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Mehrfachbeauftragung | 10/2021

Neues Wohngebiet im Niersenbruch

Lageplan

Lageplan

2. Preis

rheinflügel severin

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Verbindung
Mit dem neuen Quartier wird der Stadtteil Niersenbruch auf seiner Nordostseite baulich vervollständigt, sodass ein kompakter Siedlungskörper entsteht. Gleichwohl sorgen Grünzüge für eine Vernetzung mit der umgebenden Nutz- und Gartenlandschaft. Hierdurch können die naturräumlichen Zusammenhänge der bestehenden Gehölzstrukturen erhalten und langfristig gesichert werden. Konkret verbindet ein grünes H die bestehende Vegetation mit den wegebegleitenden Freiflächen im Süden.

Struktur
Die bauliche Struktur setzt sich aus einem Verbund von Wohnhöfen zusammen, um den Aspekt des gemeinschaftlichen Wohnens zu fördern. Die Mischung der verschiedenen Wohntypologien erfolgt soweit möglich innerhalb der Höfe, um eine soziale Segregation zu vermeiden. Die typologische Diversität erzeugt hinsichtlich der Geschossigkeit ein Spektrum von II – III, wofür eine spezifische städtebauliche Ordnung vorgeschlagen wird. Der Anteil von Geschosswohnungsbau ist am östlichen Rand größer, da der Straßenlärm hier konsequent durch eine Riegelbebauung auf der Seite der Lärmquelle abgeschirmt wird.

Identität
Das neue Quartier zeichnet sich insgesamt durch eine wohldosierte Urbanität aus, welche die Komponenten Landschaftsbezug, Gemeinschaft, typologische Vielfalt, Adressbildung und Vernetzung miteinander verknüpft und hieraus eine unverwechselbare Identität entwickelt. Zentrales Element des neuen Quartiers ist ein Spiel-Anger am Knotenpunkt der Grünzüge. Daneben prägen kleine Nachbarschaftplätze als Herz eines jeden Wohnhofs das Quartier. Mit je einem eigenen Gestaltungs- und Vegetationsthema stellen diese Flächen ein vielfältiges Freiraumangebot dar. Die Wohngebäude adressieren sich mit durchgrünten Vorzonen an die Erschließungsstraße. Die Grundstücke sind durch hüfthohe Heckenpflanzungen gegliedert.

Erschließung
Ausgehend von den gewünschten Zufahrten an der Wiesenbruchstraße und der Saalhoffer Straße ergibt sich unter Einbeziehung des Kranichwegs ein mäandrierender Haupterschließungsring für das neue Quartier. Der Verlauf ist so gewählt, dass alle Wohnhöfe im neuen Quartier hierüber erreicht werden. Das Straßenprofil erhält einen einheitlichen Bodenbelag, der sich von den Asphaltflächen im Anschluss an die Bestandsstraßen unterscheidet und dem Straßenraum einen Spielstraßencharakter verleiht. Für Fußgänger und Radfahrer wird zudem ein dichtes Nahmobilitätsnetz mit optimalen Anschlüssen an den zentralen Spielplatz, die Bestandsgebiete und die Landschaftsräume angeboten.

Ruhender Verkehr
Der ruhende Verkehr wird beim freifinanzierten Geschosswohnungsbau auf dem Grundstück der Vivawest in einer Tiefgarage untergebracht. Alle weiteren Stellplätze befinden sich oberirdisch, sowohl als Sammelanlagen beim Geschoswohnungsbau, wie bei den meisten Reihenhäusern. Manche Reihenhäuser haben in Analogie zu den anderen Eigenheimtypen auch Stellplätze auf den Grundstücken.

Lärmschutz
Die Wohnbauten entlang der Saalhoffer Straße verfügen über lärmschutzoptimierte Grundrisse. Dazu werden alle schutzbedürftigen Aufenthaltsräumen um eine zentrale verglaste, jedoch natürlich belüftete Loggia angeordnet. Straßenseitig kann über eine Spaltbegrenzung auf 40 mm eine erhöhte Lärmminderung erreicht werden, sodass in den schutzbedürftigen Räumen mit natürlicher Lüftung ein Innenpegel von unter 35 dB gewährleistet werden kann. Die riegelartige Bebauung an der Straße verfügt zum Schutz des dahinter liegenden Wohngebiets über zwei Glaselemente in den Lücken, wodurch eine konsequente Abschottung des Straßenlärms erfolgt.

Grünraum
Die Grünzüge und der Spiel-Anger sind naturnah gestaltet und mit einer wegebegleitenden offenen Regenwasserführung versehen. Die zentrale Fläche ist in Teilbereichen vertieft und kann so selbst das Jahrhundert-Niederschlagswasser des Quartiers aufnehmen, zurückhalten und örtlich versickern. Im neuen Quartier sind entlang der Grünzüge und auf den Platzflächen Langbänke verortet, die zur Rast und zum Aufenthalt einladen.

Nachhaltigkeit
Die vorgeschlagene Bebauung besteht aus kompakten Gebäudetypen, die mit kleinem Oberflächen-/Volumenverhältnis niedrige Baukosten und geringe Energieverbräuche erwarten lassen. Ziel ist das „Smarte Quartier“, das eine effiziente Energieversorgung und einen ressourcenschonenden Umgang mit Baumaterialien beinhaltet. Hierzu werden möglichst viele Neubauten in Hybrid- oder Holzbauweise (freistehende EFH) gemäß KfW Effizienzhaus 55 Standard oder besser errichtet. Die Dachflächen bilden die Basis für eine Photovoltaiknutzung unter Einbeziehung einer extensiven Begrünung bei Flachdächern. Mit den Photovoltaik-Anlagen können die elektrischen Energieverbräuche regenerativ gedeckt werden.

Die weitgehende Begrünung unter Einbeziehung von Dach- und Fassadenflächen schafft ein angenehmes Mikroklima und ist in Kombination mit dem auf Versickerung und Rückhaltung ausgerichteten Regenwassermanagement ein Beitrag zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung. Das anfallende Oberflächenwasser kann schwammartig gespeichert und dezentral versickert werden. Die begrünten Belagsöffnungen sind artenreich bepflanzt. Sie erhöhen so die Artenvielfalt und tragen zur Hitzeminderung im Sommer bei. Bei der Baumauswahl wird auf die Verwendung von stadtklimafesten, hitzetoleranten Arten Wert gelegt. Die Biotopflächen der heutigen Nutzlandschaft werden erhalten und in die Struktur der Freiraumgestaltung integriert. Die Multikodierung der Flächen fördert Naturerfahrungen sowie ein Naturverständnis des gleichberechtigten Nebeneinanders von Mensch und Natur.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Städtebaulich und freiraumplanerisch prägt das „Grüne H“, welches durch das bestehende Grün mit seinem zu schützenden Gehölzbestand und einem verbindenden Spiel-Anger entsteht, das gesamte Planungsgebiet. Das Leitmotiv des Entwurfs ist die Bildung von Hofstrukturen, um den Aspekt des gemeinschaftlichen Wohnens zu fördern. Die jeweiligen Höfe werden durch Wohnhausgruppen unterschiedlicher Wohntypologien gebildet.

Freiraum
Die Grünräume sind naturnah gestaltet und mit einer wegebegleitenden offenen Regenwasserführung versehen. Durch die Grünzüge ergeben sich vier angrenzende Quartierseinheiten, die städtebaulich unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Grünzüge werden durch Fußwege durchzogen, sind mit den angrenzenden Quartieren vernetzt und weisen unterschiedliche Spiel- und Aufenthaltsqualitäten auf. Die Mitwirkung eines landschaftsplanerischen Büros zeichnet die besondere Qualität der Außenraumgestaltung aus. Die Weiterführung des Bestandsgrüns wird als sehr positiv gewertet ebenso die Gestaltung des Angers. Eventuell können vereinzelt Verschattungen durch die großen Baumkronen entstehen.

Bebauung
Die Höfe sind insbesondere in den mittleren Baufeldern angeordnet und sind jeweils als Wohnhöfe mit Wendehammer ausgebildet. Die hier entstehenden privaten Erschließungsflächen für die angrenzende Wohngruppe werden in der Umsetzung kritisch angesehen und kontrovers diskutiert. Sie sind als in sich abgeschlossene Einheiten konzipiert, die aufgrund der Hofstruktur besondere Anforderungen an eine gemeinschaftliche Nutzung hervorbringen. Entlang der Saalhoffer Straße bilden zwei- bis dreigeschossige Wohnungsbauten den Lärmschutz für das Binnenareal, welches mit zweigeschossigen Einfamilien- und Reihenhäusern sowie zwei- bis dreigeschossigen Mehrfamilienhäuser eine gesunde Durchmischung aufweist, welche positiv gewertet wird. Die Anordnung der Wohnungsbauten mit zwischengestellten Schallschutzwänden sowie die städtebauliche Struktur der Abfolge zwischen Mietwohnungsbau und Eigenheimen werden kritisch betrachtet. Der Schallschutz wird unter der Bedingung lärmschutzoptimierter Grundrisse und weiterer Anforderungen erfüllt. Die westliche Bebauung Richtung Wiesenbruchstraße kann nicht überzeugen, da die hier befindlichen Höfe untereinander mäandrierend erschlossen werden und dadurch ihren geschützten Charakter verlieren. Die räumliche Gruppierung der Baukörper um die Plätze kann durch die Überlagerung mit der Verkehrserschließung ihrem Anspruch von gemeinschaftlich nutzbaren Höfe nicht gerecht werden. Die Mischung zwischen Flach- und Satteldächern wird grundsätzlich als möglich angesehen. Die dadurch ausgebildeten Raumwirkungen können bei den Höfen überzeugen. Die ergänzende Bebauung mit Einzelhandel und Wohnbebauung überzeugt nicht. Insgesamt kann festgestellt werden, dass durch die großzügige Freiraumplanung die Bauweise sehr kompakt ist und die Grundstücke teilweise sehr klein bemessen sind.

Erschließung
Der Verfasser erfüllt im Wesentlichen die Maßgaben der Auslobung. Es wird darauf geachtet, keinen Durchgangsverkehr zu erzeugen und die interne Erschließung durch mäandrierende Wege und Straßen zu beruhigen. Zum Kranichweg hin erfolgt an vier Stellen eine Anbindung in das neue Quartier Die Höfe im mittleren Baufeld werden mit Stichstraßen erschlossen. Eine Durchfahrt von der Wiesenbruchstraße zur Saalhoffer Straße wird unterbunden; eine durchgängige Erschließung ist nur für den Fuß- und Radverkehr möglich. Die Orientierung hinsichtlich der verkehrlichen Erschließung wird durch die internen Hoferschließungen und die versetzten /mäandrierenden Wohnwege an den Zufahrten und innerhalb des Areals als kritisch angesehen. Herausragend ist das Fahrrad- und Fußwegenetz, welches das gesamte Areal vorbildlich vernetzt. Der Nachweis über eine ausreichende Anzahl an öffentlichen und privaten Stellplätzen konnte nicht überzeugend erbracht werden. Die dezentrale Bereitstellung der öffentlichen Stellplätze wird kritisch gesehen. Der ruhende Verkehr an der Saalhoffer Straße kann nur über eine Tiefgaragenlösung sichergestellt werden. Alle Leistungen wurden erbracht.
Strukturplan

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Detail

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Anger

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