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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Klimaanpassung im Wohnungsbau Füssen, Ortsteil Ziegelwies

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

bogevischs buero

Architektur

bauchplan ).(

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Planungsgesellschaft Dittrich mbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Mitarbeit
Magdalena Müller
Lluis-Daniel Dura
Lea Schön
Lena Spengler


Es ist schön vor Ort...

So soll es bleiben. Um die Qualität des Ortes zu erhalten und die Gemeinschaft aller Bewohner*innen zu stärken bilden wir eine Gruppe von 7 Gebäuden um eine gemeinsame Mitte. 5 der 6 Bestandsgebäude bleiben im Prinzip vollständig erhalten, werden aber in neue Gebäude integriert und zu Hybridhäusern.
Dieses Vorgehen nutzt die graue Energie optimal aus. Um diesen Planungsansatz auch wirtschaftlich umsetzen zu können, werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
1. Abrücken der neuen zentralen Tiefgarage wo irgend möglich von den Bestandskellern
2. Erhalt von so viel wie möglich an Substanz; damit Nutzung aller Innenwände und des bestehenden Dachstuhls mit geringkomplexen Modifikationen auf der Südseite.
3. Verzicht auf die barrierefreie Erschliessung durch Aufzüge in den Wohnungen, welche über die Bestandstreppenhäuser erreicht werden - ca.1/3
Zusammen mit 2 Neubauten, ergibt sich ein feines Ensemble aus Alt und Neu, welches einen zentralen Freibereich umspült.
Konsequent sitzt am Nordende des Quartiersplatzes der Gemeinschaftsraum,
das Zentrum bildet ein kleiner Baumhain über der Versickerungsmulde, die auch die TG durchstößt. Die Neubauten sind als reine Holzbauten in vorgefertigter Ständerbauweise konzipiert. Die Altbauten erhalten eine neue hochwärmegedämmte Hülle aus hinterlüfteter Holzschalung und verputzten Putzträgerplatten. Die Fassaden und Wandkonstruktionen sind zu fast 100% aus NaWaRos erstellt. Die Neubauteile sind mit einer hell lasierten/vorvergrauten hinterlüfteten Holzschalung verkleidet. ( Verringerung der Aufheizung ). Die Erkerbereiche im Bestand erhalten eine geschlossenporige Innendämmung. Alt- und Neubauteile unterscheiden sich voneinander – Sie sind jeweils ablesbar. Es entsteht ein Ensemble, das seinesgleichen sucht und verblüffender Weise und trotz des weitestgehenden Erhalts des Bestandes, eine enorm dichte Wohnbebauung ermöglicht. Die Häuser werden über ein zentrales BHKW erwärmt. Der dabei erzeugte Strom wird selbst genutzt, bzw. ins Netz rückgespeist. Die flach geneigten Dächer werden zusätzlich mit Solarzellen zur Eigenstromerzeugung bestückt ( ggfls. aus wirtschaftlichen Gründen nur vorgerüstet ) , einen Teil der Stellplätze im Keller wird mit Ladestationen versehen, die Fahrzeuge dienen als Pufferspeicher.
Insgesamt kommen auf dem Grundstück 76 Wohneinheiten unter. Die TG bietet 84 Stellplätze, auf Straßenniveau kommen weitere 10 informelle Stellplätze hinzu.

Trangwerkskonzept

Der Entwurf sieht einen einseitigen Anbau an das Bestandsgebäude vor. Dazu muss ein Teil des Bestands-Kehlbalkendaches entfernt werden. Diese Seite wird mittels einer Mittelpfette abgefangen und über die Bestandsinnenwände abgetragen. Der restliche Dachstuhl soll erhalten bleiben.
Der Anbau steht statisch entkoppelt von dem Bestand. Dazu wird vor die Bestandsaußenwand eine weitere lastabtragende dünne Holzwand gestellt, die bis zum neuen Dachstuhl führt. Auf dieser Wand liegen neben den Geschossdecken auch die Sparren vom Dach auf. Die Sparren spannen von der Außenwand über diese Mittelwand und kragen bis zum Bestandsdach aus. Durch diese Auskragung wird verhindert, dass der Bestand neue Lasten aufnehmen muss. Dadurch kann man sich eine Ertüchtigung ersparen.
Die Tiefgarage wird bewusst 2,0m von dem Bestandskeller abgerückt, um Unterfangungen der Bestandsfundamente zu vermeiden. In der Bauphase ist in diesem Zwischenraum ein besonders steifer Verbau erforderlich, so dass Setzungen des Bestandes verhindert werden. Die Tiefgarage kann dadurch tiefer als der Bestand gegründet werden.
Die neuen Treppenhäuser werden bis an den Bestand heran gebaut. Hier werden die Bestandsfundamente mittels HDI-Verfahren unterfangen. Der Aufwand ist durch die Minimierung des direkten Anbaus an den Bestand überschaubar.

Freiraumkonzept

Das Freiraumkonzept der Siedlung beinhaltet sowohl eine starke Erhöhung des Grünflächenanteils als auch die Schaffung neuer öffentlicher Begegnungszonen mit verschiedensten Nutzungen in und um das Quartier.
Das Herz der Siedlung bildet ein Gemeinschaftsplatz mit integrierten Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten rund um eine grüne Insel, die gleichzeitig als Retentionsfläche agiert. Eine vom Gemeinschaftsraum in den Freiraum führende Terrasse bietet gemütliche Verweil- und Kommunikationszonen als Treffpunkt für die BewohnerInnen. Somit entsteht eine dynamische Mischung an kleinen Plätzen und Wegen, die für alle NutzerInnen verschiedenste Angebote bieten.
Die Idee der Zonierung von privaten und öffentlichen Grünbereichen wird einerseits durch beruhigte Gartenbereiche für die Bewohner und andererseits durch für die Nachbarschaft benutzbare Gemeinschaftsgärten aufgegriffen. Die somit einhergehende Erhöhung des Grünflächenanteiles ermöglicht die Entsiegelung großer Bereiche des Wohngebietes und führt zu klimatischen Vorteilen für das Mikroklima des Quartiers. Eine reichliche Anzahl an Retentionsflächen zur Versickerung und Ableitung des temporären Niederschalgswassers trägt zur Abkühlung und klimatischen Regulierung des Wohngebiets bei.
Der um die Gebäude verlaufende Straßenraum wird durch neue Baumbepflanzungen, die von kleinen Grüninseln gesäumt werden, belebt und in bespielbare Zonen unterteilt. Dies ermöglicht einerseits eine temporär variierende Nutzung des Straßenraums als Spielzone, Aufenthaltsbereich und Treffpunkt, andererseits wird durch die Kleinteiligkeit das Parken von Nichtbewohnern erschwert.
Das Freiraumkonzept bildet eine grüne Verbindung innerhalb der neu gestalteten Siedlung und lädt die Bewohner dazu ein, ihr neues Umfeld vielfältig aktiv zu nutzen und den Freiraum mitzugestalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Bis auf ein Gebäude bleiben alle Bestandsgebäude erhalten und werden durch dreigeschossige Anbauten erweitert. Die bestehenden Häuser sind somit für den Passanten und Bewohner weiterhin ablesbar. Die vergrößerten Baukörper sind um einen Platz angeordnet, der an seiner Nordseite durch den Gemeinschaftsraum und einer zugehörigen Terrasse seinen Abschluss findet. Die Tiefgaragenzufahrt ist im südlichen Baukörper integriert. Die Hauseingänge werden über ein Wegenetz jeweils nordseitig angeordnet. Der großzügige, gemeinschaftliche Freiraum korrespondiert mit dem Gemeinschaftsraum und bildet die pulsierende Mitte des Quartierswegenetzes. Geschickt wird eine Aussparung in der Tiefgarage genutzt, um in dem Bereich für die Spielfläche auch schattenspendende Großbäume pflanzen zu können und die Versickerung des Regenwassers in der zentralen Freifläche zu ermöglichen. Die Beschränkung der privaten Freiraumnutzung auf die Balkone und Terrassen, die Nutzung der Verbindungszonen für Gemeinschaftsgärten und die kleinen platzartigen Aufweitungen an der Straße mit Fahrradstellplätzen und Sitzgelegenheiten ergeben mit dem zentralen Platz einen ausgewogenen und angemessenen Freiraum für das Quartier. Wechselnde Verengungen des Straßenraums durch Baum-, Pflanz- und gleichzeitig Sickerstreifen mit nur wenigen, dazwischen liegenden PKW-Stellplätzen wandeln den Straßenraum zu einem attraktiveren Aufenthaltsraum. Die Akzentuierungen einzelner Punkte im Straßenverlauf sind gut gesetzt, interagieren wohltuend mit den Aufweitungen vor den Gebäuden und können eine gewisse Vorbildwirkung ausstrahlen. Die Durchlässigkeit der Siedlung für Fußgänger und der zentrale Freibereich werden vom Preisgericht positiv aufgenommen. In Kombination mit Gärten entsteht eine angenehme Außenraumqualität. Der Übergang vom Straßenraum zur Gemeinschaftsfläche führt graduell in einen intimeren Außenraum. Der Erhalt des Bestands sowie die Wahl der vorgefertigten Holzrahmenbauweise sowie der hinterlüfteten Holzfassaden ist aus Sicht der Klimaanpassung positiv zu bewerten. Es gilt zu prüfen, ob das „Rucksackprinzip“, mit dem die Bestandsgebäude erweitert werden sollen, wirtschaftlich durchzuführen ist. Die Dachflächen des Neubaus sind aus Bitumenbahnen, deren Einsatz aus Sicht der Klimaanpassung zu vermeiden ist. Stattdessen ist eine Begrünung der flach geneigten Dächer anzustreben, um Retentionsraum zu schaffen und den Albedowert zu verringern. Die Nutzung von PV-Modulen sollte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit für das oft verschattete Gebiet geprüft werden. Der Entwurf macht keine Aussagen darüber, wohin das von den Dächern abfließende Wasser geleitet werden soll. Im Zentrum des Gemeinschaftsplatzes befindet sich eine Versickerungsmulde, durch die Wasser in den Boden versickern kann. Dieser Bereich ist multifunktional zum Aufenthalt gestaltet. Regengärten auf dem Grundstück verteilt schaffen zusätzlich Retention. Der Entwurf umfasst einen großen Anteil an Erschließungsflächen. Über die Materialität wird keine Angabe gemacht. Um möglichst viel Niederschlagswasser vor Ort versickern zu können, wird die Wahl von durchlässigen Belägen empfohlen. Die Ziegelwiesstraße wird mit Grünstreifen mit Regengärten versehen, die auch zur Entwässerung dienen sollen. Die Baumpflanzungen und die damit einhergehende Verschattung der Straße sind aus Sicht der Klimaanpassung positiv zu bewerten. Die Art der Sanierung durch Zubauten führt zur gewünschten Klimaanpassung und wirkt sich durch funktionelle Verbesserungen auch positiv auf die bestehenden Wohnungen aus. Alle Wohnungen orientieren sich nach Süden, manche sind zusätzlich an der Gebäudeecke angeordnet. Auch die bestehenden Grundrisse wurden in diesem Sinne grundlegend verbessert. Die Zubauten beinhalten neue Lifte, die zur barrierefreien Erschließung der Häuser dienen und teilweise auch den Bestand verbessern. Durch die Positionierung der Anbauten an einer Längsseite und an der Firstmauer bleiben die Bestandshäuser teilweise erkennbar und der Charakter der Siedlung wird gewahrt. Die Ergänzungen bleiben trotz der deutlichen Vergrößerung der Baukörper formal zurückhaltend. Zwischen den Häusern wird ein Kommunikationsraum geschaffen, aus dem die zeitgemäßen und aufgewerteten Gebäude ablesbar sind. Kritisch wird die Umsetzung der Arbeiten am Bestand eingestuft.
Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Grundriss EG 1:200

Grundriss EG 1:200

Ansicht 1:200

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