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Einladungswettbewerb | 07/2021

Sanierung und Neukonzeption St. Markus Kirche in Ingolstadt

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Florian Nagler Architekten GmbH

Architektur

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die 1959 von Gustav Gsaenger erbaute St. Markus Kirche überzeugt durch eine klare geometrische Anordnung der verschiedenen Baukörper sowie einem sakralen Charakter der wichtigsten Räumen. Gottesdienstraum, Gemeindesaal und Empore fügen sich zu einem großen Raum. Dieses Raumkontinuum wird mit einer Vergrößerung des Gemeindesaals sowie dem Einfügen dienender Räume im Erd- und Obergeschoss fortgeführt und somit beibehalten. Kleinere Eingriffe in die bestehende Struktur sollen die Architektur Gsaengers mit neuen Akzenten stärken. Nach außen hin bleiben die Baukörper weitestgehend unberührt. Im Südosten wird mit einem Anbau die Geometrie der bestehenden Baukörper vollendet. Ferner werden dazu Fenster im Gemeindesaal vergrößert um einen zweiten Rettungsweg zu ermöglichen. Die Dachdeckung wird erneuert; dabei werden soweit möglich vorhandene Dachziegel wiederverwendet.
Eine Neuordnung vorhandener sowie neuer Räume schafft einerseits eine bessere Nutzung bei verschiedenen Aktivitäten der Kirche und reagiert andererseits auf eine notwendige Anpassung der benötigten Raumgrößen.
Der Gottesdienstraum mit Altarpodest, Inventar und Orgel bleibt unberührt. Lediglich die hintersten drei Reihen der Kirchenbänke schaffen Raum für neue notwendige Räume. Stuhllager, behindertengerechtes WC sowie ein Aufzug, welcher alle Geschosse barrierefrei erschließen lässt, werden in zwei Raumschichten so eingefügt, dass dabei die Geometrie der Empore nicht beeinflusst wird. Die Vergrößerung des Gemeindesaals ist dabei maßgebend. Hierbei wird die südöstliche Ecke aus- sowie die Apsis rückgebaut. Wie vorhandene Glastrennwand, die als funktionale Trennung zum Gottesdienstraum dient, wird ab- und wieder eingebaut und an neuer Position weiterverwendet. Sie kann bei Bedarf beidseitig geöffnet werden. Die von Gsaenger geschaffene bedeutende Sichtachse Altar – Haupteingang – Hof – Park wird dabei erhalten. Die rechte Hälfte der Empore wird
zu einer Küche mit dazugehörendem Lager umgebaut, wodurch eine spannende Blickbeziehung zwischen Altar und Kochstelle entsteht. Die Orgel wird erhalten. Die kleinere Empore kann nach wie vor für einen Chor oder Ensemble genutzt werden.
Im Untergeschoss befinden sich sanitäre Anlagen, Lagerflächen sowie die ursprünglich geplante Garderobe. Alle Räume hier sind barrierefrei zugänglich.
Der Verbindungsbau wird für alle Gruppenräume sowie dem Jugendbereich genutzt.
Dabei werden nichttragende Wände entfernt, sodass großzügige Räume erlebbar werden. Im Obergeschoss werden Verkleidungen bis unter den Dachstuhl entfernt, sodass ein gemütlicher Rückzugsort für die Jugend ermöglicht wird. Eine Teeküche ist dazu angeschlossen.
Die Materialität der Einbauten ist bewusst ruhig gewählt, sodass ein harmonisches Gefüge zwischen bestehenden und neuen Strukturen entsteht. Fenster in Lärche geölt, Böden in geschliffenen Sichtestrich, Einbaumöbel in Eiche. Die neue Trennwand zwischen Gottesdienstraum und dienenden Räumen im Erdgeschoss übernimmt die Profilierung der Fenster und Glastrennwand und führt diese in Weißtannenholz fort.
Um nicht nur den funktionalen Anforderungen sondern auch dem Wärme- und Schallschutz gerecht zu werden, ist an der südlichen und westlichen Verglasung eine zweite innenliegende 2-fach Isolierverglasung geplant, welche im obersten Drittel zum Lüften und Wärmeabfuhr im Sommer geöffnet werden kann. Die wertvollen Verbundfenster werden erhalten und gegebenenfalls neu lackiert.
Neue Trennwände sind für die bestehenden Schallschutzanforderungen ausreichend konzipiert.
Über der obersten Decke wird Dämmschüttung bzw. Dämmplatten mit begehbarer Holzschalung verlegt. Die Dachhaut der beiden Ziegeldächer wird diffusionsoffen abgedichtet.
Die neue Ordnung der Räume ist so gewählt, dass ein geringer Eingriff in die bestehenden Fassaden notwendig ist, um jeweils einen zweiten Rettungsweg zu gewährleisten. So werden im Norden des Verbindungsbaus sowie im Süden des Kirchenschiffes die Fenster vergrößert. Die maßgebende Höhe zum Anleitern von 7+1m wird bei keinem Rettungsweg überschritten.
Die Mauer vor der großen Glasfassade im Süden wird entfernt und der Blick auf die Kirche geöffnet. Der Vorplatz wird mit einem Natursteinplattenbelag vergrößert und barrierefrei neu gestaltet. Stufen aus Naturstein vermitteln zur tiefergelegenen Platzfläche und bieten Gelegenheiten für Gruppenfotos. Vor der Fassade des Gemeindesaals wird das bestehende Schmuckbeet erweitert. Eine geschützte Sitznische mit Steinbank lädt hier zum Verweilen und zur Begegnung ein. Der wertvolle Baumbestand bleibt erhalten und wird durch Neupflanzungen ergänzt.
Der großzügige Kirchplatz öffnet sich mit einer breiten Treppe zum Park hin. Die vorhandene Pflanzung wird ausgelichtet und die Böschung neu modelliert. Ein Wasserbecken und eine Steinbank unter einem Baum schaffen attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten am Übergang von Park und Kirchplatz. Der Platz mit den sieben nachzuweisenden Stellplätzen wird einheitlich und barrierefrei mit hellem wasserdurchlässigem Asphalt gestaltet, sodass eine Mehrfachnutzung z.B. für Feste gut möglich ist.
Der Kirchenbau steht an der Ost- und Nordseite freigestellt auf einer befestigten Fläche mit wassergebundener Decke. Westlich der Kirche befinden sich 20 offene Fahrradstellplätze ebenfalls in wassergebundener Decke und der mit der bestehenden Mauer eingefasste Pfarrgarten. Die Mauer wird eingekürzt und das bestehende Tor wiedereingebaut. Außenlager und Müllboxen werden durch die Mauer eingebunden. Der Garten kann für Feste und durch die Jugendgruppen genutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser konzentriert sich bei seiner Bearbeitung auf das vorhandene Bauvolumen, lediglich an der Süd-Ost-Ecke wird ein kleiner Rücksprung zu einem Rechteck ergänzt. Was im Grundriss noch vergleichsweise unauffällig ist, wird in der Veränderung der Kubatur und der subtil gestalteten Dachform deutlich.

Zusammen mit der Beseitigung der „Konche“ im bestehenden Gemeindesaal werden hier Eingriffe in das Baudenkmal vorgenommen, deren Mehrwert an dieser Stelle eher unverhältnismäßig erscheinen. Ansonsten bleibt der Kirchenraum mit nahezu allen Bänken weitgehend unverändert erhalten, sowie auch die Grundstruktur und Außengestaltung des ehemaligen Mesnerhauses als Bindeglied zum Turm. Diese Zurückhaltung hat aber zur Folge, dass für das ehemalige Mesnerhaus die Thematik der barrierefreien Erschließung für Gruppenund Jugendräume nicht gelöst wird, zudem fehlt ein notwendiger zweiter baulicher Rettungsweg. Dies gilt auch für die Empore im Kirchenraum. Schön ist die Vorstellung der dort vorgesehenen großzügigen Küche, die bewusst als Versammlungsraum konzipiert ist, die auch größere gemeinschaftliche Aktivitäten ermöglicht und von der Kirchengemeinde als wichtiges verbindendes Element der Gemeindekonzeption anerkannt wird.

Der sehr bewahrende Umgang mit dem Kirchenraum wird als respektierend gesehen. Gerade für ein vielfältiges Angebot von neuen Gottesdienstformen sowie kulturellen und sozialen Nutzungen ist mehr „Spielraum“ z. B. mit freien Flächen und mobiler Bestuhlung erforderlich. Eine Erwartung, die nachfolgende eine Klärung erfordert – die sich zweifelsohne gut in dem hier vorliegenden Konzept umsetzen lässt.

Im Außenraum wird versucht, die unmaßstäblich große und ungegliederte Fläche des Großparkplatzes zu differenzieren und zwischen zwei kleinen Stellplatzbereichen einen einladenden Aufenthaltsbereich mit neuen Elementen und Sitzstufen als Kirchenvorplatz zu gestalten und zum städtischen Park zu öffnen. Die Umfassungsmauer als prägender Gestaltungsrahmen des Ensembles der Markuskirche wird am Haupteingang zurückgenommen, so dass von der Münchener Straße eine einladende Haltung der Kirchengemeinde spürbar wird.

Mit den einfachen aber sensiblen Eingriffen in die vorhandene Bausubstanz gelingt in funktionaler und architektonischer Hinsicht ein wertvoller und überzeugender Vorschlag
Lageplan

Lageplan

Grundriss mit Außenanlagen

Grundriss mit Außenanlagen