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Award / Auszeichnung | 10/2021

BDA Preis Bayern 2022

Einfach Wohnen in Puchheim

DE-82178 Puchheim, Schwarzäckerstraße 53-55a

Auszeichnung | Bauen für die Gemeinschaft

Florian Nagler Architekten GmbH

Architektur

merz kley partner

Tragwerksplanung

Städtische Wohnraumentwicklungsgesellschaft Puchheim Immobilien GmbH & Co.KG

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2018
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Es gibt gar nicht so wenige Menschen, die ein Problem haben, ein Dach über dem Kopf zu finden, oder zu behalten – auch in den reichen Gemeinden des Münchner Umlandes, sei es, dass man seine bisherige Wohnung nicht mehr bezahlen konnte, dass nach einer Trennung jemand schnell ausziehen möchte oder muss, dass man schon länger obdachlos war, oder ähnliches. Die Gründe sind vielfältig und bisweilen kommen sie überraschend.
Die Stadt Puchheim hat für Menschen, die kurzfristig auf der Suche nach Schutz und Unterkunft sind am Ortsrand von Puchheim-Ort ein Ensemble aus vier einfachen Häusern gebaut, das genau für solche Notfälle Wohnraum bietet. Hierfür haben wir vier nahezu baugleiche, um einen gemeinschaftlichen Hof gruppierte Häuser konzipiert. Ein kleines Technikgebäude mit überdachtem Freisitz rundet das Ensemble ab und schützt den Hof zur Straße hin. Alle vier Häuser sind vom gemeinschaftlichen Hof aus erschlossen. Da die Obergeschosse über außen liegende Treppen zugänglich sind werden, konnten die Grundrisse auf einem quadratischen Grundraster sehr flexibel entwickelt werden. Mehr oder weniger kann lediglich durch das Schließen und Öffnen von Türen ein Wohnungsmix von der 1 ½ - Zimmerwohnung bis hin zur WG mit 5 Individualräumen hergestellt werden.
Trotz der sehr einfachen Grundordnung entfalten die Häuser durch ihre Materialität im Inneren (geschliffener Estrich, teilweise sichtbare Holzwände und -decken), aber auch die farbig differenzierten Fassaden im Außenbereich einen ganz eigenständigen Charakter. Die Häuser sind als Holzbauten konzipiert und bestehen nicht nur weitgehend aus regenerativen Baustoffen, sondern genügen mit einer einfachen Abluftanlage bei den Bädern und einer PV-Anlage in Kombination mit einer Grundwasserwärmepumpe auch den Anforderungen an eine sinnvolle zeitgemäße technische Ausstattung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Wohnungsmarkt ächzt. In den Ballungszentren ist selbst die Mittelschicht vergeblich auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum. Für Geringverdienende, Rentnerinnen und Rentner, Auszubildende, Alleinlebende und Geflüchtete – um nur wenige Beispiele zu nennen – ist es in zentrumsnahen Lagen praktisch unmöglich geworden, leistbare Wohnungen zu finden. Dramatisch wird es, wenn das Schicksal Menschen zwingt, ihre Wohnung zu verlassen, aber eine neue Bleibe noch nicht gefunden ist. Für diese Menschen hat die Städtische Wohnraumentwicklungsgesellschaft Puchheim zusammen mit Florian Nagler Architekten ein Ensemble aus vier einfachen Häusern entwickelt, das einen günstigen Platz zum Leben für begrenzte Zeit bietet. Geradezu beispielhaft zeigt das Projekt auf, wie einfaches Wohnen in angemessener Ausstattung und Qualität realisierbar sein kann.


Der Entwurf gruppiert vier nahezu baugleiche, zweigeschossige Häuser um einen gemeinschaftlichen Hof, über den die Wohnungen im Erdgeschoss erschlossen werden. Die Wohnungen im Obergeschoss erreicht man über außen liegende Treppen. Diese pragmatische Entscheidung, die Erschließung nach außen zu legen, gestattet es zum einen, in der Grundrissgestaltung flexibel agieren zu können, zum anderen vereinfacht es die konstruktiven Anforderungen. Zugleich aber erwächst dadurch auch die Möglichkeit von Begegnungen. Dass man über einen gut gestalteten Hof im Alltag zusammenkommen kann, ist ein weiterer gelungener Aspekt des Projekts.


Die Häuser bestehen weitestgehend aus regenerativen, rezyklierbaren Baustoffen. Konstruktiv als einfache Holzbauten geplant, verzichten Florian Nagler Architekten auf betriebsintensive Gebäudetechnik: Nur eine Abluftanlage für die Bäder und eine Photovoltaikanlage in Kombination mit einer Grundwasserwärmepumpe kommen zum Einsatz.


Die Grundrisse der Häuser basieren auf einem quadratischen Grundraster und bieten unterschiedliche Wohnformen an: von der Eineinhalbzimmerwohnung bis zur Wohngemeinschaft mit fünf Zimmern. Diese einfache Grundordnung des Entwurfs setzt sich in der Materialität fort: geschliffener Estrichboden, partiell sichtbare Holzwände und -decken in den Wohnungen, dazu farbig differenzierte Fassaden im Außenbereich. Das Ensemble ist schlicht, wirkt aber weder spartanisch noch freudlos. Ausgesprochen gut gelingt es dem Architekturbüro, mit einfachen Mitteln eine behagliche Atmosphäre zu schaffen – und damit eine beispielhafte Typologie zu entwickeln, die aufgrund der aktuellen Marktlage leider häufiger benötigt werden wird.