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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2021

Fassade Vorklinikum der Stiftungsuniversität zu Lübeck

Visualisierung

Visualisierung

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

Schnittger Architekten+Partner

Architektur

Erläuterungstext

Eine wesentliche Zielsetzung des Planungsteams war es, die Gedanken des Reuse und Upcycling in realisierbaren Einklang mit eleganter, den Laborbauten des Vorklinikums angemessener, Materialästhetik zu bringen sowie zugleich positiven Einfluss auf Flora und Fauna auf dem Campus zu nehmen.
Das Entwurfsareal prägen die leichten, textilen Baukörper der Gebäude 61, 62 und 63, die jeweils auf einem verglasten, rückversetzten Erdgeschoss thronen. Im 1,20m Bestandsraster bieten verschiebbare, mit Textilien bespannte Rahmen, ein dynamisches Fassadenbild und optimalen Sonnenschutz.
Die Architektur ist passend zu den Nutzungen klar und präzise, dabei zurückhaltend und überzeugend durch reduzierte Materialästhetik. Diese weiße Eleganz wird durch die mit einer neuen Grünfassade eingekleideten, geometrisch aufgeräumten Treppentürme an den Kopfseiten der Hauptgebäude ergänzt. Neben zahlreichen Nachhaltigkeitsaspekten sorgt dies für eine klare Gliederung der Baukörper und erleichtert die Orientierung im Außenraum. Wie schon in der Bestandssituation sind die Gebäude des Vorklinikums auch in diesem Entwurf als Einheit zu verstehen, die auf einen modernen Stand mit zeitloser Eleganz gebracht wurde – auch ein Faktor langfristiger Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Die naturwissenschaftliche Funktionalität der Textilfassade beruht auf jüngsten Ergebnissen des Forschungsprojektes „green.fACade“ an der RWTH Aachen. Das Gewebe der Textilien wird mit Titandioxid beschichtet, welches als Katalysator fungiert. Schädliche Stickoxide aus der Luft oxidieren an den Textilien und werden beim nächsten Niederschlag als unbedenkliche Salze abgespült und als Nährstoff dem natürlichen Kreislauf wieder zugeführt. Die Fassade leistet folglich einen aktiven Beitrag zu Verbesserung der Luftqualität. Einen bauphysikalischem Vorteil bietet die Luftschicht zwischen thermischer Hülle und den Textilrahmen. Diese Pufferzone bringt in den Sommermonaten einen Kühleffekt mit sich und verringert so die benötigte mechanische Kühlung.
Des Weiteren arbeitet das Forscherteam an der RWTH Aachen an der Integration von Mikrosolarzellen in den Textilien, was insbesondere auf den hier langfristigen Umsetzungshorizont spannende Aussichten darstellt. Die Grünfassade an den Treppentürmen ergänzt diese positiven Faktoren für die Luft. Neben der zusätzlichen Bindung von Kohlenstoffdioxid und der damit verbundenen Freisetzung von Sauerstoff, profitiert der Campus außerdem von einer erhöhten Artenvielfalt. Außerdem sind bereits im Bestand Teilbereiche der Fassaden (ungeplant) begrünt, sodass mit diesem Entwurf ein Stück Natur zurückgewonnen werden kann. Trotz des klaren Fassadenrasters ergibt sich durch die beweglichen Textilrahmen ein dynamisches Fassadenbild, welches die Nutzenden aktiv mitgestalten können. Es entsteht so ein hoch effizienter, individuell einstellbarer Sonnenschutz, wobei die Blickdurchlässigkeit aus dem Gebäudeinneren weiterhin gewährleistet ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch ihren abstrakten eleganten Auftritt der Fassaden der Forschungsgebäude, den begrünte Treppenhaustürme als Ankerpunkte vorgelagert sind.

Erreicht wird diese Eleganz durch geschosshohe, händisch verschiebliche, textilbespannte Rahmen über einem zurückliegenden verglasten Erdgeschoss, die einerseits den notwendigen Sonnenschutz garantieren, andererseits durch ihre transluzente Ausbildung für Lichteinfall und Ausblick sorgen. Die in nur zwei Schienen geführten Rahmen-Elemente ermöglichen allerdings lediglich eine Fassadenöffnung von 50 %, was als Öffnungsfläche nicht ausreichend erscheint. Negativ beurteilt das Preisgericht den Rückbau der bestehenden Brüstung, da dies nur mit erheblichem baulichem Aufwand herzustellen ist und dessen positiven Aspekte der höheren Sichtausbeute durch das Durchstecken des Innenraumes bis zu textilen Fassade zumindest in den Laborbereichen funktional fraglich sind. Überzeugend ist die Idee, zwischen Rahmen und Bestandsgebäude eine bauphysikalisch wirksame Pufferzone
auszubilden, die in den Sommermonaten einen Kühleffekt mit sich bringen soll. Kritisch gesehen wird eine mögliche sommerliche Aufheizung dieser Pufferzone. Die Maßnahmen zur Klimaneutralität wie die Insgesamt leistet die Arbeit durch ihren architektonischen Auftritt und guten Vorschläge zur nachhaltigen Bauweise einen wertvollen Beitrag zu der hier gestellten Aufgabe, vermag aber durch Schwächen in der Funktionalität und zu hinterfragenden bauphysikalischen Annahmen und baukonstruktiven Maßnahmen nicht vollends zu überzeugen. Textilfassade, die durch eine spezielle Beschichtung Stickoxide binden soll, die Ausbildung der thermischen Pufferzone, die PV-Elemente auf dem Dach sowie die Grünfassaden zur Freisetzung von Sauerstoff zur Luftverbesserung sind insgesamt überzeugend vorgetragen, verbleiben aber teilweise zu sehr im Experimentellen. Die Fassadenmaßnahmen sind bis auf den Rückbau der Brüstung wirtschaftlich umzusetzen.

Insgesamt leistet die Arbeit durch ihren architektonischen Auftritt und guten Vorschläge zur nachhaltigen Bauweise einen wertvollen Beitrag zu der hier gestellten Aufgabe, vermag aber durch Schwächen in der Funktionalität und zu hinterfragenden bauphysikalischen Annahmen und baukonstruktiven Maßnahmen nicht vollends zu überzeugen.
Fassadenschnitt und -ansicht

Fassadenschnitt und -ansicht

Naturwissenschaftliche Vorteile der Textilfassade

Naturwissenschaftliche Vorteile der Textilfassade

Einsatzkonzept der Textilfassade

Einsatzkonzept der Textilfassade

Südansicht

Südansicht

Vorher - Nachher

Vorher - Nachher