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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2021

Sanierung Bestandsgebäude und Erweiterungsneubau Elly-Heuss-Knapp-Schule in Darmstadt

Visualisierung

Visualisierung

1. Preis / Los 2 / Erweiterung

Preisgeld: 14.000 EUR

Christl + Bruchhäuser GmbH I Freie Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Grundsätzliche Angaben zur gestalterischen Konzeption

Die äußere Zuwegung der bestehenden Schulgebäude besteht aus offenen,-jedoch
überdachten Laubengängen. Durch dieses Erschließungssystem und die offene
Bauweise der gesamten Schule werden interessante „Zwischenräume“, gebildet, die als
individuelle Schulgärten und Schulhöfe das städtebauliche Ensemble der Schule
einmalig und großzügig prägen.
Diese Idee des ursprünglichen Entwurfgedankens greifen wir jetzt für den zu planenden
Neubau auf, in dem wir die bestehenden Laubengänge fortführen und unseren Neubau
an dieses Erschließungssystem anknüpfen. Der von uns geplante Neubaucluster für die
4. Jahrgangsstufe schmiegt sich als linear ausgebildeter Baukörper in Nord-Südrichtung
entlang der Theodor Heuss- Straße an das erweiterte historische Wegenetz der Schule
an. Er ist eingeschossig und in seinem äußeren Erscheinungsbild zurückhaltend einfach,
so dass er dem bestehenden historischen (meist zweigeschossigen) Gebäudeensemble
der Schule keine Konkurrenz macht. Gleichzeitig stellen wir bauliche Bezüge durch die
Aufnahme bestehender Gebäudefluchten her. Wie ein Rückrat verbindet der Neubau
nun die Unterrichtsgebäude der Schule untereinander. Gleichzeitig bildet er neue Höfe
und Freiräume, die das Unterrichtsangebot stärken. So nehmen wir den ursprünglichen
Entwurfsgedanken auf, ohne das historischeGesamtensemble der Schule zu
beeinträchtigen.

Schema funktionale Zusammenhänge und Abläufe

Im Inneren des Neubaus reihen sich offene, lichte Klassenräume, untergegliedert
durch Differenzierungsräume sowie die notwendigen WC- und Garderobenbereiche,
ähnlich wie die benachbarten historischen Schustergebäude linear aneinander. Sie
finden ihren Abschluss in der Ganztagesbetreuung und dem Mehrzweckraum im Süden
der Anlage.

Erläuterung Barrierefreiheit

Da das Gebäude eingeschossig ausgebildet und an das bestehende Laubengangsystem
des Bestandskomplexes angeschlossen wird, sind alle Räume im Neubau
uneiingeschränkt barrierefrei erschließbar. Aufzüge werden nicht erforderlich.

Erläuterung baulicher Brandschutz

Alle ständigen Aufenthaltsräume können direkt über die Fassade entfluchtet werden.
Hierdurch stellt der Flur keinen notwendigen Rettungsweg nach HBO dar. Er dient
somit uneingeschrenkt als pädagogisch nutzbare Erschließungsfläche. Der bauliche
Brandschutz wird bauordnungsrechtlich vollumfänglich erfüllt.

Erläuterung zu Ökologie und Nachhaltigkeit, insbesondere der verwendeten Materialien und Konstruktion

Als Konstruktion schlagen wir eine Holztafelbauweise vor, welche sich in ihrer
materiellen und farblichen Ausgestaltung gegenüber den historischen Bauten nicht nur
unterscheidet, sondern sich Ihnen gegenüber auch thematisch und gestalterisch
zurückhält.
Im Sinne einer Lebenszyklusbetrachtung werden wir bei den
Oberflächenbeschaffenheiten auf eine hohe Dauerhaftigkeit der Materialien achten
(z.B. Holz, Beton, Fliesen, Putze, Linoleumböden, etc.).
Alle Räume werden so ausgebildet, dass eine hohe Flexiblität, Anpassungsfähigkeit und
freie Gestaltungsmöglichkeit in der Grundrisse auch nachträglich möglich sein wird.

Konzeptionelle Aussagen zum Gebäudetechnischen Konzept in Bezug auf Klimaschutz und Klimaanpassung

Der vorliegende Entwurf bedient sich einer "Low-Tech" Strategie, bei welcher die im
Gebäude zu schaffenden Komfortbedingungen in erster Linie auf baulich konstruktivem
Weg erreicht werden sollen. Technische Lösungen oder Anlagen sollen lediglich
unterstützend wirken.
Insbesondere durch die Nutzung natürlicher Ressourcen (Wärmeschutzverglasung,
hochwertige Dämmung, Nachtauskühlung, Eigenverschattung durch Dachüberstand
und außenliegenden Sonnenschutz, adiabate Kühlung durch intensive Begrünung,
große Spermasse zur Dämpfung von Lastwechseln, etc.) wird eine wesentliche
Energieeinsparung für haustechnische Anlagen erzielt.
Dieser, auf den Lebenszyklus bezogene, Ansatz sorgt damit für eine verbesserte
Dauerhaftigkeit und Robustheit und bietet die Möglichkeit, Investitionskosten und
wartungsintensive Haustechnik zu senken und dabei die Komplexität von
haustechnischen Anlagen zu reduzieren.
Die "Low-Tech" Strategie unterstützend soll gemäß Ausschreibung der Neubau
zukünftig an das Darmstädter Fernwärmenetz angeschlossen werden. Diese versorgt
eine in den Boden integrierte Flächenheizung und sorgt mittels Sorptionsverfahren für
Kühlenergie im Sommer. Neben der Möglichkeit der Querlüftung erfolgt die
Frischluftzufuhr über einen Erdkanal. Über einen Luft-Erdwärmetauscher kann diese
vorgewärmt/vorgekühlt werden.
Der Versiegleung durch den Neubau entgegentwirkend wird eine intensive Begrünung
der gesamten Dachfläche (exkl. Photovoltaikanlage) vorgesehen. Ebenso sollen
notwendige Baumfällung durch gleichwertige Ersatzpflanzugen ausgeglichen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurfsbeitrag für den Erweiterungsbau besticht durch seine überraschende städtebauliche Ausbildung als schlanker, eingeschossiger Riegel entlang der Theodor-HeussStraße. Der Arbeit gelingt es vorbildlich, den neuen Baukörper so einzufügen, dass er die Bestandsgebäude zugleich einfasst und ergänzt, ohne diese zu bedrängen oder zu beeinträchtigen. Kurze, direkte Wege sorgen für eine einfache Orientierung und selbstverständliche Verknüpfung mit dem Bestand. Der langgestreckte interne Erschließungsflur wird in der beschriebenen Funktion als erweiterter Lernbereich allerdings kritisch gesehen: Hier sollte - im Rahmen der weiteren genannten Optimierungsansätze – eine teilweise Erweiterung durch Ausbildung von Lern-Nischen geprüft werden. Die eingeschossige Bauweise kompensiert das ungünstigere Verhältnis von Volumen zu Hüllflächen durch die Einsparung von Treppen und Aufzügen, die sehr gute Anbindung der Räume an die Freiflächen sowie durch die geringen Anforderungen an den baulichen Brandschutz. Alle Räume sind schwellen- und barrierefrei auf vielfältige Weise vom umgebenden Schulgelände aus erreichbar. Kritisch gesehen wird der Entfall mehrerer Bestandsbäume innerhalb des Gebäudeumgriffs. Dieser könnte durch eine noch kompaktere Grundrissstruktur (z. B. den Verzicht auf den Lichthof und die straßenseitig eingeschnittenen, überdachten Terrassen) reduziert werden. Zudem könnten wirtschaftliche Optimierungspotentiale in Bezug auf Erstellung und Betrieb genutzt werden. Im Süden bildet der Entwurf mit einem weit auskragenden Dach ein gelungenes Entrée in Richtung Georg-Büchner-Schule aus. In Verbindung mit dem umlaufenden Überstand des Flachdaches gelingt so ein leichter, freundlicher Ausdruck, der sehr gut mit den Bestandsgebäuden in ihrer 50er/60er-JahreAnmutung harmoniert. Zugleich bildet der Dachüberstand einen baulichen Sonnenschutz für die Innenräume und ein Angebot als Regenschutz für die Kinder bei Schlechtwetter. Durch die großzügige Verglasung werden fließende Übergänge zwischen Innen. und Außenräumen formuliert. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit wie auch der Fragen von Ökologie und Nachhaltigkeit des Entwurfs sollte der Verglasungsanteil jedoch überprüft und ggf. optimiert werden. In Bezug auf das gebäudetechnische Konzept werden interessante Ansätze für »Low-Tech«-Strategien formuliert. Das Flachdach des Gebäudes soll intensiv begrünt werden, auch, um den etwas größeren »Footprint« des Entwurfs zu kompensieren. Der Entwurf überzeugt insgesamt als ideale Ergänzung und Erweiterung des sensiblen, denkmalgeschützten Bestandes mit besonders hohen städtebaulichen, architektonischen und funktional/pädagogischen Qualitäten.