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Offener Wettbewerb | 08/2021

Freiraumgestaltung Rathaus- und Marx-Engels-Forum in Berlin Mitte

Marx-Engels-Forum

Marx-Engels-Forum

3. Preis

Preisgeld: 18.600 EUR

POLA

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Es geht um die Verbindung aller Menschen und ihrer Geschichte zum atmosphärischen Gefühl der Zusammengehörigkeit und einem harmonischen Miteinander von Vergangenheit und Zukunft, von Modernismus und Historismus, Kunst am Bau und Baudenkmal, biodiversem Park und urbanem Stadtplatz.

Rotes Rathaus, Marienkirche, Neptunbrunnen und das Denkmalensemble von Marx und Engels, wie auch das Ensemble um den Fernsehturm mit Rosenbeeten und Wasserbecken bleiben baulich völlig unverändert. Sie werden jedoch als stadtgeschichtliche und bauliche Artefakte gleich einzelner Pailletten eines Kleides in den neuen Marx-Engels-Park eingewebt und somit zueinander neu in Beziehung gesetzt.

Die zeitgeschichtlichen Artefakte werden aus ihrer Vereinzelung geholt. Sowie Geschichte immer in einem Kontext zu lesen und zu begreifen ist, so verhält es sich auch mit ihren baukünstlerischen Zeugen als Ausdruck des historischen und gesellschaftlichen Verständnisses. Alles baut aufeinander auf, ist miteinander verbunden und bezieht sich aufeinander. Es geht um die Beziehung der unterschiedlichen Stile, sozialer, religiöser und philosophischer Geisteshaltungen, als auch gesellschaftlicher Zeitepochen von modernistischen Wasserkaskaden, romanischer Kirche, über den ehemaligen Schlossbrunnen (Neptunbrunnen) bis zum Marx-Engels- Forum. Alle dürfen wertungsfrei nebeneinander bestehen und miteinander sowie mit den Besuchern kommunizieren.

Anders als die um sie gruppierten Plastiken und Objekte wird das Denkmal von Karl Marx und Friedrich Engels aus der zentralen und isolierenden Mitte des Forums herausgelöst und versetzt. Der neue Standort sind die Forumsterrassen an der Spree. Hier wird die Plastik in die Rasenstufen integriert; die beiden Philosophen und Sozialreformer vom Staub des Pathos befreit und wieder in den direkten, lebendigen Kontakt mit Verbindung zu den Menschen, vis a vis dem Humboldt Forum als neues geistig-kulturelles Zentrum, gebracht. Lediglich ein metallener Footprint des Denkmals bleibt an der “alten” Stelle als Referenz erhalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser:innen formulieren den Anspruch eines metaphorischen Ansatzes, der alles verbindet und löst diesen mit seiner Arbeit durchaus ein.
Formal geschickt wird der im Bestand vorgefundene Kreis zum Leitmotiv für den gesamten Planungsraum weiterentwickelt. Das Kreismotiv tritt dabei selbstbewusst als eigenständige und ortsbezogene Ergänzung der historischen Dreiecksgeometrie auf. Dabei gelingt es dem Entwurf, historische Wegebeziehungen als auch neue Verbindungen sinnfällig zu integrieren.
Die Multiplikation und Überlagerung von Kreisformen verbindet die Teilflächen miteinander - es entsteht ein neuer Zusammenhalt, der ganz ohne eine zusätzliche Formensprache auskommt. Im Bereich der Spandauer Straße entstehen so teils formalistische Flächenzuschnitte, andererseits wird der Sprung über die Straße sinnfällig gelöst und eine Vision der künftig möglichen Verbindung formuliert.
Der Entwurf geht respektvoll mit der achsialen Raumstruktur des Bestandes um. Die nicht veränderten Rosenbeete werden durch einen Belagsteppich mit dem Neptunbrunnen verknüpft. Jedoch ist die Grüninsel südlich des Brunnens an diesem Ort nicht angemessen und auch gänzlich unnötig.
Im Bereich des Marx-Engels-Forums entsteht eine offene Raummitte und sinnfällige, interessant zu durchschreitende Wegeverbindungen zu den umliegenden Straßenräumen. Der Baumbestand wird schlüssig in die Kreisstrukturen integriert, durch neue Vegetation ergänzt und verdichtet. Grün geprägte Aufenthaltsbereiche und ein Spielplatz direkt am Nikolaiviertel stellen willkommene Nutzungsangebote zur Verfügung, ohne dabei die Fläche zu überfrachten. Es entsteht ein gut nutzbarer, vegetationsbestimmter Stadtraum.
Großzügige Treppenanlagen verbinden die benachbarten Stadträume mit der Spree. Im Anschluss an die Brücken setzt sich der Verfasser jedoch über die örtlichen Gegebenheiten hinweg und die vorgeschlagene Neigung der Fläche in Richtung Spree hätte erhebliche Eingriffe in Bodendenkmale zur Folge. Die Höhengestaltung in diesem Bereich erfordert eine differenziertere Betrachtung und Berücksichtigung des Bestandes.
Die Gestaltung des Spreeufers lässt an Großzügigkeit und Aufenthaltsqualität zu wünschen übrig, zudem bleibt die barrierefreie Zugänglichkeit des Ufers ungeklärt.
Die Grünbereiche des Rathausforums werden durch die Kreisgeometrie elegant gefasst und durch schlüssig eingeordnete Funktionsräume für Spiel und Sport bereichert. Es verbleiben gut geschnittene Platzflächen für städtisches Leben.
Die Ausformulierung konkreter Gestaltungselemente bleibt hinter der städtebaulichen Vision deutlich zurück. Das wichtige Element der Forumspergola beispielsweise wird dem gestellten Anspruch nicht gerecht und ist nur rudimentär angedeutet.
Bei näherer Betrachtung erscheint auch das Belagskonzept nicht schlüssig: Entgegen der Plandarstellung korrespondieren die Flächen an Marienkirche und Rathaus nicht miteinander. In Plänen und textlicher Beschreibung werden widersprüchliche Angaben gemacht, so dass die Intention des Verfassers unklar bleibt.
Der Anteil versiegelter Flächen liegt etwas höher als im Bestand. Im Hinblick auf die Herausforderungen der Zukunft sollten Entsiegelung und Baumerhalt stärker berücksichtigt werden, was im Rahmen des Konzeptes gut möglich erscheint.
Teilaspekte der Aufgabenstellung bleiben ungelöst: Das Regenwassermanagement erscheint unvollständig, insbesondere im Bereich des Rathausforums fehlen tragfähige Aussagen.
Ein Konzept zur Beteiligung der Stadtgesellschaft im weiteren Planungsprozess fehlt.
Die vorgeschlagene Beleuchtung der Forumspergola ist unter ökologischen Gesichtspunkten kritisch zu sehen, zudem wird das Gesamtkonzept LichtKunstLicht nicht ausreichend berücksichtigt.
Der provokante Umgang mit Marx und Engels - das Denkmal wird in die neue Ufertreppe integriert und blickt in Richtung Humboldtforum - wird kontrovers gesehen: Einerseits formuliert der Verfasser eine inhaltlich nachvollziehbare Neuinterpretation, es fehlt aus Sicht der Denkmalpflege jedoch der angemessene Respekt vor dem Ensemble.
Insgesamt bietet die Arbeit eine schlüssige und eigenständige Grundlage für die Weiterentwicklung der Berliner Mitte und eine atmosphärisch willkommene Ergänzung zum steinernen Humboldt Forum. Eine schrittweise Realisierung und Weiterentwicklung erscheint gut umsetzbar.
Rathaus- und Marx-Engels-Forum 2030

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Idee und Konzeptvision

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Rathaus- und Marx-Engels-Forum 2030

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Marx-Engels-Denkmal

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Rathausforum

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