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Offener Wettbewerb | 08/2021

Freiraumgestaltung Rathaus- und Marx-Engels-Forum in Berlin Mitte

Rasen-Terrassen am Spreeufer

Rasen-Terrassen am Spreeufer

Anerkennung

Preisgeld: 8.200 EUR

Levin Monsigny Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Freiraum zwischen Fernsehturm und Spree ist ein einzigartiger Ort in der Mitte Berlins. Er ist geprägt von Geschichte mit gesamtstädtischer und internationaler Bedeutung. Er ist ein alltäglich intensiv genutzter Ort von Berlinern und Touristen, ein Ort für Alle. In Nachbarschaft zum Roten Rathaus ist er ein Ort der Demokratie sowie – mit seiner Lage zwischen Museumsinsel, Humboldt Forum, Berliner Dom, Nikolaiviertel und Hochschulen – ein Ort der Kultur und Kreativität. Mit seinen ausgedehnten Grünflächen und dem wertvollen Baumbestand ist er ein wichtiger Erholungsort für Mensch und Natur und stadtklimatisch bedeutsam für die Innenstadt. Die Vielschichtigkeit dieses Freiraums, die lange gewachsene Identifikation und die Ansprüche der Menschen spiegeln sich in den 10 Bürgerleitlinien eindrucksvoll wieder.

Basierend auf den Bürgerleitlinien vereint unser Entwurf die zahlreichen Identitäten des Ortes zu einem zusammenhängenden, grüngeprägt und multicodierten Freiraum. Der Entwurf qualifiziert die zentrale Raum- und Sichtachse der DDR-Moderne vom Fernsehturm bis zum Humboldtforum und stellt gleichzeitig sichtbare und verborgene Zeugnisse der Stadtgeschichte dar. Der Entwurf erhält alle Grünflächen und Bestandsbäume und erweitert sie in den vorgegebenen Zeithorizonten bis zu den Kanten des Stadtraums. Vielfältige Bürger-Gärten sind in die Lichtungen der baumbestandenen Flanken eingefügt, deren Form und Größe durch den Wurzelraum der Bestandsbäume vorgegeben wird. Sie bieten einen robusten Rahmen für unterschiedliche Nutzungen wie Spiel, Sport, Kommunikation, Natur oder Biodiversität, die prozesshaft mit allen Interessierten entwickelt und fortgeschrieben werden. Abschluss der Freiraumsequenz bildet das landschaftlich gestaltete Ufer an der Spree, wo langestreckte Sitzstufen die Rasenböschung terrassieren und auf diese Weise ein grünes Ufer ausbilden. Es entsteht eine lebendige Open-Air-Bühne vor der Kulisse von Spree und Humboldt Forum.

Die heutigen Verkehrsflächen der Karl-Liebknecht-Straße, Spandauer Straße und Rathausstraße werden in den Zeithorizonten bis 2040 schrittweise zu Grünen Boulevards umgewandelt, deren großzügigen Gehflächen von großkronigen, klimaresilienten Baumarten überstanden sind. Zukünftig ist der gesamte Stadtraum am Fernsehturm den Zufußgehenden und Radfahrenden sowie dem ÖPNV gewidmet.

Die befestigten Flächen werden aus Naturstein als nachhaltiges und robust alterndes Belagsmaterial hergestellt. Dabei werden allseits gesägte, gut begehbare und barrierefreie Pflasterplatten verwendet, deren Oberfläche die nötige Rutschhemmung gewährleistet. Bei den schmalen, geschwungenen Wegen sind kleine Steinformate vorgesehen, auf den offenen Platzflächen kommen zusätzlich größere rechteckige Formate zum Einsatz, die den notwendigen Verband für die Befahrbarkeit ausbilden.
Die Belagsflächen, die auf die Gestaltung der DDR-Moderne zurückgehen, sind aus einem hellgrauen, farblich leicht changierenden Naturstein hergestellt. Die Konturen dieser Flächen, so auch die dreieckigen Beete, werden mit breiten Plattenbändern betont. Demgegenüber sind die Wege der seitlichen Grünflächen, die flexibel zwischen den Bestandsbäumen verlaufen, mit einem dunkleren Naturstein belegt. Auf diese Weise nehmen sich die neu interpretierten Flächen gegenüber der Zeitschicht der 60er-Jahre zurück und verbinden sich atmosphärisch mit den Grüntönen dieser baumüberstandenen Bereiche. Die Belagsflächen der Bürger-Gärten sind in verschiedenen Grüntönen gehalten, aus wasserdurchlässigem Kunststoff oder gebundenem Natursteingranulat.
Die Ausstattungselemente entwickeln sich zu einer neuen Mobiliarfamilie in Anlehnung an die historischen Stühle von Achim Kühn. Neben festeingebauten Bänken mit und ohne Lehne sind mobile Stühle entlang der Wege, sowie Liegen auf den Rasenflächen vorgesehen. Die Sitzhöhe und Armlehnen bei Stühlen und Bänken sind seniorengerecht. Fahrradbügel ergänzen die Serie. Die transparente Metallstruktur dieser Mobiliarfamilie bietet – im Gegensatz zu massiveren Elementen – Schutz vor Graffiti und vermeidet Nischen und Versteckmöglichkeiten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die besondere Stärke des Entwurfes liegt im Umgang mit dem Denkmalbestand. Die ursprüngliche Henselmannsche Planung vom Fernsehturm bis zum Marx-Engels-Forum bleibt vollständig auch als große Sichtachse erhalten und wird sensibel aufgewertet. Zudem bietet der Entwurf eine Weiterentwicklung des Mobiliars von Achim Kühne.
Weitere Geschichtsbezüge werden durch mediale Führungen ermöglicht.
Eine nachvollziehbare Grundlage des Entwurfes bilden die Bürgerleitlinien von 2015/16.
In diesem Sinne entsteht eine grüne Oase auf dem gesamten, zur Verfügung stehenden Raum. Ergänzt wird der Baumbestand mit etwa 70 Neupflanzungen, die das bestehende Bild verdichten.
In diese grüne Oase werden in alle Richtungen Bürgergärten eingestreut, die thematisch belegt sind. Die Schaffung von Bürgergärten stellt ein Versprechen und ihre inselhafte Platzierung eine enorme kleinteilige Festlegung dar. Ihre soziale Intransparenz wird von der Jury problematisiert.
Die vielen kleinen Wege werden mit Kleinstein-Pflasterung belegt, was durchaus überdacht werden sollte. In der Summe entsteht ein ausgeglichener Versieglungsgrad. Das Konzept zum Regenwassermanagement erscheint plausibel.
Auch das Forum der Demokratie wird aus dem Bestand generiert und mit speakers corner belebt.
Am Spreeufer entsteht ein besonderer Ort am Wasser aus Rasenterrassen, der geschickt die Barrierefreiheit zum Gestaltungsthema macht.
Die Spandauer Straße bekommt ein breites Überquerungsfeld, für 2030 ist die Umwidmung einer Fahrspur zum Gehweg vorgesehen, inkl. der Straßenbahnführung. 2040 soll die Straße verkehrsfrei sein.
Der Entwurf schafft eine solide Grundlage für die Aneignung des bestehenden Areales, ob er dem Bild eines metropolitanen Anziehungsortes gerecht werden kann, bleibt offen.
Isometrie Vision 2040

Isometrie Vision 2040

Entwurfsebenen

Entwurfsebenen

Lageplan Vision 2030

Lageplan Vision 2030

Lageplan Vision 2024_01

Lageplan Vision 2024_01

Lageplan Vision 2024_02

Lageplan Vision 2024_02

Bürger-Gärten und zentrale Achse

Bürger-Gärten und zentrale Achse