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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Kindertagesstätte und geförderter Wohnungsbau Schwanenstraße in Solingen

Perspektive Vorplatz

Perspektive Vorplatz

1. Preis

Preisgeld: 18.500 EUR

Schilling Architekten

Architektur

Studio Grijsbach Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der besondere Ort mit Stadtbezug und Freiraumbezug bietet die Chance, ein Konzept der Verbindung von Natur, Infrastruktur und Lebensumfeld umzusetzen. Eine Oase umgeben von grünen Freiräumen. Das Gebäude hat Ähnlichkeit mit einem vertikalen Dorf. Ein Hybrid, der die Potentiale aus dem Zusammenspiel verschiedener Nutzungen zu etwas Neuem entwi-ckelt. Eine besondere Bauskulptur eingebunden in eine grüne Umgebung: lebenswert, nach-haltig und schön.

Städtebau | Das Grundstück hat die Eigenschaft eines Gelenks zwischen verschiedenen Einflüssen, da an dieser Stelle der Waldfriedhof nördlich direkt an die Schwanenstraße angrenzt und sich mit den südlich gelegenen Wald- und Grünbereichen nahezu berührt.
Es scheint hier sinnvoll, keine bauliche Straßenkante auszubilden, sondern das Gebäude etwas zurückversetzt mit einem kleinen grünen Vorplatz in die Fläche einzubinden und ringsum erfahrbar zu machen. Der Vorplatz wird durch eine Hecke von der Straße abgeschirmt und bildet einen idyllischen Aufenthaltsort gegenüber dem Waldfriedhof mit attraktiven Zugängen zu Kita und Wohnungen.

Funktionen | Die Kita öffnet sich mit einer zweigeschossigen Eingangshalle, welche als Aufenthalts- und Spielfläche Beziehungen zu allen umgebenden Freiräumen herstellt. Hier sind die gemeinsame Küche und der Mehrzweckraum zentral und offen angegliedert. Eine großzügige Treppe verbindet die beiden Ebenen räumlich und funktional.
Sitzstufen im Obergeschoss, ein großer gemeinsamer Tisch oder verschiedene Spielbereiche ermöglichen eine gemeinsame Erfahrungswelt auch außerhalb der Gruppenbereiche. Die Gruppenbereiche haben jeweils zentrale Zugänge, wodurch eine unabhängige Nutzung der den Gruppen zugeordneten Räume gesichert ist.
Die Wohnungen unterschiedlicher Größe sind hinsichtlich der Belichtung aller Aufenthaltsräu-me ideal orientiert und zugeschnitten. Sie bieten flexible Möglichkeiten für unterschiedliche Nutzergruppen oder gemeinschaftliche Wohnformen. Sie folgen der Idee, in den Baumwipfeln ein kleines Dorf mit gemeinschaftlichen Freiflächen zu bilden.

Architektur | Die Architektur reagiert auf die verschiedenen Einflüsse, Ausrichtungen und Raumpotentiale des Ortes. Dabei wird auf Basis des Programms ein abwechslungsreiches und sinnvolles Gefüge geschaffen, welches ausgesprochen reizvolle Bezüge zur Umgebung im Inneren und im Äußeren herstellt.
Eine ungezwungene zeitgemäße Architektur auf Basis traditioneller sowie moderner Gestaltungsprinzipien. Das Konzept ist funktional, konstruktiv und technisch auf eine rationelle Erstellung in nachhaltiger und ressourcenschonender Holzbauweise abgestimmt und ausgelegt. Die Fassaden werden mit witterungsbeständigem Zedernholz oder Lärchenholz verkleidet.

Freiraum | Die Positionierung des Hauses als ein kompakter Baustein inmitten des Grund-stücks ermöglicht den größtmöglichen Erhalt der Bäume. Allseitig wird das neue Haus umringt von Hecken, Gehölzen und Bäumen. Die schönen erhaltenswerten Bestandsbäume werden freigestellt und kommen dadurch besser zur Geltung. Sie werden ergänzt mit gezielt gesetzten neuen Bäumen. Prägen die Bäume im Norden, Westen und Osten als Solitäre die Freiräume, verdichten sie sich nach Süden und gehen in den angrenzenden waldartigen Baumbestand über. Es entsteht schon an der Schwanenstraße die lockende Idylle eines robusten, offenen Hauses im Wald.

Der Zugang zu diesem „Haus im Wald“ findet lediglich an zwei engen Stellen, für Fahr- und Fußverkehr getrennt, statt. Unmittelbar hinter der schützenden großen Hecke öffnet sich eine Folge von Freiräumen.
Das großzügige Foyer des Kindergartens ermöglicht diverse Ein-, Aus- und Durchblicke ins Grüne. Östlich – zur Morgensonne – erweitert sich das Foyer optisch nach Außen: Informelle Nischen laden ein zum Spielen vor Kitabeginn oder zum generationenübergreifenden Plaudern unter dem Blätterdach des riesigen Spitzahorns (Bestandsbaum).

Die Gruppenräume öffnen sich nach Süden. Der Freibereich der Kita gleicht einer Lichtung im Wald. Als gartenhistorischer Archetypus des Freiraums vermittelt die offene Waldwiese inmitten des dichten Baumbestands den Kindern Geborgenheit, Schutz und zugleich ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer. Es entsteht ein naturnaher Erfahrungsgarten, wo die pädagogischen Erlebnisse nicht vorprogrammiert sind, sondern durch die Kinder selbst, anhand vorgefundener und eigens modifizierter Themen, gestaltet werden.

Der Gartenbereich für die Wohnungen zeigt sich als pflegearme wild-romantische Gemein-schaftswiese mit Trittpfaden und Sitznischen. Die Dachwiese besteht aus teils mannshohen Trocken- und Präriestauden in mineralischem Mulch. Eine Aneignung der Bewohner ist explizit erwünscht: Für Nutz- und Essgärten kann die Substratschicht punktuell oder in Hochbeeten angereichert werden.
In Anlehnung an der Geschichte des Ortes als Frischluft- und Sonnenbad bezweckt die Gestaltung des Freiraums ein aufheiterndes, förderndes und individuelles Erleben der ortstypischen Wald- und Wiesenlandschaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Überzeugend ist die prägnante und klare Struktur des Entwurfes. Das Gebäudekonzept für die viergruppige Kita und die sechs Wohneinheiten besteht aus drei dreigeschossigen Häusern, die über einen zweigeschossigen Baukörper miteinander verbunden werden. Durch die Setzung der Baukörper wird zur Schwanenstraße ein gut dimensionierter Vorplatz entwickelt, der sowohl den Besuchern und Nutzern der Kita als auch den Bewohnern einen angenehmen Ankunftsort bietet. Allerdings wird die städtebauliche Geste der Öffnung zur Schwanenstraße und das damit verbundene Rückspringen des Baukörpers von der Jury kontrovers diskutiert.

Die innere Organisation des Gebäudes ist klar und überzeugend einfach. Die Gruppenräume der Kita und der Mehrzweckraum werden auf zwei Etagen in den drei Häusern situiert, wodurch für die Kinder eine sehr gute Orientierung erzeugt wird. Jede Gruppe erhält ihr „Haus“. Im Inneren werden diese Häuser über die zum Teil zweigeschossige Flurzone begangen, die neben der Erschließungsfunktion auch gut nutzbare und wohl proportionierte Aufenthaltsbereiche bietet. Diese sind auch für Feste und Veranstaltungen gut bespielbar, erscheinen aber aus wirtschaftlicher Sicht als zu groß dimensioniert. Die Konzeption der Kita mit ihren verschiedenen Zonen und die Organisation der Gruppenbereiche sind sehr gut gelöst und bieten insbesondere für die Kinder vielfältige innenräumliche Qualitäten.

Die sechs Wohneinheiten befinden sich im zweiten Obergeschoss der drei Häuser und werden mittels eines gemeinsamen Kerns über die begrünte Dachfläche des Verbindungsbaus erschlossen. Diese große, gemeinsame grüne Vorzone der Wohnungen bietet ein besonderes Potential für die zukünftige Bewohnerschaft. Die Möglichkeit, durch ein Oberlicht von der Dachterrasse in die Kita einsehen zu können, ist aber zu kritisieren. Die innere Struktur der Wohnungen ist gut gelöst, ein sinnvoller Wohnungsmix wird dargestellt. Teilweise sind die Wohnungen aber etwas zu groß und mit kleinen Mängeln behaftet, die die Förderfähigkeit einschränken.

Die Zonierung der Freiflächen ist gut gelungen. Der Freibereich der Kita erscheint ausreichend dimensioniert und bildet gut zonierte Teilbereiche mit unterschiedlichen Qualitäten und Erfahrungsbereichen. Allerdings wird durch die Stellung der Baukörper die übergeordnete Grünverbindung von Nord nach Süd in Teilen unterbrochen. Auch die Bautiefe wird leicht überschritten.

Die gewählte Materialität und das Verhältnis der geöffneten und geschlossenen Fassadenflächen unterstützen die Skulpturalität des Baukörpers.

Der Entwurf überzeugt durch seine gute Dimensionierung, seine klare Strukturierung und die Kinder- und Bewohner-freundliche Gestaltung der Fassaden. Die Arbeit stellt einen wertvollen und zukunftsweisenden Beitrag für die Bauaufgabe dar.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss Dachgeschoss

Grundriss Dachgeschoss

Ansicht Nord und Schnitt

Ansicht Nord und Schnitt

Aussenperspektive südost

Aussenperspektive südost

Aussenperspektive südwest

Aussenperspektive südwest

Aussenperspektive Platz

Aussenperspektive Platz

Aussenperspektive Dachgarten

Aussenperspektive Dachgarten

Aussenperspektive Dach

Aussenperspektive Dach