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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Um- und Neubau Fachhochschulzentrum Graubünden in Chur (CH)

2. Preis

Preisgeld: 25.000 CHF

Durisch + Nolli Architetti

Architektur

Caretta+Weidmann Baumanagement AG

Projektsteuerung

SKK Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

PZM Polke, Ziege, von Moos AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine grosse Grünfläche bildet das Herz des neuen FHZGR Campus – ein Freiraum, der den Bestand und den Neubau zusammenbindet.Der Projektname ALLMEND versinnbildlicht die Grundkonzeption: ein Ort, der allen zur Verfügung steht. Die Herausforderung, auf einem von einer Strasse geteilten Areal einen Campus auszubilden, meistert das Projekt ALLMEND mit einer charaktervollen Geste: dem Neubau ist eine Terrasse mit Freitreppe vorgelagert, die auch Stras¬senüberführung ist.In analoger Weise ist auch das Bestandesgebäude P57 mit einer Freitreppe an den öffentlichen Allmendplatz angebunden. Mit dieser spezifisch ortsbezogenen Geste wandelt das Projekt das Problem der Trennung zum identitätsstiftenden Auftakt und erreicht eine starke Visibilität, die mit dem weit auskragenden Dach je¬doch zu sehr übersteigert wird.Die Verbindung der beiden Gebäude mit einem Freiraum ist ein gelungenes Zeichen in Bezug auf die Nachhaltigkeit. Der Freiraum der Allmend und die Proportionen des Neubaus sorgen für die Integration der Bestandesbauten.Das Bestandesgebäude P68 hat einen angemessenen Umraum, das historische Trafogebäude wird zum Merkpunkt und das bestehende Gebäude des FHZGR wird über den Freiraum mit dem Neubau in ein grosszügiges Ensemble eingebunden.Diese Konstellation kann den Anspruch an ein einheitliches Ganzes einlösen: ein Campus. Das Projekt ist klar gegliedert und sieht drei verschiedene Strukturprinzipien vor: Das grosse Dach aus Beton mit unabhängigen Stützen bildet die primäre Raumstruktur mit der Halle und dem Vordach.Die in die Halle gestellte zentrale Infrastruktur aus vorfabriziertem Beton bildet das Gerüst für modulare Einbauten. Und seitlich flankierend die hybriden Holzkonstruktionen, die vorwiegend Seminar- und Büroräume aufnehmen und dank der grosszügig ausgelegten Holzstruktur eine hohe Flexibilität ermöglichen. Im Innern wird die Grundkonzeption der Freitreppe weitergeführt – sie wird zum prägenden Kaskadenraum mit vielschichtiger Sinnfälligkeit: eine innere Allmend als Treffpunkt. Die Kaskade baut schöne Raumbeziehungen mit horizontalen, diagonalen und vertikalen Durchsichten auf. In den oberen Geschossen werden die flankierenden Unterrichtsräume einbündig mit längs gerichteten Laubengängen erschlossen – mit dem Bezug zur Kaskadenhalle eine überzeugende Schnittfigur mit struktureller Klarheit sowohl in Längs- als auch in Querrichtung. Im Erdgeschoss wird der Freiraum ins Gebäude geführt und das Raumgefüge von Eingangshalle, Multifunktionshalle, Mensa und Auditorium bietet die Möglichkeit, zusammen mit dem Allmendraum zu einem Raumkontinuum zusammengeschaltet zu werden, je nach Bedarf geeignet für eine Vielzahl von Veranstaltungen wie Konzerte, Theater, Präsentationen, akademische Veranstaltungen, sowie auch für sehr grosse öffentliche Anlässe. Der Umgang des Projektes mit dem Thema des Weiterbauens ist bemerkenswert: Die Typologie des dreibündigen Bestandesgebäudes P57 mit der eingeschobenen zentralen Halle zwischen den Unterrichtstrakten und die Ausrichtung zur Campus-Allmend wird im Neubau aufgenommen und um neunzig Grad gedreht in eine zeitgemässe Struktur überführt. Spannungsvolle Wege führen durch den Neubau: entweder direkt über die untere, in der Fläche etwas knappen Eingangshalle in die modulierbare Eventhalle oder an dieser entlang in die Laboratorien.Oder über die grosse Aussentreppe in die obere Eingangshalle, die über die seitlichen offenen Treppen mit der unteren verbunden ist. Auf dem oberen Hallenniveau ist die Sicht auf die innere Kaskadenlandschaft freigespielt. Das auskragende Dach in Beton wird kritisch diskutiert: einerseits wird die Verdoppelung des Zeichens mit strassenüberspannender Terrasse und weit auskragendem Betondach ein allzu starkes Landmark, andererseits ist gerade dieses Zeichen ohne weiteren Nutzen, das bezüglich Nachhaltigkeit mit dem beträchtlichem Struktur- und Ressourcen-Aufwand negativ abschneidet. Die Raumreserven sind auf dem Dachgeschoss eingeplant und würden die attraktiven Dachgärten eliminieren.Auch die über der Halle eingebaute Plattform beeinträchtigt gerade bei mehr Raumbedarf die Aufenthaltsqualität.In den
vorgeschlagenen Erweiterungsflächen im Untergeschoss könnten nur Raumreserven ohne Tageslichtbedarf entstehen. Die Fassade ist Abbild der Gebäudestruktur und hat eine atmosphärenreiche Ausstrahlung – die Kaskadenhalle zeigt sich zur Strasse als verglaste Struktur, flankiert mit stimmungsvollen feingliedrigen Holzfassaden, die auch um die Ecken an die Längsfassaden geführt sind, zusätzlich um eine hölzerne Laubengangschicht ergänzt. Durch die kompakte Setzung nur eines Gebäudes mit kleinstmöglichem Fussabdruck wird viel Potential für den Freiraum freigespielt.Eine Lichtung in naturnaher Gestaltung gesäumt von Bäumen und dem versetzten Mühlbach bietet eine angenehme Atmosphäre zum Aufenthalt für die Studierenden und Begegnungsmöglichkeiten für die Öffentlichkeit.Die den beiden Campusgebäuden vorgelagerten grosszügigen Freitreppen verbinden und vernetzen die Ge¬bäude im Freiraum.Der grosse allmendartige Campuspark wird zum selbstverständlichen Teil des übergeordneten öffentlichen Naherholungsraumes Kleinbruggen und dem Tier- und Freizeitpark Pulvermühle. Die strassenübergreifende Terrasse ist gleichzeitig Dach für die Haltestelle des öffentlichen Verkehrs, bietet gedeckte Veloabstellplätze und adressiert den Zugang des überhohen Multifunktionsraumes – das Netz der bodenbündigen Oblichter für die natürliche Belichtung ermöglicht zwar eine natürliche Belichtung, die lange Ausdehnung dieser Strassenüberführung ohne Bezug zum Freiraum hat jedoch nicht die gewünschte Ausstrahlung eines Ankunftsortes in eine Fachhochschule. Die Erschliessung ist übersichtlich gestaltet: Auf der Ostseite des Neubaus erfolgt die Zufahrt von der Pulvermühlestrasse. Die Tiefgarage ist kompakt und effizient im 2.Untergeschoss in der Mittelschicht des Neubaus angelegt, was sich sehr positiv auf die mögliche Baumsetzung und somit auf die Hitzeminderung auswirkt. Die Ein- und Ausfahrtsrampen sind an der östlichen Aussenwand hinter¬einander angeordnet, dass seitlich Platz für die Zufahrt der Anlieferung bestehen bleibt, die Ausfahrt der Anlieferung erfolgt über die Ringstrasse. Im Untergeschoss befindet sich ein runder Hof als Werkplatz. Das Projekt besticht durch einen Neubaukörper und einer gelungenen Integration über den Freiraum und die beiden Aussentreppen mit dem bestehenden Gebäude. Der Haupteingang und die damit verbundene Adressbildung ist klar ersichtlich, das Konzept sieht eine betrieblich willkommene Freitreppe über die Pulvermühlestrasse auf den Vorplatz vor, die Aussenflächen sind sehr grosszügig, die Grundrisse sind übersichtlich und flexibel zu entwickeln, der Unterhalt fällt gering aus und eine Dachnutzung ist möglich.Das Gebäude ist identitätsstiftend und markiert den Anspruch der FH Graubünden innovativ und attraktiv für die Ge-sellschaft, Wirtschaft, Studierende und Mitarbeitende zu sein.Die grosse Treppe über die Strasse ermöglicht ein sicheres Überqueren der Strasse in den Stosszeiten des Verkehrs sowie der gleichzeitigen Maximalnutzung durch die mehreren Hunderte von Studierenden.Die zehn Räume ohne Tageslicht sind im Betrieb erschwerend.Eine grössere Aufzugsanlage für Transporte ist nicht erkennbar.Für die Services/Technik ist kein unterirdisch oder oberirdisch gedeckter Durchgang vorgesehen. Das Projekt hat das Potenzial, die gestellten Anforderungen zu erfüllen.Das Tragkonzept mit einer Dachkonstruktion in Beton und einem darunter gestellten Holzbau mit je separater Lastableitung ist aufwendig und führt zu grossen Spannweiten.Speziell ressourcenintensiv sind das weit auskragende Vordach und die Freitreppen, welches die Werte bei der Grauen Energie stark belasten.Konstruktiv sind insbesondere der Sockelbereich und die Dachkonstruktion eher fraglich.Im Betrieb sind die Anforderungen wohl umsetzbar: der Dämmstandard ist ausreichend gewählt, die Eigenproduktion dürfte noch etwas auszubauen sein.Die thermische Behaglichkeit kann mit einigen Anpassungen gewährleistet werden, die Tageslichtnutzung ist gut.Auch in der Gebäudetechnik wird ein schlüssiges Konzept vorgelegt. Der Campusplatz Allmend sowie die Terrassen mit Freitreppen bieten eine attraktive Verbindung der beiden Hochschulgebäude und Raum für Begegnungen mit Bezug zur weitläufigen Landschaft. Die markante Freitreppe als Überführung einer öffentlichen Strasse wird aufgrund ihrer Grösse als kritisch beurteilt – das weit auskragende Dach übersteigt das angemessene Mass an Signalwirkung und die aufwändige Struktur in ressourcenintensivem Beton wird als falsches Zeichnen für eine zukunftsorientierte Hochschule gesehen. Die grosse Stärke des Projekts liegt im Innenraum – die Kaskadentreppe als zentrale Kommunikationsfläche bietet den gewünschten austauschreichen Studierendenalltag und die Arbeitsplätze erlauben ein kreatives Schaffen.