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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Universitätsklinikum Würzburg - Neubau Kopfkliniken (KKL) und Zentrum Frauen-Mutter-Kind (ZFMK)

2. Preis

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur

WES LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

KEMPEN KRAUSE INGENIEURE GmbH

Tragwerksplanung

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

FREIRAUMKONZEPT

Die Außenanlagen des Neubaus Kopfkliniken und Zentrum Frauen-Mutter-Kind integrieren die Baumasse der Kliniken in den topographisch reizvollen Landschaftsraum. Hierbei werden die erheblichen Parkplatzflächen konsequent, die Hanglage ausnutzend, mit begrünten Dächern in die Topographie des Landschaftsraumes eingebettet. Die Frischluftschneisen werden bei der Verortung der Baumassen inklusive der Erweiterungsbauten freigehalten. Locker parkartig angeordnete Baumpflanzungen aus einheimischen Klimabäumen vernetzen die einzelnen angrenzenden Grünräume mit dem neuen Klinikpark. Die verkehrliche Anbindung der Kliniken als deutliche Verbindungsfunktion auch zum ZOM und ZIM erfolgt durch eine ost-westlich verlaufende neue alleenartige Erschließungsstraße mit beidseitig angeordneten Parkplätzen.
Südlich der neuen Allee gegenüber dem Haupteingang des ZFMK ist der
Patientenpark angeordnet mit einzelnen, locker verteilten Therapiegärten, die zur Erholung und Entspannung sowie therapeutischen Anwendung dienen. Jeder
der Therapiegärten erhält sein eigenes Thema von Duftgarten, Kneippgarten und
Calisthenicsgarten bis hin zum Obsthain.

Vielfältige Rundwege ermöglichen Spaziergänge unterschiedlicher Länge, mit
Anbindung in die Umgebung. Bei der Wegeführung wurde darauf geachtet, dass bei der vorhandenen Topographie weitgehend behindertenfreundliche Wege geschaffen werden. Weitere Patientengärten sind direkt den einzelnen Stationen, insbesondere dem Frauen-Mutter-Kind-Bereich als „Spielplatzgarten“ als begrünte Dachgärten angeordnet. Im Zentrum der neuen Klinik als Verbindungsspanne der umlaufenden Magistrale ist der Klinikgarten angeordnet, ein Grünraum der im Schatten der Bäume zum Verweilen einlädt. Die einzelnen Innenhöfe erhalten unterschiedliche Gartenthemen, die den
einzelnen Klinikbereichen ihre eigene Identität geben. Die Begrünung der
überdachten Parkplätze erfolgt bei Parkhaus A repräsentativ angeordnet durch
Weinreben als deutliches Zeichen der Ortsverbundenheit. Die nord-westlich
und östlich angeordneten Parkhäuser C, D und B sollen weitgehend naturnah,
wie die angrenzenden Wiesenflächen begrünt werden. Organisch fließende
Parkwege auf den Parkhausdächern ergänzen das vernetzende, fußläufige
Erschließungssystem. Der Haupteingang wird als großzügiger Vorplatz gestaltet,
der teppichartig über die neue Erschließungsallee hinausragt als deutliches, von
weitem sichtbares Eingangsfenster.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche und freiraumplanerische Qualität
Das Konzept überzeugt mit einer sehr kompakten und flächensparenden städtebaulichen Grundstruktur, deren vier Kuben auf einem gemeinsamen Sockel eine hervorragende Basis für die Realisierung in Bauabschnitten schafft und die Entwicklung eigener Identitäten für jeden Klinikbauteil ermöglicht. Der verbindende flache Bauteil mit zurückgezogenem Foyer und Innenhof unterstützen dieses Prinzip in gekonnter Weise. Mit der Staffelung der Höhen der Hochbauten erfolgt ein gewisser Bezug auf die Topografie, wenngleich die Verschränkung der Freiräume mit dem Landschaftsraum resp. dem Entwicklungsareal bisher nur bedingt überzeugt. Die allseitigen Zäsuren (z.B. diverse Tiefhöfe) bieten hier wenig räumliche Qualität. Grenzwertig sind die Dichte und ausgeprägte Höhe der Baukörper zueinander. Die Anknüpfung des Gebäudes an den Freiraum sollte daher auf eine Reduzierung der tren-nenden Elemente, wie z.B. der Tiefhöfe achten. Die erklärte Campusstruktur wird hier nicht erreicht; vielmehr erscheint die „Clusterstruktur entlang der Erschließungsachse“ (=Doppelbaumreihe im Süden) als uneindeutige Bauform zwischen der Anordnung „einzel-ner Baukörper“ und einem einzigen „gesamthaften Gebäude“. Die im Vergleich der Arbeiten größte Höhenentwicklung der Einzelbaukörper (ca. 28m über Gelände und 50m über Bezugshöhe) erreicht zwar durch die Anordnung eine Freigestellung der Hangkante wird aber aufgrund der Fernwirkung nach Süden kontrovers diskutiert. Die-se ist dem Konzept der kompakten Entwurfsidee naturgemäß geschuldet, und ermöglicht eine niedrige Einbindung in den Hang und damit vergleichsweise geringen Erdaushub. Auch vor diesem Hintergrund wird sie als akzeptabel bewertet. Die Lage und Organisation des Haupteingangs auf der Südwestseite über die Erschlie-ßungsachse wird vom Preisgericht nachvollzogen, wenngleich eine Adressbildung zum be-stehenden Klinikum damit weniger gut gelingt. Stattdessen werden in diesem wichtigen Zwischenraum die Notaufnahme und Parkdecks angeordnet, was organisatorisch nachvoll-ziehbar ist, aber gestalterisch nicht abschließend gelöst wird. Die Parkdecks wirken im Os-ten zum bestehenden Klinikum und zum Westen hin zu sehr als Barriere zum Freiraum.
Verkehr
Die Verteilung der Parkdecks und Separierung vom Klinikgebäude wird vom Preisgericht als gelungenes Grundkonzept gewürdigt, wenngleich die Verkehrsführung in der jetzigen Pla-nung eine Durchfahrung des Gesamtareals erfordert mit Parksuchverkehr auf dem gesam-ten Areal und damit dem Ziel eines verkehrsarmen Campus zuwiderläuft. Eine Differenzierung der Durchfahrtsmöglichkeiten (z.B. per Schranke) ist (noch) nicht möglich und sollte ausgearbeitet werden. Gleichermaßen ist die öffentliche Erschießung mit dem Ziel einer besseren Orientierung für Besucher zu überarbeiten. Ungünstig sind auch die Durchmischung der VVZ-Verkehre mit Besucher- und Patientenverkehr sowie die Mischung von Fußgänger- und Individualverkehr. Insgesamt bedingt das Konzept derzeit eine hohe Verkehrsbelastung mit entsprechender Lärm- und Abgasbelastung.
Freiraum
Das Konzept überzeugt in seiner Freiraumplanerischen Grundstruktur aufgrund der kom-pakten und flächenschonenden Gebäudeanordnung. Trotzdem weist der Entwurf durch die Unterbauung und die vielen Erschließungsstraßen einen sehr hohen Versiegelungsgrad auf, was einen hohen Bedarf an Retentionsvolumen erfordern würde. Die Ausarbeitung eines detaillierten Regenwasserkonzeptes wäre erforderlich - Ausbildung von Mulden, Drossel und Notüberlauf an die Klinge. Der zur Straße vorgelagerte, durchgängige und parkartig gestaltete Freiraumstreifen über-zeugt als Pufferzone zwischen Erschließungsachse und Straßenbahn und hat mit der Allee ein markantes Element. Sie unterstützt die Orientierung, Identitätsbildung und Anbindung der langfristigen Entwicklung im Westen. Die Aufenthaltsqualitäten in diesem Streifen sind jedoch noch zu präzisieren (Ruhebereiche etc.). Die Grünbereiche zwischen ZIM/ZOM und den Neubauten werden von diversen Erschlie-ßungsstraßen (Hauptanbindung) durchkreuzt. Eine klare Wegeführung und eine Trennung von Fuß-, Rad- und Individualverkehr sollte vorgesehen werden Der Erhalt des Biotops entlang der Oberdürrbache Straße sollte sichergestellt werden.
Architektonische Qualität
Der Entwurf überzeugt das Preisgericht in seiner architektonischen Grundstruktur, lässt aber insbesondere in der Fassadenkonstruktion und -gestaltung Fragen offen. Die sehr dichte Gebäudestruktur einzelner Kuben erlaubt allseitig eine gute Belichtung für die obe-ren Ebenen, da nahezu alle Räume nach außen hin orientiert werden können. Die niedri-gen Brüstungen in den Krankenzimmern werden allerdings begrüßt, da so der Fensteranteil angemessen bleibt und zugleich die Möglichkeit der Aussicht aus den Betten gegeben ist. Die äußere Erscheinung der weit sichtbaren Bauteile schöpft aber weder das Potential zur Identitätsbildung aus, noch wird eine Konstruktion angeboten, die dem Anspruch an Nach-haltigkeit in Material gerecht wird. Die konventionelle Stahlbeton-Konstruktion mit aufge-brachtem Dämm- und Putzsystem wird hier deulich hinterfragt. Die Innenhöfe in den kompakten Kuben sind aufgrund der Enge und Tiefe (bis zu 9 Ebe-nen) nur bedingt für die Belichtung geeignet und bilden einen strukturellen Nachteil des Systems. Die Anordnung von Nebenräumen zu den Höfen gelingt hier nur teilweise, die Idee der „Grünen Innenhöfe“ trägt nur zum zentralen Innenbereich. Kritisch wird der Ein-blick am Haupteingang in zwei Lichthöfe des Entbindungsbereichs gesehen. Die innere Eerschließung ist überzeugend gelöst. Die großzügige 2-geschossige Eingangs-halle mit Anschluss an zwei zueinander parallel verlaufenden Magistralen schaffen eine klare Orientierung innerhalb des Gebäudes. Auch im weiteren ist die Wegeführung logisch organisiert und bietet eine gelungene Trennung der Besucher- und Mitarbeiterverkehre. Die Magistralen führen zu einem zentralen Innenhof, der allerdings erst mit dem 2. Bauab-schnitt entstehen wird und erst dann auch den Ringschluss der beiden Magistralen sinnvoll bewirken wird. Auch die Obergeschosse bieten aufgrund ihrer ringförmigen Struktur eine gute klare Orientierungsmöglichkeit und Wegeführung.
Funktionalität und Erschließung
Mit dem ausreichenden Flächenangebot und der klaren, robusten Struktur wird die Struk-tur zur Erfüllung wesentlicher funktionale Anforderungen an Organisation und Erschlie-ßungsströme gesetzt. Die von der Auslobung geforderten Qualitäten an den Betrieb des Klinikgebäudes finden mit dem vorgelegten Entwurf eine gute Umsetzung. Der Eingangsbe-reich und die administrative Aufnahme sind funktional gelungen und schaffen gute Steue-rungsmöglichkeit der Patienten- und Besucherströme. Die OP-, Intensiv- und Entbindungs-räume sind durch ihre Anordnung zueinander gut gelöst. Auch die Wöchnerinnenstation und Geburtshilfestation sind in direkter Aufzugslinie gut angeordnet. Überzeugend ist die Organisation der Logistik mit einem optimal angeordneten Medientunnel und sinnfälligen Wegeführungen. Noch nicht zu überzeugen vermag die Lage der bildgebenden Diagnostik, die sich nicht auf der Ebene der Poliklinik befindet (hier ist eine räumliche Nähe wünschenswert), wobei weiterhin die Nähe zwischen Radiologie und Notfallambulanz zu wahren ist. Kritisch beur-teilt wird die Aufteilung der Räume für Forschung und Lehre, die auf mehrere Ebenen ver-teilt sind. Auch die Anbindung NICU zur Allgemeinpflege (Frauenklinik) ist nicht überzeu-gend, da über drei Ebenen verteilt. Nicht akzeptable ist die fehlende Versorgung von Teilen der ZSVA und Neurofächer mit Tageslicht Insgesamt wäre bei der Weiterentwicklung auf eine kurze und direkte Wegeführung zu achten, Kreuzungspunkte sind zu vermeiden und die Zuwegung zur Intensivstation zu über-arbeiten (derzeit als Durchlaufstation geplant). Funktional gut ist die separate Stellung der Energiezentrale (da erweiterbar) und die sepa-rate Stellung des VVZ-Gebäudes.
Leistungs- und Programmerfüllung
Das geforderte Raumprogramm ist in Summe und allen wesentlichen Teilbereichen quanti-tativ umgesetzt.
Technische Qualität
Das Technikkonzept ist in vielen Teilen überzeugend gelöst, auch wenn der Anteil der Technikflächen nicht ausreichend ist. Die Lage des Medientunnels ist sinnvoll gewählt. Die Fassade mit geringem Fensterflächenanteil ist vorteilhaft für einen geringen Kühlbedarf. Der Einsatz von Heiz- und Kühlsegeln ist sinnvoll in Kombination mit kontrollierter, mechani-scher Lüftung. Der Vorschlag einer Bauteilaktivierung überzeugt hingegen nicht, stattdes-sen sollten anderweitige Flächenheiz- und kühlsysteme geprüft werden. Der Einsatz von Wärme- und Kälteerzeugung über Geothermie erscheint sinnvoll und muss weiter ausgear-beitet werden - ein Niedertemperatursystem würde derzeit befürwortet. Im Sinne einer zu-künftigen CO2-Neutralität würde erwartet, dass eine Abwärmenutzung in das Wärmeversor-gungskonzept integriert wird. Das Konzept der Technikzentralen in den Untergeschossen ist weiter auszuarbeiten, weitere Flächen in den Obergeschossen für die Unterverteilung sind zwingend erforderlich, wie auch zusätzliche Schächte. Die Elektrokonzeption ist gut ausgearbeitet, Technikflächen sind hier sinnvoll und ausrei-chend in den Etagen angeordnet.
Ökologische Qualität
Das Konzept für die ökologische Nachhaltigkeit zeigt gute Ansätze, beginnend mit der ge-ringen bebauten Fläche, was aber durch die sonstige Versiegelung konterkariert wird. Die Kaltluftströme scheinen angemessen berücksichtigt, was aber durch entsprechende Analy-sen nachzuweisen wäre. Die Ausgeprägte Nutzung der Dachflächen für PV-Anlagen wird begrüßt. Bei der erforderlichen weiteren Detaillierung des Konzepts der ökologischen Nachhaltigkeit ist insbesondere auf die Verwendung von nachhaltigen Baumaterialien zu achten.
Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit
Der Entwurf ist durch eine konsequent effiziente Flächenorganisation, einen geringen Brut-torauminhalt, ein günstiges A/V-Verhältnis und ausreichende Stellplätze gekennzeichnet. Auch der geringe Anteil an unterirdischer Kubatur mit geringen Eingriffen in die Topogra-phie sind Grundlage einer in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit insgesamt günstigen Lösung, die auch bei der erforderlichen Vergrößerung der Technikflächen nicht wesentlich infrage gestellt wird. Ebenso ist die Separierung der PKW-Stellplätze Teil der guten Wirtschaftlich-keit. Die Belange des Brandschutzes sind für den Planungsstand überzeugend berücksichtigt, u.a. durch eine gute Verteilung der innenliegenden Treppenräume und kurze Wege ins Freie. Die Verlegung einiger Treppenräume direkt an die Fassade sollte geprüft werden. Die Bauabschnittsbildung erscheint plausibel, wäre aber weiter zu optimieren, da die Schnittstelle von Intensiv- und OP-Bereich problematisch scheint.
Fazit
Insgesamt würdigt das Preisgericht den Entwurf für die in sich kohärent und überzeugend umgesetzte Grundidee, mit großer Kompaktheit ein hohes Maß an funktionaler Qualität und Effizienz zu erreichen und so einen Beitrag zur ökonomischen Umsetzung des Projekts zu liefern. Die architektonische Ausformulierung und Proportionierung der Baukörper und In-nenhöfe bleiben jedoch hinter diesen Qualitäten zurück.
Perspektive/Skizze - Naturspazierweg

Perspektive/Skizze - Naturspazierweg

Perspektive/Skizze - Spielplatz Dachgarten

Perspektive/Skizze - Spielplatz Dachgarten

Lageplan

Lageplan