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Award / Auszeichnung | 10/2021

Deutscher Nach­hal­tig­keits­preis Architektur 2022

Kö-Bogen II - Europas größte Grünfassade

DE-40212 Düsseldorf, Gustaf-Gründgens-Platz 1

Nominierung

ingenhoven associates gmbh

Architektur

CENTRUM Projektentwicklung GmbH

Bauherren

B&L Gruppe

Bauherren

Schüßler-Plan

Tragwerksplanung

AIP Bauregie GmbH

Projektsteuerung

HJPplan+ | Stadtplaner und Architekten Partnerschaft mbB

sonstige Fachplanung

ICG Ingenieure GmbH Geotechnik · Spezialtiefbau · Baugrunddynamik

Bauingenieurwesen

Prof. Dr. Strauch

sonstige Fachplanung

Prof. Dr. Reif

sonstige Fachplanung

Werner Sobek AG

Fassadenplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Groß- und Einzelhandel

  • Projektgröße:

    41.370m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

8 Kilometer Hainbuchenhecke – Europas größte Grünfassade

8 Kilometer Hainbuchenhecke, über 30.000 Pflanzen – Europas größte Grünfassade ist komplett. Die Fassade ist ein essentieller Bestandteil des Geschäfts- und Bürogebäudes Kö-Bogen II von ingenhoven architects. Das Ensemble bildet den Abschluss einer umfangreichen städtebaulichen Neugestaltung im Zentrum von Düsseldorf. Zugleich steht es für einen Paradigmenwechsel: Aus städtischer Perspektive für die Abkehr vom automobilen Zeitalter, die Hinwendung zum Menschen als Maßstab und mit der ausladenden Grünfassade für eine mögliche Antwort der Städte auf den Klimawandel. Der Stadt so viel Grün wie möglich zurückgeben ist eine Aufgabe, mit der sich ingenhoven architects seit Jahrzehnten mit Projekten über verschiedene Klimazonen und Kontinente hinweg beschäftigen – unter dem Begriff supergreen® verfolgt das Büro ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept.



Düsseldorfs neue Mitte

Da, wo bis 2013 eine Hochstraße dominierte, rückt heute der Hofgarten wieder in das Zentrum der Stadt. Kompositorisch sind die begrünten, zueinander abgeschrägten Fassaden des Kö-Bogens der Land Art entlehnt. Sie lassen den neuen Gebäudekomplex in einer bewussten Unbestimmtheit zwischen Stadt und Park changieren. Indem sie einen dynamischen Zugang zum Gustaf-Gründgens-Platz bilden, eröffnen sie den freien Blick auf die Ikonen der Nachkriegsmoderne – die klare Strenge des Dreischeibenhauses (1960) und die beschwingte Leichtigkeit des ebenfalls von ingenhoven architects sanierten Schauspielhauses (1970). Der Kö-Bogen II antwortet mit zeitgenössischen Mitteln. Selbstbewusst, jedoch ohne in Konkurrenz zu treten. Seit 1992 verfolgt Christoph Ingenhoven die Idee der Neukonzeption dieses zentralen Bereichs der Stadt und lieferte mit Studien, städtebaulichen Entwürfen und konkreten Projekten immer wieder wesentliche Impulse.

Going Green

Mit den laubhaltenden Hainbuchen wurde bewusst eine heimische Pflanzenart gewählt. Durch ein umfassendes phytotechnologisches Konzept werden die Hecken zu einem integralen Bestandteil des Gebäudes. Sie verbessern das Mikroklima der Stadt – das Grün schirmt im Sommer die Sonnenstrahlen ab und reduziert den innerstädtischen Wärmeeffekt, bindet Kohlendioxid, speichert Feuchtigkeit, dämpft Lärm und fördert die Biodiversität. Der ökologische Nutzen der Hainbuchen entspricht dem von rund 80 ausgewachsenen Laubbäumen. Eine mögliche Antwort der Städte auf den Klimawandel.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die große Qualität des Projekts Kö-Bogen II liegt in der städtebaulichen Setzung. Die solitäre Ausstrahlungskraft der frisch sanierten Architekturikonen und Baudenkmale des Dreischeibenhauses und des Schauspielhauses in Düsseldorf werden gestärkt. Mit dem nördlich angrenzenden Hofgarten stellt das Projekt dazu gemeinsam den grünen Rahmen her. Dies aber nicht in Form einer Grünanlage, sondern als intensiv begrüntes Bauwerk, dessen abgeschrägte, bewachsene Fassaden und Dächer der „Land Art“ entliehen sind. Der Verfasser spricht von einem Paradigmenwechsel der Abkehr von der autogerechten, steinernen Stadt hin zur grünen, klimaangepassten Stadt des menschlichen Maßstabs. Es gehe darum, der Stadt so viel wie möglich unversiegelte Grün- und Naturfläche zurückzugeben, die durch die bauliche Inanspruchnahme des Bodens verloren gehen. Rechnerisch sind das der komplette Fußabdruck des Gebäudes und die Fassade, d.h. 140 Prozent der Grundfläche werden begrünt. Das Nebengebäude bietet sogar ein öffentlich begehbares, zehn Meter hohes, schräges Grasdach. Aus einem „entweder Bauwerk oder Grün“ wird ein „sowohl als auch“.

Der Kö-Bogen II ist zunächst ein komplexes, gegenwärtige Nachhaltigkeitsstandards erfüllendes Immobilienprojekt: Eine mehrgeschossige Handelsimmobilie mit Büroflächen in den Obergeschossen, unterirdisch mit Parkgeschossen und mit einem Nahversorger im Tiefgeschoss. Die Haustechnik ist konventionell ausgeführt und, inklusive der Klimaanlage für die Shops, auf dem begrünten Dach untergebracht. Die Bauweise, die technische Gebäudeausrüstung und die energetischen Versorgungssysteme unterschreiten hier die Anforderungen der Energieeinsparverordnung 2016. Der Kö-Bogen II ist in seiner gesamten Ausführung mit DGNB Platin vorzertifiziert, die Bauprodukte sind entsprechend dieser Anforderung ausgewählt.

Die großvolumigen Grünfassaden wurden durch die spezifische Nutzung möglich: Die vier Handels- und Gastronomieetagen benötigen keine Fenster zum Platz. Nach Osten sowie nach Süden zur Schadowstraße, eine der meistfrequentierten

Einkaufsstraßen Deutschlands, bildet der Kö-Bogen II gebäudehohe, städtische Glasfassaden aus. Konzeptionell bietet das Projekt demgegenüber im wahrsten Sinnen des Wortes eine grüne Schauseite. Die grünen Platzfassaden sowie das Schrägdächer werden zum Symbol und Superlativ für eine neue Dimension von Grün und Natur in der Stadt („Europas größte Grünfassade“). Die 35.000 vorgezogenen Hainbuchen-Heckenpflanzen sind in mehr als 500 Pflanztrögen untergebracht und ergeben eine insgesamt acht Kilometer lange Hecke, die vom Grünvolumen her mit 80 großen Bäumen vergleichbar ist. Das in die Tragkonstruktion integrierte Be- und Entwässerungssystem speist sich im Wesentlichen aus Regenwasser. Für die Phasen, in denen das Regenwasser nicht ausreicht, wurde eine bedarfsorientierte, sensorgesteuerte Tropfbewässerung installiert. Andererseits wird der drei Mal jährlich stattfindende Heckenschnitt bewusst als Lowtech-Lösung per Hand durchgeführt. Der Investor wurde durch einen städtebaulichen Vertrag verpflichtet, die Qualität der Grünfassade für 99 Jahre zu garantieren. Das derzeit laufende Monitoring des Begrünungssystems liefert Erkenntnisse für Betrieb und Wartung der Fassade. Hier leistet das Vorhaben Pionierarbeit für künftige Bauvorhaben mit intensiver Fassaden- und Dachbegrünung.

Die Jury sieht in dem Projekt den ambitionierten Versuch, Bauen, Technik und Natur zu verbinden und im Sinne einer neuen Qualität einer grüneren, menschlicheren Stadt wirksam werden zu lassen.