modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 08/2021

Büro- und Wohnbebauung am Waldwiesenkreisel in Kiel

Visualisierung - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Visualisierung - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

2. Preis

Preisgeld: 12.750 EUR

BSP Architekten BDA

Architektur

TGP Landschaftsarchitekten Trüper Gondesen und Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro für Struktur und Festigkeit

Bauphysik

Erläuterungstext

Entwurfsidee
Aus unserer Sicht verlangt der nordöstliche Rand des Waldwiesenkreisels zunächst ein städtebauliches Zeichen als Gegenpart zu den drei jeweils sehr zeittypischen, großmaßstäblichen Gebäuden auf den anderen Blockecken. Zweitens sollte das neue Bauwerk in der autodominierten, eher unwirtlichen Umgebung nach innen wie nach außen mit einem entschieden ökologischen Ansatz einen Mehrwert für die Bewohner wie die Beschäftigten im Quartier bieten. Drittens sollte das Gebäude mit einer zeitgemäßen, kreativen Ausstrahlung für sich werben.
Unsere Leitidee ist es daher, eine im wahrsten Sinne Grüne Ecke zu bauen, die sich mit einer signifikanten Auskragung frech in den verkehrsgerecht fließenden Stadtraum schiebt und selbstbewusst, aber ohne vordergründige Repräsentationsmittel zeigt, wie eine moderne Arbeitswelt heute aussehen kann.

Städtebau + Erschließung
Die Blockrandbebauung der Hamburger Chaussee wird mit einem maßstäblich angepassten Zwischengebäude mit Satteldach fortgeführt. Die Straßenfront knicken wir im Anschlusspunkt zum Bestand leicht ab, um mit dem trichterförmigen Vorplatz, der sich zwischen Bürogebäude und Blockecke bildet, eine selbstverständliche Eingangssituation für das neue Quartier zu schaffen. Wir haben uns sehr bewusst dafür
entschieden, das Bürogebäude von der restlichen Bebauung freizustellen, um eine Hinterhoflage der Wohnbebauung zu vermeiden und eine selbstverständliche Adressbildung zu gewährleisten.
Die große Baumasse des Bürogebäudes schirmt die dahinterliegenden Gebäude dennoch weitgehend vom Verkehrslärm des tiefer liegenden Theodor-Heuss-Rings ab. Zudem sorgt seine gegliederte und dicht begrünte Fassade dafür, dass der Schall sich nur schlecht über Reflexion ins Quartier fortsetzen kann.

Wohnungen
Die Blockrandbebauung bildet mit drei Baukörpern im nördlichen Grundstücksbereich einen grünen Quartiershof, von dem aus alle Gebäude erschlossen werden. Den südwestlichen Auftakt der Hofbebauung bildet ein turmartig auf acht Geschosse erhöhter Gebäudeteil, in dessen Sockel eine Gemeinschaftsfläche Platz findet. Vom Quartiershof könnte idealerweise eine Fußgängerbrücke über die Bahnlinie ins gegenüberliegende Gelände der Moorteichwiese führen. Treppenhäuser und Nebenräume sind primär im Norden und Osten angeordnet, Wohnräume nach Süden und Westen. Schützenswerte Räume zur Bahn erhalten Schallschutzfenster (Hafencity-Fenster). Die Erdgeschosswohnungen werden gegenüber dem Erschließungsniveau um 80 cm angehoben und erhalten eine 1,20 m breite angehobene Vorzone, um ihre Privatheit zu sichern. Dadurch ergeben sich großzügige, ca. 3,30 m hohe Eingangsbereiche. Die barrierefreie Erschließung wird teilweise über Durchlader-Aufzüge gesichert, bei einseitig zugänglichen Aufzügen liegen die barrierefreien Wohnungen in den Obergeschossen.

Stellplätze
Die beiden Tiefgaragenbereiche für Büro und Wohnen werden zugunsten der Freiraumqualität über eine gemeinsame Rampe erschlossen. Unmittelbar anschließend liegen die Stellplätze der Büros, die der Wohnhäuser im nördlichen Teil werden durch ein internes Tor abgeteilt. Auch die Fahrradstellplätze liegen auf dieser Ebene. Da die TG-Decke zu einem großen Teil intensiv begrünt wird, beträgt die lichte Innenhöhe der Fahrradkeller im Bereich der Gebäude 2,70 m und kann damit platzsparende Fahrrad-Doppelparksysteme aufnehmen.
Auf Straßenniveau neben dem Einfahrtbereich zur Tiefgarage werden vier Kurzzeit-Besucherparkplätze für Lieferdienste u. ä. angeordnet. Zudem werden neben der Rampe über 30 Fahrradplätze für Besucher vorgesehen.

Bürogebäude
Das Bürogebäude ist um einen Lichthof organisiert und in einen Sockel mit doppelt hohem Erdgeschoss und einer offenen Galerieebene im 1. OG und fünf strukturell gleiche Obergeschosse gegliedert. An den Empfangs- und Haupterschließungsbereich schließt sich im Nordosten ein kleines Café mit Außenterrasse an. Der Sockelbereich könnte idealerweise insgesamt als offene Raumlandschaft einem oder zwei Mietern oder als Co-Working-Fläche dienen. Die oberen fünf Ebenen bieten auf einem kompakten Grundriss eine flexible Struktur mit Möglichkeiten für Zellen-, Kombi- oder Großraumbüros. Auf jeder Gebäudeebene liegt ein Infrastrukturkern mit Nebenräumen, WCs und einer Kommunikationszone mit (Tee-)Küchenzeile.

Material + Konstruktion
Das Gebäude wird als Hybridkonstruktion ausgeführt. Das Erdgeschoss wird als eine Art Betontisch ausgebildet, um u. a. die Lasten aus den Auskragungen der Obergeschosse abzufangen. Es erhält eine Pfosten-Riegel-Glasfassade. Die Erschließungskerne werden aus Brandschutzgründen und zur Aussteifung ebenfalls in Beton ausgebildet, ebenso die Untergeschosse.
Ab dem 2. OG wird das Gebäude als Holzhybridkonstruktion mit Holzstützen und BSH-Trägern im Raster 5,4 x 5,4 m ausgeführt. Die Decken bestehen aus Beton-Fertigteilelementen, die mit der Holz-Tragkonstruktion kraftschlüssig verschraubt werden, um ein Recycling zu erleichtern. Sie dienen als Speichermasse der thermischen Stabilität des Gebäudes.
Der Skywalk zum Domcura-Gebäude wird als leichte Stahl-Glas-Konstruktion ausgeführt.
Die Fassaden zu West-, Süd- und ggf. Nordseite erhalten mechanisch bedienbare Schallschutz-Kastenfenster, die innen und außen versetzt öffnen und umlaufend in Sturz und Leibungen mit hochabsorbierenden Schallschutzflächen ausgerüstet sind. Die anderen Fassadenbereiche erhalten eine einfache Fensterschicht aus Holz-Alu-Elementen. Die geschlossenen Fassadenteile bestehen aus Holzrahmen-Fertigelementen, aus Brandschutzgründen mit einer äußeren Dämmebene aus Mineralwolle mit hinterlüfteter Faserzement-Verkleidung.
Die Konstruktion oberhalb des EG wird zugunsten hoher Qualität bei minimierter Bauzeit vollständig werksseitig vorgefertigt.

Haustechnik
Die technische Installation für Heizung, Elektro und Niederspannung verläuft, außer in der Galerie im 1. OG, die über die Decke versorgt wird, vollständig in aufgeständerten System-Doppelböden. Eine einfache Abluftanlage über die WC-Kerne sorgt für einen Grund-Frischluftumsatz, eine passive Nachtauskühlung wird über den Lichthof und Entlüftungsklappen in der Dachebene geführt. Eine Niederdruck-Sprühnebelanlage
mit 30 m³ Flachspeicherreservoir auf dem Dach sichert das Gebäude im Brandfall ab.

Grüne Fassade
Die intensiv bepflanzte Fassade des 2. bis 6. OG bildet das eigentliche Signet des Gebäudes. Im 2. OG bietet ein als Trog ausgebildetes Beton-Fertigteilelement ausreichend Grundsubstrat für eine intensive Begrünung auch der oberen Geschosse mit Kletter- und Rankpflanzen. Zusätzlich erhält jedes Geschoss eine umlaufende Reihe von großformatigen Pflanzkästen. Diese lagern auf Stahlkonsolen auf, die in den Geschossdecken verankert und außen an Edelstahlseilen vom Dachrand abgehängt werden. Die Pflege erfolgt von Wartungsstegen aus, die gleichzeitig den Beschäftigten als Pausenbalkon dienen.
Die Pflanzen werden mit einer wartungsarmen permanenten Schwerkraft-Bewässerungsanlage mit Regenwasser vom Dach gespeist, sodass nur in extremen Trockenzeiten eine zusätzliche Bewässerung nötig wird. Die Pflanzen werden je nach Himmelsrichtung so zusammengestellt, dass schon im Winter allseitig eine lichte Begrünung immer präsent ist, die im Sommer insbesondere auf den Sonnenseiten erheblich intensiviert wird.
Allerdings ist die Bepflanzung nicht in erster Linie Zeichen: So wirken Pflanzen und Pflanztröge zusätzlich schallmindernd, das Mikroklima wird verbessert, der sommerliche Wärmeschutz wird durch Verdunstung und Verschattung signifikant erhöht und nicht zuletzt begünstigen Pflanzen die positive Wahrnehmung des Arbeitsumfeldes psychologisch erheblich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt mit dem Vorschlag, zwei gestalterisch sehr unterschiedliche Identitäten für Büro und Wohnen auszubilden. Der begrünte, quadratische Atriumbau sitzt prägnant als Solitär an der heterogenen und stark befahrenen Kreuzung und schwebt über einem zurückspringenden, zweigeschossigen Sockel. Mit einem dreieckigen Vorplatz an der Hamburger Chaussee wird ein gut proportionierter, einladender Eingangsplatz geschaffen, der Blick auf die Wohnbebauung freigibt. Die Wohnbebauung schließt wie selbstverständlich und für den Ort und die Bauaufgabe angemessen an den Bestand aus der Gründerzeit an und entwickelt sich in den hinteren Grundstücksteil. Der Charakter einer Hinterhofbebauung wird dadurch vermieden. Der erhöhte Baukörper am Endpunkt des Wohnriegels setzt zudem einen wertvollen baulichen Schwerpunkt am Quartiersplatz. Die mäandrierende Riegelbebauung ist so angeordnet, dass grundsätzlich die Lärmbelastung der nördlichen Zugtrasse abgeschirmt wird und ruhige Wohn- und Erschließungshöfe entstehen. Der Durchbruch nach Norden sollte für diesen Zweck allerdings geschlossen werden, auch, weil eine Überbrückung der Bahngleise als nicht realisierbar gesehen wird. Die Grundstruktur erlaubt die Ausbildung von gut belichteten und belüfteten Wohneinheiten. Der Hofraum selbst besticht durch seine vielfältigen und kleinteiligen Angebote und allgemeine räumliche Großzügigkeit, welche durch die Unterbrechungen in den Blockrändern noch verstärkt wird. Nach Außen orientieren sich private Grünflächen und Retentionsflächen. Kritisch wird jedoch die Lage und Gestaltung der Tiefgaragenzufahrt beurteilt, die störend im Freiraum genau in einem wichtigen Zugangsbereich liegt. Insgesamt werden mit dem Entwurf die Voraussetzungen für ein qualitätsvolles Wohnquartier mit eigener Identität städtebaulich geschaffen.
Lobend erwähnt wird die Atriumstruktur des Bürogebäudes, die relativ gleichwertige Arbeitsplätze entlang der Fassaden, sowie auch Großraumbüros ermöglicht. Die Größe des Atriums allerdings erscheint im Hinblick auf hinreichende Belichtung als unterdimensioniert. Für die gewünschte Flexibilität werden zwei Treppenhäuser mit Aufzügen als erforderlich angesehen. Auch die Eignung der zweigeschossigen Erdgeschosszone mit eingestellten Galerien wird von Nutzerseite in Frage gestellt. Das Gebäude kragt auf den öffentlichen Grund aus. Diese Geste wird architektonisch verstanden, die Frage der Genehmigungsfähigkeit aber als unsicher beurteilt, insbesondere dann, wenn das Erdgeschoss bei Verzicht auf die Galerie nur geschossig ausgebildet wird, und davon die Einsichtigkeit des Straßenraumes betroffen ist.
Die ökologisch nachhaltigen konstruktiven Ansätze zu Hybridbauweise, Modularität und Recyclingfähigkeit der Materialien werden honoriert. Besonders gewürdigt wird von der Jury die vorgeschlagene Fassadenbegrünung. Das Gebäude setzt damit allein optisch einen eigenständigen zukunftsweisenden Akzent am lauten Verkehrsknoten und integriert durch die Begrünung zusätzliche lobenswerte klimatische und ökologische Aspekte in den städtischen Kontext. Kritisch angemerkt und als finanziell schwer einschätzbar wird allerdings der Aufwand für die Pflege genannt. Wohlbefinden der Mitarbeiter, mögliche Einsparungen bei der Klimatisierung und konstruktivem Aufwand für Sonnenschutz, sowie die wirtschaftlichen Vorteile eines Wartungsganges vor der Fassade hingegen sprechen wirtschaftlich für die Fassadenbegrünung.
Die Jury betont die insgesamt hohe Qualität des Beitrages.
Visualisierung mit Blichrichtung Nordosten

Visualisierung mit Blichrichtung Nordosten

Lageplan - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Lageplan - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

Piktogramm Konzept - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Piktogramm Konzept - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Grundriss Erdgeschoss Bürogebäude Maßstab M 1:200

Grundriss Erdgeschoss Bürogebäude Maßstab M 1:200

Außenanlagen - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Außenanlagen - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Übersicht Pflanzenauswahl zur Fassadenbegrünung und Fassadenkonzept

Übersicht Pflanzenauswahl zur Fassadenbegrünung und Fassadenkonzept

Grundriss EG - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Grundriss EG - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Grundrisse Galerie und Regelgeschoss - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Grundrisse Galerie und Regelgeschoss - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Ansicht - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Ansicht - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Schnitt - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Schnitt - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Fassadenkonzept - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel

Fassadenkonzept - Entwurf BSP Architekten BDA - WB Waldwiesenkreisel, Kiel