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Einladungswettbewerb | 07/2021

Klimaquartier Schweinfurt - Entwicklung ehemaliges Kessler Field

Schwarzplan

Schwarzplan

2. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

CITYFĂ–RSTER architecture + urbanism

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Klimaquartier Schweinfurt
suffizient, divers, zirkulär, klimapositiv

Die Zeit drängt: Zur Limitierung der Erderwärmung auf maximal 1,5° muss Deutschland bis 2035 klimaneutral werden. Zur Erreichung dieses Ziels steht die Reduktion des CO2-Ausstoßes im Fokus jeglichen Handelns. Dabei geht es nicht nur um den CO2-neutralen Betrieb der Gebäude, sondern auch um die Energie, die zur Errichtung der Gebäude aufzuwenden ist bzw. um die Wiederverwertbarkeit der Materialien. Darüber hinaus ist es zentral, Fahrten der Bewohner*innen zu minimieren bzw. die Mobilität weg vom MIV und hin zum Umweltverbund umzubauen. Zur Erreichung dieser Ziele folgt der Entwurf für das Klimaquartier Schweinfurt folgenden Entwicklungsprinzipien:

● Ein kompakter Städtebau schont die wertvolle Ressource Boden und bietet viel Platz für Selbstversorgung, Regenwassermanagement und Freizeitnutzungen.
● Die großen unversiegelten Flächen ermöglichen eine üppige Vegetation, welche die Biodiversität befördert, ein ausgewogenes Mikroklima erzeugt und atmosphärisch starke Orte schafft.
● Zur Beförderung des lokalen Regenwasserhaushaltes wird das gesamte Regenwasser wird vor Ort versickert, verdunstet, oder zur Bewässerung von Pflanzen in Zisternen gespeichert.
● Ein vielfältiger Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Freizeitangeboten erzeugt ein lebendiges, „komplettes“ Quartier und reduziert den Mobilitätsbedarf.
â—Ź Der Ansatz des Suffizienz-Quartiers reduziert individuellen Besitz (Wohnraum, Fortbewegungsmittel, KonsumgĂĽter etc.) zugunsten von gemeinschaftlichem Wohlstand, und schont so die Ressourcen unseres Planeten
â—Ź Nachhaltige Baumaterialien wie Holz, Lehm, Stroh etc. kommen zur Anwendung und werden so verbaut, dass sie sortenrein dekomponierbar sind.
● Flexible Holzsystembauweise und kompakte Gebäudevolumen ermöglichen kostengünstiges Bauen.
● Neben der vorhandenen Fernwärme kommen ausschließlich regenerative Energiequellen (PV auf Dächern und teilweise Fassaden) zum Einsatz.
● Ein in der Quartiersgarage organisiertes multimodales Mobilitätsangebot aus Lastenräder, E-Bikes, E-Autos, Fahrradanhänger etc. - die man teilt und nicht besitzt - reduziert den Platzbedarf und ermöglicht eine kostengünstige Nutzung aktueller Technologien.

Städtebauliches Konzept
Das Planungsgebiet liegt am westlichen Rand des Kernstadtgebiets von Schweinfurt, an der Schnittstelle von Stadt und Land. Das Klimaquartier bildet dabei den charakterstarken südlichen Teil des Kessler Fields aus. Gemeinsam mit der Landesgartenschau 2026 entsteht ein Netzwerk aus Naherholungsflächen und vielseitig programmierten Freiräumen.

Das Klimaquartier erstreckt sich dabei zwischen dem Klimawald als Auftakt des “Grünen Bandes” im Süden und den Permakultur-Terrassen im nördlichen Planungsgebiet. Bestehende Wegeverbindungen werden aufgenommen und gestärkt. Die Baufelder bilden in ihrer Arrondierung eine gemeinsame Mitte aus, die sowohl den Bestand integriert als auch einen zentralen und urban geprägten Ort im Zentrum schaffen. Durch die kleinteilige Baustruktur und eine Öffnung der Höfe zur Mitte entsteht eine enge Verzahnung zwischen Innen und Außen.

In den Typologien spiegelt das Klimaquartier seine heterogene Gemeinschaft wider. Mit den kleinteilige Blockstrukturen, den Punktbauten sowie den Zeilen mit äußerer Erschließung werden drei unterschiedliche Gebäudetypen vorgeschlagen, die Raum für verschiedenste Nutzungen, Wohnungsgrößen und Wohnformen bieten. Innovative Holzbauten werden hier zum Standard und bereichern die Stadt Schweinfurt um experimentelle und zukunftsweisende Bauformen. Nachhaltige Baustoffe, Recyclingkonzepte und ein schonender Bauprozess stehen im Vordergrund.

Lebendige Mitte
Im Zentrum des Klimaquartiers liegt die gemeinsame Mitte. Sie ist urban, grün und bunt gemischt. Die Mitte schafft Identität und Angebote für eine diverse Bewohnerschaft. Sie beinhaltet mit dem regionalen Monatsmarkt, dem Quartiersladen, dem solidarischen Backhaus und vielfältigen Sharingangeboten Alternativen zum klassischen Versorgungsangebot im Stadtteil Bellevue und fördert das nachhaltige Konsumverhalten und eine ökologische Landwirtschaft. Die DDC-Factory und das Next.Level Therapie- und Trainingszentrums werden in die Mitte integriert und bilden für die Quartiersgemeinschaft der Kreativ- und Sportszene einen Treffpunkt.

Gemeinschaft & Nutzungen
Die einzelnen Nachbarschaften stehen in enger Beziehung zueinander. Durch kleinteilige Nachbarschaftsplätze entstehen bunte Orte des gemeinschaftlichen Lebens. Nachbarschaftscluster werden jeweils von ihren Bewohner*innen geprägt und sind somit höchst unterschiedlich in ihrer Gestaltung und Aneignung. Auf Gebäudeebene bieten Laubengänge und gemeinsam genutzte Terrassen intime Begegnungsräume für die Hausgemeinschaften. Ihnen angelagert befinden sich Gemeinschaftshöfe mit Gemüsebeeten, Gewächshäusern, Nachbarschaftstreff, Grillplatz und Kleinkindspielmöglichkeiten.

Das Zusammenleben findet auf vielfältigen Ebenen statt und folgt dem Grundgedanken „Teilen statt besitzen“. Entlang der Mitte liegen gemeinschaftliche Nutzungen im Erdgeschoss, welche die gesamte Quartiersgemeinschaft adressieren.
Nutzungen wie ein öffentlicher Tanzplatz, Spiel- und Sportflächen, Think-Tank-Räume in Kleinstarchitekturen, interaktive Kunstwerke, Quartiersläden und Sharing-stationen verzahnen dabei den Freiraum mit der Architektur. Die Punktbauten erweitern das gemeinschaftliche Nutzungsangebot um Co-working/Co-living-Räume, die Bibliothek der Dinge, Studios, eine Bauteilbörse und gemeinschaftlich genutzte Werkstatt. Die Quartiersgarage am Süd-Westlichen Ende ist nutzungsoffen gestaltet und kann auch bei zukünftig geringerem MIV-Aufkommen flexibel umgenutzt werden.

Freiräume
Gemeinsam mit der Landesgartenschau 2026 entsteht ein zirkuläres, komplexes Netzwerk aus unterschiedlichen Ökosystemen. Anbindend an das „Grüne Band“ bildet der Klimawald einen naturbelassenen, klimaproduktiven Auftakt aus einem dichtem Gehölzfilter und Retentionsflächen. Er ist verbunden mit den nord-südverlaufenden Retentionskorridoren, die das Quartier durchziehen und gemeinsam mit den Grünflächen der urbanen Meile und den Gemeinschaftsgärten das Quartiersinnere Grün bilden. Zentrales Freiraumelement des nördlichen Freiraums sind die Permakulturterrassen die durch Patchwork-artig parzellierte Pflanzenkombinationen eine dauerhafte Kultivierung von Nutzpflanzen ermöglichen.Sie befinden sich als Bindeglied zum Yorktown Village und arbeiten die Höhendifferenz von 10 Metern des Gebiets ein. Im Eigentumsverhältnis einer Allmende funktionierend, sind sie als grünes Herz des Quartiers der atmende Treffpunkt, welcher die Nachbarschaften miteinander verbindet. Sie sind grünes Reallabor für gemeinschaftliche, lokale Nahrungsmittelproduktion und nachhaltige stadtnahe Biotope. Nahrungsmittel und andere nachwachsende Rohstoffe werden in den Permakulturterrassen und den Grünen Innenhöfen angebaut.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf bietet eine klare Zonierung zwischen den großen Grünräumen und den Bauflächen in der Mitte des Quartiers. Das „gröbere“ Grün im Süden ergibt einen angemessenen Puffer zum Stadion, das „nutzbare“ Grün im Norden nimmt den Topographiesprung auf und stellt eine Verbindung zum kleinteiligeren Wohngebiet im Norden her. Die Quartiersmitte ist differenziert ausgestaltet und stellt das Bindeglied zwischen den Wohnquartieren und den grünen Rändern dar. Es entstehen mehrere fußläufige Zugänge ins Quartier sowie öffentliche Freiflächen, deren Größe teilweise überdimensioniert wirkt. Die Stellplatzflächen werden kompakt in der Quartiersgarage im Südwesten untergebracht. Der Standort schafft damit den notwendigen Freiraum für eine gelungene Anbindung des Quartiers an den Bürgerpark in Ledward und zugleich einen Puffer zu den Emissionen von Gewerbe und Schützenverein. Nachteilig wird hier der ggf. verstärkte Anliegerverkehr auf der Willi- Kaidel-Straße gesehen. Die Freiräume sind geschickt verknüpft, so dass die Anordnung der Baukörper unterschiedliche Räume bilden kann. Notwendige Retentions- und Pufferflächen werden an verschiedenen Standorten verteilt. Die städtebauliche Leitidee der Zonierung verteilt das Bauvolumen geschickt im Quartier und bietet eine klare Betonung der gemeinsamen Mitte. Zu hinterfragen sind hier die geplanten Baukörper südlich und nördlich der bestehenden Gewerbeeinheiten und die im Nordwesten nah an die Lärmquellen herangerückte Wohnbebauung. Die zentrale Mitte überzeugt mit der richtigen Größe und der Anbindung der vorhandenen Gewerbeeinheiten. Die Möglichkeiten zur Nutzungsmischung bringen die gewünschte Urbanität ins Quartier. Der Entwurf sieht den Anschluss an das Fernwärmenetz vor. Durch eine Ergänzung mit PV-Dachanlagen und zusätzlichen ökologischen Maßnahmen, wie z. B. Speicher und Lademöglichkeiten, kann die gewünschte Klimaqualität im Energiebereich erreicht werden. Insgesamt eine robuste und durchdachte städtebauliche und freiräumliche Struktur, die das Kessler Field wieder ein Teil der Stadt Schweinfurt werden lässt. Beurteilung aus Sicht der Umsetzungsmöglichkeit im Wohnungsbau (Phase2): Die locker gruppierten Gebäude schaffen atmosphärisch angenehme Wohnsituationen. Unterschiedlich große, tiefe und hohe Baukörper ergeben ein lebendiges Erscheinungsbild. Sie lassen sich zu dem sehr gut auch von unterschiedlichen Bauherren für verschiedenste Nutzergruppen umsetzen. Voraussetzungen für gute Nachbarschaft werden hier baulich auf eine sehr selbstverständliche Art und Weise erreicht.
Städtebauliche Herleitung

Städtebauliche Herleitung

Lageplan

Lageplan

Perspektive

Perspektive

Schnitt Nord

Schnitt Nord

Modellfoto

Modellfoto

Modellfoto

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