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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Klimaanpassung im Wohnungsbau FĂĽssen, Ortsteil Ziegelwies

Anerkennung

Preisgeld: 8.200 EUR

Studio Urbane Strategien

Architektur

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

UA URBAN ARCHITECTURE

Architektur

Erläuterungstext

Konzeptionelle Entwurfsidee
Das Vorhandene als Wert zu begreifen und weiter zu denken wie zu bauen eröffnet das Potenzial, den drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen der Klimaresilienz, der Schaffung bezahlbaren Wohnraums und sozialer, ökologischer wie ökonomischer Nachhaltigkeit aktiv und räumlich attraktiv zu begegnen. Die Entwicklung der Flächen in öffentlicher Hand kann hier ein wichtiger Impulsgeber für den gesamten Ortsteil Ziegelwies sein.
Dies als Ausgangslage begreifend verfolgt unser Entwurf folgende Ziele:
• Entwicklung eines räumlichen robusten Gerüsts für vielfältige Lebensräume für Menschen, Fauna und Flora
• Weiterentwicklung der Identität des Ortesund Qualifizierung des Vorhandenen
• Entwicklung unterschiedlicher Bezugsräume für die Menschen: Ortsteil – Nachbarschaft – Haus
• minimale Versiegelung bei zugleich kompakter Bebauung und ganzjährig nutzbaren Freiräumen
• Angebot für verschiedenste Wohnbedürfnisse durch Modernisierung des Bestands und ergänzende Neubauten
• nachhaltige, kosten- und energieeffiziente Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad
• Angebot an differenzierten Freiräumen mit hoher Aufenthaltsqualität und vielfältiger Nutzbarkeit für den Ortsteil Ziegelwies

Städtebauliches Konzept
Die sechs Bestandsgebäude werden selbstverständlich erhalten und durch Neubauten ergänzt. Durch die räumliche Anordnung der neuen Bausteine entstehen drei Hausgruppen als ablesbare Nachbarschaften, welche sich um den zentralen Freiraum der Ziegelwiese gruppieren. Zwischen den Hausgruppen wird das Areal durchlässig und die Ziegelwiese zum gemeinschaftlichen Zentrum der Entwicklung. Nicht nur für die Menschen des Ortsteils Ziegelwies sondern auch für Fauna und Flora entsteht so ein wichtiger sozialer und ökologischer Trittstein zwischen Bergwald und Lechaue. Das kleine Gemein-schaftshaus bietet hier Raum für Feste und eine Werkstatt als Treffpunkt im Ortsteil.
Durch die kompakte Bebauung am Rand entsteht eine große zusammenhängende Freifläche, welche dadurch nicht nur soziale sondern auch ökologische und stadtklimatologische Mehrwerte entfalten kann. Das Areal wird nur zu Hälfte versiegelt, die unversiegelten Bereiche werden entsprechend eines aktiv betriebenen Wassermanagements gestaltet.

Typologien & Architektur
Der Bestandserhalt ist nicht nur aus Nachhaltigkeitsaspekten, sondern auch aufgrund seiner baukulturellen Identität heraus eine Selbstverständlichkeit. Die städtebauliche Struktur der Hausgruppen wird auch architekturtypologisch entworfen, um einen sozialen und produktiven Querschnitt nicht nur zu ermöglichen, sondern Raum zu geben, Mischung und Austausch im Alltag zu leben. Die Gebäude erlauben ein Sich-Einrichten auf unterschiedlichen Ebenen und schaffen ein Raumangebot, determinieren aber nicht die Nutzung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser erhalten alle sechs Bestandsgebäude und ergänzen diese im östlichen Bereich mit drei viergeschossigen Baukörpern und im westlichen Bereich mit zwei dreigeschossigen Gebäuden. Durch die kompakte Gruppierung von alten und neuen Baukörpern entsteht in der Mitte ein großzügiger Freibereich, die öffentlich zugängliche und so genannte „Ziegelwiese“ mit einem Gemeinschaftsraum an dessen nördlicher Kante. Neben der zentralen Fläche mit Obstbäumen in der Mitte ergibt sich im Quartier vor allem entlang der Straße Ziegelwies eine Reihe von Freiräumen, die immer wieder durch unversiegelte Stellplätze unterbrochen werden. Dadurch reduziert sich die Anzahl der vorgeschlagenen Tiefgaragenstellplätze auf circa die Hälfte. Inmitten der „Ziegelwiese“ befindet sich eine größere Retentionsfläche für die anfallenden Niederschlagswässer. Hier ergibt sich auch ein ausgedehnter Bereich mit hoher Biodiversität. Durch die Nähe der neuen Gebäude zu den Bestandsgebäuden entstehen problematische Belichtungsund Besonnungssituationen, vor allem im östlichen Grundstücksbereich. Zwar schlagen die Verfasser ein differenziertes Stegsystem zwischen den jeweiligen Gebäuden vor, allerdings erscheinen diese relativ kompliziert und verstärken die ohnehin schon vorhandene Nähe der Häuser zueinander. Das Stegsystem an sich erachtet das Preisgericht aber als durchaus innovativen Ansatz im Rahmen des Modellvorhabens, da es lebendige Begegnungsräume auf allen Ebenen schafft. Die vorgeschlagenen Außentreppen addieren sich zu den Bestandstreppenhäusern und sorgen damit für eine gewisse Übererschließung. Während die Grundrisse der neuen Gebäude funktionieren leiden die Bestandsgebäude durch die knapp vorgestellten neuen Kubaturen in empfindlicher Weise. Die Barrierefreiheit ist über Aufzüge und das vorgenannte Stegsystem für nahezu alle Wohnungen gegeben. Die neuen Wohnungen sind im Inneren in ihrer Barrierefreiheit jedoch nicht durchgängig geplant. Die alten Gebäude werden durch eine vorgesetzte Schale aus Dämmziegeln ertüchtigt, dies führt jedoch zu einer kompletten Veränderung der historischen Erscheinung. Die neuen Gebäude sind als Massivholzkonstruktion ausgebildet und damit ökologisch nachhaltig. Die Verfasser schlagen ein Blockheizkraftwerk mit Pellets an der Tiefgaragenrampe vor. Einfache Baukörper mit Satteldächern und Lochfassaden, bzw. eingezogenen Loggien lassen eine hohe Wirtschaftlichkeit in Herstellung und Unterhalt erwarten. Der Bestand wird in seiner jetzigen Form erhalten. Eingesparte Emissionen, sowie Kosten sind hierbei positiv zu bewerten. Die Tiefgarage kann in diesem Entwurf klein gehalten werden. Entsprechend kann eine gesteigerte Versickerungsfläche geschaffen werden. Innovativ ist der Ansatz der vertikalen Freiräume. Diese entstehen durch eine geschossweise Überlagerung und gewährleisten gleichzeitig eine barrierefreie Erschließung der Altbauten. Durch eine Begrünung könnte eine zusätzliche Kühlung geschaffen werden. Aus Nutzerperspektive wird hier im geförderten Wohnungsbau dennoch eine Enge geschaffen, die so vermutlich zu Problemen führen kann. Die Satteldächer bieten keinen Rückhalt von Niederschlagswasser, können sich aber im Falle einer hohen Schneelast positiv auswirken. Mit der Ziegelwiese entsteht in der Mitte ein Bereich, der durch Bepflanzung zu einer Kühlung des Quartiers beitragen kann. Im nördlichen Teil des Grundstücks befindet sich eine Retentionsfläche, die gut eingebettet im Freiraum liegt und damit auch multifunktional genutzt werden kann. Die unversiegelten oberirdischen Stellplätze sind ebenfalls positiv zu bewerten. Insgesamt verdient der Vorschlag aufgrund seines kommunikativen Ansatzes Anerkennung.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschossplan

Erdgeschossplan

Perspektive zentraler Freiraum Ziegelwiese

Perspektive zentraler Freiraum Ziegelwiese