen Freiraumstruktur und differenzierten Wegebeziehungen binden die Verfasser den neuen Swansea Platz geschickt in den umgebenden Stadtraum ein. Beim Café Filsbach wäre zur Wilhelmstraße eine deutlichere optische Öffnung vorstellbar, gleichzeitig allerdings auch der Aspekt der Verkehrssicherheit zu bedenken.
Die Grundfigur erzeugt größere zusammenhängende Flächen für Spiel und Bewegung ebenso wie kleine Nischen, die Ruhe, Rückzug und Angebote für spezifische Nutzergruppen bieten. Gemeinschaftsgarten und Spielbereiche sind souverän platziert und bauen Bezüge zu den vorhandenen Nutzungen auf. Die vorgeschlagene Stahlskulptur, die die Spielbereiche locker durchzieht, wird als spielerisches Element gewürdigt, wirkt aber eher modisch als zeitlos und wird insgesamt kritisch bewertet.
Der Obsthain in unmittelbarer Nähe zur Kita wird als gute Ergänzung gesehen. Die neue Pergola überdeckt ganz selbstverständlich notwendige Nebengebäude wie TG-Ausgang und Sanitärblock und schafft darüber hinaus noch schattigere Aufenthaltsbereiche.
Die Zonierung in Grün- und Platzflächen überzeugt ebenso wie die Differenzierung der Beläge. Der Anteil der versiegelten Fläche ist allerdings relativ hoch.
Das Lichtgestaltungskonzept bleibt noch etwas mager und bedarf weiterer Durcharbeitung. So bleibt z.B. die Beleuchtung der Pergola unklar. Fraglich scheint auch, ob der Spielbereich nicht zum unerwünschten Dunkelraum mit entsprechender Belegung wird.
Die entfallenden Bäume werden im Verhältnis 1:1 ersetzt – was den Vorgaben der Baumschutzsatzung noch nicht gerecht wird.
In wirtschaftlicher Hinsicht scheint die Arbeit in der Anlage eher aufwändig, was im Unterhalt durch die Robustheit der Materialien allerdings ausgeglichen werden dürfte.
Insgesamt überzeugt der Entwurf mit seiner gelungenen Schwerpunktsetzung und seiner spielerischen Leichtigkeit und formuliert angemessene Antworten auf die gestellte Aufgabe.