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Award / Auszeichnung | 10/2021

Deutscher Nach­hal­tig­keits­preis Architektur 2022

Forschungshäuser Bad Aibling

Forschungshäuser Bad Aibling

Einfach Bauen, Drei Forschungshäuser in Bad Aibling

DE-83043 Bad Aibling, Dietrich-Bonhoeffer-Straße 5, 5b, 5c

Sieger

Florian Nagler Architekten GmbH

Architektur

B&O Gruppe

Bauherren

merz kley partner

Tragwerksplanung

IB Horstmann + Berger

Bauphysik

PHIplan

Brandschutzplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Forschungszentrum Einfach Bauen, TU München

Universitäten / Hochschulen

The Pk. Odessa Co

Fotografie

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Bauen wird immer komplexer. Dies überfordert Planer und Baufirmen aber vor allem auch die späteren Nutzer. Inzwischen wurde mehrfach beobachtet, dass die Häuser in der Praxis nicht so funktioniert haben, wie in der Theorie vorgesehen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens passieren bei komplexen Projekten viele Fehler. Zweitens verhalten sich die Nutzer nicht so, wie sie es theoretisch sollten. Drittens ändern sich meist die Rahmenbedingungen nach einer gewissen Zeit in einer Art und Weise, die man nicht vorhersehen konnte. Da liegt es nahe zu überlegen, ob es nicht auch einfacher und robuster geht.

Die Forschungshäuser in Bad Aibling basieren auf den Ergebnissen einer Grundlagenforschung, die von der Forschungsgruppe „Einfach Bauen“ an der TU München durchgeführt wurde. Mit Hilfe von mehreren tausend unterschiedlichen Raummodellen wurde untersucht, wie ein einfaches Haus aussehen muss, dass von sich aus im Winter wenig Energie benötigt und sich im Sommer nicht unnötig aufheizt. Dabei wurde das robuste Optimum gesucht, also eine Variante, welche gut funktioniert, unabhängig vom Zutun der Nutzer. Dadurch, dass die Gebäude auf das Wesentliche und Notwendige reduziert sind, ist es möglich, langlebige und umweltverträgliche Häuser zu schaffen – als Kontrapunkt zur aktuellen Entwicklung hin zu immer komplexeren, kurzlebigeren Gebäuden.

Auf dem B&O Parkgelände entstanden im Rahmen des Projekts drei Forschungshäuser mit monolithischen Wandaufbauten – eines komplett aus Holz, eines aus Mauerwerk und eines aus Leichtbeton.
Dabei wurde die Strategie „Einfach Bauen“ konsequent umgesetzt:
• Einschichtige Wand- und Deckenkonstruktion
• Verzicht auf Hilfsstoffe und materialfremde Sonderbauteile
• Konsequente Trennung von Gebäude und Techniksystemen
• Klimatische Trägheit durch Bauteile mit großer thermischer Speichermasse
• Angemessene Fensterflächen – kein weiterer Sonnenschutz erforderlich

Die Gebäude sind inzwischen bewohnt. In den nächste zwei Jahren wird über Dauermessungen das Raumklima, der Energieverbrauch und das Nutzerverhalten ermittelt. Aus den Daten können dann Rückschlüsse über den Erfolg der Strategie Einfach Bauen gezogen werden. Vielleicht geht ja auch noch einfacher.

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine wichtige Erkenntnis des vergangenen Jahrzehnts ist, dass der Ersatz ressourcenintensiver Baumaterialien durch nachwachsende Baustoffe und die lokale Gewinnung erneuerbarer Energien als Maßnahmen für einen Wandel zur CO2-Neutralität der Bauindustrie wohl nicht genügen wird. Dafür ist der weltweite Bedarf nach Gebäuden nach wie vor zu groß. Effizienzgewinne gehen durch die steigende Bautätigkeit schnell wieder verloren. Eine globale Verbesserung des Energie- und Ressourcenverbrauchs der Bauindustrie bleibt in der Gesamtheit daher weit hinter den Erwartungen zurück. Wenn uns der Wandel zu einer CO2-neutralen, gebauten Umwelt wirklich gelingen will, müssen wir lernen nicht nur konventionelle Materialien durch Ressourcenschonendere zu ersetzen, sondern von vornherein auf einzelne Schichten und komplizierte Haustechnik zu verzichten.

Neben der Reduktion von Material liegt im vereinfachten Aufbau ein wichtiger Schlüssel für schnellere Bauzeiten und damit geringere Baukosten. Ebenso ist eine verbesserte Recyclierbarkeit der Gebäude zu erwarten. Es muss uns daher gelingen, durch die kritische Prüfung der Sinnhaftigkeit unserer gewohnten Konstruktionsweisen Wege zu finden, um weniger zu verbauen: Einfacher zu bauen.

Mit dieser Fragestellung setzt sich das Projekt „Einfach Bauen“ in Bad Aibling in vorbildlicher Art und Weise auseinander. Drei identische Häuser wurden in Leichtbeton, Massivholz und Mauerwerk errichtet. Die jeweils einschichtigen Konstruktionen der monolithischen Wandbauweise bieten ausreichend Dämmung. Die gewünschte klimatische Trägheit wird über die

große thermische Speichermasse erreicht. In bis zu 2600 Varianten wurde das Volumen und der Anteil der Fensterflächen optimiert, um die Heiz- und Lüftungstechnik auf ein Minimum zu reduzieren.

Neben der Konstruktion und Nutzung wurde auch die Recyclingfähigkeit der Gebäude untersucht. Durch die gewählte vereinfachte Bauweise ohne Fremdmaterialien wird ein überdurchschnittliches Recyclingpotential erreicht.

In diesem Langzeitprojekt tragen die Architekt:innen und Ingenieur:innen der Technischen-Universität München die aktuellen Entwicklungen in den Materialgruppen Holz, Ziegel und Beton zusammen. Neben der Konstruktion wird auch das Nutzerverhalten, die Behaglichkeit und das Raumklima über einen längeren Zeitraum bewertet, um Erkenntnisse über Einsparungen in der Gebäudetechnik zu erhalten.

Es werden die Möglichkeiten und Grenzen des Prinzips „Einfach Bauen“ wissenschaftlich fundiert betrachtet. Die Ergebnisse werden als Wissenstransfer über eine Website kommuniziert, sodass von dem Projekt wichtige Impulse in die deutsche Bauindustrie zu erwarten sind. Das Projekt "Einfach Bauen" kann so zum Startpunkt für eine neue Bauentwicklung werden.
Forschungshäuser Bad Aibling

Forschungshäuser Bad Aibling