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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2021

Neubau Kranicherlebniszentrum an der Talsperre Kelbra

3. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

SPACE4

Architektur

SETUP Landschaftsarchitektur PartG mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Leitgedanke des Entwurfs

Die Dynamik des Fliegens in einer abstrakten Form zu zeigen ist der Grundgedanke des Entwurfs. Einem Flügelschlag gleich fächern sich die Baukörper aus einem massiven Sockel heraus aufsteigend nach oben, dem Himmel entgegen.


Situierung

In Fortführung des vom See her ansteigenden Geländeverlaufs bildet dieser Sockelbau zur Straße hin eine klare, präzise formulierte Kante. Der begehbare Sockelbau des neuen Kranichinformationszentrums ordnet sich in die Bauflucht des Bestandes ein.


Erschließung und Zugänge

Aufgrund seiner baukörperlichen Ausformulierung ist der Eingang in das Foyer des Ausstellungsbereichs leicht auffindbar. Alternativ ist es den Besuchern möglich das Dach des Gebäudes im Sockelbereich beginnend jederzeit zu begehen. Dort aufsteigend gelangt er auf eine Aussichtsterrasse mit Blick auf den See. Sie dient als Vogelbeobachtungsplattform.

104 Besucherparkplätze befinden sich vor dem bestehenden Seebadgebäude auf der Ostseite des Neubaus. In der Planung ist vorgesehen diese Parkplätze stärker als bislang zu begrünen, sowie diese mit einer lockeren Baumbepflanzung zu versehen. Auf der Ostseite des Neubaus befinden sich auch der separate Mitarbeiterzugang und die Zone für Anlieferung und Versorgung. Dort befinden sich 3 Mitarbeiterparkplätze sowie 15 Fahrradstellplätze mit entsprechenden Ladestationen.


Raumbildung und Gliederung

Der Entwurf ist gekennzeichnet durch den flach aufsteigenden Sockelbau, aus diesem ragen zwei hölzerne Baukörper unterschiedlicher Größe und Höhe hervor. Diese Baukörper beinhalten das Foyer und den Ausstellungsbereich. Die Baukörper sind gekennzeichnet durch eine maßvolle Anordnung und Dimensionierung und orientieren sich in Richtung des Sees. Sowohl Foyer als auch Ausstellungsbereich bieten präzise geschnittene Sichtbeziehung in Richtung des Naturraumes. Die vertikale Erschließung innerhalb des Gebäudes erfolgt über eine einladende Treppe entlang einer Innenvitrine die den Weg nach oben weißt, in Richtung des großen Panoramafensters im Ausstellungsbereich. Dieses bietet aus der erhöhten Position einen faszinierenden neuen Blick auf den See.

Die Funktionsbereiche sind klar geordnet und durch ihre baukörperliche Gestaltung klar ablesbar. Foyer und Ausstellungsbereiche sind als Holzkonstruktion sofort erkennbar. Die Büro- und Nebenbereiche sind untergeordnet im Sockelbereich untergebracht. Der Bürobereich ist separat zu erreichen. Die Besucher sind dadurch von den Mitarbeitern und dem Anlieferungsverkehr getrennt.


Architektonischer Ausdruck

Die Formensprache der Architektur ist zeichnet sich durch die Verwendung zweier Materialien aus: Sichtbeton im Sockelbereich, als erdverbundener schwerer Körper, an der Oberfläche rau und handwerklich behandelt, dazu rohes natürliches regionales Holz. Der Sockelbereich aus Beton markiert die Fortführung der Landschaft und bietet mit seiner groben Oberfläche einer Begrünung Halt. Die in diesen Sockelbereich eingesteckten Holzbaukörper verfügen über eine Schalung mit feinem Bandsägeschnitt, welche im Laufe der Zeit vergraut. Beide Materialien verfügen somit über eine natürliche Fähigkeit zu altern und sich so im Laufe der Zeit seiner Umgebung an.


Identität

Gleich den großen Schwingen der Kraniche steigen die beiden Baukörper aus dem Sockelbau empor. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Neigung und Dimension ergibt sich zwanglos eine formale dynamische Wirkung. Das Gebäude nimmt jedoch nicht nur einen Bezug zum Thema auf, sondern es erlaubt auch eine funktionale und effektive Nutzung als Beobachtungsstation für Ornithologen. Beim Entwurf wurde darauf geachtet, dass Besucher des Informationszentrums und Vogelbeobachter getrennte Erschließungssysteme verwenden. Dies erlaubt eine ungestörte Beobachtung des Vogelfluges und der Kranichrast getrennt vom Erlebnisbereich der Ausstellung. Die Beobachtungsstation ist durch diese autonome Erschließung auch außerhalb der eigentlichen Öffnungszeiten des Erlebniszentrums nutzbar.


Raumprogramm

Unmittelbar nach dem Eintritt durch den Windfang erhebt sich der Holzbau des Foyers mit einem Blick auf den Naturraum.

Die Nebenräume liegen direkt am Foyer, welches durch eine ablesbare Tragkonstruktion gekennzeichnet ist. Vom Foyer aus erschließt sich der Seminar- und der Veranstaltungsbereich mit einem Vorbereich, der durch einen Luftraum mit der Ausstellungsebene verbunden ist. In diesem Luftraum befindet sich eine Rauminstallation.

Alle Nebenbereiche, Toiletten und Garderoben sind sowohl vom Foyer als auch vom Veranstaltungsbereich direkt zugänglich. Der Ausstellungsbereich befindet sich im ersten Obergeschoss des größeren der beiden Holzkörper. Er wird durch eine zwischen den beiden Körpern verlaufende Treppe erschlossen.

Durch ein Oberlicht wird der Ausstellungsraum zusätzlich belichtet, Nordlicht in den Raum geführt und der Blick in den Himmel eröffnet.

Die Ausstellungsebene teilt sich in zwei Bereiche: der Ausblick und die thematische Inszenierung. Der Auftaktbereich wird beherrscht durch ein Panoramafenster zum Naturraum. Hier werden die Landschaft, die Natur und die Vögel erlebbar und verständlich gemacht (Einführung). In einem zweiten Bereich, der räumlich eher geschlossen gehalten ist, bieten sich vielfältige Möglichkeiten der Themeninszenierung. Hier werden den Besuchern auf unterschiedliche Weise mit medialen oder interaktiven Angeboten tiefergehende Einblicke in Einzelthemen präsentiert.


Ökologie

Alle Materialien weisen einen unbearbeiteten und unbehandelten Oberflächencharakter auf.

Nachhaltigkeit wird durch eine Reduzierung der Formensprache und eine Reduktion der Anzahl der verwendeten Materialien erreicht. Sinnvolle Anwendung kennzeichnet einen zukunftsorientierten Umgang mit architektonischer Gestaltung. So macht die eingeschossige Bauweise des Sockelgeschosses, den Einsatz eines gewichtsreduzierten Leichtbetons mit Aerogelzusatzstoffen möglich. Diese Zusatzstoffe erzielen einen hohen Dämmwert der Konstruktion und erhalten zu gleich die Sichtqualität der Betonkonstruktion im Inneren. Die Holzkörper werden in Holzrahmenbauweise ausgebildet. Die Rahmen machen dabei die Tragstruktur ablesbar, bei gleichzeitiger Gliederung der Wandflächen. Der Wandaufbau erhält eine Dämmung aus Holzfaserwerkstoffen, sowie eine Verkleidung mit Brettern aus aufgeschnittenen Eichenholzschwellen.


Innenraumqualität

Die Räume sind übersichtlich und klar strukturiert. Eine Beziehung der unterschiedlichen Geschoßebenen ist durch Lufträume möglich. Die Blickbeziehungen im Inneren des Gebäudes sind ebenso wichtig und verbindend, wie eine dominierende visuelle Einbeziehung des Außenraumes.


Materialien / Oberflächen

Das Projekt ist gekennzeichnet durch die Verwendung von zwei wesentlichen Materialien:

Beton und Holz.

Beide Materialien werden so eingesetzt, dass diese sowohl von außen als auch im Innenraum wahrnehmbar sind.

Das schwere Material, Beton führt die natürlich gehaltene Landschaftsgestaltung des Außenraumes in den Sockelbereich des Neubaus über. Die Oberflächenbearbeitung der Betonflächen erlaubt es, dass diese eine natürliche Patina erhält. So verbinden sich Landschaftsraum und Sockelgebäude. Die hölzernen Baukörper wirken wie in diesen Sockel hineingesteckt. Ihre leicht wirkende, diagonale Holzverschalung vergraut mit der Zeit und unterstützt dadurch einen leichten, sich auflösenden Eindruck.


Tageslicht

Bei der Gestaltung der Innenräume und des Ausstellungsbereiches ist die Nutzung

ausreichender Tageslichtqualität Grundlage des Lichtkonzeptes. Alle

Fensteröffnungen sind zur Nordseite hin orientiert und ermöglichen somit eine

störungsfreie Belichtung mit Zenitlicht. Für Kunstlicht ist die Verwendung von

energieeffizienter LED- Beleuchtung vorgesehen.


Freiraumkonzept

Zur Kranichzugzeit breitet sich auf der Nordseite eine Mittelwiese als ein schlichter und grüner Teppich vor den Beobachtern aus. Nichts lenkt den aufmerksamen Blick ab. Außerhalb des Beobachtungsbereiches liegen die Freiräume des Freibades und der Campingwiese. Diese nehmen Freizeiteinrichtungen für Spiel, Sport und Bewegung auf. Bäume spenden hier Schatten. Die bestehende Natursteinabtreppung der Rutsche im Seebad wird überarbeitet und in das Gesamtkonzept des Außenbereiches mit aufgenommen.

Der leicht „perforierte“ Grünriegel im Westen verbindet in den Sommermonaten die Mittelwiese mit der Campingwiese. Dadurch ist der Blick auf die Nistplätze der Kraniche frei.

Das Kranichzentrums ist auf beiden Seiten von teils bestehenden und teils neu gesetzten Laubbäumen locker gerahmt und durch seine Materialität Teil dieser natürlichen Landschaft.

Der Sockelbau ist von sanften Gräsern und niederem Schilf sanft umhüllt. Die Bäume am Seeufer werden zurückgeschnitten.

Orthogonale Außenflächen werden mit bandartigen Natursteinbelägen belegt. In der Gebäudefuge des Foyers geht der Natursteinbelag vom Entree bis zum Antritt in die freie Landschaft über und führt mit sich immer weiter auflösenden Bändern in die Landschaft hinein. Auf dem natürlich geneigten Gelände entwickeln sich die Natursteinbänder teils zu schlichten Sitzgelegenheiten - die wie Mäuerchen ausgebildet sind - teils zu Belagstrittsteinen im grünen Teppich. Das Regenwasser wird durch die Dachbegrünung rückgehalten, überschüssiges Wasser wird beidseits des Gebäudes in die tiefergelegenen Retentionsmulden der Schilfflächen geleitet. Eine Blühwiesen vor dem Eingang, die autochthonen Einsaaten der Dachlandschaft und Gehölze der potenziell natürlichen Vegetation sollen die Biodiversität für die Besucher sichtbar werden lassen.


Flächen und Volumeneffizienz

Der Entwurf zeichnet sich durch eine Kompaktheit des Grundrisses aus. Die Erschließungsflächen sind minimiert. Baukörperdimension und Volumen sind maßvoll gewählt und angeordnet.


Potenzial zur Einhaltung des Budgets / Kosten-Nutzen-Relationen

Der Entwurf weißt sowohl ein kompaktes Volumen als auch ein gutes A/V Verhältnis auf. Die verglasten Flächenanteile sind geringgehalten, sodass ein Großteil der Hüllfläche opak ist. Die Fensterflächen sind präzise gesetzt, binden die Landschaft optisch an. Sie benötigen auf der Nordseite keinen Sonnenschutz.


Konformität mit grundstücksbezogenen Rahmenbedingungen

Das Grundstück steigt leicht vom See her nach Süden an. Dieses Ansteigen wird in der Sockelgestaltung mit aufgenommen. Das Gebäude erhält keine Unterkellerung, die Geländebewegungen beim Bau sind daher gering. Auf Einfriedungen kann grundsätzlich verzichtet werden, das Gelände bleibt frei zugänglich.


Ökonomische Nachhaltigkeitsaspekte (Energie / Material / Unterhaltung)

Beim Entwurf wurde darauf geachtet die Baukörpervolumen möglichst kompakt zu halten, die Erschließungsflächen innerhalb des Gebäudes wurden minimiert und weisen möglichst einen Mehrfachnutzen wie Foyer oder Vorbereich für Seminar- und Veranstaltung auf. Das raumprägende Material ist in allen öffentlichen Bereichen Holz. Es ist durch die Art des konstruktiven Aufbaus der geschlossen gehaltenen Fassadenbereiche sowohl im Innenbereich als auch Außen prägend.

Aufgrund des Entwurfsansatzes den Innen- und Außenbereich visuell miteinander zu verbinden verfügt der Neubau über großzügig wirkende und zum Naturraum orientierte verglaste Bereiche. Die Konstruktion des begehbaren Sockelbereichs aus Aerogelbeton n behält seine charakteristische „Sichtbetonoberfläche“ sowohl im Innen- als auch im Außenbereich.

Die begehbaren Dachkonstruktionen sind sowohl begrünt als auch mit befestigten Belägen aus Hartholz versehen. Hierdurch entsteht zwanglos eine Zonierung und Wegeführung.

Die sinnvolle und maßvolle Verwendung der konstruktiven Elemente prägt diesen Entwurf. Die Materialen werden einem natürlichen Alterungsprozess überlassen. Konstruktive Schutzmaßnahmen können reduziert werden, chemische Schutzmaßnahmen entfallen. Die Nachhaltigkeit ist auf Grund des sinn- und maßvollen Einsatzes der konstruktiven Mittel gegeben.

Beurteilung durch das Preisgericht