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Award / Auszeichnung | 12/2021

1. Baden-Württembergischer Landschaftsarchitektur-Preis 2022

Neue Ufer

DE-88662 Überlingen

Gewinner

relais Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Mark Krieger Pflanzungen

Landschaftsarchitektur

AGBU Bodenseeufer

sonstige Fachplanung

Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 11/2016
    Fertigstellung: 04/2021

Projektbeschreibung

Im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs sind Klimawandel, Artenvielfalt und die Entwicklung von Ökosystemen bestimmende Themen. Das Konzept für die Gestaltung des Bodenseeufers in Überlingen greift diesen Fokus auf und entwickelt daraus eine kulturlandschaftliche Perspektive. Uferpark und urbane Promenade werden dabei als Gegenpole entwickelt, deren Rahmen die Ufersituation auf einer Strecke von 2,5 km neu definiert. Im Kontrast zur Landschaftsbezogenheit des Parks setzt die Promenade das urbane Leben in Szene. Ihre Gestaltung zielt auf die behutsame Einpassung neuer Akzente, um den historischen und identitätsstiftenden Stadtraum weiter zu tradieren.

RAUM FÜR ÖKOLOGIE UND LANDSCHAFTSGENUSS
Der Uferpark wird auf seiner Südseite vom Bodensee und im Norden von den eindrucksvollen Formen der Molassefelsen begrenzt. Der so bedingte schmale Zuschnitt des Parks führt dazu, dass der Anspruch auf Freiraumnutzung und ökologische Belange sich hier überlagern und das Konzept auf die Synergien setzt, die sich durch die gestalterische Vermittlung beider Aspekte entwickeln lassen. Damit gelang die Konversion einer ehemals heterogenen Gewerbe- und Campingplatzfläche zu einer bewegten neuen Uferlandschaft. Anstelle der früheren Ufermauer wurde eine strukturreiche Ufertopographie geschaffen, in der steile und flachere Bereiche abwechseln. Die so geschaffene Wechselwasserzone fördert die Dynamik des Austauschs zwischen Wasser und Land und initiiert eine ortsspezifische ökologische Entwicklung. Der See gewinnt bei Hochwasser an Raum. Gleichzeitig bietet die Szenografie des Parks Raum zur kontemplativen und spielerischen Aneignung. So ist der hinzugewonnene Strukturreichtum des Flach- und Steilufers nicht nur ein ökologischer Wert, sondern kann auch erkundet werden.

PFLANZUNG ALS INWERTSETZUNG
Auch das Bepflanzungskonzept zielt auf die Neuentdeckung von Vertrautem. Dazu werden Arten der Kulturlandschaft mit Vertretern einer „klassischen“ Parkästhetik kombiniert, wodurch der Park ein besonderes Erscheinungsbild gewinnt. So greifen verschiedene Strauchpflanzungen im Park motivisch die charakteristischen wärmeliebenden Gebüsche der Steilufer am Bodensee auf und kombinieren deren Arten mit diversen Schmuckgehölzen. Ein besonderes Entdeckungsfeld bietet ein Strandrasen mit ehemals verbreiteten Arten der Bodenseevegetation.

DIE ENTDECKUNG DER GEGENWART
Die gewonnene ökologische Vielfalt wird bestimmend für das Parkerlebnis und wird perspektivisch durch die Nutzungsarten und Nutzungsintensität selbst beeinflusst. So werden vielschichtige Dynamiken initiiert, die die landschaftliche Situation des Bodenseeufers immer neu erlebbar werden lassen. Damit gibt das Konzept dem Unkontrollierbaren als gestalterisches Mittel einen konkreten Stellenwert für das Parkerlebnis.

Uferpark und Promenade wurden im Rahmen der Landesgartenschau Überlingen 2021 realisiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Im Rahmen einer Gartenschau hat die Stadt Überlingen im Westen das Bodenseeufer als öffentlichen Raum zurückgewonnen: Ein neuer Park gestaltet den Übergang zum Wasser und macht die beeindruckende Kulisse des Bodensees wieder erlebbar.
Das schmale Gelände zwischen einem hochragen Molassefelsen im Norden und dem Ufer im Süden war vorher privat genutzt als Gewerbeflächen, für einen Bahnhof sowie einen Campingplatz. Diese Nutzung wurde für den Park rückgebaut – darunter rund ein Kilometer Ufermauer – und das Gelände des Parks teilweise neu modelliert.

Das lineare Areal wird schlüssig von einer Promenade begleitet und mit unterschiedlichen Elementen gegliedert: Mit dem wichtigen Ziel, die Zugänglichkeit und den Kontakt zum Wasser zu ermöglichen, entstehen steilere Uferbereiche und flache Kiesstrände (auch barrierefrei erreichbar mit Hilfe von Rampen). Sie wechseln sich ab mit Sitz- und Spielgelegenheiten und wilden, mit Weidenarten bepflanzten Schilfinseln, die den Blick über den See lenken. Üppige, hochwachsende Staudenpflanzungen flankieren Wegeabschnitte und definieren offene Wiesenbereiche, die als Aufenthalts- und Rückzugsorte nutzbar sind.

Es entsteht eine abwechslungsreiche, strukturreiche Ufertypologie, deren Gestaltung und Nutzungsangebote mit der Entfernung zur Stadt ganz selbstverständlich immer extensiver, immer landschaftlicher wird. Die mit der Ufergestaltung initiierte ökologische Vielfalt wird sich dynamisch weiter entwickeln und von Nutzungsart- und -intensität beeinflusst.
Der neue Park bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten: Unter Bestandsbäume wurden gezielt hölzerne Liegebänke situiert. Zwischen den landschaftlichen Bereichen sind entlang der Promenade Aktionsfelder eingefügt, die mit Großschaukeln, Outdoor-Fitnessbereich und Spiellandschaften zur Bewegung anregen.
Die Uferpromenade findet im Bereich der Altstadt Anschluss an die bestehende Promenade. Mit deutlich erkennbarem Gegensatz ist diese urban umgestaltet und mit einem neuen roten Belag versehen, der sich vom Hafen entlang der Promenade zieht.

Insgesamt ist mit dem Projekt eine maßgebliche Verbesserung für die Stadt erreicht - es ist sowohl für die Besucher, als auch die Bürger Überlingens aus einem unzugänglichen Ufer ein attraktiver, sehr stimmig gestalteter öffentlicher Park entstanden. Er bietet dauerhaft die Möglichkeit des Aufenthalts, der Erholung, der Bewegung und der Identifikation.
Das Projekt ist ein herausragendes Beispiel für die Sicherung von Freiräumen und deren öffentlichen Zugänglichkeit.