modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Neubau Außenstelle Landratsamt Landsberg am Lech

Lageplan M500

Lageplan M500

ein 2. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

Beer Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner

Architektur

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Planungsgesellschaft Dittrich mbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Städtebau und Identität
Mit der einfachsten Bauform, dem Quadrat mit seinen gleichwertigen Seiten reagieren wir auf die momentane Weite der Landschaft und zusätzlich auf die unbekannten städtebaulichen Entwicklungen westlich und nördlich des Baulandes, welche noch passieren können oder eben auch nicht. Keine Seite des Grundstückes wollen wir bevorzugen – jede Seite hat nahezu die gleichen Bedingungen sowohl im Vorzug, als auch in der Last. Die schiere Größe und Repetition vermag dem neuen Gebäude des Landratsamtes Wirkung zu geben an prominenter Stelle am Ortseingang von Landsberg, zugleich aber auch als Auftakt zu der gegebenenfalls noch kommenden städtebaulichen Entwicklung. Kreisverkehr und Parkplatz des benachbarten Autohändlers als einzig vorgefundenen Anknüpfungspunkt wollen wir dabei etwas links liegen lassen und nicht zu wichtig nehmen.
Eine kreuzförmige innere Erschließungsspange teilt das Gebäude in 4 gleiche Innenhöfe. Der Weite des Außenraumes wollen wir dabei mit diesen grünen Höfen Kontrapunkte geben, ruhige erlebbare Klausuren, jede davon bespielt mit typischen Landschaften. Schon beim Betreten des Gebäudes wirken die Höfe als Auftakt und Aha. Die große mittige Treppenanlage im Herzen des Gebäudes ist dabei im Blick erklärt dieses auf einfachste Art.

Funktionalität
Alle öffentlichen Bereiche gruppieren sich um diese zentrale vertikale Erschließung: Empfang, Café, Zulassungsstelle, Besprechungsbüros in allen Geschossen und Vorbereich samt Sitzungssaal in den oberen Geschossen. Die Zulassungsstelle erhält dabei noch eine zweite Erschließung von Norden, mit kurzem Weg zu den oberirdischen Parkplätzen, aber auch, um den hohen Parteiverkehr der Zulassungsstelle vom übrigen Geschehen im Landratsamt zu entzerren.
An der Ost-West Achse der inneren Erschließung liegen die allgemeinen Besprechungsbüros und die Eingänge zu den unterschiedlichen Ämtern. Pro Geschoss sind dabei bis zu 6 unterschiedliche Zugänge möglich. Der äußere Erschließungsring und das innere Erschließungskreuz machen Wege kurz. Alle jetzigen Ämteraufteilungen, aber auch zukünftige, lassen sich hier sinnfällig anordnen.

Zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten
In Verlängerung dieser inneren Erschließungsachse in Richtung Westen würden sich die zusätzlichen und zukünftigen Ämter eines möglichen Erweiterungsbaues anschließen. Das einfache Erschließungssystem kann im Erweiterungsbau fortgeschrieben werden.
Die Büros der Ämter liegen überwiegend im äußeren Ring mit 3 unterschiedlichen Bürotypologien: dem Einhüfter mit der belichteten Erschließung zum jeweiligen Innenhof, dem Zweihüfter mit der notwendigen Wirtschaftlichkeit und dem Zweihüfter mit Mittelzone, der Allgemeinbereiche über die Einzelzelle hinaus abbilden kann. Die momentan angedachten Einzelbüros sind hier kurzweilig und ohne der Gefahr der Monotonie von Behördenfluren angegliedert. Alle zukünftigen Entwicklungen von Bürowelten sind hier darstellbar, ob nun das Einzel-, das Gruppen- oder das Grußraumbüro. Die Lage der Fluchttreppenhäuser, der erreichte Brandschutz der Konstruktion und der aufgelöste Holzskelettbau lassen diese zukünftigen Entwicklungen allesamt möglich machen.

Ökologie und Biodiversität
Der 4-geschossige Baukörper bleibt im Fußabdruck kompakt. Der Außenraum wird extensiv entwickelt mit mageren Blumen- und Bienenwiesen und nur wird nur dort, wo unbedingt notwendig, versiegelt. Einfache Kieswege durchziehen den Park. Große Flächen des Baulandes im Westen werden freigehalten.
Der Baukörper liegt etwas erhaben über dieser Landschaft. Licht und Luft kommt dabei in die Tiefgarage. Vertraulichkeit im Erdgeschoss der Einzelbüros entsteht zudem somit einfach durch die Lage dieser in der „Beletage“.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz
Im Sinne eines Low-Tec-Gebäudes werden die meisten Räume des Gebäudes natürlich be- und entlüftet. Über Nacht können die Räume über die witterungsgeschützten Lüftungsflügel ausgekühlt werden. Querlüftung mittels Klappen oberhalb der Innentüren lassen eine Lüftung über die Innenhöfe zu. Die Holzbetonverbunddecke mit dem der reinen Holzdecke erhöhtem spezifischen Gewicht erlaubt eine Phasenverschiebung der Kühle der Nacht in den Tag. Der Sonneneintrag wird bereits passiv durch die auf ein notwendiges Maß reduzierten Glasanteile reguliert und somit minimiert, zusätzlich durch den vom Nutzer gesteuerten Blend- und Sonnenschutz. Das aufschaukelnde Aufheizen des Gebäudes wird so verhindert.
Das Dach des äußeren Ringes des Gebäudes erhält eine große Solaranlage. Die inneren Dächer erhalten eine extensive Begrünung.

Wirtschaftlichkeit, Nutzungsflexibilität und Flächeneffizienz
Der Holzbau gibt uns Antworten auf die Herausforderungen, die der Klimawandel und die Forderungen der Nachhaltigkeit an uns stellen hinsichtlich verbauter grauer Energie oder Bindung von CO2 im Gebäude neben den Vorteilen der Kaskadennutzung, die Holz somit erfährt. Zudem strahlt und wirkt der Holzbau mit seiner natürlichen Materialität auch auf uns Menschen und fördert zudem den Vorbildcharakter, mit dem ein neues Landratsamt vorangehen muss.
Der kompakte und einfach entwickelte Holzbau ist schnell und wirtschaftlich zu bauen. Der Skelettbau deckt dabei die jetzigen, aber auch die zukünftigen Bedarfe. Das zentrale Erschließungssystem macht kurze und effektive Wege möglich und erlaubt mit den unterschiedlichen Adressbildungen eine Vielzahl von Bespielungen.

Freiraumkonzept
Die Freiflächen werden weitläufig und zurückhaltend gestaltet. Sie bestehen im wesentlichen aus trocken-mageren, blütenreichen Wiesen, gegliedert durch Einzelbäume und Haine und einfache landschaftliche Wege mit wassergebundener Decke. Die Feldgehölzhecke im Osten wird zu einem kleinen Wäldchen ergänzt. Im Süden wird das Gebäude von einer großzügigen Retentionsmulde umschlossen, welche auch bei Starkregenereignissen eine sichere Entwässerung gewährleistet. Die Vegetation dieses wechselfeuchten Standorts hebt sich von den Wiesen ab und bildet so für ankommende Besucher einen attraktiven Vordergrund für das Gebäude.
Die Innenhöfe bilden verschiedene heimische Wald- und Vegetationsgesellschaften ab, wodurch unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten und Atmosphären von schattig-geschützt bis sonnig und offen entstehen. Durch die hochstämmigen Gehölze sind diese auch in den oberen Stockwerken erlebbar.

Der Eingangsbereich mit großzügigem Vorplatz liegt in der Verlängerung der Hauptachse des Gebäudes, die in die zukünftige neue Fahrrad- und Fußgänger-Allee am Penzinger-Feld übergeht. Die oberirdischen Fahrradstellplätze befinden sich direkt im Anschluss an den Eingangsbereich und sind unter „Solarschirmen“ angeordnet, welche die Möglichkeit zum Laden von E-Bikes bieten. Das Thema „Solar“ findet sich auch auf den Dächern wieder, wo die Flächen durch eine Kombination mit Dachbegrünung optimal ausgenutzt werden.
Die kompakte und orthogonale Anordnung der Stellplätze wird durch die landschaftliche Wegeführung und die natürlichen Baumsetzungen aufgelockert. Der Parkplatz ist so angelegt, dass ein Anschluss in Form einer Stichstraße an die Erweiterung des Kreisverkehrs im Osten möglich ist. Der östliche Teil ist dabei als Überhangparkplatz mit Schotterrasen konzipiert, um den Anteil versiegelter Flächen möglichst gering zu halten. Die Mittagswege im Osten des Grundstücks bilden den Übergang zur freien Feldflur und gliedern sich gleichzeitig in das übergeordnete Konzept des Mittagsparks aus dem städtebaulichen Wettbewerb mit ein.

Tragwerk
Für das weitgespannte Dach über dem Sitzungssaal wird ein wirtschaftliches Rosttragwerk aus rautenförmig übereinander angeordneten BSH-Trägern vorgesehen.
Die Träger liegen auf einem metallfreiem Gitterfachwerk, bei dem als Verbindungsmittel Holznägel aus Eichen- oder Buchenholz eingesetzt werden. Der Fachwerkträger hat eine Höhe über das gesamte 3. Obergeschoss und lastet auf Stützen, die vom 2. OG bis EG vorhanden sind, ab. Somit sind die darunterliegenden Geschosse möglichst stützenfrei und flexible zu gestalten.
Die geschlossenen Dachflächen sind in Brettsperrholz als Flachdecke geplant und werden gemäß der Tragraster der unteren Geschosse gelagert.

Beim Tragsystem der Bürobereiche wurde sich für eine Holzskelettbauweise entschieden. In der Fassadenachse wurde hier das Raster der Büroräume von 3,75m aufgenommen. In der Flurachse, in der ein erhöhter Lasteinzug aus den Decken vorhanden ist, wurde das Raster auf zwei Drittel (2,5m) des Fassadenrasters reduziert. Dadurch konnten die eingerückten Eingänge zu den Büros in der Konstruktion berücksichtigt werden.
Die Decken, die hier als Holz-Beton-Verbunddecken (HBV) ausgeführt werden, liegen in der Flurachse auf Unterzügen auf und hängen in der Fassadenachse an den Brüstungen der Obergeschosse.
Obwohl die Spannweite nicht allzu groß ist, wurde sich hier für eine Holz- Beton-Verbunddecke entschieden. Das Gebäude ist in der GK 5 eingeordnet, was eine feuerbeständige Bauweise bedeutet. Um die Decke in F90-B auszuführen und den Raumabschluss einzuhalten, empfiehlt sich hier die HBV-Decke, die diese Anforderungen durch den durchgängigen Aufbeton ohne besondere Maßnahmen einhält.
Ein weiterer Vorteil ist die sehr steife Deckenscheibe, die der Beton ermöglicht. Somit kann der Skelettbau nur über die Treppenhauskerne, die in Stahlbeton geplant sind, ausgesteift werden.

Über dem Flur findet ein Wechsel der Decke zu einem reinen Stahlbeton- Fertigteil statt. Hier kann sich die geringere Deckenstärke zu Nutze gemacht werden und man schafft dadurch eine größere lichte Rohbauhöhe, um Platz für die Installationsführung zu haben.
Im öffentlichen Bereich und im Bereich der Gebäudeerschließung kommen auch HBV-Decken zum Einsatz. Diese werden über ein Trägersystem abgefangen. Somit sind diese Bereich stützenfrei und können flexibel im Grundriss gestaltet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt – und verunsichert.
Es ist schon eine außerordentlich gelassene Haltung, die sich über die Präsentation vermittelt. Ein sauberer, präzise gesetzter Kubus soll zukünftig das Amt am Stadteingang von Landsberg adressieren und auch repräsentieren. Die klaren Vorstellungen in der Außenwirkung lassen einen übersichtlichen Aufbau über die vier Geschosse erwarten – und das ist auch die Stärke des Entwurfs.

Der westliche Hauptzugang führt unmittelbar auf einen zentralen Erschließungsraum, der nur von einem Raumkontinuum gequert wird, auf dem in allen Ebenen die zentralen Räume angeordnet worden sind. Die Büros liegen in der Außenrahmung des Bauvolumens. Richtig überzeugend ist, wie sich über die vier – immer nur zwei-/dreiseitig geschlossenen - Innengärten Raumbezüge und Raumöffnungen aufspannen, die dem Gebäude richtig großen Atem geben. Das Gebäude schafft eine wirklich feine Balance von klarer Setzung über die beinahe rigide Baustruktur und einem weiten, offenen Raummilieu. Das kann gut werden, ein außergewöhnlich schönes Arbeitsumfeld.

Das Foyer vor dem Sitzungsraum, auf der Südseite im 2 Obergeschoss, ist nicht ausreichend groß, auch die Lage des Sitzungsraumes im Gebäude wird kritisch gesehen, da dieser Raum das Angebot für sehr viele verschiedene Veranstaltungen ist. Eine zentralere Lage wäre wichtig. Auch die Ausrichtung, die Lage der Fensterfront und die Organisation des Raumes ist nicht optimal. Die Baustruktur sollte für diesen wichtigen Raum eine Ausnahme zulassen.

Es liegt in der klaren Baustruktur, die dennoch beinahe alle Raumanforderungen so plausibel übersichtlich und an der richtigen Stelle verortet. Die Besprechungsräume, öffentlich, zentral – flexibel – das alles trifft den richtigen Ton für ein so wichtiges Amt.

Die Darstellungen vermitteln eine streng axial aufgebaute Außenwirkung des Hauses. Das ist städtisch gedacht und wirkt an dem konkreten Ort, einem weiten Landschaftsraum befremdlich. Es braucht eine besondere Handschrift, ein souveränes Handwerk, um diesen Ausdruck nicht zuzulassen. Hier geben Hinweise im genaueren Fassadenbild - eine Holzfassade, aufgebaut auf einer sehr einfachen und klaren Gliederung - Zuversicht, dass auch in der Außendarstellung der schmale Gart zwischen Stadtbaustein und Landmarke gelingen kann.

Das Haus steht für die Verwendung eines hochaktuellen Baustoffs, ist demonstrativ in der Umsetzung wie auch verantwortungsvoll in der Konzentration der Baumaßnahme – Anspruch und Entwurfsansatz stimmen zweifellos überein, das belegen auch die ermittelten Zahwerte.

Das Gebäude schlägt glaubhaft eine Holzskelettkonstruktion mit Holz-Verbunddecken vor, ergänzt durch eine hölzerne Fassade. Dadurch wird dem Wunsch, biogene Baustoffe zu verwenden, Rechnung getragen. Auf den Dachlandschaften sind sowohl Photovoltaikanlagen als auch Begrünung vorgesehen. Der Fensterflächenanteil wird durch Brüstungen sinnvoll reduziert, außerdem ist ein Sonnen- und Blendschutz angedacht. In Kombination mit einer Nachtlüftung kann einer möglichen Überhitzung entgegengewirkt werden. Durch den Einsatz von Prallscheiben vor den Öffnungsflügeln wird Schall-, Witterungs- und Einbruchschutz integriert und somit eine natürliche Lüftung, auch als Nachtlüftung, ermöglicht. Die Begrünung in den Lichthöfen ist positiv zu werten, jedoch müsste die Überdeckung der Tiefgarage mit ausreichend Erdreich für Großbäume kritisch überprüft werden.

Die quadratische und kompakte Gebäudetypologie an dieser Stelle, ermöglicht eine großzügige Freiraumgestaltung. Die Verfasser*innen haben diesen Ansatz auch geschickt genutzt, mit einer parkartigen Gestaltung um das Gebäude, sowie einer landschaftlichen Gestaltung nach Osten. Die Aufenthaltsqualitäten im Umfeld des neuen Landratsamts können überzeugen. Die Verbindung von Retentionsflächen, geschwungenen Wegen mit Sitzbereichen und lockerer Baumpflanzung sind schlüssig. Auch der Vorplatz mit Haupteingang ist in seiner Proportion und Gestaltung ausgewogen. Die Parkplatzgestaltung im Norden, mit unterschiedlichen Lücken für Vegetationselemente bindet die Anlage gut in das landschaftliche Gefüge ein. Das vorgesehene „Wäldchen“ als räumlicher Abschluss nach Osten verbessert das Landschaftsbild. Die Größe und Gestaltung der Innenhöfe haben für die Aufenthaltsqualität im Gebäude einen hohen Stellenwert.

Ein solider Entwurfsansatz mit räumlichem Potential und mit hohem Anspruch an eine angemessene bauliche Umsetzung.
Lageplan M500

Lageplan M500

Lageplan mit Grundrissen M200

Lageplan mit Grundrissen M200

Lageplan mit Grundrissen M200

Lageplan mit Grundrissen M200