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Einstufiger, nichtoffener städtebaulicher Realisierungswettbewerb | 11/2021

Otto-Bauder-Anlage – Neues Wohnquartier in Mannheim-Seckenheim

Anerkennung

Preisgeld: 7.000 EUR

WICK + PARTNER ARCHITEKTEN STADTPLANER PARTNERSCHAFT mbB

Stadtplanung / Städtebau

Stefan Fromm Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Idee
Leitgedanke des Entwurfes ist es, den orts- und umfeldprägenden Baumbestand in eine Neuordnung als identitätsstiftendes Element zu integrieren und dem neuen Quartier eine gemeinsame Mitte zu geben. Freiraum und Bauflächen werden als Einheit entwickelt und eng miteinander verzahnt.

Die bestehenden, markanten Baumreihen vernetzen aus der Mitte des Quartiers in den
umgebenden Freiraum und öffnen es hierhin.
In Ost-West Richtung durchquert der zentrale Erschließungsraum auf kurzem Weg das Quartier von der Neuostheimer Straße bis zur Wildbader Straße. In den Schnittpunkten beider Systeme sind der Quartiersplatz und die quartiersinterne Spielfläche angeordnet. Diese Flächen bieten Orientierung im Quartier und dienen der Identifikation.
Die entstehenden Baufelder schieben sich unterschiedlich tief in den umgebenden Freiraum und gliedern diesen in differenzierte Nutzungszonen.

Baustrukturen
Am zentralen Zugangsbereich im Nordosten und im Süden entlang der Erschließung nehmen die Baustrukturen in Maßstab und Duktus Bezug auf die angrenzenden Quartiere.

Die Hofstrukturen bilden im Inneren geschützte und von der gemeinschaftlichen Fläche
geprägte Wohnsituationen. Die Anordnung unterschiedlicher Typologien sichert eine soziale Mischung innerhalb der Nachbarschaft.

Akzent in der Baustruktur setzt der 3,5 geschossige Solitärbau in der Quartiersmitte. Er kann der Unterbringung der Kita oder alternativ anderer Infrastruktur (z.B. Gemeindezentrum, Bäckerei mit Café etc.). In den Obergeschossen werden innovative Wohnformen (z.B. Clusterwohnen), die von der zentralen Lage profitieren, untergebracht.

Das Quartier ist überwiegend autofrei. Über den Erschließungsraum sind alle Baufelder
anfahrbar. Die Parkierung erfolgt hauptsächlich als Sammelparkierung im UG zentraler Gebäude. In den darüberliegenden Erdgeschossen werden alle für die Nachbarschaft relevanten Ergänzungsflächen, wie z.B. Müll- und Paketstationen, Werkstätten oder Gemeinschaftsräume an zentraler Stelle untergebracht.

Freiraumstrukturen
Die internen und externen Freiraumstrukturen bieten ein vielfältiges Angebot im unmittelbaren Wohnumfeld. Über ein weitläufiges Fuß- und Radwegenetz sind sie untereinander eng verzahnt. Im Sinne eines nachhaltigen Städtebaus sind die Flächen multfunktional. So dient z.B. der Quartiersplatz dem Aufenthalt und Treffen der Quartiersbewohner, ist sicheres Vorfeld für die Kita und durch seine Gestaltung zugleich Element des Regenwassermanagements (Rückstauflächen). Retentionszonen können als attraktive Wasserspielbereiche oder Habitate für Flora und Fauna dienen.

Regenwasser
Das Regenwassermanagement sieht ein System vor, in dem das Wasser möglichst lange
dezentral im Gebiet verbleibt, dort verdunstet (Mikroklima) und zur Bewässerung von Pflanzen genutzt wird. Im Bereich der ehemaligen Kiesgrube wird durch eine Abdichtung eine Versickerung des Oberflächenwassers zum Grundwasser vermieden.

Bei Regen fließt das Oberflächenwasser der Straßen und Wege in die mit Stauden, Sträuchern und Bäumen bepflanzten Verdunstungsbeete. Das Wasser wird direkt für die Bewässerung der Pflanzen genutzt. Überschüssiges Wasser wird in den verschiedenen Substratschichten der Erde zwischengespeichert bis es bei Bedarf über die Wurzeln der Pflanzen aufgenommen werden kann. Ist bei einem Starkregenereignis die Aufnahmekapazität der Verdunstungsbeete erreicht, fließt das Wasser oberflächig in die Rückstauflächen.
Die Rückstauflächen sind multicodierte Platz- bzw. Spielplatzflächen, die bei Starkregenereignissen Oberflächenwasser sammeln können. Ist auch hier eine Kapazitätsgrenze erreicht, fließt das Wasser weiter über Rinnen in Mulden.
Die offenen, naturnah gestalteten Mulden leiten das Wasser zu den Retentionsflächen an den Quartiersrändern. Hier sammelt sich das Wasser und versickert.

In den privaten Bereichen puffern blaugrüne Dächer das anfallende Regenwasser und leiten es gedrosselt in die privaten Zisternen ab. Das Wasser in den Zisternen kann dann für Haus und Garten als Brauchwasser wiederverwendet werden. Die für Spiel und Aufenthalt abgestuften und begrünten „Hofbecken“ nehmen den Überlauf der Zisternen auf und bieten Rückstaufläche bei Starkregenereignissen.

Energie
Auf den langgestreckten Geschosswohnungsbauzeilen bieten große, zusammenhängende Dachflächen Raum zur Gewinnung solarer Energie. Auf individuelle Anlagen kann zu Gunsten größerer Wirtschaftlichkeit und einer ruhigeren Dachlandschaft verzichtet werden. Ein zentrales BHKW z.B. im zentralen Solitärbau ergänzt die Energieversorgung. Die Hofstrukturen können über einen Hausanschluss in einem der Gebäude und Energiecluster versorgt werden.

Mobilität
An den zentralen Platzflächen im Plangebiet werden Bereiche als Minimobilitätszentren gestaltet. Hier sind auf kurzem Wege E_Ladestationen, Carsharing-Plätze, sowie Mietfahrräder und –scooter für alle Bewohner erreichbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser wählen eine klare Grundstruktur, die eine gute Einbindung der äußeren Bestandsstrukturen und der erhaltenswerten Bäume ermöglicht. Über eine Haupterschließung von Westen werden insgesamt sieben Baufelder um eine zentrale, Ost-West-orientierte Quartiersmitte angeordnet. Hier befindet sich die Kita in zentraler Lage, das Gebäude wird mit Wohngruppen ergänzt. Die Kita ist von Westen über einen Quartiersplatz erschlossen. Der Hol- und Bringverkehr für Kinder, die nicht aus der Umgebung kommen, wird ein zusätzliches Verkehrsaufkommen in die Ortslage generieren, die als Belebung hinterfragt werden muss. Die Außenspielfläche für die Kita bildet den zentralen grünen Kern des Konzeptes. Da diese Flächen jedoch eingezäunt hergestellt werden müssen und zudem von den Verfassern hier eine ergänzende Bebauung vorgeschlagen wird, ist dieser Grünraum kein zentraler Ort für die künftige Bewohnerschaft, der Grünraum grenzt eher aus. Dem nach Osten angrenzenden zweiten Quartiersplatz fehlt der räumliche Bezug. Die Freiraumstruktur und Nutzung wird hinterfragt, das Baugebiet zerfällt eher durch die abgegrenzte grüne Mitte. Die Übergänge zu den Bestandsstrukturen respektieren vorhandene Qualitäten und ermöglichen damit eine gute, fast selbstverständliche Integration. Die gewählte Erschließungsstruktur ist gut durchdacht und ermöglicht eine abgestufte Erschließungshierarchie und Gestaltung. Zum Teil scheinen jedoch Dimensionierungen etwas gering und es fehlen Wendemöglichkeiten. Kleine Mobilitätszentren ermöglichen zukunftsfähige Angebote. Im Baugebiet sind Mischverkehrsflächen vorgesehen, so dass die Erschließungsfunktion und Gestaltung als Aufenthaltsbereiche gut kombiniert werden können. Im Entwurf gelingen drei Baufelder. Diese sind konsequent als Nachbarschaftsquartiere entwickelt. Um einen begrünten Innenhof werden verschiedene Wohntypologien erschlossen, diese haben damit eine klare Adresse und gemeinschaftsorientierte Zuordnung und nutzbaren Freiraum. Die privat genutzten Freiräume sind nach außen orientiert. Dieses Entwurfsprinzip wird nicht im gesamten Gebietsumgriff umgesetzt, dadurch entstehen zum Teil diffuse Quartiersstrukturen. Gemeinschaftliche Wohnprojekte sind in Mehrfamilienhäusern umsetzbar. Fünf Baufelder sind mit je einer Tiefgarage geplant, Einzelhäuser erhalten zum Teil ebenerdige Garagen. Das dezentrale Parkierungssystem ermöglicht zwar kurze Wege für die Bewohner, ist jedoch in Bezug auf Nachhaltigkeit nicht konsequent gedacht. In Bezug auf die bauliche Dichte und die Anzahl der Wohneinheiten gelingt dem Entwurf insgesamt keine adäquate Dichte. Der vergleichsweise hohe Grünund Freiflächenanteil bewirkt zudem nicht in angemessener Weise eine hohe Gesamtqualität und ist daher auch aus dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit zu hinterfragen. Mit begrünten Dachflächen und großflächigen Solaranlagen auf geeigneten Dächern werden wichtige klimatische Anforderungen erfüllt. Insgesamt zeigt der Entwurf gute Ansätze für nachbarschaftsorientierte Wohnformen und eine schlüssige Erschließungsstruktur. Diese ist jedoch in Teilbereichen nicht ausreichend dimensioniert. Mit der zentralen Grün- und Freiflächenstruktur kann der Entwurf in Bezug auf Größe, Zuordnung und Gestaltung nicht ausreichend überzeugen.