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Mehrfachbeauftragung | 09/2021

Städtebauliche Entwicklung „Bottwarwiesen“ in Oberstenfeld

1. Rang

ARP Architektenpartnerschaft Stuttgart GbR

Stadtplanung / Städtebau

MS Architekturmodelle

Modellbau

Erläuterungstext

Chancen für Oberstenfeld
Mit der Konversion des ehemaligen WerzalitAreals wird die Bottwar aus ihrem engen baulichen „Korsett“ befreit. Gleichzeitig entstehen neue Bauflächen für ein zeitgemäßes Wohnen und Arbeiten in einem grünen Umfeld und in direkter Nachbarschaft zum Ortskern von Oberstenfeld. Der begleitende grüne Auebereich der Bottwar weitet sich künftig von der Landschaft im Osten kommend in Richtung Ortskern und bildet dort die grüne Mitte der neuen Ortserweiterung – die künftigen „Bottwarwiesen“. Somit entsteht ein attraktiver Freiraum für den Gesamtort und die Bottwar, die den Ortskern bisher lediglich tangiert, kann als identitätsstiftendes Landschaftselement in den Mittelpunkt von Oberstenfeld rücken.
Gleichzeitig erhält die Ortsmitte mit Stift, Rathaus und Dorfkirche, ihren Ladengeschäften und Dienstleitungseinrichtungen im Verlauf der Achse Großbottwarer Straße – Gronauer Straße einen neuen Zielpunkt im Nordosten, jenseits der L 1160. Der bestehende Ortskern und die „Bottwarwiesen werden damit auf kurzem Wege verknüpft.
Die im Gebiet, neben dem Wohnen zu verortenden Nutzungen und Funktionen (u.a. Lebensmittel und Drogeriemarkt, Seniorenheim, Hotel, Kita und Winzereibetrieb und Gastronomie) beleben die geplanten öffentlichen Freiräume im Umfeld der umgenutzten Sheddachhalle, insbesondere den neuen „Bottwarplatz“ und bilden künftig das städtebauliche Bindeglied und Gelenk zwischen Ortskern und den „Bottwarwiesen“ und damit zwischen alt und neu.
Die enge fußläufige Anbindung an die Ortsmitte (ca. 3 Minuten) bietet Synergieeffekte und trägt zu einer Ergänzung und nachhaltigen Stärkung der dort bestehenden Nutzungen bei.
Leben im Gebiet „Bottwarwiesen“
Konzeptidee
Mit der städtebaulichen Entwicklung der „Bottwarwiesen“ entsteht ein Lebensort der die Funktionen Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung, Erholung und das Thema Mobilität auf kurzen Wegen miteinander verbindet. Viele Alltagswege können so zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt und der motorisierte Induvidualverkehr damit reduziert werden.
5 Bauquartiere fassen die künftige Bottwaraue und formen mit ihr zusammen das Gebiet „Bottwarwiesen“. Die Bottwaraue und ergänzende grüne Freiraumzäsuren gliedern das Gebiet und schaffen in Verbindung mit einer sich zum Grün öffnenden Randbebauung eine enge Verzahnung zwischen Siedlung und Landschaft. Gleichzeitig werden Blickbeziehungen zur Burg Lichtenberg im Südosten, zur Dorfkirche im Ortskern, zur Cyrakuskirche in Gronau und zur nordwestlich gelegenen Peterskirche eröffnet.
Innerhalb der einzelnen Bauquartiere entstehen überschaubare Nachbarschaften. Die geplanten offenen und geschlossenen Hofstrukturen definieren klare öffentliche und private Räume und tragen damit zu einer klaren Adressbildung bei.
Das Neubaugebiet kann flexibel, entsprechend der geplanten Quartiersbildung, in mehreren Bauabschnitten realisiert werden.
Nutzungen und Gebäudetypologie
In allen Quartieren werden unterschiedliche Wohnformen platziert – es entsteht ein jeweils differenziertes Wohnungsgemenge mit unterschiedlichen Nutzergruppen. Um die erhaltene Sheddachhalle („Bottwarpalatz“) und östlich davon bilden Versorgungs und Infrastruktureinrichtungen, kombiniert mit weiteren Dienstleistungen, Gewerbe und Wohnnutzungen den Übergang zum Ortskern.
Die Gebäudetypologie folgt dem Wunsch nach einer Mischung der Nutzergruppen, indem unterschiedliche Haustypen angeboten werden. Neben dem Wohnen für Familien, Paaren und Singles sind Wohnungen für Senioren, auch in Form von Mehrgenerationenwohnen, sowohl im Eigentum als auch als Mietwohnungen Bestandteil des vielfältigen Wohnungsangebots.
In den jeweiligen Nachbarschaften werden auch Bereiche für Baugemeinschaften reserviert.
Mobilitätskonzept
Das Konzept für die „Bottwarwiesen“ verbindet unterschiedliche Funktionen im Gebiet und im nahen Ortskern auf kurzen Wegen miteinander, was zusammen mit Sharingangeboten zu einer Reduzierung des motorisierte Induvidualverkehrs beiträgt.
Die KfzErschließung des Neubaugebietes erfolgt ausgehend von der Gronauer Straße im Nordwesten und der Lichtenberger Straße/ Kreuzstraße im Südosten. Die geplanten Baufelder und die einzelnen Nachbarschaften werden mittels verkehrsberuhigter Erschließungsschleifen übersichtlich und in für die Ver und Entsorgung günstiger Weise erschlossen (keine Sackgassen).
Das Gewerbequartier am südwestlichen Gebietsrand kann direkt über die Lichtenberger Straße erreicht werden.
Die geplanten Straßen werden durch Fuß/ Radwege zu einem zusammenhängenden Erschließungsnetz ergänzt. Wichtige Fuß/ Radwegeverbindungen verlaufen parallel zur Gronauer Straße und zur Bottwaraue. Ergänzende Querungen der Aue erfolgen ebenfalls lediglich für Fußgänger und Radfahrer. Eine Durchschneidung des zentralen Grünbereichs durch KfzStraße wird vermieden.
Öffentliche Parkplätze werden entlang der beiden (Haupt)Gebietserschließungen und im Bereich der geplanten Einzelhandelsmärkte unter einem großflächigen PVSegel, in Wechselnutzung mit den Einkaufskunden angeboten. Sharingangebote für Car/ Bike/ Scooter sowie ELademöglichkeiten sind in den jeweiligen Quartieren geplant.
Auf von den jeweiligen Wohnungen entfernt liegende Sammelparkierungen (z.B. Quartiersparkhäuser) wurde bewusst zugunsten von kleinteiligen Tiefgaragen in direkter Verbindung mit den geplanten Wohnungen verzichtet.
Einer barrierefreien, sicheren Erreichbarkeit der privaten KfzStellplätze – insbesondere auch für weniger mobile Bevölkerungsgruppen, wie ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung, wird dabei Vorrang eingeräumt. Werden mehr als 2 Stellplätze für Wohnungen in MFH geplant, sollten diese jedoch in Sammelparkierungsanlagen am Gebietsrand untergebracht werden.
Die Menge an Bodenaushub und der Eingriff ins hoch anstehende Grundwasser, wird durch eine entsprechende Planung der Höhenlage von Straßen und Gebäuden minimiert (siehe auch Kapitel „Schwammstadt“).
Nachhaltigkeit
Stadt der kurzen Wege
Das Gebiet wird durch ein flächensparendes, verkehrsberuhigtes Straßen und Wegesystem unter Berücksichtigung einer wirtschaftlichen Ver und Entsorgung erschlossen (Erschließungsschleifen).
Das geplante Fuß/ Radwegenetz sichert attraktive und kurze Wege zum Ortskern, zum ÖPNV (Bus, später auch Bottwartalbahn), zu den geplanten und bestehenden Versorgungs und Freizeiteinrichtungen sowie den wohnungsnahen Freiflächen entlang der Bottwar und nicht zuletzt in die landschaftlich geprägten Erholungsgebiete im Nordosten des Plangebietes.
„Schwammstadt“
Das Konzept für die Niederschlagswasserbewirtschaftung sieht eine Ableitung von Niederschlagswasser in einem getrennten Leitungssystem und die Einspeisung in die in die geplanten öffentlichen Grünflächen integrierten Retentionsflächen (Mulden/ Rigolensystem) vor. Hiervon ausgehend erfolgt eine gedrosselte Einleitung in die Vorflut.
Eine Dachbegrünung für alle Neubauten und die Speicherung in privaten Zisternen mit Retentionsvolumen trägt zusätzlich zur Pufferung und zum verzögerten Niederschlagswasserabfluss bei.
Den bestehenden Unwägbarkeiten bezüglich der Altlasten und Grundwasserproblematik im Plangebiet sowie einer in Zukunft allgemein steigenden Hochwassergefahr durch Starkregenereignisse, wird mit nachfolgenden Maßnahmen begegnet:
▪ Es wird der Bau von Kellern und quartiersbezogenen Tiefgaragen mit einer Lage Unterkante Bodenplatte maximal 1,50 m unter bestehendem Gelände geplant.
▪ Höhenlage der geplanten Erschließungsstraße ca. 1,00 m über dem bestehenden Gelände.
▪ Höhenlage des fertiggestellten Geländes der geplanten Baufelder auf der Gartenseite ca. 0,50 m über geplantem Straßennivau.
▪ Im Bereich der geplanten MFH entlang der Haupterschließungsschleifen entsteht dabei ein gewünschtes „Hochparterre“.
▪ Die geplanten privaten Gartenbereiche der Baugrundstücke entlang der Bottwar liegen erhöht gegenüber der Bottwaraue und sind damit im Starkregenfall hochwassergeschützt.
▪ Die Freiflächengestaltung im Bereich der Bottwaraue berücksichtigt eine temporäre Überflutung bei Starkregenereignissen im Sinne einer „Schwammstadt“.
▪ Ergänzend hierzu werden Retentions und Verdunstungsflächen zwischen den geplanten Baufeldern und im Straßenraum sowie Retentionsdächer und Retentionszisternen auf den Baugrundstücken vorgeschlagen.
Energie
Die Ausrichtung der geplanten Bebauung bildet die Grundlage für eine wirtschaftliche Nutzung der Solarenergie zur Gebäude/ Brauchwassererwärmung und in Bezug auf die Stromproduktion mittels Fotovoltaikanlagen. Die Anlagen könne aufgeständert über den begrünten Dachflächen und in Form eines großflächigen PVSegels über den geplanten Kundenparkplätzen im Südwesten des Plangebietes entstehen.
Für die einzelnen Bauabschnitte kann aufgrund der geplanten kompakten Siedlungs und Baustruktur und einer entsprechend hohen Wärmedichte eine zentrale Nahwärmeversorgung aufgebaut werden. Die einzelnen Häuser werden in diesem Fall über einen Nahwärmeanschluss
mit Wärme versorgt. Für eine umweltfreundliche Wärmeerzeugung bieten sich entweder ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, bei dem Strom erzeugt und die anfallende Wärme für Heizzwecke verwendet wird oder alternativ ein Heizkraftwerk, das mit Holzhackschnitzeln betrieben wird, an.
Das städtebauliche Konzept lässt eine kompakte Bauweise zu. Die thermische Gebäudehülle soll hierzu ergänzend hoch wärmegedämmt ausgeführt werden. Um die Lüftungswärmeverluste zu minimieren ist ein Lüftungskonzept mit einer kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung einzuplanen.
Klima und Luft
Erforderliche Freiflächen für die Retention, den ökologischen Ausgleich und die wohnungsnahe Erholung, werden zu ökologisch wirksamen Grünbereichen (Frischluft/ Belüftung) zusammengefasst. Die geplante Dach und Fassadenbegrünung sowie die Pflanzung von klimageeigneten Laubbäumen, mindern zusätzlich die klimatischen Belastungen in den Sommermonaten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept ist charakterisiert durch eine klare städtebauliche Grunddisposition. Fünf Bauquartiere fassen die künftige Aue der Bottwar und formen mit ihr zusammen das neue Gebiet Bottwarwiesen. Die Aue und die ergänzende, sie kreuzende grüne Freiraumzäsur gliedern das Gebiet überzeugend und schaffen mit einer sich zum Grün öffnenden Randbebauung im Nordosten eine Verzahnung zwischen Bebauung und Landschaft. Mit der gewählten Körnung und Geschossigkeit fügt sich die Bebauung insgesamt gut in den städtebaulich landschaftlichen Kontext ein und nimmt einen Dialog mit dem Bestand auf. Gleichzeitig werden Blickbeziehungen zur Burg Lichtenberg im Südosten und zu den umliegenden Kirchtürmen eröffnet. Innerhalb der einzelnen Bauquartiere entstehen überschaubare Nachbarschaften. Die offenen und geschlossenen Hofstrukturen definieren klare öffentliche Räume und tragen damit zu einer Adressbildung bei. In allen Baufeldern werden unterschiedliche Wohnformen und Haustypen angeboten. So entsteht ein jeweils differenziertes Wohnungsgemenge für unterschiedliche Nutzergruppen. Die Gebäudetypologie folgt dem Wunsch nach einer Mischung der Nutzergruppen in überzeugender Weise. Das neu geordnete Gebiet ist über den Bottwarplatz mit der erhaltenen Sheddachhalle als Reminiszenz an die Geschichte des Werzalit Areals und den östlich davon angesiedelten Einrichtungen für Infrastruktur, Handel und Dienstleistungen stadträumlich wie funktional geschickt an den Ortskern angebunden. Die Übergänge sind im Ganzen gut gelöst und mit eigener Identität werden Akzente gesetzt. Unverständlich und für die Situation unpassend ist jedoch die vorgeschlagene Überformung der Sheddachhalle mit einem hohen Hotelbaukörper. Auch die für die Halle vorgeschlagenen Nutzungen überzeugen nicht. Hier würde die Unterbringung des Lebensmittelmarktes dem Charakter des historischen Bauwerks mehr entsprechen und die Eingriffe wären geringer. Dies hätte Konsequenzen für die Lage der öffentlichen mit PV-Segel überspannten Parkplätze und würde die Möglichkeit eröffnen, die denkmalgeschützte Mauer Gronauer Straße 42/44 besser herauszustellen. Das Erschließungskonzept ist klar und überzeugend. Zufahrten, Parkplätze und Tiefgaragen sind sinnvoll und logisch entwickelt und gut begründet. Eine insgesamt gute Orientierung ist gegeben. Die Baufelder und einzelnen Nachbarschaften werden mittels verkehrsberuhigter Erschließungsschleifen übersichtlich und in für die Ver- und Entsorgung günstiger Weise auf kurzem Wege erschlossen. Die geplanten Straßen sind durch Fuß- und Radwege zu einem zusammenhängenden Fuß- und Radwegenetz schlüssig ergänzt. Kritisch gesehen werden die vorgeschlagenen Kreisverkehre an der Landesstraße im Hinblick auf die Fußgängerführung an den Übergängen zum bestehenden Zentrum und den möglichen Bau der Stadtbahn. Die Unterbringung der Parkierung für den Geschosswohnungsbau in Tiefgaragen wird kontrovers diskutiert. Der Vorschlag, die Menge an Bodenhaushub zu minimieren, das Gelände aufzufüllen und Keller und Garagen mit einer Lage maximal 1,50 m unter dem bestehenden Gelände vorzusehen, wird im Hinblick auf die bestehenden Unwägbarkeiten bezüglich der Altlasten und der Grundwasserproblematik als innovativer Beitrag gewertet. Im Bereich der geplanten Mehrfamilienhäuser entlang der Erschließungsschleifen könnten so gewünschte „Hochparterre“ entstehen. Der Vorschlag bedarf jedoch der weiteren Klärung. Das besonders stabile städtebauliche Grundgerüst lässt auch andere Lösungen für die Parkierung zu, ohne die Grundsätze des Konzepts zu verlassen. Die Verfasser sprechen in ihrer Erläuterung von der Möglichkeit, Sammelparkierungsanlagen am Gebietsrand vorzusehen. Die Flexibilität innerhalb der städtebaulichen Strukturen lässt Anpassungen an sich wandelnde Bedarfssituationen auch im Hinblick auf Nutzungen und Bauformen zu. Der Arbeit liegt ein durchgängiges Grünkonzept zugrunde. Die Ausbildung der Talaue, Wegeführungen, Grünflächen, Ruhe- und privaten Vorbereiche, das Fuß- und Radwegenetz sowie Plätze versprechen eine gute Aufenthaltsqualität und fördern die Identität der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrem Quartier. Insgesamt stellt der Entwurf einen überzeugenden Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe dar. Er überzeugt insbesondere mit seinem stabilen städtebaulichem Grundgerüst als gute Grundlage für die weiteren Planungsschritte und für spätere Anpassungen bei sich wandelnden Bedarfssituationen.
Modell

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