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Offener Wettbewerb | 06/2021

Neubau Naturwissenschaften an der Uni Muesmatt in Bern (CH)

4. Rang / 3. Preis / Projektteil

Ruprecht Architekten

Architektur

Hager Partner AG

Landschaftsarchitektur

WaltGalmarini AG

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

WAP Partner Ingenieure

TGA-Fachplanung

Laborplaner Tonelli AG

sonstige Fachplanung

MichaelJosefHeusi GmbH

Lichtplanung

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau
Drei in der Höhe gestaffelte, parallel zum Roost-Bau ausgerichtete grosse Baukörper bilden ein Ensemble und schaffen BezĂŒge zur Pauluskirche, zu den benachbarten, historischen Bauten sowie zum Strassenraum. Die dicht gesetzte Dreier-Konstellation schafft eine eigenstĂ€ndige urbane Figur, die eine differenzierte Durchwegung des Areals in Grundriss und Schnitt aufbaut und den Gertrud-Woker Platz neu definiert. Durch das allseitige ZurĂŒcksetzen der Erdgeschossfassaden mit Referenz zu den historischen Lauben wird der Aussenraum unter die GebĂ€udekörper erweitert und eine Differenzierung von «hinten» und «vorne» vermieden und so eine identitĂ€tsstiftende Einheit von der Freiestrasse bis zur Balzerstrasse gesucht. Die volumetrische Komposition vermag sich jedoch nur ungenĂŒgend mit dem Quartier zu verbinden. Kritisch werden die Kalibrierung der Höhenstaffelung und der Distanzen zum Roost-Bau und zur Freiestrasse sowie der wuchtigen Baumasse im Baubereich 2 beurteilt. Die geschlossene Komposition prĂ€judiziert eine weitgehend homogene architektonische Umsetzung und erschwert eine gestaffelte Realisierung mit gegebenenfalls unterschiedlichen Architekturen.

Der Laborbau wird vom Gertrud-Woker Platz her erschlossen.
Ein Atrium mit einladender Treppenanlage verbindet alle Geschosse und erschliesst die ausserhalb des Hauptvolumens angeordneten HörsĂ€le auf der Ebene Balzerstrasse ĂŒber eine grosszĂŒgige Querhalle. Diese Halle kann spĂ€ter bis Baufeld 2 zu einer arealdurchquerenden Magistrale erweitert werden. Durch die Verlegung der grossen HörsĂ€le auf die Ebene der Balzerstrasse, ausserhalb des oberirdischen GebĂ€udevolumens, kann das oberirdische Volumen vergleichsweise kompakt gehalten
werden.

Die SeminarrĂ€ume entlang den LĂ€ngsfassaden im Erdgeschoss lassen wenig Interaktion mit den Lauben zu und bilden, zusammen mit den beiden Kernzonen, eine hermetische, wenig attraktive Foyerzone ohne Tageslicht und Aussenraumbezug, die nicht an die luftige GrosszĂŒgigkeit des Atriums anzuschliessen vermag. Der an sich interessante Vorschlag eines «sunken garden» zum Roost Bau fĂ€llt bei den Ă€usserst beengten Dimensionen rĂ€umlich wenig attraktiv aus.

Freiraum
Durch die versetzte Anordnung der drei Baukörper ergibt sich ein spannungsvolles FreiraumgefĂŒge mit engen Gassen und aufgeweiteten Platzbereichen. Mittig zwischen den Neubauten spannt sich der mit grosszĂŒgigen Pflanzinseln zonierte Gertrud-WokerPlatz auf. Die ĂŒppige Vegetation in den grĂŒnen Inseln ist eine Referenz an die Namensgeberin, mit ihren SitzrĂ€ndern schaffen sie vielfĂ€ltige Aufenthalts- und Austauschorte und ergeben einen attraktiven, gut zonierten Aussenraum, der sich ĂŒber eine breite Sitztreppe mit dem Schulareal und dem Quartier verzahnt und mit einer öffentlich zugĂ€nglichen Cafeteria in Bauetappe 2 ergĂ€nzt wird. Dem architektonischen Konzept folgend werden die BelagsflĂ€chen bis in die umlaufenden Arkaden gefĂŒhrt.

Die Geste der Lauben steht nordseitig allerdings im Widerspruch zur baumbestandenen GrĂŒnflĂ€che, die den Arealrand zur Freiestrasse definiert und den umlaufenden grĂŒnen Rahmen des Areals adĂ€quat ergĂ€nzt. Dieser Rahmen wird mit Lerninseln aktiviert, die teilweise jedoch unglaubwĂŒrdig in Böschungen verortet sind. Leider fehlen generell Angaben zur Materialisierung der BelĂ€ge und auch zur verwendeten Vegetation. Die Pflanzinseln sollten an den meisten Orten dank ihrer Sitzhöhe genug AufbaustĂ€rke fĂŒr die BĂ€ume haben.

Parkierung und VeloabstellplĂ€tze sind gut positioniert, jedoch liegt die Tiefgarage und vor allem auch ihre Zufahrtsrampe sehr nahe am historischen GebĂ€ude am BĂŒhlplatz. Die ParkplĂ€tze hinter der BĂŒhlstrasse 28 stören den ostseitigen GebĂ€udevorbereich und Nebenzugang des Neubaus sowohl optisch als auch funktional.

Architektur
Die sechs Obergeschosse sind in der Grundkonzeption rational und einfach organisiert. Sie lassen sich mit den vier an den Ecken der Laborspange angeordneten FluchttreppenhĂ€usern und der konfigurierbaren Lage der Erschliessungsachsen mit unterschiedlichen Labortypologien bespielen. Die typologische QualitĂ€t des Grundrisses wird jedoch bei der konkreten Umsetzung des Raumprogramms verunklĂ€rt. Als nachteilig erweist sich die ĂŒberbreite Mittelzone, was zu schmale geratene Laborzonen zur Folge hat. So mĂŒssen LaborflĂ€chen im Mittelbund angeordnet werden und eine klare Clusterbildung der Praktika mit den zugehörigen VorbereitungsflĂ€chen fehlt. Als kritisch wird die Unterschreitung der vorgegebenen minimalen lichten Raumhöhe in den Laborzonen beurteilt, insbesondere in Kombination mit der zentralen Zu- und AbluftfĂŒhrung.

Das kompakte Ensemble wird dem stÀdtebaulichen Konzept folgend mit einer der mineralischen TonalitÀt und Monumentalordnung der historischen Bauten aufgreifenden, umlaufenden Betonelementfassade architektonisch differenziert dekliniert.

Betrieb/Nutzung
Die betrieblich geforderten RaumbezĂŒge sind mehrheitlich sehr funktionell umgesetzt. Insbesondere ĂŒberzeugen die direkte Anbindung an den Roost Bau mit der Anordnung der Lehre sowie das grosszĂŒgige Erschliessungskonzept.

Statik
Das statische Konzept sieht eine Stahlbeton-Skelettstruktur vor und ist grundsÀtzlich klar und plausibel. Bedingt durch die in den Laborzonen durchgehende DeckenstÀrke von 50cm und einem Hartbeton von 4cm wird die verlangte, minimale lichte Raumhöhe deutlich unterschritten.

Etappierung
Die Etappierung wird grundsÀtzlich nachgewiesen. Durch die Situierung der unterirdischen Velo-Einstellhalle wird die Anlieferung Freiestrasse 3 jedoch nicht gewÀhrleistet.

GebÀudetechnik, Energie, Wirtschaftlichkeit
Die Haustechnikkonzepte sind nachvollziehbar dokumentiert. Das Erschliessungskonzept mit dezentralen SchĂ€chten pro Laborachse fĂŒr Medien und den zentralen LĂŒftungsschĂ€chten, die jeweils vier Laborachsen erschliessen, dĂŒrfte bei den knappen Raumhöhen kritisch sein. Die Integration der LĂŒftungszentrale fĂŒr die LaborrĂ€ume im 6. OG vermeidet ein architektonisch und baurechtlich problematisches Technikgeschoss, belegt aber wichtige FlĂ€chen in der Mittelzone.

Das Projekt erfĂŒllt die geforderten GeschossflĂ€chen und weist beim GebĂ€udevolumen ĂŒber beide Baufelder im Vergleich ĂŒberdurchschnittliche Werte auf. Durch die klare GebĂ€udestruktur und einfache Grundkonstruktion bei gleichzeitig kompaktem Volumen kann eine wirtschaftliche Realisierung erwartet werden.

Konklusion
Insgesamt handelt es sich um ein Projekt von rĂ€umlicher und organisatorischer QualitĂ€t, dem es gelingt, die hohen Anforderungen der Aufgabenstellung auf unterschiedlichen Ebenen zusammenzufĂŒhren. Mit der vorgeschlagenen Setzung entsteht ein kompaktes Gesamtensemble, das den Dialog zur Pauluskirche sucht und den Arealinnenraum aufwertet. Die grosse Baumasse und die autarke Grundhaltung verhindern jedoch eine ĂŒberzeugende Vernetzung mit dem Quartier. Defizite weist das Projekt zudem im Erdgeschoss, bei der Organisation der Laborgeschosse sowie bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Absenkung zum Roost-Bau auf.