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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Neubau Rathaus Gemeinde Altenberge

Am Rathausplatz

Am Rathausplatz

1. Rang

Preisgeld: 31.200 EUR

HENCHION REUTER ARCHITEKTEN

Architektur

EiSat GmbH, Engineered Structures

Tragwerksplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

IfBW Ingenieurbüro für Brandschutz Wuppertal GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Entwurfskonzept / Städtebauliche Einordnung
Das neue Rathaus liegt mit seiner Hauptfassade und dem Hauptzugang, sowie einer angemessenen Präsenz und Gestaltung am erweiterten Rathausplatz in Altenberge. Es wird als zusammenhängender Baukörper mit sämtlichen Funktionseinheiten unter einem Dach vorgeschlagen und fügt sich, differenziert durch seine inneren Anforderungen sowie äußeren Bezüge, harmonisch in seine Umgebung ein. Die gewünschte und nachvollziehbare Beziehung Bürgerhaus – Gartenstiege wird durch die städtebauliche Setzung unterbrochen, jedoch durch eine neue Qualität, die Beziehung des Bürgerhauses über den „Bürgergarten“ auf den Rathausplatz, sogar verbessert. Gleichzeitig liegt der westliche Ein-/Ausgang ins neue Rathaus in der Achse des Zugangs zum Bürgerhaus und der vorhandenen Baumallee und nimmt direkten Bezug. Der Neubau kann in zwei Bauabschnitten errichtet werden, sodass im ersten Bauabschnitt das Bestandsgebäude komplett erhalten werden kann. Sämtliche Stellplätze sowie die Zufahrt in die Tiefgarage liegen an der nördlichen Grundstücksgrenze und werden von der Gartenstiege aus erschlossen. Die privaten Grundstücke (Flurstücke 178-183 und 499) werden weiterhin über die Gartenstiege und den Rathausparkplatz erreicht. Sämtliche Bereiche im Haus sowie in den Freianlagen werden barrierefrei vorgesehen.

Das neue Rathaus
Man betritt das neue Rathaus von Süden über den Rathausplatz und gelangt in ein von oben großzügig belichtetes Foyer mit Haupttreppe, Info, Bürgeramt, Ordnungsamt, Polizei, Soziales und dem Jobcenter im Erdgeschoss. Die verschiedenen Büros und Funktionseinheiten können in Abstimmung mit den Nutzern, sowie den Aufgaben entsprechend, transparent und offen, als Großraumbüro, oder als Einzelbüros gestaltet werden. Im ersten Obergeschoss, welches über eine Haupttreppe, einen Aufzug und 2 Nottreppenhäuser erreicht wird, liegt der Multifunktionsbereich mit großem Ratssaal sowie weiteren Besprechungs- und Nebenräumen, die Kämmerei, das Hauptamt mit Kultur, sowie der IT-Bereich. Im zweiten Obergeschoss sind die Funktionsbereiche Bürgermeister, Bauwesen mit Umwelt und GKV untergebracht.
Der Ratssaal im 1. Obergeschoss erhält eine Raumhöhe von ca. 5,8 Meter und verfügt über zwei große Fenster. Eins ist nach Süden auf den Rathausplatz orientiert und das zweite nach Westen mit Blick auf den Kirchturm.
Im Untergeschoss sind Nebenräumen für Haustechnik, Lager und Archivräume und eine Tiefgarage für 35 Stellplätze vorgesehen.

Außenanlagen
Der neue Rathausplatz erfährt durch die Anordnung des Neubaus eine deutliche Erweiterung nach Norden und Westen und verstärkt so die Raumfolge Marktplatz – Rathausplatz – Kirchplatz als wichtiges gesellschaftlichen und kulturelles Zentrum von Altenberge. Der neu angebundene „Bürgergarten“ bringt den Grünraum bis auf den Rathausplatz und verbindet das Bürgerhaus als wichtigen Bestandteil des öffentlichen Lebens mit dem Rathausplatz.
An der nördlichen Grundstücksgrenze sowie entlang der Gartenstiege werden Pkw-Stellplätze vorgeschlagen, sodass insgesamt 68 Stellplätze (inkl. 35 Stellplätze in der TG) untergebracht werden können. Fahrradstellplätze werden an den verschiedenen Hauszugängen vorgesehen. Eine weitere Ausdifferenzierung der Freianlagen erfolgt in einem separaten Verfahren.

Konstruktion / Materialität
Tragende Fassaden aus zweischaligem Mauerwerk mit Stahlbetonstützen zum Flur, sowie Stahlbetonflachdecken aus Recycelbeton erlauben eine flexible Grundrissgestaltung sowie ausreichend Speichermasse für die nächtliche Bauteilkühlung bei einer konventionellen nachhaltigen Bauweise.
Die äußere Erscheinung des neuen Hauses wird bestimmt durch das traditionell und ortsprägende Material Backstein/Klinker, welches ergänzt durch gleichfarbige Betonfertigteile eine robuste, zeitlose und sehr nachhaltige Fassadengestaltung darstellt. Vorgeschlagen wird ein hellbeigefarbener und vollfugig vermauerter Klinker, welcher, der Sondernutzung des Rathauses entsprechend, zum einen die Farbigkeit des Kalksteins der Kirche und andererseits das Thema der traditionellen Münsterländer Klinkerbauweise aufnimmt.
Im inneren überwiegen helle Naturfarbtöne an Wänden, Böden und Decken und angenehme Holzoberflächen für mobile Trennwandsysteme, Türen und Einbauten. Die Fensterkonstruktionen werden als Holz bzw. Holz-Aluminiumkonstruktion (innen/außen) vorgeschlagen. Insgesamt eine angenehme, angemessene und nachhaltige Gestaltung.

Energiekonzept / Nachhaltigkeit
Ziel des Klima- und Energiekonzeptes ist es durch eine Kombination von passiven und aktiven Maßnahmen den Aufwand für die Errichtung und den Betrieb des Gebäudes zu minimieren und gleichzeitig den Komfort und die Nutzungsqualität zu optimieren, so dass ein hohes Maß an Energieeinsparung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit erreicht wird.
Die Gebäudehülle wird mit einer leistungsfähigen und wärmebrückenoptimierten Dämmebene ausgestattet, die mindestens dem KfW 40-Standard entspricht. Fensterbereiche erhalten hochwertige 3-fach Isoliergläser.
Beim sommerlichen Wärmeschutz stehen passive Maßnahmen im Vordergrund. Für die transparenten Fassadenbereiche sind außenliegende bewegliche Sonnenschutzsysteme vorgesehen. Massive Gebäudeteile, insbesondere die Geschossdecken, verbleiben grundsätzlich offen und stehen als thermisch nutzbare Masse zur Verfügung, die über natürliche Nachtluftspülung entwärmt wird. Dazu dient die Möglichkeit einer wirkungsvollen Querlüftung über witterungs- und einbruchgeschützte Öffnungselemente in den Büros, Überströmung in den Flurtrennwänden und Ablüftung über motorisierte Öffnungen in den Oberlichtern der Atrien. Die sommerliche Behaglichkeit wird dadurch merklich verbessert. Im Deckenbereich können bedarfsweise zusätzliche Akustikmaßnahmen integriert werden. Über die Atrien wird dabei außerdem eine hohe Tageslichtverfügbarkeit im Gebäude erreicht.
In allen Bürobereichen ist grundsätzlich eine natürliche Lüftung über offenbare Fenster möglich. Zur Optimierung der Energieeffizienz und thermischen Behaglichkeit im Winter werden zusätzlich einfache dezentrale Fassadenlüfter mit Wärmerückgewinnung vorgeschlagen, die in die Fensterlaibung integriert sind und fensterunabhängig und energiesparend den hygienisch erforderlichen Mindestluftwechsel gewährleisten. Komforteinbußen durch Zugerscheinungen bei niedrigen Außentemperaturen werden dadurch vermieden.
Der Sitzungssaal wird mit einer dezentralen Lüftungsanlage ausgestattet, die in einem Technikschacht zum angrenzenden Stuhllager untergebracht wird und über kurze Wege die nötigen Kanalwege und die Außenluftfassung erschließt. Die Anlage ist neben Wärmerückgewinnung mit einer Taupunktkühlung ausgestattet, die eine hocheffiziente natürliche Kühlung der Zuluft und damit Konditionierung des Raumes ohne den Einsatz einer mechanischen Kälteerzeugung erlaubt. Die Zuluft wird bodennah impulsarm und zugluftfrei als Quellluft eingebracht, wodurch ein hohes Maß an Behaglichkeit und Lüftungseffektivität erreicht wird.
Basierend auf der vorhandenen Wärmeversorgung mittels biogasbetriebenem Blockheizkraftwerk werden alle Räume über eine Fußbodenheizung beheizt, die eine hohe Behaglichkeit hauptsächlich durch Strahlungswärme gewährleistet.
Für die Dachgestaltung wird ein Gründach in Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage vorgeschlagen. Damit kann der Regenwasserabfluss gedämpft und gleichzeitig lokal erneuerbare Energie gewonnen werden. Ziel bei der Anlagenauslegung sollte sein, den Betrieb des Gebäudes in der Jahresbilanz vollständig aus dem selbst erzeugten Strom zu decken. Um die Eigenbedarfsdeckung mit PV-Strom zu optimieren ist die Nutzung von Batteriespeichern vorgesehen. Zusätzlich können Ladesäulen für E-Mobilität versorgt werden.
Um auch den Aufwand den Betrieb für die Tiefgarage zu minimieren, wird diese als natürlich gelüftete Tiefgarage geplant.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der entworfene Baukörper stellt sich als „eigenständiger“ Körper zwischen dem Bürgerhaus und der Gartenstiege dar und bietet umlaufend Raum zur vorhandenen Bebauung. Durch die nördliche Aufweitung zwischen dem westlichen Bestandsgebäude und dem Entwurfsgebäude schafft er neue Blickbeziehungen zum Bürgerhaus.
Die nördliche Kante des Neubaus schließt in gleicher Flucht mit dem Bürgerhaus ab, sodass auch dort das Bürgerhaus freigestellt wird und so von der Gartenstiege aus erlebbar ist. Im Innenbereich zwischen den beiden Gebäuden entsteht ein neuer Platzraum, der sowohl dem Bürgerhaus als auch dem Rathaus zu Gute kommt.
Die Erschließung der Tiefgarage aus nördlicher Richtung führt dazu, dass der Verkehr an der Giebelseite des Gebäudes auf dem geplanten Parkplatz abgewickelt werden muss. Die einspurige Einfahrt zur Tiefgarage müsste mit einer Ampel versehen werden, was die Nutzung der Tiefgarage etwas einschränkt.
Die Gebäudeerschließung im Erdgeschoss ist sowohl über den Rathausplatz als auch über den Innenhof möglich. Durch die Wegeverbindung zum Bürgerhaus ist mehr als nur eine funktionale Verbindung vom Bürgerhaus und Rathaus möglich.

Die innere Erschließung des Gebäudes ist klar geordnet und durch die Aufweitungen und Verengungen im Bereich der Flure dennoch ansprechend. Die Flure im nördlichen Gebäudeteil (BA 1) sollten verbessert werden, da hier weder Sichtbeziehungen zum Außenraum erkennbar sind, noch die Breite der Flure ausreichend erscheint. Die Erschließung der beiden Gebäudeteile ist jeweils über einzelne Treppenhäuser sichergestellt. Im 1. Bauabschnitt ist unmittelbar an der Gebäudefuge der einzige Aufzug bereits vorgesehen.
Durch die Aufweitung der Räume im Eingangsbereich, sowohl in Nord-Südrichtung, als auch in der Vertikalen - bei gleichzeitiger kompakter Anordnung der Nutzflächen - entsteht ein ansprechender Gesamteindruck.
Der Bürgersaal ist in Richtung Rathausplatz ausgerichtet und bietet durch die großen Verglasungen Sichtverbindungen, sowohl in südlicher als auch in westlicher Richtung. Dem Bürgersaal vorgeschaltet sind Aufenthaltsflächen für unterschiedliche Nutzungen.
Die Büroräume sind gut proportioniert und lassen eine ausreichende Belichtung der Arbeitsbereiche vermuten. Durch die Dachoberlichter erhalten die Flure eine zusätzliche Belichtung von oben.
Die vorgegebenen Nutzungseinheiten sind in kompakter Form, jeweils zusammenhängend, angeordnet und leicht auffindbar. Die Technikflächen wären im Rahmen einer Überarbeitung zu konkretisieren. Flächeneffizientes Verhältnis von Brutto-Grundfläche und Nutzfläche.
Das Gebäude ist in Massivbauweise, als Stahlbeton – Skelettbau, geplant. Im Innenbereich sind Abhangdecken geplant, die die thermische Aktivierung der massiven Bauteile etwas reduzieren.
Die Fassaden aus Verblendmauerwerk sind mit großen Öffnungen versehen, die nochmals durch Fensterprofile unterteilt werden, um eine kleinteiligere Gliederung zu erhalten.
Durch die bodentiefe Planung der Fenster-Öffnungen entsteht ein angemessener Übergang zwischen dem Büro-Innenraum und dem Außenraum. Angemerkt wird, dass die große geschlossene Fassadenfläche zum Rathausplatz im Preisgericht durchaus kontrovers diskutiert wird.
Das Gebäude hat eine klare Trennfuge vom TG bis zum Dach, was die Realisierung in zwei Abschnitte möglich macht.
Die Baumallee von Rathausplatz zum Bürgergarten leitet die Besucher sowohl zum Bürgerhaus und verdeckt den hinteren Bereich der Bebauung an der Kirchstraße.
Alles in allem ein selbstbewusster, gut konzipierter Entwurf, der das Bürgerhaus auch ohne direkte Sichtverbindung überraschend gut an-und einbindet.
Lageplan

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