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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Städtebauliche Entwicklung Fallenbrunnen Nordost in Friedrichshafen

3. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

dv architekten deffner voitländer

Stadtplanung / Städtebau

realgrün Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Stadtlandschaftliche Leitidee
Als grüne Waldinsel wird das Gebiet Fallenbrunnen zum Baustein im landschaftlichen Mosaik. Durch Neuaufforstungen und Waldumbau wird das ökologische Potential entwickelt.
Baugebiet B1 – B3
Zwischen den Baukörpern entwickelt sich als Raumfigur ein breit angelegter, niedrig organisierter, zusammenhängender Außenraum, in den vielfältige Funktionen eingebettet sind. Aufenthaltsplätze, Mietergärten, Spielplatz und Fitnessband sind mögliche Angebote. Geschlossene und offene, wasserdurchlässige Beläge verzahnen sich, Versickerungsmulden sind möglich, spontane Begrünung ist gewünscht. Insgesamt als shared space organisiert integriert die Raumfigur die zwischen B1 und B3 verlaufende Verkehrsbeziehungen und deutet in der Mitte eine Platzsituation an.
Der Außenraum mit seiner sich verzweigende Figur endet jeweils mit der Waldkante, die damit aktiv zur Raumbildung beiträgt.
Es entsteht ein zusammenhängendes Quartier, das jedoch einfach in zwei Bauabschnitten realisiert werden kann.
Gewerbegebiet - B2
Der WerkTurm ist die zentrale Figur im Gewerbegebiet. Der Turm definiert einen Platz um sich herum, der von den Gewerbehallen, der Fachschule, dem Parkhaus und der Waldkante auf der Böschung begrenzt wird.
UForm B1/B3
Drei Baukörper greifen die UForm der Bestandsbauten im Wissensquartier auf mit je einem davorgestellten StadtRegal. Zwischen Regal und UForm liegt der vertikale Erschließungs- und Begegnungsraum der Hausbewohner. Mehrere Treppen, Laubengänge und jeweils zwei Aufzüge schaffen die Verbindung zu den Wohnungen und zu dem gemeinschaftlichen Dachgarten.
Die UForm umschließt ebenfalls einen Gemeinschaftshof im EG, der sich Richtung Wald öffnet und durch die Waldkante räumlich begrenzt wird.
Die äußeren Enden des U sind als Zweispänner ausgebildet, das Mittelstück setzt sich aus sehr kleinen Wohnungen zusammen, die von Laubengängen erschlossen werden. Die Distanztreppen gleichen die kleinen Höhenunterschiede zum StadtRegal aus. Die unterschiedlichen Wohntypologien innerhalb dieser zusammengesetzten Gebäude begünstigen die soziale Mischung.
StadtRegal
Das Stadtregal ist für multiple Nutzungsadaptionen zwischen Wohnen und Arbeiten gedacht. Die Bewohner können sich hier selbst in neuen, individuellen Mischformen einrichten. Es wird in Holzbauweise erstellt mit Galerieebenen in allen Einheiten. Innen- und Außenraum gehen ineinander über.
Punkthäuser
Das nördliche Punkthaus mit Lichthof in der Mitte hat je Ebene zwei Clusterwohnungen, im Erdgeschoß ist dem öffentlichen Raum eine Büronutzung zugewandt. Das westliche Punkthaus entwickelt über dem Supermarkt Wohnungen unterschiedlicher Größen an einem Laubengang, die sich zu einem U formen. Gemeinsame Dachgärten sind auf dem Supermarkt, bzw. auf dem obersten Geschoss angeordnet.
WerkTurm
Die Werkstätten für die kleineren Handwerker- und Gewerbebetriebe werden in einem Turm gestapelt. Er bildet einen städtebaulichen Akzent durch seine Höhe von 28,00 m (22m oberste Ebene) und wird zum Signet für das Gewerbegebiet. Geschosshöhen von 5,50m ermöglichen Galerieeinbauten, das einfache Raster erlaubt flexibles Einteilen der Nutzungseinheiten. Lastenaufzüge und Treppenhäuser werden gemeinsam genutzt. Der 5m weit auskragende Umgang ist Erschließungs- und Lieferzone und kann als Erweiterung der Arbeitsflächen im Freien genutzt werden.
WerkHallen
Die einfachen, rechteckigen WerkHallen lassen sich flexibel unterteilen. In den Randbereichen greifen fünfgeschossig Büroebenen in die Volumina ein. Sie werden in Holzbauweise erstellt.
HeizWerk
Das denkmalgeschützte Haus wird zu einem kleinen Kulturzentrum mit einer Bibliothek, kollektiven Wohnzimmern und Café umgestaltet. Im Süden wird ein multifunktionaler Platz als Bühne für Veranstaltungen vorgelagert. Streetball und Beachvolleyball sind weitere Angebote.
Parkwäldchen
im Gegensatz zu den naturbelassenen Waldbereichen wird das gegenüberliegende Wäldchen mit einem Fussweg vorsichtig erschlossen, langfristig zu einem parkähnlichen Bild umgebaut.

Grünes Parken
Beide Parkhäuser erhalten eine grüne Fassade. In B3 ist über dem extensiv begrünten Dach eine PV Anlage vorgesehen. An der Außenseite übereinander angeordnete Rampen erschließen die fünf Ebenen. Das Parkhaus in B2 passt sich über drei im Split-level zueinander versetzte Niveaus über je fünf Ebenen der Geländekante an, deswegen ist Ein- und Ausfahren von oben und von unten möglich. Auf den ebenfalls abgestuften Dächern sind Sportfelder angeordnet.
Energie
Die drei neuen Bauabschnitte erhalten eine eigene Nahwärmezentrale im Gewerbegebiet B2, die mit Hackschnitzel oder Pellets betrieben wird. Der dazu nötige Strom wird in den eigenen PV- und eventuell auch Windkraftanlagen auf den Dächern regenerativ erzeugt und gegebenenfalls in Pufferspeichern gesammelt. Spitzenlasten können mit CO2 zertifiziertem Gas abgefedert werden. Die PV Anlagen befinden sich auf den Dächern des Parkhauses in B3, auf den beiden Gewerbehallen und der Fachschule in B2. Auf dem WerkTurm kann stattdessen auch plakativ eine kleine Windkraftanlage stehen. So kann nicht nur bei Sonnenschein Strom erzeugt werden, sondern auch bei Wind und sogar nachts.
In den Wohnbereichen wird über die Fußbodenfläche geheizt, unterstützt durch Wandheizungen in den Nassbereichen. In den Coworking Bereichen und im Gewerbe werden Klimadecken zum Heizen und Kühlen eingesetzt. Die Abwärme wird in allen Bereichen wieder genutzt, die Lüftung erfolgt über Wärmerückgewinnung.
Klimaanpassung
- durch Holzbauweise: Der WerkTurm wird in Hybridbauweise erstellt: die Deckenscheiben aus Beton, Wände und Fenster aus Holz, ebenso die Trennwände und Galerieeinbauten. Die Gewerbehallen und die Fachschule sind als Holzbauten gedacht. Die Stadtregale stehen als leichte Holzbauten vor den UFormen.
- durch bauliche Verschattung mit Loggien (Wohnungsbau) und durch auskragende Deckenscheiben (WerkTurm)
- durch Retention und Abkühlung mit blaugrünen Dächern
- durch Sammeln von Regenwasser zur Bewässerung und Retention
- durch Versickerung von Dach- und Oberflächenwasser über Muldensysteme und Rigolen
- durch Verschattung und Kühlung mit Grossbäumen in den Straßen und Platzflächen
- durch grüne Fassaden
- durch PV- und Windanlagen
Zusätzlich sorgt auch der umgebende Wald für Kühlung durch Verschattung und Kaltluft
Mobilitätskonzept
Die bestehende Buslinie wird mit weiteren Haltestellen im Gebiet versehen und zu einer Schleife im Gebiet erweitert, dies könnte sogar ein autonom fahrender Shuttle Bus sein. Der MIV hat kein Durchfahrtsrecht von B1/B3 nach Westen. Ein Mobility Hub in B3 ermöglicht Umsteigen von einer Fortbewegungsart zur anderen und hat ein breites Sharing Angebot für Autos, E-Autos, Lastenanhänger für Räder, E-Roller. Die Lage beider Parkgaragen ist sehr zentral, von der großen Garage in B2 ist auch die Verbindung zu den Universitätseinrichtungen sehr direkt. Die Anbindungen an den Veloring führen auf kurzem Weg durch das B1.
Darüber hinaus kann es ein Angebot an Sammeltaxis geben oder gar eine sensorgesteuerte Zufahrtsbeschränkung für den MIV.
Diese Maßnahmen führen insgesamt zu einer Reduktion des MIV und damit des Parkplatzangebotes.


Sport- und Bewegungsangebote
Die Studierenden und Beschäftigten finden derzeit am Standort Fallenbrunnen kein Sportangebot, sind auf die weit wegliegenden Vereinssportanlagen angewiesen. Das Defizit der bestehenden Unistandorte wird durch ein neues integratives Angebot, nicht nur für Studierende ausgeglichen:
- im Süden ein Sportband im Übergang zur Obstlandschaft
- auf dem Parkhaus im Gewerbegebiet
- vor dem Heizwerk
- die bestehende Boule-Anlage

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit spiegelt die im Auslobungstext geforderte hybride Nutzung in stimmiger und ausgewogener Weise wider. Vor den Augen der Betrachtenden entsteht ein innovatives und integriertes Quartierskonzept. Die hohe Bruttogeschossflächenzahl lässt eine gute Nutzung der zur Verfügung stehenden Grundflächen zu. Dies wird durch fünfgeschossige Gebäude erreicht, die sich gut in die vorhandene Baumsubstanz einfügen. Die funktionale Einbindung von Wohn- und Arbeitsbereichen in den Quartieren 1 und 3 sowie die zentrale und gut erreichbare Platzierung der Parkierung für den Wohnbereich erfüllen die Anforderungen der Auslobung auf gute Weise. Die angebotenen Typologien für nutzungsgemischte Bauten werden als bereicherndes Angebot im Wettbewerb gewürdigt. Die hohe Qualität der Außenbezugsräume im BQ 1 und 3 sowohl zu den angrenzenden Waldflächen als auch aus der aus den Anordnungen der Gebäude ergebenden Platzräumen versprechen eine hohe Freiraum- und Aufenthaltsqualität. Die Größe der angebotenen Plätze erscheint etwas überzogen. Die Nutzung der Dächer als Gemeinschaftsflächen leistet einen hervorragenden Beitrag als Begegnungs- und Aufenthaltsraum für die Hausgemeinschaft. Im BQ 2 stellt die Nutzung der Dachflächen der Parkpalette als Sportplatz einen schönen Beitrag zur Mehrfachnutzung dar. Die vorgeschlagene Nutzung des ehemaligen Heizhauses als Kulturbibliothek und Wohnzimmer mit vorgelagertem Kulturplatz mit Sportangebot stellt als Verbindung zur bestehenden Nutzung des Fallenbrunnens ein attraktives Bindeglied dar. Die Erschließung von der Hochstraße setzt eine Verlagerung der Sonnenbergstraße bis zum geplanten Kreisverkehr voraus. Die Verbindungsstraße erschließt und trennt die Bauabschnitte 1/3 und 2 konsequent ab. Die auf der Westseite des BQ 2 verlaufende Erschließung stellt die Verbindung zum Bestand im südwestlichen Gebiet des Fallenbrunnens dar, wodurch eine funktionale Einbindung in das Zukunftsquartier zwar gelingt; leider nur zu Lasten des Biotopverbundes. Die Integration in den Veloring bleibt aus. Die Anordnung der Gebäude im Quartier 2 lässt eine sehr flexible Nutzung der Gewerbeeinheiten erwarten. Die Konzipierung des Werkturms ist ein innovativer Vorschlag, der allerdings Fragen der Praktikabilität und Umsetzbarkeit offenlässt. Die Positionierung und Ausrichtung der Fachschule und die Abstaffelung des Innenhofs nach Südwesten lassen eine hohe Qualität für die Nutzungen erahnen. Die Anordnung der Blauen Blume auf der Südseite der Fachschule erscheint in diesem Kontext konsequent Durch die Schließung von Lücken im Wald entsteht ein schöner Rahmen für die darin angeordnete Raumfigur der BQ 1/3. Die angedachten Naherholungswege dürften aber zu einer Störung des Biotopverbundes führen. Die Realisierbarkeit und schrittweise Umsetzung ist jederzeit möglich. Diese Arbeit stellt insbesondere mit ihren hybriden Nutzungsarten einen gelungenen Beitrag zum Wettbewerb dar.