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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Neues Wohnbauprojekt und Ärztezentrum „Meierhof Eisenstadt“ (AT)

Neues Wohnbauprojekt und Ärztezentrum „Meierhof Eisenstadt

Neues Wohnbauprojekt und Ärztezentrum „Meierhof Eisenstadt

1. Preis

Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT GmbH

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

Auböck + Kárász Landscape Architecture Design

Landschaftsarchitektur

teamgmi Ingenieurbüro GmbH

TGA-Fachplanung

ghp gmeiner|haferl & partner ZT GmbH

Tragwerksplanung

Röhrer Bauphysik

Bauphysik

Flicker-Hogn ZT GmbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Die Landeshauptstadt Eisenstadt, rund 50 km südlich von Wien, ist mit rd. 15.000 Einwohnern ein wirtschaftliches und soziales Zentrum des Burgenlands. Auf dem Areal „Meierhof Eisenstadt“ zwischen dem Schlosspark Esterházy, Landesmuseum und dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder soll ein zukunftsweisendes Stadtquartier mit Wohnungen, einem Ärztezentrum sowie kleinen Gewerbebetrieben und Kulturangeboten entstehen.

Unser Entwurf baut das bestehende, kleinteilige Quartier mit mehreren denkmalgeschützten Altbauten weiter. Dabei legen wir großen Wert auf spannende Blickbeziehungen. So schaut man, von der Glorietteallee kommend, entlang des Granariums (Schüttkasten) auf die Kapelle und durch das Torhaus gehend auf das Granarium.

Urbaner Kontext
Die Neubauten fügen sich harmonisch in das historische Ensemble ein. Ein mineralischer Sockel im Erdgeschoss knüpft an den Charakter der alten Einfriedungsmauer an. Außenräume werden gerahmt, Arkaden verschränken Außen und Innen. Die Obergeschosse in Holzbauweise setzen sich bewusst vom Bestand ab und geben so dem Quartier eine eigene Identität. Mit drei dreigeschossigen Hochpunkten setzen wir punktuelle Akzente bei sonst moderaten Gebäudehöhen.
Wir haben sehr sorgfältig abgewogen, welches Maß an Verdichtung für die Umgebung verträglich ist. Auf Bauplatz 1 ergänzen zwei Hofhäuser die Bebauung Richtung Süden. Im Norden nimmt ein Langhaus die Form des Granariums auf. Die durchdachte Positionierung der Gebäude erzeugt drei ruhige Innenhöfe, die vielfältig genutzt werden können. Auf Bauplatz 2 ergänzen Neubauten das Torhaus. Dadurch entsteht einen Binnenraum, der den Charakter des Torhauses als Zugang verstärkt. Wir haben die Neubauten bewusst an die Grundstückgrenze gebaut, um den Stadtraum bestmöglich zu fassen und einen klaren baulichen Abschluss zum heterogenen Umfeld zu bilden.

Freiraum
Herzstück des Außenraums ist die zentrale Achse, die sich vom Schlosspark Esterhazy in das Areal des Meierhofes hineinzieht und die Blicke auf die historischen Bauten freigibt. Die Achse wird strukturiert und aufgebrochen durch kleine Landschaftsinseln und erhält damit eine angenehme Kleinteiligkeit. Die Gestaltung des Freiraums ermöglicht einen barrierefreien Zugang von der Glorietteallee bis zur Kapelle.

Hybrid aus Wohnen und Ärztezentrum
Unser Projekt bietet eine hohe Wohnqualität mit vielen gemeinschaftlichen Nutzungen und kurzen Wegen auf dem Areal des ehemaligen Meierhofes. Gastronomie sowie kleine Geschäfte und Gewerbebetriebe auf Bauplatz 2 ergänzen die Wohnfunktion und schaffen ein lebendiges Quartier.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag überzeugt durch ein schlüssiges städtebauliches und architektonisches Konzept, das auf wenigen, einfachen und klaren Strukturen aufbaut. Durch das Anbauen an die Meierhofgasse und die Reduktion auf wenige, kompakte Baukörper wird zum einen Raum für ein großzügiges West-Ostorientiertes Freiraumband geschaffen, zum anderen wird dadurch eine sehr zurückhaltende Höhenentwicklung möglich.

Die Verteilung der Bauvolumina über das gesamte Wettbewerbsgebiet, die differenzierte, der Topografie folgende Höhenentwicklung und die Sequenz von vier unterschiedlich bespielten Freiräumen, die an den „flottierenden Hain“ angebunden sind, ergibt ein räumliches Gesamtensemble, das durch seine räumliche Klarheit und Überschaubarkeit überzeugt.
Die Ausbildung einer Bebauungsfluchtlinie zur Meierhofgasse, die sich in die teilweise geschützten Bestandsgebäude im Osten fortsetzt, erzeugt einen räumlich gut gefassten Straßenraum, der einen klar strukturierten und übersichtlichen Anschluss an die Altstadt des jüdischen Viertels schafft. Das Zurückweichen der Bebauung auf der vis-a-vis Seite schafft Potenzial zur Ausbildung eines möglicherweise realisierbaren platzartigen Aufenthaltsraumes in diesem Bereich.

Der an der nördlichen Liegenschaftsgrenze situierte Wohngebäudekomplex bewirkt infolge seiner moderaten Trakttiefe und Volumetrie, dass die denkmalgeschützten Baustrukturen des Granariums und der Kapelle freigestellt sind und gut sichtbar bleiben. Die abgestufte Höhenentwicklung bildet ein verträgliches Gegenüber für die anschließende Einfamilienhausbebauung.

Die städtebauliche Konfiguration entlang der Parkgasse stellt sich im Zusammenwirken von Bestand (Granarium) und dem Neubau in seiner gegliederten, „leichten“ Bauweise als in Volumetrie und Höhenentwicklung vergleichsweise zurückhaltende Bebauungsstruktur dar, die sich typologisch deutlich vom städtebaulich akzentuierten Anschluss des Gebäudeensembles an die Bestandsstadt in der Meierhofgasse unterscheidet. Dadurch entsteht ein gut ablesbarer Übergang von der historischen Stadt zur in Eisenstadt noch stark vertretenen Einfamilienhausstruktur.

Das in Form eines durchgehenden Pflasterbandes mit inselförmigen Grünbereichen ausgestaltete, weitläufige, anger-artige West-Ost-Freiraumband bildet die durchgehend barrierefreie fußläufige Erschließung des gesamten Komplexes. Zugleich ist sie für die angrenzenden Gebäude und insbesondere in Wechselwirkung mit deren Erdgeschoßzonen ein vielseitig nutzbarer Freiraum und Freizeitraum für die Bewohner*innen, aber auch für Besucher*innen aus anderen Teilen der Stadt.

Das Projekt bietet auch einen überzeugenden Vorschlag für die Neuordnung des gesamten Quartiers bis zur Glorietteallee und darüber hinaus. Die Vorschläge zur baulichen Ergänzung des unteren Meierhofes und des Gärtnerhauses schaffen zusammen mit Bauplatz 1 ein städtebaulich und funktionell stimmiges Gesamtensemble von Gebäudestrukturen und differenziert nutzbaren, entlang des Freiraumbandes angeordneten Freiräumen unterschiedlichen Zuschnitts.

Im Hinblick auf die eingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit am vorliegenden, nicht dem Zentrum zuordenbaren Standort, überzeugt das Projekt auf Bauplatz 2 mit einer vorgeschlagenen Mischung aus herkömmlichem und temporärem Wohnen und einem Sockel mit gewerblichen Nutzungen, die sich um einen nach Norden geöffneten, großzügigen Hof gruppieren. Das Granarium und der Bestand an der Meierhofgasse werden in das Ensemble behutsam integriert und behalten ihre Eigenständigkeit, der Zugangsbereich ins Quartier an der Glorietteallee ist gut proportioniert.

Über die Eignung für das Projektgebiet hinaus leistet das Konzept einen wertvollen prototypischen Beitrag zum Thema Erweiterung/Ergänzung der heterogenen städtebaulichen Textur Eisenstadts.

Die konzentrierte und kompakte Bebauung lässt eine wirtschaftlich effiziente Realisierung erwarten. Die vom Auslober vorgegebenen Funktionen und Nutzungen sind klar und
hinsichtlich der Erschließung und Zugänglichkeit übersichtlich auf die drei Gebäudekomplexe verteilt.

Die Kombination unterschiedlicher Gebäudetypologien in einzelnen Gebäudekomplexen ermöglichen angepasste Reaktionen auf die jeweils angrenzenden Zonen und Bebauungen (angrenzende geschlossene Bebauung, Einfamilienhausgebiet, Straßenraum). So wird etwa auf die geschlossene Nachbarbebauung im Südwesten mit der Anordnung von Nebenräumen und Terrassen des Ärztezentrums reagiert. Das im Eigentum des Auslobers befindliche, angrenzende Bestandsgebäude in der Wertheimergasse soll durch Anbau von Therapieräumen („Orangerie“) in das Projekt einbezogen werden.

Das Projekt bietet generell einfache und gut strukturierte Wohnungs- und Gewerbegrundrisse an. In allen drei Komplexen wird großer Wert auf die Anlage großzügiger Gemeinschaftsbereiche und gemeinschaftlich nutzbarer Dachterrassen gelegt.

Die überwiegend zweiseitig orientierten Laubengangwohnungen und Wohnungen im Wohngebäudekomplex Nord haben große und gut nutzbare private Freiräume und lassen hohe Wohnqualität erwarten.
Die gewählten Hoftypologien von Ärztezentrum und Wohngebäudekomplex Süd bedingen im Zusammenspiel mit den umlaufenden Erschließungen überwiegend einseitige Orientierungen der Nutzeinheiten. Das funktioniert bei den durchschnittlich kleinen Wohnungen in den Regelgeschossen und den Behandlungsräumen im Ärztezentrum gut. Die durchgesteckten D-Wohnungen im südlichen, zentral erschlossenen Gebäudeteil des Komplexes werden als machbar, aber weniger qualitätsvoll angesehen.

Im Inneren des Quartiers wurde darauf geachtet, dass alle exponierten Flächen auf dem Niveau der Freiräume von Wohnnutzungen freigehalten werden. Wohnnutzungen auf Erdgeschoßniveau befinden sich in „Hochparterrelagen“ oder an geschützten Seiten. Zu dieser Strategie passt nicht, dass an der „Stadtseite“ der Meierhofgasse Wohnungen mit Loggien im Erdgeschoss an der Straße angeordnet werden. Dies ist zu überarbeiten, zu prüfen wäre in Abstimmung mit dem Auslober, ob etwa Teile des Ärztezentrums an diese Stelle ausgelagert werden könnten oder andere Nicht-Wohnnutzungen im Erdgeschoß angeordnet werden können.

Als Möglichkeit zur Schaffung geschützterer Erdgeschoßbereiche und Aufwertung
und Aufweitung des Straßenraums regt die Jury an, die Alternativen des Zurückrückens des ganzen Gebäudes oder des Zurückweichens des Erdgeschosses zu prüfen. Die Gestaltung der Fassade an der Meierhofgasse als „städtische“ Fassade sollte nochmals überdacht werden. Dabei sollte auch die Wirkung und Angemessenheit der Gebäudehöhe an der Meierhofgasse überprüft werden.

Der Höhensprung zwischen dem Wohngebäudekomplex Süd und dem vorgeschlagenen Gebäude auf Bauplatz 2 wird durch die Anordnung von vier kleinen Wohnungen im 1.UG gelöst. Die Wohnqualität im südlichen, „eingegrabenen“ Bereich ist zu hinterfragen, mit der Ausnutzung des 1.UG für Wohnzwecke wird auch der Zugang von der Meierhofgasse ins Innere des Areals unterbunden. Der auf einem der Übersichtspläne dargestellte Zugang ist im Detail nicht nachvollziehbar.

Der an der Meierhofgasse situierte Lieferanteneingang des Ärztezentrums konterkariert die städtebauliche Verschränkung mit der Bestandsstadt. Die Jury regt an, an dieser Stelle, die der nächstgelegene, fußläufig vom Stadtzentraum erreichbare Eingangspunkt ins Zentrum des neuen Quartiers ist, einen Hauptzugang ins Ärztezentrum und ins Quartiersinnere zu schaffen.

Die hybride Bespielung der beiden Wohngebäudekomplexe mit „Klassischem Wohnen“ und „Betreutem Wohnen“ wird im Hinblick auf Aspekte der sozialen Integration begrüßt, im Hinblick auf die Verwertung und Trägerschaft kontroversiell diskutiert. Es sollte geprüft werden, ob eine getrennte Situierung der beiden Wohnformen in jeweils einem Gebäudekomplex möglich und mit dem Raumprogramm kompatibel wäre, um eine spätere Realteilung zu erleichtern.

Die gewählte Hybrid-Bauweise (Stahlbetonsockel, darüber Holzbau mit HolzBeton Verbunddecken) wird bauökologisch als hochwertig bewertet, sie ermöglicht ein ressourcenoptimiertes, sauberes, abfallarmes und rasches Bauen mit verringerter Beeinträchtigung der Anrainer*innen. Heizung und Kühlung soll mittels Inverter-Wärmepumpen über die Fußböden erfolgen. Für das Ärztezentrum ist eine kontrollierte Lüftung vorgesehen. Strom soll auf allen Dachflächen mittels PV-Anlage erzeugt werden.

Zusammen mit den begrünten Terrassen, den großzügigen Freiräumen und den durch Arkaden und teilweise durchgehende Loggienzonen verschatteten Fassaden bietet das gewählte Konzept eine im Hinblick auf stadtökologische Aspekte und Klimaresilienz hochwertige Ausführung. Die Jury geht davon aus, dass alle nicht dargestellten Flachdächer (extensiv) begrünt werden.

Die Ausführung einer 2-geschossigen Tiefgarage wird aus Kostengesichtspunkten und im Hinblick auf den gewünschten Wandel im Mobilitätssystem kritisch beurteilt. Bei einer weiteren Projektentwicklung sollte das Mobilitätsthema gesamtheitlich betrachtet und behandelt werden.

Das Freiraumrückgrat in Form des „flottierenden Hains“ wird von der Jury in seiner Dimension und Funktion als sehr überzeugendes zentrales Freiraumelement gewürdigt. Beschrieben wird dieser Bereich als Band hainartiger Baumpflanzungen mit multifunktionalen Gartenintarsien. Durch die mäandrierende Wegeführung kann das gesamte Gelände von der Glorietteallee bis zum jüdischen Friedhof barrierefrei begangen werden.

Im Zentrum von Bauplatz 1 „bespielen“ die arkadierten oder durch eine vorgestellte Loggienzone geschützten Erdgeschoßzonen der umliegenden Gebäude, die nicht-private Nutzungen wie Gemeinschaftsräume, Warte- und Therapieräume, Spielbereich, Stützpunkt „Betreutes Wohnen“ enthalten, einen sehr gut gefassten, gut nutzbaren, möblierten Aufenthaltsbereich im Freien, der hohe Nutzungsfrequenz und Belebtheit erwarten lässt.

Die Staudenpflanzungen sollen mit ortstypischen Arten erfolgen, bei den Baumpflanzungen werden Arten mit starken Blüh- und Fruchtaspekten vorgeschlagen.

Im Hinblick auf das Ziel der klimaresilienten Stadtentwicklung ist der Versiegelungsgrad der Freiräume und insbesondere des zentralen Freiraumbandes – wie auch in den Darstellungen ersichtlich – als hoch zu bewerten und zugunsten mehr offener Bodenflächen mit Bepflanzung zu überarbeiten. Gewürdigt wird in diesem Zusammenhang, dass ein Pflasterbelag mit Rasenfugen – als in Eisenstadt gängiger Topos – eingesetzt werden soll.
Neues Wohnbauprojekt und Ärztezentrum „Meierhof Eisenstadt

Neues Wohnbauprojekt und Ärztezentrum „Meierhof Eisenstadt

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