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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 02/2021

Neues Areal Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen (CH)

Unter dem Gebäude öffnet sich der Bahnhof zum Bushof und zum See

Unter dem Gebäude öffnet sich der Bahnhof zum Bushof und zum See

Teilnahme

Ernst Niklaus Fausch Partner AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Raymond Vogel Landschaften AG

Landschaftsarchitektur

Kontextplan

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfasser zeigen eine sehr sorgfältige Analyse des Siedlungsraumes am Zürichsee, der historischen Entwicklung und der zugrunde liegenden landschaftlichen, topografischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Das Prinzip von Stützmauern, die den Ort strukturieren und terrassieren, wird mit einer raumhaltigen Stützmauer fortgeschrieben, die unterschiedliche Erdgeschossnutzungen aufnimmt und den Sockel für drei Wohngebäude, den bestehenden Güterschuppen und das Bahntechnikgebäude bildet. Das Bahnhofsgebäude wird hoch über dem Strassenniveau auf einer massiven Tischkonstruktion aufgeständert und bildet das Dach für den darunterliegenden Bushof und den Zugang zum Bahnhof. Damit entsteht ein sehr zeichenhafter, prägnanter und weit sichtbarer Ankunftsort. Vier massive Stützen weichen den Schleppkurven der Busse aus und tragen das dreigeschossige Wohngebäude darüber. Fünf Höfe belichten die durchgesteckten, gut organisierten Wohnungen und sorgen für ausreichend Privatheit und Abstand zu den Laubengängen. Die Projektverfasser schaffen mit dem hoch aufgestellten Gebäude eine markante stadträumliche Geste, die urban anmutet, sich allerdings nur schwer in den Massstab des Ortes einzufügen vermag. Die Aufständerung erlaubt direkte Durchblicke von der Perronebene auf den See, die jedoch auch neben dem Bahnhofsgebäude möglich sind. Unter dem grossen Dach entsteht ein gedeckter, hoch funktionaler Verkehrsraum, dessen Belichtung und Aufenthaltsqualität nicht abschliessend überzeugen. Der Massstabssprung zwischen Bahnhofsgebäude und Güterschuppen wird als nicht sehr sensibel empfunden. Vor dem Bushof wird der Strassenraum zu einer geschwungenen baumbestandenen Kanzel ausgeweitet und erlaubt einen freien Blick auf den See. Über die gesamte Länge des Grundstücks wird eine Stützmauer in zwei unterschiedlichen Ausprägungen ausgebildet. Hangsichernd, perforiert und aus Beton verbindet sie im Westen das eigenständige Bahntechnikgebäude mit dem hoch aufgeständerten Bahnhofsgebäude. Daran anschliessend schafft ein massiver Stampflehmsockel ein grosses Plateau für den Güterschuppen und drei angrenzende Wohnbauten. Breite Treppen und Liftanlagen verbinden das Strassenniveau mit zwei grosszügigen Aussenräumen, die an den Stirnseiten des Güterschuppens angeordnet sind. Ob damit eine ausreichende Aktivierung und Belebung der öffentlichen Quartiersplätze auf diesem oberen Niveau gelingt, wird bezweifelt. Die General-Wille-Strasse wird mit einem leichten Längsgefälle auf dem Niveau der drei bestehenden Personenunterführungen angeordnet. Überhohe flexibel nutzbare Gewerbenutzungen, zwei Einstellhallen und Veloräume werden direkt aus dem Strassenraum erschlossen. Die Gebäudezugänge der drei Wohnhäuser befinden sich auf Strassenniveau wie auch auf dem oberen Perronniveau. Die Körnigkeit der in Holzbauweise angedachten Wohngebäude entspricht der bestehenden Siedlungsstruktur und fügt sich gut in diese ein, ihre Gestalt ist jedoch leider evasiv. Die Wohnungen sind als Zweibünder organisiert und dreiseitig orientiert. Im Erdgeschoss die Wohnungen über attraktive Aussenräume, die an halbprivat genutzte Terrassen für alle Bewohner grenzen. Die verschiedenen städtebaulichen Projektteile sind als Idee plausibel hergeleitet und zeugen von einer präzisen Analyse und klugen Interpretation der Aufgabenstellung. Ihre jeweilige Gestaltung, und im Besonderen die (gestalterischen) Beziehungen der Teile zueinander, überzeugen demgegenüber nicht vollumfänglich. Der Gesamtanlage fehlt die gegenseitige Potenzierung der einzelnen stadträumlichen Elemente. Auf der Basis der sorgfältigen freiräumlichen Analyse des Umfelds wird der Perimeter über Blickbeziehungen und Grünverbindungen in den Kontext gesetzt. Insbesondere werden gute Wegverbindungen, eine ökologische Vernetzung, stadtklimatische Durchlüftung und Erhöhung der Biodiversität angestrebt. Der vorgeschlagene Rhythmus der Bauten erscheint schlüssig. Aus dem Bahnhofsgebäude tretend öffnet sich der Blick auf die Seepromenade, eine Terrasse mit Sitzmöglichkeiten und schönem Ausblick über den See. Die anschliessende Strauchlandschaft bietet zwar eine hohe Biodiversität, wirkt aber an dieser Stelle eher fremd und wirft Fragen bezüglich öffentlicher Sicherheit auf. Der Bahnhofplatz ist mehrheitlich Verkehrsfläche und scheint flächenmässig recht gross. Die General-Wille-Strasse wird durch die genutzten Erdgeschosse belebt. Mit den hohen, geschnittenen Heckenkörpern wird eine kräftige Begrünung angestrebt. Die Heckenkörper bilden klimaausgleichende Biomasse und Nischen für Vögel und Kleintiere. Als nicht alltägliche Geste sorgen sie für Identität und unterstreichen mit ihrer formalen Ausprägung das Thema der Stützmauern und Terrassierung. Sie sind aber sehr raumgreifend und muten etwas sehr streng an. Freistehende Bäume könnten zudem den Fussgängern Schatten bieten. Die an sich attraktiven, halbprivat genutzten Terrassen zwischen den Wohnbauten sind für die Wohnungen aus den oberen Stockwerken etwas schwierig zugänglich. Zudem überschreitet ein Teil des Weges die Interessenslinie der SBB. Mauern, aus der Stützmauerthematik abgeleitet, gliedern den Raum in öffentliche und halbprivate Bereiche. Die Bushaltekanten sind auf zwei Standorte aufgeteilt. Die Buslinien Richtung Herrliberg sind unter dem neuen Bahnhofsgebäude zwischen der mittleren und nördlichen Unterführung angeordnet, die Buslinien Richtung Meilen vor dem Güterschuppen. Dadurch entsteht ein neuer gedeckter Bahnhofsplatz, der eine gute Orientierung ermöglicht. Die gewählte Lösung hat jedoch verschiedene Nachteile. Zum einen sind Wendemöglichkeiten im Gegenverkehr erforderlich, die aus betrieblicher Sicht kritisch sind und die Gebäudeabstützungen schränken die flexible Nutzung des Bushofs stark ein. Zudem ist der Vorbereich der mittleren Personenunterführung sehr knapp dimensioniert und die Verbindung zum neuen Brühlplatz erfolgt über die Manövrierfläche des Bushofs oder ist mit Umwegen verbunden. Durch die Gebäudestellung, die Abfolge von Heckenkörper und Bäumen sowie die Erdgeschossnutzungen und Adressierung der Gebäude entsteht eine massstäbliche Gliederung des Strassenraums. Diese wird jedoch durch die zusammenhängende Gestaltung des Gebäudesockels geschmälert. Die öffentlichen Parkierungsanlagen für den Auto- und Veloverkehr sind zweckmässig gelöst. Die senkrecht angeordneten Parkfelder im Bereich der Forchstrasse sind jedoch im Konflikt mit dem Fussverkehr. Die privaten Autoparkplätze sind direkt den Baufeldern in Einstellhallen angeordnet. Das vorgeschlagene dreigeschossige Parksystem ist sehr kompakt, führt aber zu Einschränkungen bei der Nutzung. Die Akzeptanz im vorliegenden Kontext müsste nochmals überprüft werden. Die Anordnung der privaten Veloabstellplätze im Eingangsbereich ist sehr velofreundlich, erfordert aber eine sorgfältige Ausgestaltung des Raumes und eine konsequente Regelung im Unterhalt. Die Etappierung des Projektes in drei Phasen ist plausibel nachgewiesen. Nach der Zusammenlegung der Strassen werden die Wohnhäuser im Osten und ein Provisorium des Bushofs erstellt. Nach dem Neubau der Bahntechnik und des definitiven Bushofs in einer zweiten Phase wird zuletzt das neue Aufnahmegebäude erstellt. Die Auslagerung der Bahntechnik in ein eigenständiges Gebäude an der Ecke Forchstrasse -Gleisanlagen ermöglicht die etappenweise Umsetzung. Gesamthaft betrachtet bewegen sich die Abweichungen bei den Erstellungskosten aller Projekte in einem, dem Bearbeitungsstand entsprechenden, vernachlässigbaren Bereich. Die Kennwerte des vorliegenden Projektes weisen im Quervergleich relativ tiefe Geschossflächen, eine hohe Nutzflächeneffizienz und ein Bahnhofsgebäude mit verhältnismässig aufwändiger Statik auf. Gesamthaft liegt ein sehr sorgfältig ausgearbeitetes Projekt vor, das auf zahlreiche Fragestellungen durchdachte Antworten liefert. Die gestalterische Qualität derselben jedoch, wie auch die Beziehungsqualität zwischen den einzelnen Projektteilen, überzeugt nicht vollumfänglich. Die langfristige Stabilität und Nachhaltigkeit des Projektes wird in Frage gestellt, weil Bushof, Wohngebäude und Bahnzugang untrennbar miteinander verwoben worden sind und nicht – oder nur bedingt – unabhängig voneinander auf neue Anforderungen reagieren und baulich angepasst werden können.
Der Zwischenraum wird aktiviert und als hochwertiger Aussenraum genutzt

Der Zwischenraum wird aktiviert und als hochwertiger Aussenraum genutzt