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Einladungswettbewerb | 12/2021

Umgestaltung Ortsmitte Würzburg-Lengfeld

Perspektive

Perspektive

2. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

o5 Architekten BDA - Raab Hafke Lang

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

MANN LANDSCHAFTSARCHITEKTUR

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ausgangssituation und Ziel
Für Lengfeld wird im Rahmen des Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) eine neue Ortsmitte entstehen. Zwischen Ökumenischem Zentrum, Kürnachtalhalle, Werner-von-Siemens-Straße und Kurzer Gasse wird das bestehende Feuerwehrgerätehaus rückgebaut. In diesem Bereich wird eine identitätsstiftende, generationenübergreifende Begegnungszone mit vielfältigen, attraktiven Stadt- und Freiräumen und dem neuen Generationenhaus Lengfeld im Zentrum zur Neuen Erlebnismitte Lengfeld.

Städtebau und Freiraum
Um den neuen Platz mit den vielfältigen Erlebnis- und Aufenthaltsqualitäten möglichst viel Raum zu lassen, wird das Gebäude als zweigeschossiger, kompakter Baukörper ausgebildet. Dieser bildet die Rahmung des Platzes zur Kürnach hin, so entsteht ein großzügiger Stadtraum zwischen Neubau und den vorhandenen Gebäuden. Während der nördliche Bereich des Platzes durch die neue Bushaltestelle mit Gebäude integrierter Überdachung geprägt wird, entstehen östlich des Neubaus neue Flächen, die als Aktionsraum bzw. Open-Air-Veranstaltungsfläche im Zusammenspiel mit dem Mehrzwecksaal und als Eingangsvorbereich des Generationenhaus dienen. Angelagert sind Fahrrad-, E-Bike-, sowie die notwendigen PKW-Stellplätze. Im südlichen Teil des Platzes entsteht zwischen Neubau und Ökumenischen Zentrum ein großzügiger Freiraum mit Bäumen, Grünanteilen und Angeboten für Kinder und Familien, der in Verbindung zur Kürnach steht und eine räumliche Verbindung zur Kürnachtalhalle herstellt. Ein neuer Steg für Fußgänger*innen und Radfahrer*ìnnen würde die Belebung des Platzes und die Verknüpfung der Ortsteile und Uferbereich stärken. Westlich des Generationenhauses wird der Platz bis an die Kürnach geführt, Sitzstufen bilden eine hohe Verweil- und Aufenthaltsqualität, die Ort Lengfeld rückt an die Kürnach.
Das Freianlagen-Gestaltungskonzept sieht lineare, parallel zur Gebäudeausrichtung verlaufende Belagsstrukturen und Stadtmöblierung (Bänke, Sitzstufen, etc.) vor, welche den großflächigen Außenraum in maßstäbliche, erfahrbare Freiräume zoniert. Die auf diese Weise entstehen Außenräume umgeben das Gebäude allseitig und bieten vielfältige und differenzierte Außenbereiche. Als Materialien im Platzbelag kommen Muschelkalkpflaster und -quader zum Einsatz, Hängweide und Zitterpappel vermitteln die Nähe zur Kürnach.

Generationenhaus - Typologie Funktion Erschließung
Der zweigeschossige Baukörper mit Satteldach bietet im Erdgeschoss Raum für den Mehrzwecksaal, das Foyer mit angelagerter Küche und die Sanitärbereiche. Die Treppe mit Aufzugkern verbindet das Erdgeschoss mit dem Obergeschoss, in dem sich der Jugendtreff mit dem Jugendraum, dem Werkstatt-/Atelier- und Musikraum und dem Büro verbinden. Technik- und Lagerfläche sind geschossweise vorhanden und den Räumen zugeordnet. Der Eingang erfolgt von Osten her in das großzügige Foyer. Ein zweiter Zugang und Durchgang bildet die Verbindung von Foyer zum Ufer der Kürnach. Hierdurch entsteht die Möglichkeit, den Jugendtreff bei Bedarf separat zu erschließen. Weiterhin ist der bauliche Rettungsweg aus dem Obergeschoss getrennt vom Foyer gewährleistet. Der Mehrzweckraum öffnet sich dreiseitig zum Platz. Im Norden bildet das Gebäude durch einen Rücksprung eine witterungsgeschützten Wartebereich für die vorgelagerte Bushaltestelle aus.
Die prägende Dachform des Generationenhauses referenziert zum alten Feuerwehrgerätehaus und bildet attraktive, charaktervolle Räume für die Jugend unter dem großen Dach. Die Belichung der Obergeschossräume erfolgt über Giebelseitige Öffnungen und Oberlichter im Dach.

Konstruktion Material Nachhaltigkeit
Die Gebäudehülle (Lärchenholzschalung) und teils die Primärkonstruktion sowie der Ausbau sind in Holz aus nachhaltigem Roh- und Werkstoff konzipiert. Holz speichert CO2, bindet es auf lange Zeit und benötigt weniger fossile Energie bei der Herstellung als konventionelle Bauweisen. Durch die Kombination von integrierten und additiven Dämmebenen ergibt sich eine hocheffiziente Gebäudehülle. Die Massivholz-Wandelemente ermöglichen durch serielle Vorfertigung eine geringe Bauzeit bei gelichzeitig hoher Ausführungsqualität. Die Decke ist als Holz-Beton-Verbundrippendecke konzipiert. Die V-förmigen Stützen sorgen im Mehrzwecksaal für Offenheit und räumliche Flexibilität. Die Aussteifung geschieht über den massiven Kern (mit Aufzug) und Scheiben. Sinnvolle Spannweiten ermöglichen einen wirtschaftlichen und schnellen Bauablauf aufgrund hoher Vorfabrikation und entsprechen den Anforderungen einer nachhaltigen Bauweise. Der Werkstoff Holz als Fassadenmaterial und im Ausbau bewirkt eine natürliche, freundliche, aber zugleich bergende Atmosphäre im Innenraum, die den Anforderungen einer Generationenhauses als Ortsmitte entspricht. Die Raumanmutung und die äußere Gestalt werden wesentlich durch die weiß geölten Oberflächen der Holzbauteile im Innenraum und die natürlich vergrauenden Holzbauteile der Außenhülle bestimmt.
Das Energiekonzept sieht eine Kombination von Bedarfsminimierung und Versorgung mittels erneuerbarer Energieträger unter Berücksichtigung der Investitions- und Unterhaltskosten vor. Zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs im Betrieb werden alle Außenbauteile gemäß der Vorgaben der Stadt Würzburg ausgeführt. Um Verluste im Winter zu reduzieren und Überhitzung im Sommer zu vermeiden ist der Fensterflächenanteil der Fassade optimiert.
Das Lüftungskonzept der Aufenthaltsräume erfolgt in Abhängigkeit von den Lärmimmissionen und den Anforderungen der Nutzer. Grundsätzlich ist die manuelle Lüftung über Fenster möglich. Zur Unterstützung werden CO2-Ampeln zur Kontrolle vorgeschlagen. In allen Gruppen- und Aufenthaltsräumen wird der Einbau einer mechanischen Be- und Entlüftung über die Lagerzonen geometrisch vorgesehen. Dies ermöglicht sowohl eine spätere Nachrüstung als auch eine direkte Integration einer mechanischen Be- und Entlüftung. Räume mit funktionsbedingten Anforderungen (Mehrzweckraum, Küche, Sanitärbereiche) werden mit einer Zu- und Abluftanlage ausgestattet. Die Zuluft wird vorkonditioniert (z.B. Erdkanal) und kann über ein Nachheizregister ggf. raumweise weiter erwärmt werden. Im Sommer wird das Gebäude durch Nachluftspülung über die Aufenthaltsräume gekühlt. Der Strom- und Warmwasserbedarf kann über eine Photovoltaik- und Solarthermieanlage auf der südostorientierten Dachfläche im Jahresmittel gedeckt werden. Die Gruppen-, Gemeinschafts- und Aufenthaltsräume verfügen über außen liegende textile Screens, die auch den Blendschutz gewährleisten.
Das Feuerwehrgerätehaus wird grundsätzlich als anthropozäne Rohstofflagerstätte betrachtet. Im weiteren Planungsprozess sollte untersucht werden, inwieweit Bauelemente und Materialien ausgebaut und im Neubau des Generationenhauses sowie in der Freianlage wiederverwendet werden kann. Denkbar wäre beispielsweise die Nutzung der Holzkonstruktion des Dachstuhls als Stadtmöbel (Holzstapelbänke) oder als Holzschalung. Die Ziegeldeckung und Mauerwerksziegel könnten als Sitzobjekt oder in zerkleinerter Form als Zuschlag verwendet werden. So besteht das alte Gebäude in der Neuen Ortsmitte nicht nur über die formale Verwandtschaft zum Neubau, sondern wird über die Weiterverwendung der Materialien haptisch erlebbar.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsidee, das Raumprogramm in einem klaren kompakten Baukörper zu realisieren, wird begrüßt. Die Positionierung des Gebäudes wurde dabei kontrovers diskutiert. Der Abstand zur Werner-von-Siemens-Straße mit der Bushaltestelle erscheint richtig, die Flächen im Osten zur Straße „Am Schlossgarten“ im Süden in Richtung Ökumenisches Zentrum sowie in Richtung Kürnach sind jedoch in ihrer Proportion zu wenig definiert. Erschwerend kommt hinzu, dass Flächen des Ökumenischen Zentrums innerhalb des Ideenteils liegen und die Umsetzungsmöglichkeit damit in Frage steht. Der Außenbereich weist einen sehr hohen Versiegelungsgrad auf und bietet nur wenig Aufenthaltsqualität.
Die Zuwegung zur Kürnachtalhalle erfolgt über einen Steg, der eine barrierefreie Überquerung der Kürnach ermöglicht. Weitere Veränderungen entlang der Kürnach werden nicht vorgeschlagen. Leider wurde bei diesem Beitrag keine Antwort auf die Frage nach einem adäquaten Freiraum für ein solitäres, zentral auf der Fläche stehendes Bauwerk gefunden. Ein in seiner Form ausufernder und ungegliederter Belags-See, der an den Rändern im Ungewissen bleibt und auch wertvollen Baumbestand verschlingt wird von der Jury kritisch bewertet. Auch dessen unaustarierten Ausläufer in den Straßenraum sind nicht weiter hilfreich für eine bessere Gesamtfigur. Im Süden wird mit der vorgeschlagenen Platzfläche das Grundstück des ÖZs mit angerissen, ohne dort einen besseren Bezug zum Baukörper zu erreichen. Insgesamt kann die Jury die textliche Beschreibung eins Zonierens und Differenzierens im Platzraum nicht erkennen. Die vorgeschlagene Umplanung nördlich des Kreuzungsbereichs bleibt hinter den Möglichkeiten zurück und bietet keinen Mehrwert zum Bestand.
Der Eingangsbereich im Osten ordnet sich dem Baukörper zu stark unter, so dass eine eindeutige Eingangsgeste fehlt. Das vorgeschlagene Foyer mit direktem Zugang zum Mehrzweckraum sowie die Küche sind gut positioniert und ausreichend dimensioniert. Über einen rückwärtigen Eingang lassen sich die WCs separat erschließen, nicht jedoch das behindertengerechte WC. Über diesen rückwärtigen Eingang kann auch das Jugendzentrum im Obergeschoss separat erreicht werden, wodurch sich die vom Foyer aus betrachte, zurückgesetzte Lage der Treppe zum OG begründen lässt. Bedauert wird, dass dem Jugendzentrum durch die Lage im OG keine Freiflächen zugeordnet werden konnte. Über den richtig positionierten Aufzug ist die Barrierefreiheit in allen Geschossen gesichert. Durch den Rücksprung des Erdgeschosses wird die Bushaltestelle zurückhaltend in das Gebäude integriert; es ist jedoch fraglich ob der Überstand als Regenschutz ausreicht.
Zusammenfassend stellt die Arbeit ein gelungener Beitrag dar, der mit dem vorgeschlagenem Gebäude als Holzbau mit Scheunencharakter und klaren Detaillierung eine hohe Gestaltqualität aufweist. Die klare Grundrissorganisation sowie das sehr gute A/V-Verhältnis ließen eine wirtschaftliche Umsetzung und einen wirtschaftlichen Betrieb erwarten. Leider kann die Qualität der angebotenen Freifläche diesem Anspruch nicht gerecht werden.
Erdgeschoss

Erdgeschoss

Schnitte und Ansichten

Schnitte und Ansichten

Detail

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