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Mehrfachbeauftragung | 12/2021

Neugestaltung Stuttgarter Straße in Korntal-Münchingen

Freiraumplanerischer Gesamtplan

Freiraumplanerischer Gesamtplan

3. Preis

Preisgeld: 5.800 EUR

Kienleplan GmbH

Landschaftsarchitektur

KARAJAN Ingenieure

Verkehrsplanung

licht|raum|stadt planung gmbh

Lichtplanung

landstrich - zeichnung+visualisierung

Visualisierung

Erläuterungstext

Leitidee Kernstadt
Die Ortsmitte von Korntal-Münchingen ist geprägt von alten, gewachsenen landwirtschaftlichen Strukturen. Reizvolle wie stattliche alte Fachwerkhäuser im Kontext mit Kirche und Spitalhof lassen noch alte Strukturen und Zusammenhänge erahnen. Wenige Neubauten, vor allem im Bereich des Stiegelplatzes, nehmen die historischen Raumkanten zwar auf, irritieren aber durch ihre äußere Gestalt. Vollkommen aus dem Rahmen fällt leider am Wetteplatz der aus den 70iger Jahren dominante Neubau. Speziell an dieser Stelle fehlt das Verbindende, die historische Mitte wird hier vollständig verlassen. Unterstrichen wird dies durch eine leer geräumte und lediglich nach verkehrsplanerischen Aspekten dimensionierte Stuttgarter Straße im Übergangsbereich zur Hauptstraße. Distanz und Tristesse dominieren hier den öffentlichen Raum.
Hier setzt das vorliegende Konzept an. Die Schaffung einer gemeinsame neuen Mitte aus beiden Plätzen, mit ablesbarer Wertigkeit, Raum für Mensch und Kommunikation, die Zurückgewinnung eines urbanen Lebens- und Aufenthaltsraumes. Die Neugestaltung des öffentlichen Raums hat den Anspruch die geschlagenen Wunden zu heilen, Altes mit Neuem zu verbinden und dem Fußgänger und Radfahrer einen angemessenen Raum zurückzugeben.

Mit dem Konzept werden Schwerpunkte gesetzt.
• Verbindung durch mehr Grün in der Ortsmitte mit Schaffung von Teilräumen durch individuelle Baumstellungen und deren Akzentuierung im Raum. Das Eintauchen in den neu geschaffenen Raum zwischen Hauptstraße und Stiegelplatz wird durch die an den Rändern engeren Baumstellungen betont. Nicht nur die Förderung des Klimaschutzes durch Beschattung, Verdunstung und Versickerung werden hochgehalten, auch durch das Spiel von Licht und Schatten entstehen trotz Verkehr spannende interaktive Räume.
• Verbindung durch eine durchgehenden, wertigen Stadtboden zwischen beiden Plätzen, mit farblich angepasster Fahrbahnstruktur. So entsteht ein großes Ganzes.
• Verbindung durch das Element Wasser, welches durch eine historische Anlehnung wieder zum aktiven Element im Stadtraum wird. Die ehemaligen Wetten und Wasserläufe werden zeitgenössisch interpretiert und sind als haptisches Element wieder erlebbar.

Leitidee Stuttgarter Straße
Die Stuttgarter Straße hat bislang das Image einer funktionalen, dem motorisierten Fahrverkehr untergeordneten Durchgangstraße. Mit der Fertigstellung der Ortsumgehung lässt sich dieses Image zurückdrehen auf ein erlebbares und urbanes Stück Stadtraum, mit hohem Anteil an räumlichen und flächigem Grün mit hoher gestalterischer Qualität. Von der Bahnlinie im Westen aus kommend prägen dichte Baumstellungen den dort sehr breiten Straßenraum und lösen sich in Richtung Kernstadt auf. Am Vollsortimenter wird nochmals verdichtet um hier die Besonderheit und ‚neue‘ Ortsmitte mit beidseitigen Baumstellungen entlang der Straße zu kennzeichnen. Ein erhöhtes Angebot an Ausstattungselementen für Fußgänger und Radfahrer soll hier Wertigkeit unterstreichen.

Stadtboden
Ein einheitliches Belagsprinzip erstreckt sich zwischen den beiden historischen Plätzen. Beidseitige ca. 50 cm breite, ausgemuldete Kandel aus Naturstein-Großpflaster in Grau gliedern die Fläche und geben dem Fahrverkehr die erforderliche Orientierung. Die Gehwege und Platzflächen werden mit gelblich-grauem Granit vorgeschlagen, der sich in Materialität, in Struktur und Farbe an den lokalen Besonderheiten, den Sockeln der historischen Gebäude, orientiert. Die Fahrbahn passt sich optisch mit einer Beschichtung des Asphaltes mit sogenanntem Possehl-Belag farblich an. Im weiteren Straßenverlauf der Stuttgarter Straße wird der Naturstein durch Betonwerkstein ersetzt, jedoch in Textur und Farbe dem historischen Stadtboden angepasst. So entsteht ein großes Ganzes. Eingefasst wird die Stuttgarter Straße mit auf max. 3 cm abgesenkten Granitborden. An Querungsstellen und Übergängen werden diese planeben zur Fahrbahn ausgebildet, so ist in der Hauptlaufrichtung die Barrierefreiheit gewährleistet.

Ausstattung
Die freien Elemente auf den beiden Plätzen stehen im Vordergrund. Mit Aufkantungen aus Weißbeton werden die eingestreuten, inselartigen Grünflächen eingefasst, am Stiegelplatz erheben sich nur die Sitzelemente partiell über den Stadtboden. Sitzangebote werden durch integrierte Auflagen aus Holz großzügig angeboten. Eingestreute Fahrradbügel finden sich im gesamten Raum entlang der Stuttgarter Straße, mit Schwerpunkt an den beiden Plätzen. Am Kreuzungspunkt auf dem Stiegelplatz findet sich eine belebende Brunnenscheibe, als Abschluss des vom Wetteplatz kommenden, offenen Wasserlaufes. Die Gunst der Fuge ziert die Übergangsbereiche zwischen privaten Gebäuden und Hofstellen. Die Vision ist, private Anlieger zu überzeugen und zu motivieren, mit Vorgärten und schmalen Wildsaumstrukturen mit dem öffentlichen Raum zu verweben und damit ihren Beitrag zu einer städtischen Biodiversität leisten.

Verkehr
Im Zuge der Stuttgarter Straße wird ein abgestuftes Konzept mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten geplant, von Osten kommend wird der Verkehr ab der Bahnquerung mit 30 km/h geführt. Die beiden Plätze Stiegelplatz und Wetteplatz werden verkehrlich zu einem Platz zusammengefasst und in diesem Bereich ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit Tempo 20 ausgewiesen. Der Stiegelplatz wird verkehrsfrei geplant und die Marktstraße zwischen der Krezengasse und dem Stiegelplatz gesperrt, der Durchgangsverkehr auf Stiegelplatz entfällt zur Steigerung der Aufenthaltsqualität und es ist ausschließlich Liefer- und Abholverkehr zugelassen. Zusätzlich wird die Schmale Straße in Richtung Süden als Einbahnstraße ausgewiesen, um den Verkehr auf dem Stiegelplatz weiter zu reduzieren. Die Verkehrsführung am Kreuzungsbereich Stuttgarter / Hauptstraße wird im Zuge der Umgestaltung in eine abknickende Vorfahrt geändert.
Der Radverkehr wird auf der gesamten Achse durch die Geschwindigkeitsreduzierung gestärkt. Vom Ortseingang wird der südlich der Stuttgarter Straße verlaufende 2- Richtungsradweg aufgenommen und mit beidseitigen Schutzstreifen über den Bahnübergang geführt. Die Schutzstreifen werden nach dem Bahnübergang aufgelöst und der Radverkehr wird im weiteren Verlauf der Stuttgarter Straße im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt. Zusätzlich werden auch die Gehwege für den Radverkehr freigegeben.
Der Fußgänger kann sich durchgehend auf 2,50 m breiten, beidseitigen Gehwegen bewegen. Ausreichend Querungshilfen an wichtigen Punkten wie Bushaltestellen und an Querungsstellen der Schulwege finden sich im Gesamtverlauf der Straße. Sichere Fußgängerüberwege finden sich durch punktuell eingeengte Fahrbahn auf 5,50 m Breite. In Zonen mit Tempo 20 fehlen Bordsteine und erlauben dem Fußgänger eine großflächige Querungsmöglichkeit.
Die Haltestellen für den Busverkehr werden barrierefrei ausgebaut und als Haltstellen am Fahrbahnrand in der Stuttgarter Straße angeordnet. Durch den Bushalt auf der Straße wird der Verkehr beruhigt und gleichzeitig durch fehlende Einfädelungsvorgänge der Busverkehr beschleunigt.

Lichtkonzept
In den Straßen werden einfache, schlichte Leuchten mit zeitgemäßer LED-Lichttechnik verteilt, um die Verkehrsflächen auszuleuchten und sich dabei der wesentlichen Gestaltung des Stadtraumes unterordnen. Historische Gebäude und städtebaulich zu akzentuierende Gebäude erhalten eine dezente Effektbeleuchtung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit unterteilt sich zwei unterschiedliche Bereiche, den vorgelagerten Straßenraum und die beiden Platzflä-chen als einheitliche, zusammengezogene Stadträume.
Entlang des Straßenraumes sind die Baumstandorte durchgängig getaktet, aber im Bereich des Ortseinganges fehlt eine starke, einladende Geste. Die untergeordneten, grünen Retentionsflächen entlang der Gehwege über-zeugen in Ihrer Ausbildung nicht und schaffen auch nicht die gewünschte grüne Verbindung, noch einen grünen Rücken zur fehlenden, inhomogenen, städtebaulichen Kante.
Die Baumplatzierung auf den Plätzen weicht von den strengen Linien der Alleen ab und scheint wie zufällig ge-wählt, wodurch eine angenehme Leichtigkeit entsteht. Auf eine grüne Verbindung zwischen den beiden Plätzen wurde bewusst verzichtet. Somit ist die eigentliche Leitidee „Verbindung mit Grün“ nicht wirklich konsequent um-gesetzter Teil der Gestaltung.
Der befahrene Straßenraum verjüngt sich von komfortablen 6,50 m auf 5,50 m im Bereich der Kreuzung zur Kronenstraße mit dem Ziel einer Verkehrsberuhigung, was an dieser Stelle aber aufgrund der Zufahrt zur TG des Vollsortimenters kritisch gesehen wird. Querungen innerhalb des Straßenraumes sind nicht dargestellt, weitere wünschenswerte Aufenthaltsflächen außerhalb der Plätze fehlen gänzlich.
Zusätzlichen Parkierungsmöglichkeiten, neben den Stellplätzen vor dem Vollsortimenter, werden im verjüngten Straßenraum vermisst.
Die beiden Plätze verbinden sich ganz selbstverständlich über die einheitliche, farbliche Gestaltung des Bodenbe-lages. Eine ruhige, unaufgeregt städtebauliche Geste der Belagsausbildung, die den Verkehr beruhigt und diesen der Gesamtgestaltung unterordnet. Eine angenehme Raumwirkung wird erzeugt, die durch eine gekonnte Set-zung der beiden Brunnenstandorte noch gestärkt und akzentuiert wird. Beide Brunnen, und somit die auch Plätze, werden durch eine schmale Wasserrinne als interpretierende Geste bildprägend verbunden. Die gut platzierten Grünflächen mit Baumbestand und Sitzmöglichkeiten bilden eine ansprechende Zonierung mit differenzierten Aufenthaltsbereichen aus, die man sich für diesen Ort gut vorstellen kann. Allerdings sollte im Bereich der Wette die Straßenkreuzung zugunsten der wichtigen Freiflächen reduziert werden.
Trotz ihrer Schwächen im Bereich des Straßenraums ist die Arbeit durch ihre kraftvolle räumliche Setzungen ein wertvoller Beitrag für die gestellte Aufgabe.
Vertiefungsbereich 1 - Stuttgarter Straße

Vertiefungsbereich 1 - Stuttgarter Straße

Perspektive Stuttgarter Straße

Perspektive Stuttgarter Straße

Vertiefungsbereich 2 - Wetteplatz und Stiegelplatz

Vertiefungsbereich 2 - Wetteplatz und Stiegelplatz

Perspektive Stiegelplatz

Perspektive Stiegelplatz