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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2020

Ersatz der Spinnereibrücke in Gebenstorf-Windisch (CH)

2. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Emch+Berger Gruppe

Bauingenieurwesen

Liechti Graf Zumsteg Architekten

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfasser planen den Brückenschlag zwischen dem historischen Industrieareal und dem Gebenstorfer Flussufer mit einem materiell äusserst reduzierten Brückenbauwerk. Gegenüber dessen Vorgänger wird der nördliche Brückenkopf leicht nach Westen verschoben. Dies optimiert die Wegführung und schafft etwas mehr Raum zum kantonal geschützten Wächterhaus, was in Anbetracht des höheren Freibords und der damit verbundenen angehobenen Lage des Steges als notwendige Reaktion gelten kann. Beidseitig liegt die Brücke präzise auf den bestehenden Ufermauern auf, wobei diese durch die neuen geometrischen Rahmenbedingungen ebenfalls erhöht werden müssen. Der aufs Minimum beschränkte materielle Aufwand hat hinsichtlich der angestrebten Eingliederung in den industriegeschichtlichen und landschaftlichen Kontext positive Auswirkungen. Ein asymmetrisch angeordneter einziger Brückenpfeiler aus Beton trägt die sich gegen die Brückenköpfe hin verjüngende, sehr feine Kastenkonstruktion aus Metall. Auf unprätentiöse Weise entstehen somit Analogien zu den Wehrbauten des Industrieareals, gleichzeitig wird der Landschafts- bzw. Flussraum durch die zurückhaltende aber äusserst hochwertige Gestaltung nur minimal belastet. Die gestalterischen beziehungsweise typologischen Querbezüge zu den Flussverbauungen werden auch beim Brückengeländer weitergeführt, welches nur wenige optisch gliedernde Elemente aufweist, während die eigentliche Absturzsicherung mit einem aus der Distanz kaum sichtbaren Edelstahlnetz bewerkstelligt wird. Ohne klare Herleitung bleibt die gewählte Formensprache des Brückenpfeilers, welche sich vom metallenen Steg etwas unentschieden unterscheidet. Geschickt reagiert das Projekt im Bereich des nordseitigen Brückenkopfes. Auch wenn eine Platanenreihe der optimierten Wegführung geopfert werden muss, wird durch den neuen, sanft ansteigenden und mit Bäumen gesäumten Platz, der die Höhendifferenz zur Brücke mit landschaftsgestalterischen Instrumenten geschickt verbindet, eine hohe Aufenthaltsqualität geschaffen. Eine einfache Sitztreppe vermittelt zum Vorbereich des Wächterhauses, und schafft damit auf selbstverständliche Weise eine räumlich feine Zäsur zwischen dem öffentlichen Wegnetz und den privaten Bereichen. Insgesamt gelingt damit ein auf den ersten Blick bescheidener und selbstverständlich wirkender Brückenschlag. Verstärkt durch die geschickt und hochwertig gestalteten Brückenköpfe, die besonders auf Seite Windisch eine hohe Aufenthaltsqualität erwarten lassen, gelingt aus Sicht des Preisgerichts ein auf die lokalen Begebenheiten reagierendes, gestalterisch hochwertiges Brückenbauwerk. Die neue Brücke ermöglicht dem Fuss- und Veloverkehr ein konfliktfreies Queren des Flusses. Sorgfältige Überlegungen zur Aufenthaltsqualität des Fussverkehr zeigen sich speziell in der Ausarbeitung der Umgebung auf der Windischer Insel. Für den Veloverkehr stehen Fahrfluss und Dynamik im Vordergrund: Da die Brücke an beiden Uferseiten keine rechtwinkligen Auffahrten aufweist, kann der Veloverkehr von Seiten Gebenstorf flüssig auf die Brücke auffahren. Die minimale Steigung bis zum Brückenpfeiler gibt den Auftakt zur "Abfahrt" nach Windisch. Die leicht geneigte Rampe durch die Baumallee ist genussvoll und in angemessenem Tempo möglich. Die Brücke ist zweckmässig ins Velowegnetz eingebunden und weist keine unnötigen Umwege oder Steigungen auf. Sie verbindet beide Uferseiten auf komfortable Weise. Mit der grosszügig konzipierten Kanzel auf Windischem Boden ist das Begegnen zwischen Fuss- und Veloverkehr auch bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten gut möglich. Besonders gut gelöst ist die Aufenthaltsqualität auf der Kanzel beim Kunzareal. Im Schatten gelegene Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Die sorgfältigen Überlegungen zu den Bedürfnissen der Naherholungssuchenden ist speziell erwähnenswert. An diesem Ort ist Verweilen konfliktfrei mit dem Veloverkehr möglich. Die kleine Treppe weist geschickt auf die private Nutzung hin, doch ist ein Sitzen auf der Abstufung ebenfalls willkommen. Das vorgesehene Edelstahlnetz als Teil des Geländers ist zweckmässig und erlaubt allen ein ungestörtes Hinausschauen. Die Beleuchtung ist zweckmässig und bietet genügend Licht für ein sicheres Queren auch bei Nacht und ohne unnötige Belastung des Gewässerraums. Die 83 m lange Fussgängerbrücke ist als Stahlholkasten konzipiert, welcher durch einen asymmetrisch im Flussraum angeordneten Stahlbetonpfeiler getragen wird.
Das System besteht aus einem Zweifeldträger mit Spannweiten von 27.5 und 57.5 m. Das südliche Widerlager und der Pfeiler werden monolithisch mit dem Oberbau verbunden. Am nördlichen Ende wird der Oberbau längs verschieblich gelagert. Der lediglich 0.4 bis 1.1 m hohe Brückenträger trägt die 4 m breite Verkehrsfläche. Der Hohlkasten bietet im zentralen Bereich Platz für die vorgesehenen Werkleitungen. Die Längsstabilität der Brücke wird primär durch das monolithischen Widerlager Gebenstorf gegeben. Der Pfeiler wird mit einer Bohrpfahlreihe im Schotter fundiert. Der Stützenkopf ist durch die tiefe Rotationssteifigkeit des Lagers in Längsrichtung geringfügig verschieblich. Dies führt zu einer Reduktion von Zwängungen aus Temperaturänderungen. Das Widerlager Windisch kommt dank zweier wartungsarmer Widerlagerlamellen von 1200×100×35 mm ohne verschiebliche Lager aus. Die Längenänderungen werden hier durch einen Fahrbahnübergang aufgenommen. Das Tragwerkskonzept der neuen Überführung leitet sich aus den örtlichen Randbedingungen ab, welche durch die vorhandene Infrastruktur und den Denkmalschutz gegeben sind. Die Höhenlage der Tragwerksunterkante ist durch die notwendigen Hochwasserschutzkoten sowie das angrenzende Terrain massgeblich beeinflusst. Die glatten Unterseiten des Trägers in Flussmitte und bei den Widerlagern respektiert die geforderten Freiborde von 1.0 m respektive 0.5 m gegenüber der Hochwasserkote HQ 100. Dadurch ergeben sich Längsgefälle von 2.4 und 5%. Die Lage der Widerlager wurde zur optimalen Anbindung an das bestehende Verkehrsnetz, sowie mit gebührendem Abstand zum denkmalgeschützten Wächterhaus gewählt. Das Widerlager Gebenstorf wurde dabei mittig an den aufgespannten Platz des bestehenden Wegesystems angeschlossen, es kommt rund 3 m flussabwärts des gegenwärtigen Widerlagers zu liegen. Das Widerlager Windisch wird um rund 2 m flussaufwärts verschoben, um das Wächterhaus weniger durch die notwendige Erhöhung der Stützmauer zu beeinträchtigen und mehr zur Geltung kommen zu lassen. Der Drehpunkt der Lageänderung kommt so über dem gegenwärtigen nördlichen Pfeiler zu liegen, der somit als Montagepfeiler verwendet werden kann. Die Brückenplatte wird mit vollflächig verschweissten Polymerbitumendichtungsbahnen abgedichtet und durch einen zweischichtig aufgebauten Gussasphalt geschützt, dessen obere Schicht mit hellem Splitt abgestreut wird. Das Fahrbahnwasser wird über ein Dachgefälle mit kurzem Gegengefälle von den zentralen Bereichen abgeführt, so dass der Fuss- und Veloverkehr bei Niederschlag geringstmöglich beeinträchtigt wird. Die Brücke wird in Längsrichtung beidseitig über die Widerlager entwässert. Ein Edelstahlnetzgeländer dient als Absturzsicherung ohne die schlanke Silhouette zu beeinträchtigen. Der Handlauf enthält eine normkonforme Beleuchtung. Die Brücke verspricht wegen ihrer semi-integralen Bauweise (keine Lager, eine Fuge) eine dauerhafte Konstruktion. Allerdings lässt das sehr kurze Stahlschwert über dem Pfeiler nur geringe Beweglichkeit bei gleichzeitig hoher Beanspruchung zu. Die Einspannung des Brückenüberbaus in das Widerlager Gebenstorf erscheint statisch nicht notwendig und kann zu konstruktiven Schwierigkeiten führen. Bei einigen konstruktiven Details fehlt die notwendige Aufmerksamkeit. Den Deformationen wird durch eine Überhöhung des Bauwerks begegnet. Die Überhöhung berücksichtigt auch die Montagezustände und soll sicherstellen, dass das Bauwerk auch unter häufigen Lastfällen eine leichte Überhöhung aufweist. Den Schwingungen wird einerseits durch die asymmetrischen Spannfelder und dem dämpfenden Gussasphaltbelag Rechnung getragen. Anderseits ist auch die konstruktive Anordnung von Tilgerräumen (inkl. Montageschienen) vorgesehen und erlaubt jederzeit und bei (zu erwartender) Notwendigkeit eine nachträgliche Ausrüstung mit Schwingungsdämpfern. Im Flussraum ist der Pfeiler durch die Vorfabrikation und die Materialisierung aus hochfestem Beton äusserst robust. Die Bohrpfähle sind derart dimensioniert, dass die obersten 1.5 m als nicht tragend berücksichtigt sind (Auskolkung). Der tiefliegende Reussschotter bietet einen hervorragenden Baugrund. Besonders sensible Bauteile wie das Randblech zwischen Belagsfläche und Geländer ist aus Edelstahl gefertigt. Die erläuterten Stahllamellen beim Widerlager Nord und dem Flusspfeiler sind langlebig und gut einsehbar. Die Bestandsbrücke wird in Abschnitten abgebrochen und auf Pontons weggeführt. Das nördliche Fundament kann vom Fluss aus ohne schweres Gerät hergestellt werden. Die Baustelle um den Flusspfeiler wird mittels Spundwand trockengelegt. Das Fundament liegt abseits des Bestandfundaments. Der Pfeiler wird im Werk vorgefertigt und als einzelnes Fertigteil samt Einbauteilen eingehoben und mit dem Köcherfundament vergossen. Der südliche Teil des Überbaus wird von einem Mobilkran am Südufer eingeschoben. Beim nördlichen Widerlager wird oberhalb des Wasserspiegels eine temporäre Konsole errichtet, auf die das nördliche Segment platziert wird. Allenfalls wäre eine obenliegende Konstruktion vorzusehen. Der mittlere Brückenabschnitt wird vorgefertigt und vom Mobilkran am Südufer auf einen Ponton gehoben, welcher es auf die Nordseite verschiebt, um es dort mittels Litzenhebern angehoben wird. Das Segment wird anschliessend mit den bereits versetzten Überbausegmenten verschweisst. Der Montagestoss Seite Windisch wäre mit einem optimierten Bauablauf vermeidbar. Schliesslich werden Abschlussarbeiten (Belag, Leitungen, sonstige Ausrüstung) durchgeführt und die Platzgestaltung an Nord- und Südufer vorgenommen. Zugunsten einer Minimierung der Bauzeit wird das Bauwerk während der gesamten Bauphase von voraussichtlich 4.5 Monaten für den Verkehr gesperrt. Die Werkleitungen können bei Bedarf direkt nach der Montage des Stahlbaus verlegt werden, um die Unterbrechung zu verkürzen. Ein Provisorium für die Werkleitungen ist nicht vorgesehen. Die Bauzeit wird realistischerweise mit ca. 6 bis 7 Monaten angenommen. Die Gesamtinvestition wird auf ca. 3.9 Mio. CHF geschätzt. Die Unterhaltskosten werden dank des aufwändigen Korrosionsschutzes und des semi-integralen Konstruktion als gering eingeschätzt.