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Award / Auszeichnung | 12/2021

1. Baden-Württembergischer Landschaftsarchitektur-Preis 2022

Neustrukturierung Barockgarten

DE-69117 Heidelberg, Kettengasse

Auszeichnung Kategorie "Landschaftsarchitektur im Bestand / im Bereich Denkmalschutz"

Glück Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Mannheim und Heidelberg

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2014
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Der in der Kettengasse gelegene Barockgarten wurde saniert und zu einem „Ort des Lernens“ weiterentwickelt und so zu einem wichtigen Baustein der Ruperto Carola Universität im Heidelberger Altstadt Campus.

GESCHICHTE
Von 1703 bis 1734 entsteht in der Heidelberger Altstadt das Jesuitenkolleg. In dessen Hof wird 1804 vermutlich ein Barockgarten angelegt. 1773 wird der Jesuitenorden aufgehoben, woraufhin einige Gebäudeteile des Kollegs versteigert werden. In den darauffolgenden Jahren kommt es zu unterschiedlichsten Nutzungen der Gebäude und des Hofes. 1975-78 wird der Barockgarten auf Grundlage der Pläne von Schäfer (1804) an seinem ursprünglichen Ort rekonstruiert. Aufgrund einer Mauer, die die Grundstücke von Kirche und Universität trennt, kann der Garten nicht in seiner ursprünglich geplanten Form gebaut werden und bleibt in seiner Rekonstruktion ein Fragment, das deutliche Defizite aufwies, die eine Umgestaltung und Sanierung erforderlich machten.

KONZEPT
Es wird ein Gartensystem entwickelt, das sich auf die Gestaltungsgrundsätze des Barockgartens besinnt. Im ersten Schritt wurde der Garten von der Grundstücksmauer abgelöst und ein Gartenumlauf geschaffen, wodurch ein kontinuierlicher Wandelraum entsteht. Der Weg wird in wassergebundener Wegedecke ausgeführt, wodurch er sich mit den Bestandswegen zu einem Kontinuum verbindet. An den nördlichen und südlichen Seiten des Gartens werden neue raumbildende Pergolen gesetzt, zwischen diesen sich das Gartenparterre, nun, in einer klar ablesbaren Geometrie aufspannt. Die Pergolen lösen sich mit Ihrer minimalistischen, reduzierten Formensprache von der barocken Gestaltungssprache und stehen bewusst als eigenständige, skulpturale Objekte im Garten. Bei der Dimensionierung und Gestaltung wurde auf eine zu große Dominanz der Objekte verzichtet, um den vorhanden, bedeutenden baulichen Kontext zu respektieren und die Sensibilität des Ortes zu bewahren. Neben ihrer raumbildenden Akzentuierung, sind die Pergolen neue Aufenthaltsorte im Garten. Möblierungen schaffen hier Treffpunkte und sind Lernorte für Studierende. Durch die einseitige Erschließung über die Südostecke, bildet die nördliche Pergola den Abschluss des Gartens und ist zugleich reizvolles Ziel im Garten. Die südliche Pergola bildet einen räumlichen Filter zum Vorplatz des Romanistischen Seminars. Der mit Grauwacke gepflasterte Platz bildet das neue Entre in den Garten. Der vorhandene Springbrunnen wurde saniert und bildet weiterhin den zentralen Punkt im Garten. Zwei in den Rasen eingelegte steinerne Halbkreise stilisieren die barocken Formelemente. Die Natursteinintarsien tragen den Schriftzug „Semper Apertus | Ort des Lernens“ und veredeln das Gartenparterre.

Eine mehrstämmige Amerikanische Esche, betont die Eigenständigkeit des Vorplatzes und ist neuer Hofbaum im Barockgarten. Mit einer Rundbank wird hier ein weiterer Ort als Treffpunkt angeboten.

Die vorhandene westliche Sandsteinmauer war vor der Neugestaltung von Sträuchern zugewuchert und nicht sichtbar. Sie wurde freigestellt und saniert und bildet nun einen starken Rücken für die Gartenanlage. Der neue, begleitende Weg erschließt die gesamte Mauerlänge.
Zahlreiche Muschelkalksteinbänke, mit kleinen angebauten Tischchen, bieten hier für die Nutzer*innen des Gartens weitere Aufenthalts- und Lernorte an. Entlang der Fassade des Anglistischen Seminars werden einzelne Muschelkalk Sitzblöcke in die neue Eibenhecke eingesetzt. So wird das Sitzangebot zusätzlich erweitert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der Sanierung des historischen Barockgartens wurde ein wertvoller öffentlicher Raum für die Heidelberger Bürgerinnen und Bürger wiederentdeckt und weiterentwickelt.

Die Gestaltung schreibt dabei sorgfältig die Struktur und Substanz der Anlage fort und ergänzt diese durch präzise und klar ablesbare eigene Setzungen. Insbesondere das Wechselspiel zwischen dem altstädtischen Kontext, den historischen Fragmenten und der neuen lebendigen Nutzung macht eine besondere Qualität des Projektes aus. Nahezu jedes baukonstruktive Detail ist mit hohem Anspruch und vermutlich nach intensiver Abstimmung geplant und ohne große Kompromisse umgesetzt worden.

Insbesondere auch der konzeptionelle Ansatz, die fragmentierte Struktur des Gartens lesbar zu machen überzeugt, auch wenn dies nur interessierten Besucherinnen und Besuchern auffallen wird. Der aus dieser Überlegung abgeleitete Rundweg jedoch, trägt der regen Campusnutzung ideal Rechnung. Die Materialverwendung und Farbgebung ist wohltuend unaufgeregt, gleichwohl differenziert: heller Sandstein dient als bewusst gesetzter Kontrast zum roten Neckartäler Sandstein.

Das Projekt stellt einen wertvollen Beitrag der Landschaftsarchitektur zur Frage nach dem Arbeiten im Kontext der Denkmalpflege, sowie der Sanierung und Fortschreibung von historischen Anlagen, dar.